Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika

von: Tom72

Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika - 25.10.15 23:36

32. Tag (13.07.2015), Restonica-Schlucht und Wanderung zum Lac de Melo und Lac de Capitello

Strecke: 28 km

Fahrzeit: 2 Std. 13 min

Höhenmeter: 904


Auch heute lasse ich Zelt und Gepäck auf dem Campingplatz in Corte, denn auch heute ist ein weiterer Abstecher für eine Wanderung geplant, diesmal kombiniert mit einer Anfahrt mit dem Rad durch die Gorges de la Restonica, gut 900 Höhenmeter. Die Straße ist eine Stichstraße, die bis zur Bergerie (Almhütte) de Grotelle auf einer Höhe von 1377 m führt und dort endet. Ich fahre daher mit leichtem Gepäck los, nur mit meinem kleinen Wanderrucksack auf dem Gepäckträger und einer Packtasche mit den Wanderschuhen.

Das Flüsschen Restonica, dessen Schlucht ich nun aufwärts fahren werde, mündet in Corte in den Tavignano. Das Straßenschild am Fuß der Restonica-Schlucht ist zweisprachig Französisch/Korsisch, und, und wie auf Korsika üblich, ist die französische Namensvariante von Autonomisten mit schwarzer Farbe überstrichen.



Ich habe nun knapp 15 km und gut 900 Höhenmeter vor mir. Die Steigung ist zunächst einigermaßen moderat und der Landschaftseindruck fantastisch, obwohl ich auf der Reise ja nun schon von etlichen Fahrten durch spektakuläre Schluchten verwöhnt bin.







Die Steigung ist von Anfang an recht anspruchsvoll, und in der zweiten Hälfte verläuft die Stecke über mehrere Kilometer mit einem Steigungswinkel deutlich im zweistelligen Prozentbereich.



Da ist es eine Wohltat, die Trinkflaschen mit eiskaltem Gebirgswasser auffüllen zu können.



Die bislang enge Schlucht weitet sich. Der höchste Punkt der Straße ist fast erreicht.



Kurz vor Ende der Straße gibt es in einer Berghütte eine einfache Einkehrmöglichkeit, in der ich mich mit einem Snack stärke, und kurz darauf ist das Ziel und das Ende der Straße, die Bergerie de Grotelle, erreicht. Hier schließe ich mein Rad an, schnüre meine Wanderschuhe und marschiere los. Die Wanderung zum Lac de Melo und Lac de Capitello ist sehr beliebt; anders als auf meiner gestrigen Tour zur Punta di l‘Oriente (die ich ja letztlich nicht erreicht habe) sind hier Scharen von Wanderern unterwegs.



Auf einer Höhe von 1711 m erreiche ich den Lac de Melo, traumhaft inmitten des grandiosen Hochgebirgspanoramas gelegen.



Weiter geht es aufwärts; streckenweise muss man sich an Eisenketten über die Felsen emporziehen.





Je höher ich komme, desto fantastischere Ausblicke ergeben sich zurück auf den Lac de Melo.



Schließlich erreiche ich auf einer Höhe von 1930 m den Lac de Capitello, mein heutiges Ziel.



Hätte man noch mehr Zeit, könnte man laut meinem Wanderführer auch noch ein paar Hundert Meter weiter aufsteigen, auf einen Gipfel namens Pointe des Sept Lacs auf 2266 m, von dem aus sich der Blick auf sieben umliegende Gebirgsseen eröffnet, aber die Zeit habe ich nicht, und so sitze ich lange am Ufer des Capitellosees und genieße den fantastischen Ausblick.

Beim Abstieg bietet sich wieder ein herrlicher Blick auf den Lac de Melo.



Unterhalb des Melosees wähle ich eine etwas andere Route als beim Aufstieg; es ist nun schon später Nachmittag, und die umliegenden Berge werfen bereits ihre Schatten ins Tal.



Nach Begegnungen mit freilaufenden Rindviechern und Schweinen fehlten mir bisher noch die für Korsika ebenfalls typischen Esel. Alors – voilà:



Zurück an der Bergerie de Grotelle schließe ich mein Rad los, auch die am Rad zurückgelassene Packtasche ist zum Glück noch da. Nun kann ich die knapp 15 km lange Abfahrt durch die Restonica-Schlucht zurück nach Corte genießen. Herrlich. Habe ich mir ja auch mit der doch recht anstrengenden Auffahrt heute Vormittag redlich verdient.





Meinen dritten und letzten Abend in Corte verbringe ich in der Altstadt wieder im selben Restaurant wie die beiden vorhergehenden Abende. Nun habe ich aber auch alle drei in der Speisekarte angebotenen Varianten des korsischen Menüs durch.

33. Tag (14.07.2015), Corte – Étang de Biguglia

Strecke: 64 km

Fahrzeit: 3 Std. 32 min

Höhenmeter: 399


Heute verlasse ich nach drei Übernachtungen den Campingplatz in Corte und fahre ein letztes Mal hinauf in die Altstadt.



Ich schaffe es leider nicht, so zeitig wie die vergangenen Tage aufzustehen, und als ich schließlich in der Altstadt von Corte ein leckeres Frühstück genieße,



ist es schon später Vormittag. Ich werde also in der Mittagshitze starten. Außerdem fühle ich mich heute nicht besonders fit.

Ich hatte eigentlich geplant, heute bis Saint-Florent an der Nordküste zu fahren, um anschließend von dort aus die Halbinsel Cap Corse im Uhrzeigersinn zu umrunden. Das bedeutet aber eine recht beachtliche Strecke mit etlichen Höhenmetern. Ich überlege daher, ob ich nicht heute einfach die die Insel durchquerende Hauptstraße abwärts bis Basta fahren soll, um dann Cap Corse andersherum in Angriff zu nehmen. Mir ist heute einfach nicht nach Steigungen zumute. Aber bis Ponte-Leccia habe ich noch Zeit, mich zu entscheiden; bis dorthin muss ich in jedem Fall.

Ich verlasse also nach drei Tagen Corte auf der N 193 Richtung Norden.



Ich komme an der einzigen Universität Korsikas vorbei, die hier in Corte ihren Sitz hat und die nach dem Führer des einzigen unabhängigen korsischen Staates, dem im 18. Jahrhundert nur ein kurzer Bestand beschieden war (der aufmerksame Leser sei an das Denkmal in der Altstadt erinnert), benannt ist: Università di Corsica Pasquale Paoli.



Nördlich von Corte steigt die N 193 heftig an; ich bin heute nicht so richtig in Form, und in der Mittagshitze macht mir die Steigung ziemlich zu schaffen. Trotzdem genieße ich den Ausblick auf malerische Gebirgsdörfer.



Schließlich führt die Straße durch einen Tunnel, und der höchste Punkt zwischen Corte und der Ostküste und damit des heutigen Tages ist erreicht. Jetzt kann ich zügig abwärts fahren. Das Gefälle ist aber zu gering, um ohne zu treten abwärts zu rollen. Der Verkehr auf der Nationalstraße ist relativ dicht, aber noch halbwegs erträglich.



Parallel zur Nationalstraße verläuft die Bahnstrecke Richtung Ponte-Leccia, wo die Linie sich gabelt, zum einen nach Calvi, zum anderen nach Bastia.



In Ponte-Leccia angekommen (einem winzigen Ort ohne besonderen Reiz, dessen einzige Bedeutung darin besteht, dass es der einzige Eisenbahnknoten der Insel ist), muss auch ich mich entscheiden, ob ich, wie ursprünglich geplant, weiter Richtung Norden fahre, um heute noch die Nordküste im östlichen Bereich der Balagne, bei Lozari, östlich von L’Île-Rousse, zu erreichen, und im Idealfall sogar bis Saint-Florent zu gelangen, oder ob ich einfach der N 193 abwärts bis Bastia folge. Da die erstere Alternative noch etliche Hundert Höhenmeter bedeutet, für die ich mich heute nicht fit genug fühle, entscheide ich mich für die direkte Abfahrt auf der Nationalstraße nach Bastia.

Die Waldbrandgefahr ist auf Korsika generell sehr hoch, umso mehr bei der derzeitigen extremen Hitze, daher weist eine elektronische Anzeigetafel abwechselnd auf Französisch und (hier im Bild) Korsisch auf das Rauchverbot in der Natur hin.



Die N 193 folgt, ohne besondere landschaftliche Highlights, aber auch fast ohne weitere Steigungen, dem Tal des Flusses Golo abwärts Richtung Küste; parallel verläuft die Bahnstrecke nach Bastia über malerische Viadukte.



Ich erreiche schließlich in Casamozza die Küstenebene etwa 20 km südlich von Bastia. Bis hierher erstreckt sich das Ballungsgebiet entlang der nun nach Norden Richtung Bastia abbiegenden N 193. Jetzt ist es mit der einsamen Bergwelt erstmal vorbei, stattdessen gibt es starken Verkehr und hässliche Gewerbegebiete. Da ich erfahren habe, dass es ein ganzes Stück südlich von Bastia, auf der Landzunge, die den Étang de Biguglia, eine Art Lagune, vom Meer trennt, einen Campingplatz gibt, verlasse ich die N 193 recht bald und fahre durch die Ebene direkt Richtung Küste, von der ich noch einige Kilometer entfernt bin.

Das winzige Sträßchen überquert eine offenbar erst vor kurzem fertiggestellte Autobahn, wohl die einzige der Insel, und führt dann direkt südlich am Flughafen von Bastia, Poretta, vorbei. Nach den extrem gebirgigen Landschaften, die ich seit meiner Ankunft auf Korsika kennengelernt habe, bietet sich nun als interessanter Kontrast der Blick über die weite Küstenebene.



Ich erreiche schließlich die Küste im Strandörtchen Plage de Pineto, dann verläuft die Straße nordwärts entlang der Landzunge, die den Étang de Biguglia vom Meer trennt. Ab und zu ergeben sich Ausblicke auf das schilfbewachsene Ufer der Lagune und die Berge im Hintergrund.



Der Campingplatz lässt auf sich warten, aber gerade, als ich an seiner Existenz zu zweifeln beginne, ist er erreicht. Der Camping San Damiano ist eine große, gut besuchte 4-Sterne-Anlage, direkt am Strand gelegen, nicht gerade idyllisch und auch nicht ganz billig, aber mit einem Restaurant am Strand und einem großen Lebensmittelladen, so dass ich hier alles habe, was ich brauche und heute Abend hierbleiben kann und nicht mehr zum Abendessen die ca. 10 km bis Bastia hin und zurück fahren muss. Mein Zelt kann ich mit Meerblick aufbauen



und verbringe den restlichen Spätnachmittag am herrlichen langen Sandstrand.



Das Wasser ist angenehm warm. Richtung Norden reicht der Blick bis Bastia.



Beim Abendessen im Restaurant direkt am Strand, das sehr voll ist, so dass ich nur mit einigem Glück noch einen Platz bekomme, plane ich die Details für die Cap-Corse-Umrundung. Soll ich im Uhrzeigersinn oder andersherum fahren? Und soll ich am Ende von Bastia aus die Fähre zurück nach Südfrankreich nehmen, oder von L’Île-Rousse? Ich bin, was das betrifft, noch nicht festgelegt. Schließlich hört man in der Ferne ein Feuerwerk, ich begebe mich, wie die meisten anderen Gäste auch, an den Strand. In Bastia findet ein großes, aufwändiges Feuerwerk statt, das man von hier aus hervorragend beobachten kann. Ich überlege, was der Anlass sein könnte. Natürlich, heute ist der 14. Juli, der französische Nationalfeiertag. Ein schöner Ausklang des Abends.

Fortsetzung folgt…