Re: Ein grüner Alien im Königreich Karantanien

von: veloträumer

Re: Ein grüner Alien im Königreich Karantanien - 10.12.15 20:03

KAPITEL III
Slowenischer Gipfelmythos im Spiegel des Smaragdglanzes:
Die Faszination der Julischen Alpen rund um den Triglav-Nationalpark


Fr 26.6. Fusine (Locanda Mondi) – Laghi di Fusine (929 m) – Rifugio Zacchi (1380 m) – Fusine – Tarvisio – Cave del Predil – Lago del Predil – Passo del Predil (1156 m) – Mangart-Sattel (2072 m) – Log pod Magartom – Kal Korotnica – Lepena
W: 11-24 °C, weitgehend sonnig, gelegentliche Wolkenfelder, teils windig
Ü: C Klin 12 €
AE (dito): Gemüsesuppe, Spaghetti Bolognese, Salat, Eis, Rotwein 15,20 € (*)
84 km | 11,2 km/h | 7:26 h | 2185 Hm

Ich konnte mich glücklich schätzen, nicht abends noch den Weg zu den Seen und dem Rifugio Zacchi versucht zu haben, wo ich eigentlich die Bergübernachtung geplant hatte. Es spricht zwar nichts gegen eine Hüttenübernachtung dort in einem himmelayaischen Gebirgskessel, aber die Auffahrt dahin ist ein Großprojekt, einer der schwierigsten Herausforderungen auf der ganzen Reise insgesamt – und wie ich später einem slowenischen Radlerpaar etwas hilflos bedeutete, eine der schwierigsten meiner gesamten Radlerkarriere, weil sie mich danach fragten. Die Schwierigkeit besteht nicht allein in den Steigungswinkeln, die unten noch gemäßigt, oben aber überdurchschnittlich sind, sondern auch in dem recht lockeren Schotterbelag, der zwar Verschlammung verhindert, aber für eine Reiserad in den Steillagen fast unpassierbar ist.

Der Schotter beginnt nach der Schranke am zweiten Fusine-See – beides Augenperlen von gehobener Art – um nicht zu sagen, Träumeridylle von galaktischer Schönheit, wie man es dem Erdenball kaum zutrauen würde. Die Morgensonne veredelt den Eindruck um besinnliche Momente, noch fast ohne Gäste, die tagsüber auf die Parkplätze vorrücken. Der erste See bietet das prächtigere Farbspiel, was sich aber mit dem Winkel der Sonneneinstrahlung und der Tageszeit ändern kann. Die Kulisse des Mangartmassivs wurde von den Landschaftsmalern mit geübten, weiß gleißenden Horizontlinien zu einem Gesamtgemälde vervollkommnet, im Seespiegel sozusagen verdoppelt. Ich darf hier offensichtliche Sprachlosigkeit in unzureichende Worte der Irisbefreudung übersetzen, wohlwissend, dass ich die Lichtspiele so nicht in angemessener Form zu würdigen vermag. Auf der Green Devil wurden Raumanzüge und Logistikzettel in Luft und Faden zerrissen und von ausgelassenen Freudentänzen in vollkommener Nacktheit begleitet, als ich die Bilder präsentierte.

Ich erspare hier mir weitere Darstellungen der schweißtreibenden Kulissenfahrt zur Zacchi-Hütte, wo dem Himalaya-Feeling durch tibetanische Fähnchen schon fast unnötiger Nachdruck verliehen wird. Erdenmenschen können gleich ein paar Taler für ein weit entferntes Land – Tibet – spenden, offenbar ein lieb gewonnene Bergsteigerflucht des Betreibers. Wie der Auffahrt schon zu entnehmen, gestaltet sich auch die Abfahrt eher zeitintensiv. Die Restfahrt nach Tarvisio erledige ich ohne Radweg, zumal ich noch eine Proviantstelle suchte, ohne nach Tarvisio einfahren zu müssen, weil der nächste Abzweig vor dem Ort liegt, mit Blick auf den neuen Bahnhof Boscoverde.

Gemessen an bisher absolvierten Bergstraßen, nicht zuletzt die beiden innerhalb der letzten 18 Stunden, erwartet einen zum Lago de Predil eine Spazierfahrt. Der Fluss liegt weitgehend gut erreichbar neben der Straße, sodass sich auch mal eine Badegelegenheit ergibt. Am Predil-See gibt es ein paar beengte Badeplätze, andere sind wiederum schwieriger zugänglich. Cave de Predil ist geprägt von übermächtigen Bergwerksbauten – Zink und Blei fand man hier, haben nun Ruinen mit Museum hinterlassen, aber auch eine verarmte Restbevölkerung, der die ästhetische Restrukturierung des Ortes nicht gelingen will. Doch wozu hat man Berge hier, gleich eine ganze Galerie von Zuckerhutgipfeln oder den Raibler See, wie er zu Deutsch heißt. Sein Grün ist nochmal satter als das Smaragd der Laghi di Fusine, viele Tannen umgeben die Berghänge umher, die Uferflächen nach Westen flacher und ausgedehnter als an der steilen Ostkante.

Den See, so ist sagenhaft überliefert, verdankt der Ort dem geizigen und fremdenfeindlichen Verhalten seiner Ahnen. Demnach suchte eine Fremde mit Kind Unterkunft und ein Mahl. Sie wurde von den missgünstigen Bürgern abgewiesen, nur eine arme Frau auf einem Hügel gewährte Hilfe. Am nächsten Morgen war der Ort geflutet, alle Einwohner in dem See ertunken – nur die arme Frau mit ihre Hütte nicht. Man sagt auch, dass die Fremde die Heilige Maria mit ihrem Kind gewesen sei.

Eine kurze, nunmehr etwas anspruchsvollere Steigung führt an verfallenen Bunkerbauten vorbei zum Predil-Pass, nur noch bewirtet auf der slowenischen Seite. Ein erstes Panoramafenster öffnet sich in Richtung der Julischen Alpen, ist doch die Passauffahrt zuvor eher aussichtsarm. Ab Passhöhe bewege ich mich nun, wie im gesamten Kapitel, innerhalb oder auf der Grenze des Triglav-Nationalparks, zu dem ich gegen Ende des Folgekapitels nochmal – allerdings nur kurz – zurückkehre. Bovec und die Soca von dort abwärts sind nicht mehr Teil des Nationalparks, auch wenn der Bergblick in die Julischen Alpen natürlich erhalten bleibt und die Soca auch im mittleren Verlauf faszinierende Flussbahnen geschliffen hat.

Gleich wenig weiter folgen die nächsten Spuren der Kriege, die diese Berge mehrfach aushalten mussten. Ein überdimensionales Straßendenkmal wie auch ein versteckt darunter liegender Friedhof erinnert an eine Schlacht Napoleons, der hier österreichische Truppen 1809 niederschlug. So traurig der Einstieg, so erleuchtend beginnt nun das Fellini-Bergkino, einem Crescendo der Felskulissen, Serien von ausgehauenen naturbelassenen Steintunnels mit immer neuen ab- und auftauschende Perspektiven, – auch von Bergblumen, vor allem gelben, geschmückt und mit dem Grün von Bergwiesen und lieblich strähnigen Lärchengardinen manchmal dezent semitransparent abgehangen. Dieses Bergerlebnis heißt Mangart-Straße, die höchste slowenische Bergstraße, deren Passhöhe nur als Tangentialpunkt an einer Abbruchkante angefahren werden kann und daher nebst kleiner Schlussschleife eine Stichstraße darstellt. Fährt man in der Abendsonne, gibt es nur noch wenige Motorradler und autogene Sonnenuntergangssucher, die im Berg anzutreffen sind. Zwei Rennradler gesellen sich noch als Spätfahrer hinzu. Als ich abfahre, ist der Berg komplett leer, nur noch oben sind ein paar Leute verblieben.

Der Mangart-Berg spielt immer wieder in allen Variationen im Auge, während die Alienmuskel alle Kräfte mobilisieren müssen, den Steigungen zu trotzen. Dennoch sei angemerkt, dass unten stehende martialische Steigungswerte von über 20 % sich auf die ehemalige Trasse der Militärstraße beziehen. Nach dem Neubau findet man weitgehend gleichmäßig anspruchsvolle Steigungen vor, die etwa dem Niveau der Glocknerstraße entsprechen. Der oberste Teil war gesperrt ausgewiesen – wegen Steinschlags. Die leicht rötliche Felswand, die wohl gemeint war, wähnte ich aber als recht zahm, zurzeit nicht willens, größere Brocken abzuwerfen. Während die tschechische Motorradgruppe also unter 2000 m abdrehte, komplettierte ich die Auffahrt ungeachtet der halbherzigen Sperrung, sowie einige Slowenen mit Auto auch die Warnung nicht sehr ernst nahmen. Der oberste Teil mit der einbahngelenkten Schleife ist etwas weniger eindrucksvoll, da nur noch Bergwiese mit dem Mangartgipfel offen liegen – nun nicht mehr in den Perspektiven variiert. Von der Scharte oben blickt man auf Laghi di Fusine herunter, hier oben nur noch zwei bescheidene Tümpel ohne den Glanz, den man unten vor Ort erfährt. Die Verbindung zu den Seen kann man nur per Wanderstiefel herstellen, wobei es sich wohl um eine anspruchsvolle Bergtour handeln wird.

Die schnelle Abfahrt wird jäh gebremst, wenn man nicht nach Bovec möchte, sondern Richtung obere Soca. Dafür muss man Gegenanstiege einplanen. Man passiert zunächst den recht schön gelegenen Bergort Log Pod Mangartom, oberhalb Bovec die Festung Kluze, sichtbares Zeichen der Frontposition zu Zeiten der Isonzofront. Ich befinde mich schon im Bereich der Blauen Stunde, lasse ein schönes Terrassenrestaurant in Kal Koritnica aus, um noch Lepena zu erreichen. Dort muss man die Brücke überqueren und noch ein Stück ins Lepena-Tal reinfahren, um den beliebten Camping mit Pension und Restaurant zu finden. Um 21:30 Uhr gibt es allerdings auch hier nur noch Topfreste.

Sa 27.6. Lepena – Klementa Juga (700 m) – Krnsko jezero (1389m, Wanderung, ca. 6 h, anschl. Gewitterpause ca. 2 h) – Klementa Juga – Lepena – Soca – Trenta
W: weitgehend bewölkt, nachmittags Gewitter
Ü: C Trenta 10 €
ME (Planina dom pri Krnskih jezero): Gulasch, Polenta, Radler >13 €
AE (dito): Pizza Capricciosa, Rotwein 10 € (*)
27 km | 10,1 km/h | 2:36 h | 595 Hm

Das Lepena-Tal bietet einige Wandermöglichkeiten und ein paar kleine versteckte Orte, wie etwa einen Wasserfall, ein Kapelle. Von der Straße ist das Tal mittelprächtig. Der eigentliche Sinn der Anfahrt dient dem beliebten Wandergebiet weit höher. Zum Klementa-Berggasthof gibt es steile Passagen, sodass man schon etwas abgekämpft den Parkplatz erreicht, wo sich viele Wanderer einfinden. Der Umbau vom Radler zum Wanderer ist nicht ganz einfach, zumal die Radschuhe auch regensicher abgelegt werden wollen. Zumindest ist dem Wolkenbilde nicht ganz zu trauen.

Der Slowene ist ein Wandermensch, sagen wir besser ein Rennwanderer. Egal ob mit oder ohne Stöcke, sie rauschen am Schwachfuß-Alien wie Schmauchspuren vorbei. Herunter springen sie wie Steinböcke als bräuchten sie keinen Halt. Ich spekulierte auch darüber, ob Gustav Mahler eine slowenische Abstammung haben könnte, da doch Ähnliches von ihm überliefert ist (vgl. Kap. zuvor). Immer wenn eine größere Gruppe nahte, meinte ich, eine Feuerwalze würde auf mich zurollen. Doch handelt es sich hier nicht um einen Vulkanberg – die Sorge also unberechtigt. Von diesen Rennwanderern scheint es in Slowenien mehr zu geben als das Land Einwohner hat. In jedem Fall hatte ich bergauf wie bergrunter kaum Momente ohne stampfende Lawinengeräusche.

Auf- und Abstieg sind aber aus meiner Alien-Fußperspektive als sehr anstrengend zu bezeichnen, wobei es vielleicht weniger die Wegequalität ist als die Steilheit des Geländes. Auch bietet in diesen Teilen die Wanderung wenig Abwechslung – es ist schlichter Laubwald, der keinerlei Ausblicke zulässt. Auch darf man keine Wasserstellen erwarten, nicht einmal auf der Hochebene oben – nur bei der Almhütte kann man sich versorgen. Kommt man aus dem dichten Wald heraus, hat man eine Art Hochebene erreicht, die natürlich nicht eben ist. Vielmehr geht es auf und ab durch einen aufgelockerten Bergwald, mit Tannen, karstig muldigen Wiesenflächen und Blumen, derer aber eher weniger. Die Hochebene ist von einem recht schottrigen, dafür wetterstabilen, doppelt gespurten Weg durchzogen, wobei er eine verzweigte Schleife macht, um zusätzlich zur Alm auch noch einen weiteren Bauernhof zu erschließen. Auf diesem Weg verkehrt zur Versorgung ein etwas seltsames Fahrgerät, das geringe Ähnlichkeiten mit einem Traktor hat und auf der Strecke der Bergschrittgeschwindigkeit der Slowenen gnadenlos unterlegen ist. Die Versorgungsgüter werden per Lastseilbahn von dem unteren Berggasthof zum oberen Punkt am Beginn der Hochebene (Waldausgang) heraufgezogen, Abfälle entsprechend heruntergezogen.

Zwar ist hier die Wanderumgebung schon schöner, große Ausblicke sind aber immer noch nicht möglich. Die Almhütte bietet einfache Kost, nicht unbedingt gut zubereitet, wie man es einem Hüttenklischee gerne zuordnen würde. Der Gulasch ist eher dünne Suppe, in der sich drei Fleischstücke verirrt haben. Auch fehlen ein paar Landgetränke wie frische Buttermilch – Bier und Softgetränke dominieren hier unsinnig. Man kann auf der Alm auch übernachten. Beliebt sind bei den slowenischen Rennwanderern Hüttenstempel, mit denen man Bergleistungsbücher füllt. Der Eindruck schien mir, dass es geradezu eine rasende Sucht auf das Sammeln von Stempeln gibt, was den Wanderstil untermauert. Nicht umsonst aber heißt es ja, dass jeder Slowene einmal auf dem Triglav gewesen sein muss. Wandern ist also patriotische Passion. Die eigentliche Schönheit der Wanderung entblättert sich spät, erst jenseits der Almhütte – nun schmaler Pfad. Der Krnsko jezero öffnet sein Gewand schließlich erst am Rande seines engen Bergkessels, in dem er versteckt liegt. Zur einen Seite gelbes Geblüh, zur anderen überwiegend das Pastellrot der Alpenrosen. Es hätte der Schönheit des Ortes nicht geschadet, wenn die Sonne auch einen Blick drauf geworfen hätte – das versagte sie aber aschfahl. Ein Zauber aber blieb über dem See hängen.

Zurück unten, die Wanderung schon länger als geplant, riss die Dichtungsmasse der Wolkendecke und ein heftiges Gewitter überschüttete den Ort. Auf der überdachten Terrasse des Gasthofs traf ich bei Gipfeli und Capuccino auf ein slowenisches Paar – Antonia und Peter –, das mit Mountainbikes ebenfalls vom Camping Klin (mit Campingbus unterwegs) zwar angefahren war, um gleichermaßen die Wanderung anzugehen, musste diese aber aufgrund des nun zusammengeschrumpften Zeitfensters ausfallen lassen. Sie sind durchaus auch erfahrene Radler, fragen mich nach schwierigsten Bergen, die ich gefahren bin, wollen wissen, welches Bild ich von Slowenen habe. Ich erwähne, dass mir die kurzen, fast mechanisch rausgeschmetterten Grußformeln aufgefallen sind „Dan“ (statt „Dobar dan“), ein kaum vernehmbarer Vokallaut. Man denke im Gegensatz dazu an die lautmalerisch ausgeschmückten Grußformeln „Buon giorno“ oder „Bon jour“ der Italiener und Franzosen. Darin schwingt etwas mit, was auch sonst den Slowenen oft auszeichnet: Er ist im Erstkontakt sehr reserviert, zurückhaltend, dafür in der Begegnung unkompliziert, freisinnig, keine erhobenen Zeigefinger, kein Moralpolizist oder Hobbysheriff – keine Verbotsschilder.

Die leichte Aufklarung, später auch noch Abendsonne, bei allerdings kühlen Temperaturen, lässt nur noch wenig zu. Wäre ich nach Regenende mit Leistungstempo losgefahren ohne zu fotografieren, hätte ich trotz der fortgeschrittenen Zeit immer noch Kranjska Gora erreichen können. Doch was wäre dieser Ritt wert, kehre ich doch zur Soca zurück, ums sie intensiver zu erleben als vor Jahren, als mich ebenfalls ein Gewitter den Berg herunter trieb, um Bovec „just in time“ vor dem Wolkenbruch zu erreichen? Schon die Lepenjica zeigt unter den aufdampfenden Nebelwolken Smaragdfarben und Soca-Forellen, eine spezielle, durch den Ersten Weltkrieg blutig ausgemerzte, jetzt wieder zurückgebrachte Spezies (Salmomarmoratus) mit größerem Flossenkörper und marmorierter Schuppenstruktur gegenüber der gewöhnlichen Forelle.

Die Farbe der Soca, zwischen Smaragdgrün und Türkisblau wechselnd, leuchtet auch deswegen ohne große Lichteinstrahlung, weil die Farbe sich aus Mikropartikeln im Fluss ergeben. Die blauen Tongebungen entstehen durch kleine Kalkschwebeteilchen, daher häufiger in schluchtigen oder steinigen Fließabschnitten, auch den kräftiger wallenden wie in der oberen Soca. Die grünen Schattierungen rufen Algen hervor, die sich lieber in stillen, ruhigen Flussteilen vermehren und ausbreiten können. Das Blau mutet schon oft karibisch an – allein die Wassertemperatur kann nicht mithalten, Fühlversuche sagen mir: „Soca ist kalt“.

Die vielleicht bedeutendste Schluchtpassage der Soca ist die Velika korita, gleich bei bzw. oberhalb der Einmündung der Lepenjica. Die Enge der Felsen ist kaum einsehbar, nur schwierig lassen sich Fotos vom Trockenen aus machen. Diese Schluchtkanäle schwanken in der Wasserhöhe gewaltig und erreichen 10 m Tiefe in Trockenzeiten. Bei starken Regenfällen oder viel Schmelzwasser können die Schluchten sich bis zum Rande füllen und gar überlaufen, sodass die Schlucht ganz im Wasser verschwindet. Die Stimmungen sind so vielfältig und bezaubernd, dass ich nicht voran komme. Ein slowenisches Radreisepaar überholt mich immer wieder, irgendwann sind sie außer Sichtweite. Trotzdem finde ich sie später auf dem Trenta-Camping wieder.

Bis Trenta (Ort) ist der Verlauf der Straße zahm, Steigungen sind nur unmerklich. Zwischen Trenta-Ort und Trenta-Camping liegt bereits ein steiler Hügel, den man zur Umfahrung der Soca-Schleife benötigt. Danach beginnt dann der fortlaufende Anstieg zum Vrsic-Pass. Obwohl die Gegend nur spärlich besiedelt ist, finden sich sowohl vor Trenta als auch eben danach jeweils ein Camping, weitere Unterkunftsmöglichkeiten kommen hinzu, auch noch weiter oben, in Richtung und an der Soca-Quelle direkt, dort auch mit Restauration. Eine letzte Eigenversorgungsmöglichkeit liefert ein Tante-Emma-Laden in Trenta (Ort), der Lokalprodukte anbietet wie Käse und Joghurt, wie auch ein Landgasthof zuvor in Soca (Ort) (an einem weiteren Seitental, mit Campingplatz).

So 28.6. Trenta – Izvir Soce (Wanderung, ca. 0,5 h) – Vrsic (1611 m) – Kranjska Gora – via D-2 – Mojstrana – Pericnik slap (Wanderung, ca. 0,5 h) – Mojstrana
W: 11-22 °C, sonnig, gegen abends zunehmend bewölkt, teils windig
Ü: JH Jozlnu 13,30 € oFr
AE (Pizzeria): Pizza m. Krainerwurst, Rotwein 9,50 € (**)
54 km | 10,7 km/h | 4:59 h | 1230 Hm

Die Kälte des Morgens lässt meine Alienmuskeln nur langsam warm werden. Wieder ist das Slowenenpaar eilig davon. Der Abstecher zur Soca-Quelle ist durchaus lohnend, wenngleich man vom Gasthof, wo auch Honigprodukte verkauft werden, einen nicht ungefährlichen Felssteig absolvieren muss. Die Soca-Quelle bricht hier als Wasserfall aus dem Fels. Eindrucksvoll zur Seite das Panorama in das Hochtal Zadnja Trenta, von mehreren Zweitausendern eingerahmt. In das Tal kann man noch weiter reinfahren, eine eher mäßig ansteigende Piste, deren fahrbares Ende ich aber nicht abschließend erkunde. Auch ist das Tal mit einigen Weilern noch bewohnt, die Kulisse schlicht großartig.

Zurück an der Vrsic-Straße, erhebt sich in einer Kehre die Skulptur von Roland Kugy, den Alpinisten, der die Julischen Alpen erkundete und bekannt machte, den Alpen-Adria-Gedanken als Multisprachtalent neu belebte. Nach weiteren Panoramablicken folgt ein Nadelwaldintermezzo; holländische Reisradler stehen in einer Kehre am Ende ihrer Kräfte. Erneut Mahnmale zur Frontlinie im Ersten Weltkrieg, dort eine elegante Aussichtsplattform, die nun Zadnja Trenta ganz von oben zeigt, die Gipfel hier alle nachzulesen – ein gleißendes Berglicht, das den Betrachter blendet mit alpiner Schönheit, wie sie selten dargereicht wird. Ein paar Bayern mit Auto lästern über die Höhenangaben der Gipfel: „Bei uns sind die Berge höher, – aber schön sind sie auch.“ Man muss von bayerischem Understatement sprechen, denn die adäquaten Dekorationsbeschreibungen des Alien versagen hier im Kniefall galaktischer Demut.

Es ist ein Sonntag mit Sonne – ein Ausflugstag erster Ordnung, dem viele gefolgt sind. Gegen Passhöhe verdichten sich parkende Autos zu den Seiten, auch die Rennradlerkonzentration nimmt deutlich zu, jeder möchte sich mit den Bergkulissen in ein besseres Licht rücken. Auf einem steilen Geröllhang sieht man ein seltsames Tier in rauschender Geschwindigkeit herunterlaufen – es ist ein Mensch, ein Proficlimber, einer der slowenischen Bergstiefelkaste, die sich in der Fast-Senkrechten des Felsens bewegen als würden sie schwebende Walzerkreise tanzen. Nein, es ist nicht nur ein junger Bursche, eine Frau tut es ihm gleich.

Da der Berggasthof ziemlich belagert erscheint, nehme ich erstmal Abwärtskurs – die immer noch zu guten Teilen gepflasterte Nordrampe. Die Felskulissen rücken hier näher auf, das Tal schmaler, majestätisch begleiten sie den Kehrenkorso. Die Lärchengardinen sind hier besonders ausgeprägt, Malgedichte aus Licht und Grün. Auch manche Blumenwiese mehr als auf der Südseite. Einkehr bei einem Gasthof noch weit oben, Traumaussicht. In mancher Kehre verfallene Militärbunker – man kann hier auch seltsame Sonnenplätze einrichten – wenn man wollte, auch nachts ein Zelt aufstellen.Und noch mehrere Almgasthöfe liegen an der Straße. Die russische Kapelle, den Opfern russischer Bergarbeiter gewidmet, die als Kriegsgefangene für den Bau der Straße herangezogen wurden, wurde nunmehr schön renoviert – ein Kleinod mitten in einer Waldkehre – ein Kapelle, ohne Gebetsraum innen, nur ein Ansichtsexemplar – ein Mahnmal, schon fast zu schön dafür.

Unten in Kranjska Gora übermannt mich große Hitze, immerhin auch noch über 800 m hoch gelegen. Der Steinbock vor der Alpenkulisse grüßt mich als Wiederkehrer nach 12 Jahren, alte Fotos verweisen auf 110 Tourismusverband Kranjska Gora, was sich allerdings bereits auf 2014 bezieht. Das Städtchen ist kompakt, die Häuser gepflegt renoviert, k.u.k.-Leben findet auch in den Cafés statt – Apfelstrudel und Torten österreichischer Provenienz werden als die besten ihrer Art angepriesen. Ein Drehkreuz von Radlern, mischen sich unter die Sportradler auch viele Familienradler, sodann fortführend auf dem D-2. Sowohl die besseren Gasthöfe in der Stadt wie auch neue Radlertankstellen außerhalb umwerben den Pedaleur, Spielanlagen für Kinder inklusive.

Die Flachstrecke ist schnell gequert, aber die Zeit nun auch vorangeschritten. In Mojstrana versuche ich mich noch am Stichtal Vrata, ohne es allerdings auszufahren (gute Piste, anfangs Asphalt). Auf den Bergkesselblick, der am Ende versprochen wird, muss ich bei Steigungswerten von 25 % doch verzichten, zu sehr liegt mir am gesicherten Abendmahl. Die bewirtete Hütte beim Wasserfall Pericnik ist nur ein Tageslokal und auch Ende des Tales wartet meiner Kenntnis nach nur eine Übernachtungshütte ohne Versorgung. In Mojstrana besuche ich die einzige Jugendherberge dieser Reise (direkt gegenüber Bergsteigermuseum), als einziger Gast, nicht teurer als ein Campingplatz (wäre 2 km entfernt gewesen), mit kleiner Bar. Ihr Verdienst, so die Wirtin, liege eher bei den einheimischen Tagesgästen, die dort ein paar Bier trinken oder morgens einen Kaffee (Capuccino 1 €). In der Pizzeria sind die Fladen von den Ausmaßen planetarer Untertassen, dabei gelingt sogar die Brücke zu geschmacklich hoher Qualität. Ein Supermarkt (geöffnet morgens ab 7 Uhr) ist bei der Pizzeria gleich um die Ecke, für lange einzige gesicherte Proviantquelle.

Mo 29.6. Mojstrana – Kosmacev preval (847 m) – Radovna – Krnica – Zatrnik – Mrzli Studenec (1213 m) – Veliko Beljsko barje – Mrzli Studenec – Goreljek – Podjelje – Jereka – Studor – Stara Fuzina – Ribcev Laz – Ukanc – Dom pri Savici – Slap Savica (Wanderung, ca. 0,5 h) – Ukanc
W: 16-20 °C, bewölkt, abends heiter, windig, Fühltemp. niedrig, am See milder
Ü: C Bohinj 10 €
AE (R Don Andro): Beefsteak m. Steinpilzen & Pfifferlingen, Pommes, Vanilletorte m. Schokosauce & Sahne, Rotwein 23,90 € (****)
B: Slap Savica 2,50 €
64 km | 11,4 km/h | 5:33 h | 1170 Hm

Das Radovna-Tal bietet ein ruhige Route durch Bärengebiet, um von Mojstrana nach Bled zu gelangen, während man weiter über den D-2 und mit Jesenice in eine industrialisierte Gegend gelangen würde. Mein Ziel ist zwar nicht Bled, aber weite Teile der Strecke sind identisch (bis Krnica). Zunächst überwindet man ein kurzen, aber kräftigen Pass, erreicht dann eine größere Weideebene mit riesigen Heuharfen und einem Weiler, wo auch ein Gasthof mit Bauernbetrieb liegt (Gostilna Psnak, Zimmervermietung unklar, Zeltaufstellen in der Wiesenebene aber gut möglich, Bauernhausmuseum unweit, aber nicht besucht),. Das Personal winkt mir freundlich zu – karantanische Alienfreunde. Gleich zwei weitere Stichtäler führen hier Richtung Triglav-Massiv – Kot und Krma. Das Radovna-Tal hingegen gleitet nun leicht flussabwärts (meist Feuchtwald, urwüchsig, auch ein paar Wiesen) – der Asphalt endet bei dem Hof, aber die Piste ist einfach zu fahren und sehr gut gewalzt. Es kann vorkommen, dass vereinzelte Holzlaster Staub aufwirbeln. Sonst gibt es nur selten Besiedlung, im unteren Teil mit ein paar Einzelhäusern mehr kehrt der Asphalt zurück. Dort findet sich auch ein kleiner Flussstrand mit Picknickwiese und man kann die spezielle Flora der Auenlandschaft studieren.

Radovna hat einen wohl noch bewohnten Weiler, der ursprüngliche Ort erlebte jedoch ein schweres Schicksal. Die deutschen Besatzer brannten im Rahmen eines Streites um ein Gefangenen der Partisanen 1941 quasi das ganze Dorf (12 Häuser) nieder und ermordeten so 24 Menschen. Offenbar fand so nie wieder eine größere Besiedlung zurück. Karantanien wurde hier von der Geisel des Faschismus hart getroffen. Ein trauriger Moment meiner Reise, der mir ein paar Tränen in die Augen trieb. Das Mahnmal liegt direkt an der Straße, wie auch andere Besonderheiten des Tales, etwa eine alte Mühle, die bis in die 1970er Jahre in Betrieb, aber nur in Zeiten mit viel Wasser arbeiten konnte, also nach der Schneeschmelze oder bei starken Regenfällen im Herbst. Alle Besonderheiten des Tales sind mit Info-Tafeln ausgewiesen, auch die Radweginfo am unteren Taleintritt in Krnica ist launig gestaltet. Das Maskottchen des Radovna-Radweges ist das Fahrrad Srecko. Es soll ein Sonnenrad darstellen, von dem die Einheimischen glaubten, dass es Glück bringt.

Von dem Stauwehr der Radovna unten gelangt man über einen Siedlungsberg zu einer stärker besiedelten Save-Ebene etwas erhöht, die sich weithin nach Osten zieht, die in der Ferne im Dunst wieder von der Bergkette der Karawanken und Steiner Alpen begrenzt wird, der Bled-See ist durch Hügel verdeckt. Unscheinbar taucht die Straße zur Pokljuka-Hochebene im Wald ab, der viel zu Forstzwecken genutzt wird. Die Steigung ist aber markant, nach einer kurzen Erholungsphase beim Gasthof Zatrnik (weniger später ein weiterer) folgt ein zweiter Rampenschub, der erst spät zur Hochebene hin mit der Kreuzung Mrzli Studenec abebbt. Bei Zatrnik hat man noch eine Möglichkeit zu einer Wanderung hinunter zur Schlucht Poljesko soteska, die man aber auch unten von Krnica ansteuern könnte. Die Düsternis des Tages motivierte mich aber zu keiner Exkursion in noch schattigere Orte.

Auf der Hochebene, die größte in den Julischen Alpen, lässt sich recht einfach radeln, die Landschaft erinnert an Fichtenwälder im Schwarzwald, nicht unähnlich dazu auch das Hochmoor Veliko Beljsko barje, welches an der Strecke nach Gorjuse und weiter nach Bohinjska liegt, die man auch als Alternative zu meiner Route fahren kann, aber schattiger, waldreicher ohne die Almweiden ist. Ich habe hier nur das Moorgebiet untersucht und bin zur Kreuzung Mrzli Studenec zurück. Die größeren Sumpfflächen, mit den niederen Moorkieferkränzen, den weißen Wollgrasflocken, den violetten Hyazinthen und anderer Moorflora erreicht man nur per kleiner Exkursion von diesem Straßenteil aus, das Moorgebiet überblickt man von einem Jägerhochstand. Auf der Strecke zum Sporthotel Pokljuka sind die Waldböden trocken und leicht verkarstet, teils von größeren gelben Blumenteppichen überzogen. Die Kühe weiden hier ungewöhnlich mitten im Schattenwald. Beim nächsten Abzweig kann man noch weiter nach Westen auf der Straße zum Biathlonzentrum Rudno Polje radeln, was ich aber wegen der einseitigen Flora ausschlug. Auf Piste kann man Rudno Polje auch via Rundkurs von Mrzli Studenec erreichen.

Gleich zwei eher hochpreisige Hotels sind an der Strecke entstanden, mehr wegen des Wintertourismus als für rare Sommergäste – neben dem größeren, klotzigen Sporthotel auch das Hotel Jereka mit einer eigenen, filigraneren Holzarchitektur und Giebeldach. Mindestens eine weitere Almgaststätte wartet hier in einer recht dichten Ansammlung von traditionellen Almhütten, die zu guten Teilen als beliebte Ferienwohnungen vermietet werden. In mehreren Schwüngen öffnen sich die Blicke weiter nach Süden, die Almhütten verteilen sich dann weitläufiger und die Weide- oder Wiesenflächen werden größer. Die agrarische Almwirtschaft scheint aber sehr auf dem Rückzug, und wie mir der Deutsch sprechende Slowene in Srednja Vas mitteilte, sei das Geschäft mit den Ferienwohnungen durchaus lohnend – ganz im Gegensatz zum Hotelgeschäft.

Das Almgebiet ist ziemlich verästelt und verwirrend erschlossen, die Hauptrouten aber ausreichend gut markiert. Gesichert asphaltiert sind in jedem Fall die Varianten über Koprivnik oder Podjelje. Es ist auch denkbar, über Pisten Podjelje oder Sredja Vas von Rudno Polje aus zu erreichen – allerdings nicht geprüft. Neben den zahlreichen Ferienwohnungen verstecken sich auch einige Bauern-Gasthöfe im Gebiet, etwa Gorjup bei Podjelje, der mal auf meiner Unterkunftsliste stand, aber sich durch die veränderte Etappensequenz nun nicht als Zwischenstopp eignete. Ein Schokoladenhaus (Gasliski Dom Andreja) in Bohinjska Cesnjica überrascht meine süßherbe Zunge. Abseits aller größeren Touristenströme versucht hier ein Slowene seit einem Jahr sein Glück mit erlesenen Spezialitäten um die Kakaobohne. Das Angebot reicht von einigen Pralinen und Schokoladen aus Belgien bis zu Eigenkreationen wie Schokoladentrüffel mit Käse oder der vorzüglichen Schokotorte, mit sehr gutem Espresso einzunehmen in dem kleinen Caféraum innen oder draußen. Wie Andreja meint, sei das Geschäft ungewiss, er denkt natürlich auch über eine Geschäftsverlegung nach Bohinjska Bistrica nach.

Spätestens mit der Schokotorte ergriff mich der Zauber des Müßiggangs. Ich suchte weitere Gespräche und entschleunigte meinen Alienkörper mit einem Abendbad am Bohinjsko jezero (Wocheiner See), der zu allen Uferseiten immer wieder Zugänge erlaubt. Der See ist sehr beliebt, eine historische Touristenhochburg schon seit vielen Jahrzehnten, hat aber immer seinen idyllischen Charme bewahrt. In den umliegenden Orten wie Srednja Vas, Studor oder Stara Fuzina finden sich einladende Gasthöfe, nichts ist überlaufen. Erst wenn man Ribcev Laz genauer schaut, finden sich touristische Konzentrationen, auch ein Hauch Luxus für die Nachfahren des Habsburger Kaiserbürgertums ist vorhanden. Doch auch hier ist das Baden der Nixe an der Brücke, die den Seeausgang begrenzt, noch angenehm unverkrampft, wie auch der ganze See seine Natürlichkeit bewahrt hat. Gelegentlich stehen Bänke an natürlich wirkenden Kiesufern, Dixie-Klos sind ohne kommerzielle Hintergedanken immer dort platziert, wo man tagsüber mehr Badegäste vermuten kann. Unweigerlich ertappe ich mich bei der Wortsuche. Wenn der Weissensee zu Kärnten der so apostrophierte „Supersee“ sein soll, welches Attribut müsste man dann hier vergeben?

Über den See wacht die Gams mit den golden Hörnern im Angesicht der Bergkulisse, der Sage über den Zlatorog nachempfunden (unecht in Kranjska Gora ein Steinbock). Demnach suchte ein Jäger das Herz einer Geliebten zu erobern, der bald nicht mehr Blumen als Geschenk genügten und die nach Gold verlangte. Der Jäger nahm entgegen mehrfacher Warnungen der Bergfeen den Zlatorog, einer weißen Gams mit Goldhörnern, ins Zielvisier. Beim Schuss auf den Zlatorog verwandelte sich die Gams in eine Blume, aus der sie wieder zu Leben erweckte. Der Jäger, so überrascht von der Gams gestellt, stürzte den Berg hinunter, die Feen verließen die lieblichen Gärten und alles verwandelte sich als Fels am Triglav. Der Jäger ward spät tot gefunden, nach einer Variante in der Soca mit einem Blumenstrauß in der Hand. (vgl. u. a. Wilhelm Kuehs, S. 33 ff.)

Selbst an der Süduferstraße finden sich nur wenige Gebäude, etwa zur Mitte ein Jugendhotel mit Kamp, auch ein Kirche. In Ukanc liegen die Häuser bereits jenseits des Campings, der zuvorderst naturbelassen Waldplätze mit Kiesufer anbietet. Die aufgeräumten, besseren Plätze sind teuer, aber weniger schön – wie mir die Campingwärterin flüsternd erklärt. Der Camping ist professionell strukturiert, ein Pizzarestaurant anbei. Neben Paddeltouristen fallen Bergwanderer auf – schließlich liegt hier mit dem Siebenseental der attraktivste, wenngleich nicht einfache Aufstieg zum Triglav. Eigentlich braucht man hier also mehrere Tage, alles zu erkunden, wie auch eine Wanderung am Nordufer lohnenswert wäre – von Einheimischen nicht zum Radeln empfohlen, weil steinig und wurzelig. (Hinweis: in der u. a. Bildergalerie sind auch Seestimmungen des folgenden Morgens festgehalten, das neue Kapitel beginnt also mit dem Seeende im Osten, zugleich Ende des Nationalparks Triglav).

Bevor ich zum Camping fahre, finde ich wieder Spuren des Krieges. Ein Soldatenfriedhof huldigt den Toten verschiedener Nationen – Österreicher, Ungarn oder Russen – einige Kreuze sind Namenlosen gewidmet – für ein Leben ohne Spuren, nur zur Mahnung. Aus dem Brunnen sprudelt anbei Wasser – Wasser der Savica, die den See speist. Da heißt es kontrastierend „Quell des Lebens“ – ewig fließt er an den Toten vorbei. Es scheint doch so, als sei das Leben stärker als der Tod.

Die Straße folgt nicht ganz treu der Savica, der Anstieg ist erschwert durch ein Auf und Ab. Am Parkplatz vor dem Eingang zum Savica-Wasserfall befindet sich nochmal eine Gasthütte, wo sich Bergfreunde einer spiritistischen Sitzung hingeben. Noch ist das Kassenhäuschen geöffnet. Den Wasserfall erreicht man über zahlreiche Stufen, durch Laubwald. Der Savica-Fall entwässert die o. a. Triglav-Seen, der Strahl gleitet in mehreren Halbstufen über den Fels, aufgefangen von einem grün leuchtendem Becken. Die Dämmerung trübt die Sicht bereits ein, der Weg zur Basis ist abgesperrt. Vom Aussichtsplateau geht der Blick hinüber zum See, die Berge hinauf und den Mond, der die Nacht verkündet. Wie ein Wachposten liegt auf dem Vogel, ein durch Bergbahnen gut erschlossener Berg, ein Hotel.

Musik: Die slowenische Band Katalena hat sich der folkloren Traditionen ihres Landes angenommen und sie mit Rock, Pop oder Jazz gemischt, modernisiert und erfrischend erweitert: Katalena: Dez (10:21 min.)

Bildergalerie Kap. III (153 Fotos):



Fortsetzung folgt