Re: Namibia 6 Wochen im Sommer 2014

von: ro-77654

Re: Namibia 6 Wochen im Sommer 2014 - 05.03.15 21:41

TEIL 2

„Wir waren unterwegs zum Zähneputzen.“ Ich dachte zu diesem Satz von einem deutschen Hipster (Anfang 20 und ein Klischeeexemplar nahe der Karikatur: karierte Hose, Käppi, Vollbart) nur: „Leute, das kommt davon, wenn man alles mit dem Auto unternehmen muss.“ Er und sein Kumpel sind auf dem Campingplatz bei Sesriem im Sand steckengeblieben und haben das gemacht, was man dann auf gar keinen Fall tun sollte: Gas geben. Sofort graben sich die Räder ein, bis der Motorblock aufliegt. Nebenbei: Der Sand war auf den Pisten für uns oft ein Problem: Wenn das Vorderrad eines Fahrrades darin versackt, ist Schieben angesagt. Breite Reifen und niedriger Luftdruck schützen nur bei nicht allzu tiefem Sand davor.

Sand gab es in der Gegend um Sesriem reichlich: Wir besteigen die rund 50 Kilometer entfernten Dünen, sie zählen zu den höchsten der Welt. Hunderte Touristen machen sich dort jeden Tag auf, um eine der größten Attraktionen des Landes zu sehen. Dazu zählt auch das Death Vlei – der flache Kessel zwischen Dünen war mal ab und zu von Wasser bedeckt, deshalb wuchsen dort Bäume. Doch dann bewegte der Wind Sand und schnitt das Vlei allmählich vom Wasserzulauf ab – die Bäume starben. Übrig bleibt eine bizarre Todeslandschaft.
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Wir besteigen eine hohe Düne und bewegen uns dann wieder herunter zum Vlei – die Schuhe nun voller Sand. Gut ist, dass hier nichts abgesperrt ist – doch das ist auch gleichzeitig schlimm, weil diese weltweit einzigartige Ebene des Todes von tausenden Touristen mit jedem Schritt mehr und mehr zerstört wird. Einige besteigen sogar die abgestorbenen Bäume. Meine Ansicht: Absperrungen und ein Pfad müssen her, auf dem sich die Touristenherde bewegen kann.

Viele davon sind Deutsche, schließlich war Namibia einige Jahre deutsche Kolonie. Doch bereits 1914 übernahmen die Südafrikaner und Briten das Ruder (Details zur teils blutigen Geschichte siehe Wikipedia). 1990 wurde das Land unabhängig. Mit den Menschen haben wir nur gute Erfahrungen gemacht – egal ob Schwarze oder Weiße. Letzteren gehört immer noch das meiste Land und Geld, doch allmählich wächst eine schwarze Mittel- und Oberschicht heran. Doch die meisten Schwarzen sind arm: Rund ein Drittel ist arbeitslos, wer einen einfachen Job hat, verdienst umgerechnet rund 300 Euro im Monat – und die Lebensmittelpreise sind auf europäischem Niveau. Viele Schwarze ernähren sich deshalb einseitig von billigem Mais und leben in einfachen Hütten in Armensiedlungen am Stadtrand.

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Uns verblüfft, dass die deutsche Kultur noch allgegenwärtig ist: Es gibt eine Luisen-Apotheke in Windhuk und eine Waldorf-Schule mit deutschsprachigem Unterricht, oft werden wir auf Deutsch begrüßt. Uns begegneten viele Auswanderer. Das ist der Grund, wieso die deutsche Kultur noch lebendig ist, obwohl Namibia seit über 100 Jahren keine deutsche Kolonie mehr ist: Nach den Weltkriegen kamen Einwanderer aus Deutschland und auch in den vergangenen Jahrzehnten ließ sich der eine oder die andere - wir lernten beispielsweise eine Surflehrerin kennen – in Namibia nieder.