Re: GB: Birmingham - John o’Groats im Winter

von: Britta

Re: GB: Birmingham - John o’Groats im Winter - 25.01.16 21:08

und hier die Fortsetzung:

Tag 15: Bonar Bridge – Tongue

Beim Blick aus dem Fenster wieder große Freude: Die Sonne scheint! Die Nacht war allerdings ziemlich kalt und auf den ersten Kilometern auf Nebenstraßen müssen wir ein bisschen aufpassen, weil es einige vereiste Stellen gibt.





Es ist herrlich! Die Sonne scheint und die Strecke ist wunderschön! Wie schön die Tour sein kann!





Wir genießen es sehr – und das ist auch gut so, denn natürlich verdichten sich schon bald die Wolken. Und es dauert auch nicht allzu lange, bis die ersten Tropfen fallen. Dennoch, die Strecke ist wunderbar, und es macht immer noch Spaß, zu fahren.




Da fragt man sich, ob es besonders deutsche Touristen sind, die hier die Schafe über den Haufen fahren.

Irgendwo im Nirgendwo, bei 2 Grad Plus Außentemperatur und strömendem Regen kommt uns ein Radler entgegen geschoben. Mit nagelneuem Crosser, bloß leider mit gerissener Kette. Bernd hat alles zur Reparatur dabei (11fach-Kettenschloss!!! schmunzel ) und die Kette ist recht bald repariert. Zur großen Freude des Mannes, der heute Morgen mit dem Zug nach Norden gefahren ist und jetzt auf Tour zurück war. Er hätte sonst noch schlappe 40 Meilen schieben vor sich gehabt…







Für uns geht’s weiter durch Regen und atemberaubende Landschaft. Der Schnee auf den Bergen sorgt für ein wirklich beeindruckendes Panorama. Und obwohl einem das Wasser durch das Gesicht läuft, ist der Tag heute wirklich genial. Genau wegen dieser Landschaft sind wir hier unterwegs und genau diese Eindrücke sind es, die das Radreisen so einzigartig macht.







Schon kurz vor fünf Uhr erreichen wir die Ortschaft Tongue. Im kleinen Laden halten wir auf einen Kakao zum Aufwärmen. Wo wir denn noch hinwollten heute, fragt die Ladeninhaberin. Ach, so genau wissen wir das nicht, sagen wir, weiter Richtung Bettyhill, vielleicht irgendwo zelten. Naja, sagt sie, hier im Ort gebe es ein Hostel, dass die Ortschaft vor einiger Zeit von Jugendherbergsverband übernommen habe. Da könnten wir auch zelten. Ob sie mal nachfragen solle? – Ja, sehr gern. Es ist zwar erst fünf Uhr, aber bis JOG sind es jetzt noch 100km - eine überschaubare Strecke. Sie meldet uns also im Hostel an, wir fahren die 2 km zum Hostel hin. Und kaum haben wir das Haus betreten, da ist klar, dass wir ganz sicher nicht das Zelt aufschlagen werden. Dieses Hostel ist die beste Empfehlung, die man bekommen kann. Eine nettere Unterkunft dürfte schwerlich zu finden sein. Wir werden empfangen von knisterndem Feuer im Kaminzimmer und im Speisesaal, eine exzellent ausgestatteten Küche und nicht zuletzt einem riesigen Zimmer mit Panorama-Blick auf die umliegenden Berge. Sollte irgendwer von euch mal durch Tongue kommen: Dieser Ort ist auf jeden Fall einen Halt wert!







Tag 16: Tongue – John o’Groats

Nach einer wirklich komfortablen Nacht brechen wir am Morgen auf zu unserer letzten Etappe. Ich bin sehr frohen Mutes und sehr zuversichtlich heute bis JOG zu kommen. Wir haben Rückenwind, und die letzten 100 km sollten doch zu schaffen sein. Vielleicht hätte ich allerdings zur seelischen Vorbereitung mir das Höhenprofil der nächsten 50 km nochmal etwas genauer ansehen soll. Es geht berauf – und bergab – und wieder bergauf – und bergab – und wieder… und so weiter. Ich bin ziemlich bald ziemlich fertig, und obwohl wir heute wirklich schönstes Wetter haben und die Landschaft gigantisch ist, bin ich schon recht bald ziemlich maulig.













Als wir nach etwa 40 km einen Pub passieren, trete ich in Streik. Pause! Ich brauch ne Pause! Wir kehren ein, bestellen einmal Essen die Karte rauf und runter und langsam kehren meine Lebensgeister zurück. Wo wir denn hinwollten, fragt der Wirt. Nach John o’Groats! - Ah, dann hätten wir ja das Schlimmste hinter uns! – Wieso? – Ich fasse langsam wieder Hoffnung. – Na von Tongue bis hierher wäre es ja doch sehr hügelig. Aber das wären nur noch 5 weitere Meilen so. Danach wäre es völlig flach. – Hurra! Das kann doch noch was werden heute! Frisch gestärkt und motiviert gehen wir also die letzten 60 km an. Und er hat recht. Tatsächlich wird es bald flacher, und die letzten 50 km kommen wir wieder richtig gut voran. In Thurso wird noch mal kurz eingekauft, und im Dunkeln starten wir dann auf die letzten 30 km. Um kurz vor sieben erreichen wir schließlich John o’Groats. Der Ort ist so leer wie er leerer nicht sein könnte. Wir kurven etwas verloren über den Parkplatz als ein Auto vorfährt. Die Angestellte der Tourist Information, die etwas im Laden vergessen hat. Immerhin: Sie kann noch ein Foto von uns machen, allerdings erst im zweiten Anlauf, die erste Kamera zeigt nur noch "Akku leer" an.



Geschafft! lach Wir fahren die 300m zurück zum nahegelegenen Hotel und stoßen in der Bar erst mal an. Es braucht etwas Zeit, bis ich realisiere, dass wir wirklich angekommen sind.
Nach ein paar Bier und einem Burger brechen wir dann auf. Diese Nacht wollen wir nochmal zelten. Im Pub fragen wir noch nach geeigneten Stellen, ernten wiedermal Kopfschütteln aber auch die Empfehlung, es doch am Fussballplatz des Ortes zu versuchen. Dort sind uns – man glaubt es kaum – dann doch noch zu viele Leute unterwegs und so folgen wir weiter der Straße zum Leuchtturm und finden nach einiger Zeit ein schönes Plätzchen zwischen den Schafen auf der Wiese.

17. – 20. Tag: Epilog

Am nächsten Morgen schlafen wir bis 9:00. Ganz gemütlich bauen wir das Zelt ab als uns zwei Spaziergänger ansprechen. Wie sich herausstellt zwei Deutsche. Sie meinen, sie würden im Bekanntenkreis schon für verrückt erklärt, weil sie im Januar nach Schottland in Urlaub fahren. Jetzt waren sie ganz froh uns zu treffen, die wir offensichtlich noch eine etwas größere Meise hätten. schmunzel



Wir packen zusammen, rollen noch mal in den "Ort" und lassen uns im Cafe des Souvenirshops erst mal häuslich nieder. Nach ausgiebigem Frühstück muss Bernd nochmal ran – sein Reifen ist wieder platt und muss geflickt werden. Wir planen ja noch die 30 km nach Thurso zurückzufahren. Kaum ist der Reifen repariert, fährt der Linienbus nach Thurso vor. Bernd und ich gucken uns an. Die Verlockung ist zu groß. Ich frage beim Busfahrer nach. Radmitnahme ist überhaupt kein Problem, er fahre jetzt gleich los nach Thurso. Wir raffen in Windeseile alles zusammen, stopfen es in den Gepäckraum des Busses und rollen jetzt ganz bequem und warm zurück nach Thurso.



Von Thurso aus geht es am nächsten Tag mit dem Zug (mit ausgefallener Heizung...) nach Edinburgh. Die Fahrt über die inzwischen tief verschneiten Highlands macht uns klar, dass wir – so drollig das klingen mag – Glück mit dem Wetter hatten. 2 Tage später, und wir hätten bei dem Schnee vermutlich Probleme gehabt, über die Hochebenen zu kommen.
In Edinburgh dann noch ein entspannter Resturlaubstag mit ausgiebigem Stadtbummel. Und hier darf jetzt auch endlich mal der Reisebär auf’s Bild, der den ganzen Urlaub bisher trocken verpackt in der Radtasche verbracht hatte.



Der Rückflug mit Norwegian über Oslo ist gewohnt unproblematisch. Der Pilot empfängt uns mit den Worten: Willkommen auf dem Flug nach Oslo. In Oslo ist heute sehr schönes Wetter, es ist sonnig und – 19°C.
Mit dem Blick auf die wunderschönen verschneiten norwegischen Berge geht’s dann nach Hause.



Fazit der Tour: Ich hab mich noch nie während einer Reise so oft gefragt, warum ich das mache, und wer eigentlich diese verrückte Idee hatte. Aber was mich immer wieder verblüfft ist, wie schnell das Gehirn all die schwierigen Momente ausblendet und die schönen Erinnerungen die Überhand gewinnen. Und so kann ich auch schon nach einer Woche sagen: Eigentlich war es eine schöne Tour. Trotzdem: Für dieses Jahr ist mein Wintertourenbedarf gedeckt und die nächste Reise bitte erst mal in eine Region, mit geringerem "Schlechtwetter-Risiko"! lach