Re: Zum EV 6 und bis Mulhouse

von: Fricka

Re: Zum EV 6 und bis Mulhouse - 14.09.16 06:50

19.5.2015 Mittwoch

Alles trieft. Zelt. Wiese. Bäume. Aber es hat aufgehört zu regnen. Vom Campingplatz aus kann man über eine Planke direkt auf den RaVel gelangen. Wir rumpeln also bald wieder entspannt über die Betonplatten. Natürlich bei Gegenwind, der sich heute aber im erträglichen Rahmen hält. Vermutlich wird das bis Saint-Nazaire so bleiben, da wir bis dahin beständig Richtung Südwesten unterwegs sein werden.

Bei Seneffe verzweigt sich der Kanal. Geradeaus geht es nach Brüssel. Wir biegen mit dem Canal du Centre nach Westen ab. Etwas später gibt es wieder eine Verzweigung. Hier führen sozusagen beide Kanäle nach Rom. Inzwischen sind mehr Radfahrer mit uns unterwegs als an den vergangenen Tagen. Keine Reiseradler. Eher Regionalverkehr. Aber immerhin ist nun der RaVel besser ausgeschildert, was bei diesem Verzweigungs- und Brückengewirr nicht schlecht ist. Der Wegweisung folgend landen wir auf der linken Seite der rechten Verzweigung.
Mit der Zeit stellen wir fest, dass der Kanal im Vergleich zur Landschaft immer höher liegt. Bald sogar hoch über den Dörfern seitlich. Dazu ist er hier neu ausgebaut. Schließlich stehen wir staunend vor einem gewaltigen Schiffshebewerk, dem Ascenseur Strépy Thieu. Tief unter uns setzt sich der Kanal fort. Der Radweg endet abrupt. Nachdem wir das Bauwerk von oben ausreichend bewundert haben, kehren wir um, um einen Weg nach unten zu suchen. Von unten sieht das Hebewerk nicht minder eindrucksvoll aus. Kurz danach mündet der andere Kanal wieder ein. Auch mit einem Hebewerk, nur nicht ganz so hoch. Das ist das historische Hebewerk. Sehr nett anzusehen. Wir legen eine Picknickpause auf einer Aussichtsterrasse ein.

Am Rand gibt es mal wieder reichlich Industrie. Ein Zementwerk. Kiesgruben, die einen fabelhaften LKW-Verkehr auslösen. Hafenanlagen. Wenig Idylle. Mons lassen wir links liegen. Zwar ist zu vermuten, dass das Nato-Hauptquartier vielleicht nicht mittig in einer Industriestadt liegt, aber wir wollen das nicht mehr ausprobieren. Keine Lust mehr auf belgische Städte. Wir wollen nach Frankreich.

Wir kommen nun flott voran. Der Kanal verzweigt sich noch einmal. Beide Abzweige führen in Richtung Schelde, auf Französisch „Escaut“. Wir nehmen den linken, südlicheren Abzweig. Ein Stück kommen wir noch weiter, dann ist der Treidelpfad nicht mehr befahrbar und wir weichen auf Straßen aus. Wir fahren ein Stück südwärts und erreichen bei Quièvrain die französische Grenze. Sofort werden die Straßen besser und die Orte sehen nicht mehr so ärmlich aus. Geradewegs geht es nun nach Valenciennes.

Unser Reiseführer vermutet dort keinerlei Sehenswürdigkeiten. Endlos geht es einen Radweg entlang. Die Straße daneben ist stark befahren. Irgendwann landen wir im Stadtzentrum. Und – Überraschung – finden eine attraktive Stadt vor, so dass wir erst einmal eine Runde durch die Innenstadt drehen. Sowas hatten wir auf der ganzen Reise bisher noch nicht.
Um von Valenciennes nach Cambrai zu kommen, müssten wir einfach nur der Schelde folgen. Aber irgendwie biegen wir zu oft falsch ab und landen in den Hügeln seitlich des Scheldetals in Saulzoir. Von hier aus geht es immer geradeaus nach Cambrai. Über einen Hügel nach dem anderen. Wir werden müde. Cambrai ist nicht ganz so imposant wie Valenciennes, hat aber ein Camping Municipal. Und wir die Adresse. Unser Navi führt uns also auf direktem Weg dorthin. Was auch Zeit wird. Es dämmert längst. Ist also schon wirklich sehr spät. Wir kaufen noch ein. Etwas unheimlich. Um den Laden herum bricht eine Schlägerei aus. So sind wir froh, als wir das Tor des Platzes erreichen. Hier ist es still. Niemand mehr in der Rezeption. Das Sanitärgebäude ist neu und steht freundlicherweise offen. Dahinter stehen viele Wohnmobile, vor denen noch Menschen sitzen. Und im Hintergrund einige Zelte. Da stellen wir uns dazu.