Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien)

von: Tom72

Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien) - 17.11.14 18:10

9. Tag (28.09.2012), Liourdres-Sarlat-la-Canéda

Strecke: 77 km

Fahrzeit: 4 Std. 7 min


Beim Zeltabbau bekomme ich Gesellschaft von einer offenbar zum Zeltplatz gehörigen Katze, die sich bereits gestern Abend ausgiebig hat streicheln lassen.



Noch ein Blick auf den schönen campingplatzeigenen Dordogne-Strand,



dann geht es weiter Richtung Westen am nördlichen Ufer der Dordogne über die S 112 und D 803, allerdings etwas abseits des Flusses.



Schließlich steigt die Straße in einigen steilen Serpentinen die Hänge des Dordogne-Tals empor.



Auf der Höhe komme ich durch das wunderschöne Städtchen Martel. Es ist nach meinem Geschmack einer der sehenswertesten Orte im Bereich der Dordogne. Im Zentrum steht die historische Markthalle mit ihrem beeindruckenden Dachstuhl aus Kastanienholz. In ihrem Schatten picknicke ich mit Baguette und einer Dose Gänsefleisch, die ich unterwegs besorgt habe (ich nähere mich der Landschaft des Perigord, die für ihre Enten- und Gänsefleischprodukte berühmt ist).



Der Ort ist wirklich malerisch.







Dann geht es wieder abwärts zur Dordogne, weiter der D 803 folgend. Unten im Tal unterquere ich einen historischen Eisenbahnviadukt (Viaduc de Bramefond). Die Bahnlinie ist aber, wenn ich es richtig gesehen habe, in diesem Abschnitt stillgelegt.



Nun komme ich nach Souillac, einem der bekanntesten Orte an der Dordogne. Er ist sehenswert, kann aber nach meinem Eindruck nicht ganz mit dem Charme von Martel mithalten. Eine der Hauptsehenswürdigkeiten ist die Église Saint-Martin, deren Turm irgendwann im Zuge kriegerischer Ereignisse teiweise gesprengt wurde.





Kurz nach Souillac, in Peyrillac et Millac, beginnt eine Voie verte, ein Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse (es ist ein Teil der stillgelegten Bahnlinie entlang der Dordogne, zu der auch der Viadukt gehört, den ich vorhin unterquert habe). Ich kann nun gemütlich gut 30 km auf der Voie verte fahren, durch ehemalige Bahntunnel und über ehemalige Bahnviadukte, zunächst entlang der Dordogne (aber ohne Blick auf selbige), dann leicht bergauf nach Salat-la-Canéda, meinem heutigen Etappenziel, das nicht am Fluss, sondern etwas oberhalb liegt (ab hier ist die Bahnlinie Richtung Bordeaux noch in Betrieb).







Sarlat gefällt mir auf Anhieb. Ich bin nun im Périgord, das für seine Küche berühmt ist, vor allem für seine Enten- und Gänsefleischprodukte (ich werde mir morgen und übermorgen noch die eine oder andere der überall in Dosen erhältlichen Köstlichkeiten für unterwegs besorgen – Rillettes de canard, Bloc de foie gras etc…).

Etwas oberhalb der Altstadt liegt der Campingplatz. Ich bin, da es recht spät in der Saison ist, soweit ich es sehe fast der einzige Gast auf dem Platz. Als ich nach dem Zeltaufbau zum Sanitärgebäude gehe, sehe ich, dass es sogar ein kleines Hallenbad gibt. Hier kommt also die Badehose das erste Mal zum Einsatz (und im weiteren Reiseverlauf nur ein weiteres Mal, im Meer in Nordspanien), und ich entspanne mich ein wenig im warmen Schwimmbecken.

In der wunderschönen Altstadt herrscht reges Treiben, Sarlat zählt zu den wichtigsten Tourismusorten des Périgord bzw. der Region entlang der Dordogne. Wie mir nun und in den kommenden Tagen auffällt, ist die Gegend besonders bei Engländern sehr beliebt. Es ist auch spätabends noch warm genug, um draußen zu sitzen. Bei herrlichem Blick auf die historischen Fassaden gönne ich mir – nein, nichts regionaltypisches mit Ente oder Gans, sondern ein leckeres Pastagericht in einer Pizzeria.







10. Tag (29.09.2012), Sarlat-Beynac

Strecke: 33 km

Fahrzeit: 2 Std. 11 min


Heute ist die Strecke eher bescheiden, aber ich möchte durch den sehenswertesten Abschnitt der Strecke entlang der Dordogne nicht einfach nur kilometerfressend durchrauschen. Zumal ich mir heute vormittag erstmal in aller Ruhe die malerische mittelalterliche Altstadt von Sarlat ansehen möchte. Hier kann man tatsächlich einen halben Tag in den wunderschönen Gassen mit den herrlichen historischen Gemäuern umherschlendern und hat trotzdem noch nicht alles gesehen.

Heute ist Markt, so dass in der ohnehin von Schaaren von Touristen bevölkerten Stadt ein besonders reges Treiben herrscht.



An zahlreichen der Marktstände werden die für das Périgord typischen, leckeren Gänse- und Entenfleischerzeugnisse in kleinen und großen Dosen verkauft. Ich besorge mir einige kleine Döschen für unterwegs und auch als Reisemitbringsel. Neben verschiedenen Varianten des Fleisches des Geflügels ist eine besonder Köstlichkeit die (zugegeben umstrittene) Gänseleber (Foie gras), die auch ihren Preis hat (nach meiner Erinnerung 5-6 Euro für ein winziges Döschen Bloc de Foie gras). Aber sehr lecker.

Immerhin hat man dem edlen Federvieh, dem all diese Leckereien zu verdanken sind, fairerweise ein Denkmal gewidmet.



Die Kirche Sainte-Marie, der offenbar im Laufe der Geschichte der Turm abhanden gekommen ist, ist in neuerer Zeit in eine Markthalle umgewandelt worden, mit der architektonischen Besonderheit eines riesigen, den gesamten Querschnitt des Kirchenschiffes einnehmenden Stahltores, mit dem der erhaltene Gebäudeteil außerhalb der Marktzeiten verschlossen wird.





Es ist schon Nachmittag, als ich schließlich losfahre, aber der etwas längere Aufenthalt in Sarlat hat sich gelohnt. Ich rolle über die D 46 abwärts zurück zur Dordogne, überquere sie



und folge dem Fluss am Südufer ein paar Kilometer, landschaftlich sehr reizvoll (D 50, sehr verkehrsarm). Am Ufer picknicke ich mit einer Dose Rillettes de canard (irgendwas Leckeres mit Entenfleisch).



Nun geht es ein steiles Sträßchen empor zum hoch über dem südlichen Dordogne-Ufer gelegenen Ort Domme (der natürlich auch wieder mit einem sehr malerischen mittelalterlichen Stadtbild aufwarten kann).



Von hier oben bietet sich ein traumhafter Ausblick über das Dordogne-Tal.



Und wieder abwärts ins Tal…



Ich wechsle wieder aufs nördliche Ufer, und nach wenigen Kilometern auf der D 703 komme ich auch schon durch den nächsten malerischen Ort, La Roque-Gageac. Zwischen der Dordogne und dem steilen Felshang bleibt nur Platz für die Straße und eine Häuserzeile; die höher gelegenen Gebäude wirken wie an den Felsen geklebt.









Nun ist es nicht mehr weit bis Beynac. Der Ort wird von der mächtigen Burg auf dem auch hier steilen Felsufer dominiert.





Direkt unterhalb der Burg gibt es einen Campingplatz, der auch noch geöffnet hat (es geht gegen Ende September, da schließen einige Plätze bereits).

11. Tag (30.09.2012), Beynac-Bergerac

Strecke: ca. 90 km


Heute habe ich einiges vor, denn ich will mir mindestens zwei der zahlreichen Burgen ansehen, die hier überall hoch über der Dordogne thronen, und dann noch bis Bergerac kommen, das ein ganzes Stück flussabwärts liegt.

Direkt über dem Campingplatz erhebt sich das Château de Beynac, der erste Programmpunkt des Tages.



Ich steige durch das malerisch an den Felshang geschmiegte Dorf hinauf zur Burg.



Architektonisch interessant die aus Bruchsteinen errichteten Dächer einiger historischer Häuser im Ort.



Die mächtige Burganlage befindet sich in Privatbesitz und wird gerade restauriert, wobei offenbar Wert auf die Herstellung des historischen Zustands gelegt wird, zum Beispiel durch die wohl auch ursprünglich vorhandenen Holzpalisaden auf den Mauern.



Die acht Euro Eintritt lohnen auf alle Fälle. Die Burg hat als Kulisse für mehrere Spielfilme gedient. Der Schuppen, den man in der Bildmitte sieht, hat, wie eine dort angebrachte Hinweistafel verkündet, im Film „Johanna von Orléans“ von Luc Besson einen Pferdestall gespielt.



Von hier oben bietet sich ein herrlicher Blick hinunter auf die Dordogne und den Campingplatz, auf dem mein Zelt auf den Abbau wartet.









Im großen Saal hängen historische Wandteppiche. Da die Fenster nicht verschließbar sind, sind sie der Witterung ausgesetzt. Eigenartig.



Wieder unten, beim Zeltabbauen, wundere ich mich, dass alle Wohnwagengespanne und Wohnmobile sich abfahrbereit machen und den Platz verlassen. Ich erfahre, dass jedenfalls hier in der Region nun, Ende September, die Saison zu Ende geht und und dies die letzte Nacht war und der Platz heute schließt. Glück gehabt; ich werde im weiteren Verlauf, vor allem an der Atlantikküste, allerdings noch einige geöffnete Plätze finden.

Als nächstes steht Château Castelnaud auf dem Programm, in Sichtweite hoch über dem gegenüberliegenden (südlichen) Dordogne-Ufer gelegen. Ich fahre ein paar Kilometer die gestrige Strecke zurück bis zur nächsten Brücke und picknicke am Ufer mit Baguette und einer gestern in Sarlat gekauften Dose Bloc de Foie gras mit Blick auf die Burg.



Die Dordogne ist bei Kanusportlern sehr beliebt.



Zur Burg Castelnaud gelangt man, wie in Beynac, indem man die steilen Gassen des zugehörigen Ortes empormarschiert. Natürlich gibt es auch von hier oben wieder eine traumhafte Aussicht.



Eine Besonderheit auf der Burg sind mehrere Nachbauten mittelalterlicher Belagerungsmaschinen (Trébuchets). Eine Ausstellung zeigt anhand von Modellen die Funktionsweise. Bis zu einem Zentner schwere Steinkugeln können mehrere hundert Meter weit geschleudert werden.



Ein Film zeigt die originalgroßen Nachbauten, wie sie auch hier auf der Burg in mehreren Exemplaren zu bewundern sind, in Aktion. Es funktioniert tatsächlich verblüffend effektiv. Am kurzen Ende des langen Hebels ist ein mit mehreren Tonnen Steinen gefüllter Holzkasten befestigt, am langen Ende eine Art lederne Tasche an zwei Seilen, die das Geschoss aufnimmt. Das tonnenschwere Gegengewicht bewegt sich nach unten, der Hebelarm nach oben, am höchsten Punkt löst sich eines der Seile, die das Geschoss halten, von einem Haken und gibt es frei. Der Trick ist wohl die Kombination aus dem langen Hebelarm und der zusätzlichen steinschleuderartigen Aufnahme für das Projektil; so wird eine enorme Beschleunigung erzielt.

Ich bewundere das halbe Dutzend der Nachbauten der Trébuchets in Originalgröße, die mir bereits vom Tal aus beim Blick auf die Burg aufgefallen sind. Der Standort auf der Burg ist sicher nicht historisch, da die Maschinen ja der Belagerung dienten.







Nun ist es schon drei, und ich habe noch kaum Strecke gemacht, etwa 80 km sind es noch bis Bergerac.



Nach ein paar Kilometern komme ich am nächsten Schloss vorbei (Les Milandes), dessen Besichtigung sicher auch gelohnt hätte, aber die Zeit ist nun nicht mehr. Berühmt wurde Les Milandes, als es in den 1940er Jahren von Josephine Baker gekauft wurde, die hier nach Beendigung ihrer Karriere als Tänzerin mit einem Dutzend adoptierter Kinder aus allen Teilen der Welt lebte.

Die heutige Strecke entlang der Dordogne ist landschaftlich sehr reizvoll und führt mich, nachdem ich wieder auf das Nordufer gewechselt habe, über die D 703, einer etwas stärker befahrenen Hauptstraße, nach St.-Cyprien, dann weiter über kaum befahrene Straßen (D 703, E, D 51, D 31) bis zu einer engen Schleife der Dordogne, wo die Straße kurz sehr steil das hohe Ufer erklimmt. Hier gönne ich mir im schönen Örtchen Trémolat eine kurze Einkehr.



Ab Lalinde kann man ein paar Kilometer entlang eines alten, parallel zu Dordogne verlaufenden Kanals fahren.



Wieder am südlichen Ufer führt mich die D 37 schließlich nach Bergerac, wo ich kurz vor Sonnenuntergang eintreffe. Direkt am Ufer, gegenüber der Altstadt, gibt es einen Campingplatz, der, anders als der von letzter Nacht, die Saison noch nicht beendet hat. Perfekt. In den Gassen von Bergerac finde ich auch nach einigem Suchen ein nettes, wenn auch teures, Restaurant, vor dem man draußen sitzen kann. Die Portion ist überschaubar, aber lecker (ich kann mich nur nicht mehr erinnern, was es war…).



Fortsetzung folgt...