Die Legende von Pirineosaurus

von: veloträumer

Die Legende von Pirineosaurus - 12.12.14 19:52

Die Legende von Pirineosaurus
(La Leyenda de Pirineosaurus)

Seine saurische Reise in den
(PRE)PIRINEOS zwischen COSTA BRAVA und CÔTE BASQUE


Cañonitis, Congosteria, Barrancade, Gorgesmania, Cirquessima, Picerie, Cuevania, Cinglesitis and some other a-STONE-ishing things about the Pyrenees

Eine prähistorische Legende mit Reisegeschichten und Bilderträumen von und mit Pirineosaurus Rex, begleitet und unterstützt von seinen Freunden und Ideengebern: Die Möwe von Cerbère, Trasgu und Casco Nuevo.
Nichtamtliche Übersetzung: veloträumer



Alle Fremdautoren-gekennzeichneten Zitate stammen aus eingangs aufgeführten Quellen, soweit nicht weitere Quellen angegeben sind.


Inhaltsverzeichnis

Einführung & Buchtipps (gleich hiernach)

Prolog: 2229 km durch Frankreich an 1 Tag

1. France I/Catalunya I: Costa Brava mit Hinterland

2. Catalunya II: Girona, Garrotxa, Collsacabra/Vall de Sau, Salztal

3. Catalunya III: Noguera-Täler, Sierra de Montsec, NP Aigüestortes

4. Aragón I: Sierra de Ballabriga, Sierra de Guara, Sierra de Loarre

Navarra I/Aragón II: Cinco Villas, Bárdenas Reales, Täler Rio Aragón, Canfranc

6. France II: Béarn, Hautes Pyrénées, PN Pyrénées

7. Navarra IIa/France IIIa: Große Iraty-Runde

8. Navarra IIb/France IIIb: Labourde, Corniche

Nachtrag mit Gedicht


36 saurische Reisetage = 35 Velotage + 1 Döseltag im Urgesteingarten
+ 1 Anreisetag Bahn + Anradeln (Perpignan – Collioure, 33 km/165 Hm)
+ 1 Heimreisetag Bahn + Radtour (Gare d’Austerlitz – Gare de l’Est/Strasbourg – Rastatt, 74 km/160 Hm)

Bilder: ca. 3850 (brutto), ca. 3450 (netto), ca. 1530 (hier)

Total (Velotage): 35 d | 2809 km | 48945 Hm | ca. 84 Pässe
Durchschnitte: 80 km/d | 1398 Hm/d | 6:35 h/d | 12,2 km/h
Hm-Index (Schwierigkeit): 1,74 (1742 Hm/100 km)

Fortbewegungsmittel: vermutlich ein Fahrrad mit Muskelantrieb; Saurierfüße

Pannen & Unfälle: Gab es, aber ausdrücklich der Bescheidenheit verpflichtet

Klimaregion: Typisches Ursuppenwetter aus der Zeit des Sauriersterbens

Teilnehmer der Tour: Pirineosaurus, Casco Nuevo (als blinder Passagier)

Sponsoren & Gönner: KEINE – Bewerbungen sind jederzeit über das Saurier-Büro möglich
Merchandising-Produkte zu Pirineosaurus: Produktion vor 180 Mio. Jahren eingestellt


Wie und Wo finde ich die Bilder?

Die komplette Reiseerzählung umfasst 11 getrennte Forums-Beiträge, die ich in geplant dichter Folge einstellen werde. Auf diesen Eingangsbeitrag mit der o. a. Übersicht und einer Einführung folgt ein Prolog, darauf 8 Regionalkapitel, die jeweils ein enger umgrenztes Reisegebiet umfassen, mit einer Bildergalerie verlinkt sind und aus den somnambulen Überlieferungen der Schriften des Pirineosaurus stammen. Den Abschluss bildet ein kleiner, aber zum Gesamtverständnis wichtiger Nachtrag. Nach den jeweiligen Leseblöcken (integrierte Fotos sind dort die Ausnahme) der 8 Regional-Kapitel findet ihr jeweils ein Einladungsbild mit bereits mehreren integrierten Motiven. Über das Einladungsbild öffnet sich jeweils eine Bildergalerie zum zugehörigen Kapitel. Die Bilder sind dort auf 1400 Pixel auf der längsten Achse skaliert. Pro Galerie gibt es je nach Region ca. 120-235 Bilder. Diesmal habe ich die Bilder wieder auf Google+ hinterlegt. Einführung, Prolog und Nachtrag haben keine externe Bildergalerie. Einige Bilder sind untertitelt, sodass die geografische Abfolge der Motive zugeordnet werden kann.



„Früher, als die Tiere noch sprechen konnten, gab es hier einen sehr alten Mann, der schon seit Jahrhunderten in diesen Bergen lebte. Gott hatte beschlossen, ihn länger leben zu lassen als andere, weil er frei von Sünde war und niemals eine Frau berührt hatte. Statt Jacke und Hose zu tragen, wie in dieser Gegend üblich, kleidete er sich nur in sein Haar, das so lang war, dass es ihn hinten wie ein Umhang bedeckte, und seinen weißen Bart, der ihm vorn bis über die Knie hing…“ (so leitete der Schäfer Gaietà einmal eine Geschichte ein, in: „Solitud“ von Víctor Català)



EINFÜHRUNG

Neben ein paar spezifischen Musik-Links im Text gibt es für jede Bildergalerie je eine Musikempfehlung (via Youtube-Link), die nicht nur zur Stimmung der Region passt, sondern auch die kulturelle Identität von Pirineosaurus abbildet. Die entsprechenden kursiv gedruckten Erläuterungen stammen zwar von mir (veloträumer), aber es ist verbrieft, dass Pirineosaurus auch zu solchen Klängen in seiner Höhle gelauscht hat, u. a. beim Verfassen seiner Schriften. Die Bilder sind fotografische Darstellungen, die ich aus meinen Traumsequenzen rekonstruiert habe. Einige Abbildungen sind den Höhlenmalereien aus Pirineosaurus’ Wohnhöhle nachempfunden, ohne dass sie die originale Qualität wiedergeben können. Paläontologen sind überrascht, dass Pirineosaurus bereits die moderneren Kunststile aus dem 19. und 20. Jahrhundert vorzeichnete. Kunstexperten stehen nun vor der Frage, ob die großen Impressionisten, Fauvisten, Surrealisten, Kubisten und andere mehr alles nur Plagiatmaler waren, die sich heimlich saurischer Urkunst bedienten. Aber wo kein Kläger auch kein Richter. In der Frühgeschichte fehlte es an einem gesunden Bewusstsein für das Urheberrecht, womit sich Parallelen zur digitalen Moderne im Hier und Jetzt ergeben.

Auch die andere künstlerische Seite der saurischen Ära, die Musik, ist bisher weitgehend unerforscht geblieben. Einige Facetten können hier beleuchtet werden, sind aber teils speziell Pirineosaurus geschuldet, der weit über seine eigentlich bestimmte Zeit hinaus gelebt hat oder möglicherweise auch noch lebt. Es ist nachvollziehbar, dass in saurischen Zeiten archaische Hausmusik gespielt wurde. Einen kleinen Eindruck, wie das etwa ausgesehen und sich angehört haben könnte, ist folgendem Link zu entnehmen: Boubacar Traoré & Ali Farka Touré „Duna Ma Yelema“ (5:13 min.).

Neben diesen kunsthistorisch bedeutenden Erkenntnissen konnten die Paläontologen aus diesen Schriften ein noch nie zu Tage getretenes Wissen über die Fortbewegungsarten von Sauriern gewinnen. Zu diesen sensationellen Forschungsergebnissen zählen muskelbetriebene Beinkreisbewegungen, die dem Wesen des Radfahrens weitgehend entsprechen. Die Radspuren von Pirineosaurus hat offenbar auch schon Víctor Català aufgespürt, wie sie versteckt erwähnt, als ihre Romanfiguren Mila und Matias einen Pyrenäenpfad besteigen: [/i]„… und sie bogen in den Pfad ein. Dieser war schmal und glatt, wie wenn ein gewaltiges Rad jahrhundertelang seine Spur ins Gestein gemahlen hätte.“[/i] Mehr noch gibt es eindeutige Hinweise auf eine entwickelte Fahrradkultur in den Sauriergesellschaften, weil entsprechende Gerätschaften beschrieben sind. Damit muss man den Beginn der Werkzeugherstellung deutlich vor die Zeit der Frühmenschen verlegen. Kopfzerbrechen bereitet den Wissenschaftlern allerdings, ob sich das Radfahren ausschließlich auf die Gattung beschränkte, der Pirineosaurus angehörte oder ob es gar ein gesamtsaurisches Fahrradwesen gab. Eine weitere Frage konnten die Wissenschaftler bisher ebenfalls nicht klären, nämlich ob Pirineosaurus das Wissen ums Fahrradfahren in der romantischen Epoche an die ersten uns bekannten Radkonstrukteure weitergegeben hat, ob die Ingenieure damals heimlich Pirineosaurus ausspioniert haben oder ob das Fahrradfahren im 19. Jahrhundert noch einmal neu erfunden wurde. Lauter Rätsel.

Sicherlich lässt sich der Text ohne die Bilder verstehen, die Reise mit den Bildern ohne den Text verfolgen und die Musik ignorieren. Wer jedoch ein wirkliches Bild des Wesens von Pirineosaurus erhalten möchte, kommt nicht dran vorbei, sich Zeit für alles zu nehmen, was hier präsentiert wird. Pirineosaurus fühlt sich frühgeschichtlichen Textlängen verpflichtet und hat noch nie etwas von SMS, Twitter oder Facebook gehört. Pirineosaurus kommt eben aus einer damals noch zeitlosen Zeit. Dennoch haben wir es hier mehr oder weniger mit einem multimedialen Buch zu tun, dass ohne Digitalwelten nicht denkbar wäre. Bevor wir der verworrenen Gedanken- und Bilderwelt von Pirineosaurus folgen können, fühle ich mich verpflichtet, einige wenige übergreifende Infos voranzustellen, weil Pirineosaurus dafür nicht ausreichend Interesse bekundete. Ich muss diese Fakten und Erläuterungen daher auch so darstellen, als wäre ich diese Tour selbst gefahren, was natürlich nicht der Fall war.

Ein Stück unterhalb des Vogelfirstes war die rechte Wand wie von Beilhieben zersplittert, und zwei gezackte Krallen, die alle übrigen bedrohlich überragten, standen daraus hervor wie Klauen eines Dinosauriers.“
(Beobachtung um 1900, Víctor Català)

Warum das fünfte Mal eine Radreise in den Pyrenäen?

Wer eine Region außerhalb der eigenen Heimat richtig kennenlernen will, wird nie oft genug dort hinkommen können. Das gilt zunächst einmal für überall. Die Pyrenäen sind überdies widerspenstig, kaum zu zähmen und doch eben entsprechend dieser ihrer unnachgiebig, freiheitsliebenden Gesinnung – die Menschen der Natur gleich – von magisch anziehender Faszination. Die Pyrenäen zeigen nie alle ihre Gesichter, immer wieder verbergen sie dem Reisenden etwas, sodass man wiederkommen muss. Bewährtes Mittel dieser geheimnisvollen Mystik sind mitunter die Wolkengebilde aus der Biskaya, die gerne mal leibhaftig alles vernebeln, was 100 m über Meereshöhe herausragt. So haben die vergangenen wie auch diese Reise immer wieder Lücken gelassen. Und ja, man entdeckt natürlich neue Möglichkeiten und Wege, anderes möchte man nochmal erleben. Wie wir bei dem Namen ahnen können, hat Pirineosaurus aber ein ausgedehntes Leben, aus dem weitere Reiseschriften später noch entdeckt werden könnten. schmunzel unschuldig

Die Vorgeschichte für einen so kleinen Fleck auf der Landkarte ist also üppig. Während im Jahre 2000 (kein Bericht dazu bis dato im Forum) die Vorpyrenäen im Corbières, das ferne Angesicht des Canigou, das untere Tech-Tal und die Côte Vermeille nur einen Teil-, um nicht zu sagen Randaspekt der Radreise bildeten, waren es 2004 (Tour de France: Pyrenäen - Auvergne - Jura) und 2008 (Vuelta Verde) bereits Ost-West- bzw. West-Ost-Querungen des kompletten Pyrenäengebirgszuges samt etlicher Grenzpasswechsel zwischen Frankreich und Spanien. Beide Querungen waren aber immer noch nur Teilaspekte einer weitergehenden Gesamtreise. Mit Pyrénées Cathares-Catalán im Jahre 2011 kam es zu meiner ersten Spezialtour, die nur durch die Pyrenäen führte und die mich endgültig zum velopides pirineosaurus – von den Bergbewohnern dort auch mit Pirineosaurus Rex betitelt – werden ließ. So jedenfalls die Überlieferung, genau weiß das keiner. Zwangsläufig wird Pirineosaurus (so die bescheidenere Kurzform des Adelstitels) auch bildlich mit den Landschaften zu einer Einheit verschmelzen – ja wird zur hedonistischen Skulptur des a-STONE-ishing-Gepräges der Pyrenäenseele. Die Seele wird Stein, im Fels pocht das Herz. Einige besonders bösartige Forscher behaupten sogar, dass Pirineosaurus nichts anderes war als ein „rolling stone“ (Herumtreiber), wie anhand eines weiteren archaischen Songs aus dem Höhlenklangarchiv zu schließen sein könnte: Muddy Waters „Rolling Stone“ (3:14 min.).

Die Spezialisierung auf die weitgehend eher unbekannteren Wege in den östlichen Pyrenäen sollte hiermit eine Fortsetzung im westlichen Teil erhalten. Das Ziel dieser Tour war es daher zunächst, alle mir noch unbekannten Grenzkammpässe der Pyrenäen gen Westen zu erradeln. Das überforderte aber Pirineosaurus: zu viele kernige Anstiege, schlechte Wegezustände, infernalische Klimaerscheinungen, spontane Vor-Ort-Entdeckungen und alternde Saurierknochen führten zu entsprechenden Abstrichen im äußersten Westen.


Eines der zahlreichen Steinwunder auf Pirineosaurus’ Entdeckungstour: die surreale Erosionswelt Bardenas Reales, Navarra

Was bedeutet „a-STONE-ishing things”?

Nicht nur, aber ein erheblicher Teil der erlebten Wunder der Natur waren aus Stein, wobei das englische Wortspiel etwas nahe liegender ist als das deutsche: „STONE“ (Stein), aber auch astonishing (wundersam/erstaunlich) oder eben besser: „a-STONE-ishing“. Ein bisschen ergibt sich eine Parallele zum letztjährigen „KARSTing“-Wettbewerb – der Stein- und Wasserwelten des Dinarischen Karstgebirges. Dabei wird hier a-STONE-ishing als eine Art Gütesiegel verwendet, das Pirineosaurus in unterschiedlichen Abstufungen für Steinwunder vergibt.

Diesem Wettbewerbsgeist trägt auch der erste Teil des Untertitels Rechnung. Die Schluchten (Canyons, span. Cañones) unterliegen noch weiteren unterschiedlichen Bezeichnungen, etwa wie „Congost“, oder „Barranca“ – ein meist ausgetrocknetes Flussbett, das teils erwandert, teils aber auch nur durch riskante Canyoning-Touren erkundet werden kann. In Frankreich heißen Schluchten meistens „Gorge(s)“. Über die flussgeformten Steinwunder hinaus führte meine Reise zu einigen großen Gebirgskesseln, in Frankreich mit der Bezeichnung „Cirque“, „Pic“ bezeichnet Gipfel, Höhle heißt spanisch „Cueva“, und „Cingles“ steht für Klippen/senkrechte Felsabbruchkanten.

Es ist ein bisschen also wie eine „Olympiade“ der Steinwelten, wie es im Untertitel in neusprachlichen Termini wiederzufinden ist, die eine Superlative, eine extreme Ausrichtung oder ein breites Angebot suggerieren: „Cañonitis, Congosteria, Barrancade, Gorgesmania, Cirquessima, Picerie, Cuevania, Cinglesitis and some other a-STONE-ishing things about the Pyrenees”. Natürlich gab es noch weitere Steinwunder auf der Tour, die weniger genau einem Begriff zugeordnet werden können wie etwa die Gesteinslandschaft Bardenas Reales, selbst Städte und Dörfer sind ja meist auch aus Stein. Kuriose Felsen sind Folge von Erosion, also auch von Wasserkräften, die ihrerseits wieder Kapriziosen herausbilden. Man darf also auch Bilder von sehenswerten Fließgewässern, Kaskaden, Seen und Meeresbuchten erwarten. Das schließt grüne Wald- und Wiesenlandschaften nicht aus, die in den Westpyrenäen weit präsenter sind als exponierte Steinwelten – und im Zweifel stelle ich ja noch meinen grünen Gaul zur Farbabwechslung ins Bild. schmunzel

Regionale Abgrenzung

Mein Reiseverlauf ergibt sich recht gut bereits aus der Auflistung zu Beginn dieser Einführung. Ich nenne in meinem Titel die Tour bewusst „Costa Brava – Côte Basque“, obwohl die Tour eigentlich mit der Côte Vermeille beginnt. Ursprünglich war die Tour aber nicht entlang der gesamten Côte Vermeille geplant, sollte nur ein Einrollen bedeuten, da ich diesen Küstenstrich schon mehrfach besucht hatte. Geografisch ist die Côte Vermeille auch nichts anderes als der französische Teil der nördlichen Costa Brava – jener Teil, der sich um das Cap de Creus als „wilde“, raue, schnell aufsteigende Felsküste präsentiert – die mediterrane Abbruchkante der Pyrenäen sozusagen. Der Übergang zwischen Cerbère und Port Bou ist eher zufällig den Nationalgrenzen geschuldet – nicht einem geologischen oder topografischen Bruch. Da zudem meine Tour zu fast 2/3 durch Spanien führte, ist es also auch nahe liegend, das eine geografische Region Spaniens im Titel zu finden sein sollte. Auch aus diesem Grund verwende ich den spanischen Begriff „Pirineos“ für die Pyrenäen im Titel.

„(Pre)Pirineos“ heißt es, weil ich zu guten Teilen die Pyrenäenausläufer im Süden, aber auch im Nordosten des Baskenlandes beradelt habe. Die Hochpyrenäen bzw. der Pyrenäenkamm hingegen spielte die eher kleinere Rolle – wenn auch eine gewichtige. Ob man von Pyrenäenausläufern oder von Vorpyrenäen spricht (analog zu Voralpen) scheint sprachlich wie geografisch nicht ausreichend klar geregelt zu sein. Die häufig vorzufindende Beschränkung des Pyrenäenbegriffs allein auf den Hauptkamm erscheint mir auch mit Blick auf die analoge Alpen-Terminologie nicht glücklich. Ganz grob verläuft die Abgrenzung (einschließlich der Vorpyrenäen) nach Süden durch die Talebene des Ebros. Niemand würde jedoch deswegen Barcelona als Pyrenäenstadt bezeichnen. Auch die südliche Costa Brava ist geologisch nicht als Pyrenäenausläufer zu identifizieren. Insofern bilden die Küstenebene in Empordà sowie der Fluss El Ter bis zur Stadt Vic eine gewisse Hilfsgrenze für die Vorpyrenäen. Südlich der östlichen Vorpyrenäen tut sich gar nochmal ein Fast-Hochgebirge wie Montseny (1700 m) auf. Das Katalanische Vorküstengebirge (dort von mir tangiert: Montseny) und das Katalanische Küstengebirge (auf dieser Reise beradelt: Massiv Montgrí & Massiv Gavarres) sind zwei Zwischengebirge, die sich zwischen Mittelmeer und den Pyrenäenausläufern aufgeschoben haben, die ich hier mal der Einfachheit wegen ebenfalls als „Vorpyrenäen“ werte.



Von dort kann man die Grenze über Manresa, Lleida, Huesca bis nach Tudela ziehen, wo man auf den Ebro stößt. Geologisch sollen die Bardenas Reales in Navarra, eine zweigeteilte Halbwüstenlandschaft, sogar zu einem Teil (der nördliche) zu den Pyrenäen gehören, der südlichere Teil hingegen nicht mehr – also mehr oder weniger Teil des Ebro-Tales. Eine zufrieden stellende geologisch-geografische Abgrenzung bleibt also schwierig. Und welcher Zusammenhang besteht ggf. doch zu den Pyrenäen?

Während im Osten mehr oder weniger allein das Meer oder vorgelagerte Ebenen die Pyrenäengrenze markiert, ist es im Westen offiziell die Linie Pamplona – Puerto Belate – Bidasoa-Tal – Hendaye (sowie die Biskaya zwischen Hendaye und Biarritz). Auch diese Abgrenzung ist nicht glücklich, handelt es sich doch beim Kantabrischen Gebirge und den Pyrenäen eigentlich um einen einzigen Gebirgszug. Nehme ich einmal die oberflächliche Landschaftsform und Vegetation, erscheint mir die Westgrenze sinnvoller zwischen Pamplona, Tolosa und San Sebastian zu ziehen. Egal aber wie, liegt die Grenze mitten im Baskenland. Ungeachtet dessen war meine Westgrenze der Tour eher willkürlich den zwangsweise nötigen und improvisierten Kürzungen geschuldet und nicht exakt so geplant.

Zur Übersicht und zum Lesen

Karten

Einige Karten sind ältere Serien, die exakt so nicht mehr erhältlich sind bzw. andere Nummern oder Bezeichnungen haben. Einige Karten habe ich nur in der Vorbereitung genutzt und nicht mitgeführt, andere erst während der Reise erworben. Die beiden Karten mit (*) decken fast das gesamt Gebiet ab und enthalten auch die meisten Routen. Pirineosaurus soll diese Karten von saurischen Steinmetzen in seiner Steinhöhle in den Fels geritzt haben lassen, um seine Geografiekenntnisse nachhaltig zu kräftigen. Die wichtigste Ergänzung dazu wäre die Alpina-Karte vom Vall de Sau/Collsacabra. Alle anderen Lücken lassen sich recht problemlos vor Ort schließen.

Verschiedene Kartenwerke sind Gebiets-redundant, enthalten aber verschiedene Informationen. Nicht immer ist die genauere Karte hilfreicher als die gröbere Karte. So ist die Michelin-Straßenkarte für die Runde entlang dem spanischen Irati-Stausee völlig ausreichend, während die Darstellung auf der IGN-Karte die falsche Route als einfache Piste ausweist (die eingetragene Piste ist hingegen ein schwieriger Trail). Andere Teile sind aber auf der IGN-Karte wieder genauer. Offenbar gibt keine der Karten dieser Region den aktuellen Straßen-/Pistenzustand richtig und vollständig wieder. Interessant ist auch, dass auf allen Karten der Höhenverlauf und die Höhe des Col d’Osquich falsch eingetragen sind (IGN wie alle Michelins). Offenbar wird hier dauerhaft falsch abgeschrieben.

Die spanische Alpina-Serie enthält meist neben der Karte auch weitere Infos und Routenempfehlungen – zuweilen kleine Reiseführer für die Regionen (gilt aber nicht für alle Titel!, Routenbeschreibungen teils neben Spanisch auch in Französisch). Ähnliches gilt für die Karte zu Bardenas, die aber für die von mir gefahrene mittelgroße Hauptrunde nicht unbedingt nötig ist (Routenbeschreibung nur in Spanisch). Zusammen mit einer Vorinfo aus dem Web und der Ausschilderung ist diese Hauptrunde grundsätzlich auch ohne Detailkarte fahrbar – ist für diesen Zweck sogar verwirrend. Für die Bardenas Reales hatte ich noch zwei Kartenausdrucke aus dem Web dabei. Davon reichte die primitivste Darstellung völlig, ggf. sogar die grobe Straßenkarte (Hauptwegzeichnung vorhanden). Eine einfache Karte mit allen offiziellen Parkrouten gibt es auch im Infozentrum kostenlos. Für die abseitigen MTB-Routen braucht es aber gutes Orientierungsmaterial – zumal Querfeldeinfahren und einige Pisten nicht erlaubt sind (es gibt Kontrollen). Es empfehlen sich Touren in einer Gruppe ggf. mit Tourguide. Weitere touristische Karten und Stadtpläne (Girona, Huesca) habe ich während der Reise erworben und lokal verwendet, werden hier aber nicht aufgeführt (lokal und kostenlos erhältlich).

  • Aragón, Cataluña/Catalunya 1:400.000 Michelin Regional 574 (*)
  • Katalonien/Costa Brava 1:200.000 Die Generalkarte
  • Midi-Pyrénées 1:200.000 Michelin Regional 326
  • Aquitaine 1:200.000 Michelin Regional 525
  • País Vasco/Euskadi, Navarra, La Rioja 1:250.000 Michelin Espagne Regional 573
  • Aude, Pyrénées-Orientales 1:150.000 Michelin Departments 344
  • Ariège, Haute-Garonne 1:150.000 Michelin Departments 343
  • Hautes-Pyrénées, Pyrénées Atlantiques 1:150.000 Michelin Departments 342 (*)
  • Pyrénées Centrales 1:150.000 Michelin Espagne Zoom 145
  • Pau/Bayonne 1:100.000 IGN 166
  • Alt Empordà 1:50.000 Editorial Alpina
  • Vall de Sau/Collsacabra 1:40.000 Editorial Alpina
  • Parc Nacional d’Aigüestortes i Estany de Sant Maurici 1:25.000 Editorial Alpina
  • Sierra y Cañones de Guara 1:40.000 Editorial Alpina
  • Bardenas 1:35.000 cuadernos pirenaicos, sua edizioak



Träumerzelt von Pirineosaurus im Lichte steingewordener Poesie und des guten Geschmacks: Feldweg in Romanyà de la Selva im Hinterland der Costa Brava, einst Lebensabendort von Mercé Rodoreda, einer herausragenden Vertreterin der neueren katalanischen Literatur (vgl. Kap. 1)

Buch-Tipps

  • Víctor Català: Solitud. Eine Liebesgeschichte aus Katalonien. Piper Taschenbuch, 2009 (Original 1905, dt. copyright SchirmerGraf Verlag, 2007), 380 S. Das Buch ist z. Zt. nur antiquarisch (gebraucht) erhältlich. Caterina Albert i Paradís (aus L’Escala), die sich in ihrer Zeit zu einem männlichen Pseudonym gezwungen sah, steht für den Beginn der modernen katalanischen Literatur und hatte u. a. auf Mercé Rodoreda großen Einfluss. Dieser Roman, Catalàs bedeutendstes Werk, erzählt die Entdeckung der sinnlichen Lust des Bauernmädchens Mila, die in den katalanischen Bergen in der Einsamkeit neben ihrem Mann zu verkümmern drohte. Ihre Sehnsucht wird durch die geheimnisvollen, schönen Legenden geweckt, die ihr ein Schäfer erzählt. Català schafft psychologische ausgereifte Charaktere und beschreibt mit bildhafter Sprache ein Sittengemälde des ländlichen Kataloniens. In der Ästhetik des Landlebens spürt sie auch die düsteren Momente auf und dekonstruiert damit gleichzeitig wieder ihre selbst geschaffene Mystik der Naturromantik. Das Abbild von Lebensrealität, die zwei Seiten des Lebens – süß und bitter, hell und dunkel – ein erklärter wie auch damals provozierender Eklektizismus, war nach ihren eigenen Worten ihr vordringliches Anliegen. Solitud, Vordenkerwerk zur sexuellen Revolution und Entzauberung der bürgerlichen Doppelmoral, galt 40 Jahre lang unter Franco als verboten und feierte 2007 auch in Deutschland eine Wiederentdeckung, als die katalanische Literatur Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse war. Lebendig, träumerisch, malerisch, mitreißend.

  • Rafael Chirbes: Am Ufer. Verlag Antje Kunstmann, Hardcover-Erstaufl., 2013, 430 S. Einer der führenden Autoren der aktuellen spanischen Literatur greift die Immobilienkrise seines Landes auf, um ein sarkastisches Bild um die menschliche Gier zu zeichnen. Dazu entwirft er eine tragische Familiengeschichte eines Schreiners, die zu einem nachdenklichen, aber auch nicht ganz humorlosen Wirtschaftskrimi mutiert. Ein schwieriges Thema für literarische Höhenflüge, umso mehr ist das erzählerisch gelungene Buch zu loben. Manchmal etwas langatmig, braucht Zeit zum Reinlesen.

  • Herbert Genzmer/Franz Marenits (Hg.): Europa erlesen – Barcelona. Wieser Verlag, 1999, schmuckes Hardcover aus der Literaturserie aus und über europäische Regionen, Orte, Länder etc., Direktbestellung beim Verlag, auch über Buchhandel, 270 S. Ein kleiner literarischer Einstieg, stellvertretend für Katalonien die Kulturmetropole Barcelona, auch wenn diese nicht auf meinem Reiseplan stand. Enthält u. a. Texte von Miguel de Cervantes, Salvador Dalí, Hans Magnus Enzensberger, Pere Gimferrer, Joan Maragall, George Orwell, Mercé Rodoreda.

  • Francis Jammes: Der Hasenroman. Edition Tieger/Autorenhaus Verlag, 2009 (Original 1902, dt. Erstausgabe 1916), Hardcover, 96 S. Der französische Naturlyriker Francis Jammes verbindet poesiereiche Naturbeschreibungen mit der göttlichen Glaubensfrage – ein Naturmystiker im Gefolge des Heiligen Franziskus. Hermann Hesse wie Rainer Maria Rilke bewunderten ihn, mit André Gide war er befreundet und er wurde als der Vergil der Pyrenäen bezeichnet. Vornehmlich lebte und arbeitete er in seiner Heimat, den baskischen Pyrenäen. „Das schönste Tierbuch der Welt“, wie die Frankfurter Zeitung mal einst wertete, ist eine kurz(weilig)e Parabel auf die Macht des Glaubens – erzählt aus der Perspektive eines Hasen. Man mag diese Schrift zwischen Prosa und Dichtung als Süßholzgeraspel mit missionarischem Eifer abtun. Die Sprachbilder sind aber von solch sinnlich-poetischer Kraft, dass dem Leser unweigerlich die Düfte der Kräuter in die Nase steigen, der Regen auf das Haar tröpfelt, der Wind über die Haut streicht und die Gemälde der Landschaft sich unverlangt ins Gedächtnis hängen. Oder wie es im Nachwort heißt, „ein ‚Sprachkino’, das vor den Augen des Lesers sichtbar wird.“ Ein Genuss.

  • Michael Schuh: Pyrenäen-Handbuch. Reise Know-How Verlag, 4. Aufl., 2003, Taschenbuch 600 S. Umfassender und kenntnisreicher Reiseführer für die frz. wie auch span. Pyrenäen, der fast alles abdeckt. Einige Teile der span. Vorpyrenäen sowie der Costa Brava sind nicht bzw. unzureichend berücksichtigt. Mittlerweile sicherlich in neuer Auflage erhältlich. Hoher Standard.

  • Kurt Tucholsky: Ein Pyrenäenbuch. Insel Taschenbuch, 1. Aufl., 2007, 250 S. Ein Klassiker der Reiseliteratur des Journalisten, Schriftstellers und Satirikers, der die Pyrenäen 1925 bereiste. Als Berliner Stadtmensch, damals in Paris lebend, scheint ihm die Natur doch fremd zu sein. Sein Fokus richtet sich auf Menschen und Erscheinungen eher am Rande der Pyrenäen. Die damals bereits bekannten und beliebten Naturwunder bewandert er eher widerwillig. Über den Cirque de Gavarnie vermerkt er: „Die Felswände stehen im gigantischen Halbkreis, oben liegt etwas Schnee, und das Ganze ist schön anzusehen. Aber nicht mehr – und warum so ein Geschrei daraus gemacht wird, weiß ich nicht.“ Immerhin gibt er nicht auf, obwohl er als Kletter-Leichtfuß gegen die örtlichen Warnungen naiv verstößt und beim versuchten Ausstieg aus der Kakouetta-Schlucht zwangsläufig scheitert und nicht ganz ohne Selbstironie flucht: „Wut im Leibe! Nie wieder Gebirge! … Die Felsen und die Bäume rede ich gar nicht mehr an, die waren Partei.“ Besonders liegt ihm daran, die Wunder von Lourdes mit journalistischer Akribie, aber auch etwas ermüdend zu entzaubern. Sicherlich sind seine Beobachtungen treffend und detailreich und für Fremde in der Ferne oder Pyrenäen-Neulinge lehrreich und spannend zu lesen. Das Buch überzeugt aber eher in seinen geistreichen Nebenbemerkungen über das Reisen als durch ausdrucksstarke Sprachbilder oder vertiefende Erkenntnisse über kulturelle Eigenheiten in den Pyrenäen. Ein letztlich etwas überschätztes Buch aus Tucholskys Feder, dessen gesamte Werkschau mehr zu bieten hat. Ein bedingtes Lesenswert.


Fortsetzung folgt