Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien)

von: Tom72

Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien) - 02.12.14 11:44

15. Tag (05.10.2012), Mimizan-Plage – Messanges-Plage

Strecke: ca. 60 km


Auch heute folge ich der Küste weiter Richtung Süden. Langsam wird die Fahrt durch die Kiefernwälder tatsächlich etwas eintönig. Aber der endlose Sandstrand begeistert mich jedes Mal aufs Neue.











Vom kleinen, etwas abseits der Küste gelegenen Ort Messanges führt eine Straße etwa drei km zur Küste nach Messanges-Plage. Der winzige Strandort besteht eigentlich nur aus einem einsam am Strand gelegenen Restaurant, das recht gut besucht ist, und einigen Campingplätzen etwas abseits der Küste. Auf einem baue ich mein Zelt auf und esse auf der Terrasse des Strandrestaurants zu abend. Es ist so voll, dass ich eine Weile auf einen freien Tisch warten muss. Ich bin zufrieden. Dies ist wohl weit und breit der schönste Platz, um den Tag ausklingen zu lassen.



16. Tag (06.10.2012), Messanges-Plage – Saint-Jean-de-Luz

Strecke: 86 km

Fahrzeit: 4 Std. 35 min


Heute ist der letzte Tag an der Côte d’Argent und der letzte Tag in Frankreich; morgen werde ich die Grenze nach Spanien überqueren.

Als ich gestern abend auf dem Zeltplatz angekommen bin, hatte die Rezeption schon geschlossen, ich muss also noch bezahlen. Heute morgen hat sie aber auch um zehn noch nicht wieder geöffnet. Länger will ich nicht warten, und so fahre ich ausnahmsweise ohne zu zahlen los (die zweite Gratis-Übernachtung der Reise, nach dem auch offiziell kostenlosen Campingplatz in Neussargues in der Auvergne). In dem Restaurant, in dem ich gestern Abend gegessen habe, frühstücke ich mit Blick auf den Sandstrand.



In den Wellen tummeln sich Surfer.



Und weiter geht auf der piste cyclable durch die Küstenwälder südwärts. Heute fallen mir deutlich mehr Radfahrer auf als die vergangenen Tage. Die einzigen Reiseradler, denen ich begegne, sind eine Gruppe junger Franzosen.



Die Strandorte sind nun etwas größer als im nördlichen Abschnitt der Côte d’Argent. Es gibt daher häufig die Gelegenheit, in einer Strandbar auf ein Bierchen einzukehren.



Beim Blick entlang der Küste Richtung Süden kann man nun auch die „Kurve“ erahnen, die die Küste im französisch-spanischen Grenzbereich vollzieht, der Übergang zwischen der nord-südlich verlaufenden französischen Küste und der ost-westlich verlaufenden spanischen Küste (Costa Verde). Und auch die Pyrenäen kann man erkennen, die dort auf die Küste treffen. Ursprünglich hatte ich mir überlegt, auch einen Abstecher in die Berge zu machen, da ich von den Pyrenäen bislang nur den östlichen (katalanischen) Teil kannte, aber die nicht mehr allzuvielen verbleibenden Tage möchte ich dazu nutzen, an der Costa Verde noch möglichst weit nach Westen zu kommen. Auch dort wird es noch einiges an Höhenmetern zu bewältigen geben, im Unterschied zur Côte d’Argent ist die spanische Nordküste nämlich alles andere als flach.

Ich komme durch einige etwas größere Küstenorte (Hossegor, Capbreton). Ein Stück weit folgt der Radweg einem Kanal,



dann geht es weiter durch Kiefernwälder und Dünen.



Vorbei an einem eingezäunten Militärgelände erreiche ich das Ende des Radwegs am Stadtrand on Bayonne. Mit dem Ballungsgebiet von Bayonne und Biarritz erreiche ich erstmals seit Bordeaux wieder großstädtisches Terrain.



Über den hier mündenden Fluss Adour gelange ich in die Innenstadt von Bayonne.



Ich bin nun im Baskenland. Mir fallen zahlreiche mehrsprachige Schilder auf. Neben Französisch und Baskisch ist auch das Okzitanische berücksichtigt.



Die Altstadt von Bayonne ist sehr sehenswert. Historische Bedeutung erlangte die Stadt durch ihre Waffenschmieden. So ist nach der Stadt das auf den Lauf von Gewehren aufpflanzbare Bajonett benannt. Eine der Sehenswürdigkeiten sind die umfangreichen von Vauban, dem Festungsbaumeister Ludwigs des XIV, errichteten Befestigungsanlagen.

Ich sehe mich ein wenig in den Altstadtgassen um, vor allem um die Kathedrale Sainte-Marie.



Hier lasse ich mich vor einem Restaurant nieder und esse eine Kleinigkeit zu Mittag. Ich sehe mir kurz die Befestigungen an und die Gegend am Ufer des Adour.





Die Stadt gefällt mir, man sollte hier vielleicht etwas länger verweilen. Da aber die verbleibenden Tage langsam knapp werden, möchte ich heute noch ein ganzes Stück weiterkommen.

Ich verlasse also nach einigen Stunden Bayonne wieder und mache mich auf ins benachbarte Biarritz. Anders als die Altstadt von Bayonne liegt Biarritz wieder direkt an der Küste. Ich habe einige Schwierigkeiten, mich zu orientieren, dann finde ich schließlich eine verkehrsreiche innerstädtische Straße, die mich an die Küste nach Biarritz führt.

Für den mondänen Badeort habe ich noch weniger Zeit als für Bayonne, da ich es heute noch bis Saint-Jean-de-Luz schaffen will, das mir für die Übernachtung ruhiger und daher angenehmer zu sein scheint; zu Recht, wie sich herausstellen wird.

Noch immer sind die noblen Hotels der Belle Époque charakteristisch für die Seeseite von Biarritz. Es gibt Sandstrände;



im Übrigen wird die Küste von bizarren Felsformationen geprägt.





Ich folge der Küstenstraße und sehe mir als einzige Sehenswürdigkeit die Marienstatue auf dem Rocher de la Vierge an.



Dann verlasse ich Biarritz auch schon wieder. Es gibt nun entlang der Küste keine Alternative zur stark befahrenen Hauptstraße (D 810), die aber recht breit ist und teilweise über einen Seitenstreifen verfügt. Ich komme durch Guéthary und erreiche schließlich, schon in der Dämmerung, den Stadtrand von Saint-Jean-de-Luz.



Auf dem Ortseingangsschild ist der Name auch auf Baskisch angegeben. Trotz seines recht exotischen Erscheinungsbildes „Donibane-Lohizune“ bedeutet er dasselbe wie die französische Namensform: „Don“ ist die baskische Form des Heiligen-Titels, der nicht, wie in den romanischen Sprachen, von lateinisch „sanctus“ (französisch „Saint“), sondern von lateinisch „dominus“ (Herr) abgeleitet ist, „Ibane“ ist die baskische Form von „Johannes“, und „Lohizune“ (was auch immer es bedeuten mag) ist das baskische Wort, das in der französischen Version zu „Luz“ verkürzt wurde. Dem Ursprung des Ortsnamensbestandteils „Don“ aus dem Lateinischen zum Trotz ist Baskisch eine der wenigen Sprachen in Europa (und die einzige in Westeuropa), die nicht der indoeuropäischen Sprachfamilie angehören.

Einige Kilometer vor der Innenstadt von Saint-Jean-de-Luz gibt es einen wunderschönen Campingplatz direkt am Meer, wo ich mein Zelt aufschlage. Dann fahre ich, schon bei Dunkelheit, ins Zentrum des Ortes, der mir auf Anhieb sehr gut gefällt, und gönne mir ein leckeres Steak mit Pommes.



Die halbvolle Weinflasche nehme ich mit zurück zum Campingplatz und genieße den Rest am nächtlichen Strand beim Rauschen der Brandung.

Fortsetzung folgt…