Re: Zum EV 6 und bis Mulhouse

von: Fricka

Re: Zum EV 6 und bis Mulhouse - 16.09.16 08:17

21.5.2015

Die Sonne scheint. Das Zelt ist trocken. Die Wäsche auch. Als ich in die Rezeption gehe, um für die Nacht zu bezahlen, wird es ungemütlich. Die Dame dort ist eindeutig empört und will das Verbrechen aufklären. Wenn sie nämlich nicht in ihrem Häuschen sitzt, schließt sie das Tor ab, sagt sie. So können wir mit unseren Rädern nur über den Zaun geklettert sein. Dass am Tor ein Zettel hängt, dass man sich, bei unbesetzter Rezeption installieren solle – „wir kommen dann vorbei“, sei ungültig. Irgendwann regt sie sich so weit ab, dass sie unser Geld entgegen nehmen kann. Und wir reisen ab.

Wir planen heute nur eine halbe Etappe. Die Somme entlang nach Amiens. Dazu folgen wir zunächst der D1 über Biaches und Herbecourt nach Cappy, wo wir an einem hübschen Plätzchen eine Frühstückspause einlegen. Es ist warm geworden. Die Sonne scheint. Das macht sich an den Steigungen bemerkbar. Die Somme haben wir bisher nicht gesehen. Als wir sie nun in Richtung Bray überqueren, treffen wir auf einen Radweg, der am Seitenkanal entlang von Peronne her kommt und hier endet. La veloroute de de la vallée de Somme. In unserer Richtung findet sich nichts. Wir fahren also rauf nach Bray. Dort besichtigen wir erst einmal die eindrucksvolle Kirche.

In Ortsmitte treffen wir einen Wegweiser Richtung Veloroute. Es geht wieder ins Tal und über die Somme. Am Ufer entlang gibt es dort einen Weg. Zwar keinen Wegweiser, aber wir versuchen es trotzdem. Es geht durch Wasserwelten mit reichlich Vogelbesatz. Einige Angler sitzen am Ufer. Der Weg wird immer schlechter. Aus zwei Reifenspuren wird eine. Die Löcher werden immer tiefer, das Gras immer höher. Schließlich schieben wir. Irgendwann erreichen wir eine Schleuse, an der eine Straße die Somme kreuzt. Auf beiden Seiten gibt es einen Picknickplatz. Und während wir es uns gemütlich machen, kommt ein Schiff angetuckert, um sich schleusen zu lassen. Ein historisches Schiff. Mit brauner Besegelung und einem Kräutergarten an Deck. Aus England. Der Schleusenmeister wartet schon. Er ist mit dem Auto angereist. Von einem Kasten aus steuert er die Schleuse.

Über Morcourt, Cerisy und Le Hamel geht es weiter. Der Radweg ist jetzt ausgeschildert, auch wenn er zunächst über Straßen führt. Wir passieren einige nette Schlösser mit Schautafeln. Während nach dem Krieg offensichtlich von den Dörfern nicht mehr viel übrig war, blieben die Schlösser erhalten. Die brauchten die Militärs zum Wohnen und Verhandeln. Schließlich biegt der Radweg auf den Treidelpfad ein. Er ist hier offensichtlich neu angelegt und nett gestaltet. Die Oberfläche lässt keine Wünsche offen. Regelmäßig gibt es Rastplätze mit blütenweißen Steinbänken.

In Corbie machen wir einen Abstecher in die Stadt und sehen uns die Kirche an. Weiter geht es am Ufer entlang. Hier ist jetzt viel Radverkehr. Große Gruppen, darunter etliche Schulklassen folgen dem Uferweg. Auf dem Kanal fahren allerhand Boote. Meistens Urlauber. Wir sind schneller. Und natürlich werden sie auch jedesmal durch die zahlreichen Schleusen aufgehalten.

Der Radweg führt uns bis in die Mitte von Amiens. Von der Seite kennen wir die Stadt noch nicht. Mit dem Auto waren wir schon öfter dort. Die Fahrt den Uferweg entlang hat relativ lange gedauert, da wir jeder Flussschlinge gefolgt sind. Als wir an der Kathedrale ankommen, ist es kurz vor 18 Uhr. Wir freuen uns, dass wir noch hineinkönnen, bevor sie schließt. Wir finden sie immer wieder eindrucksvoll.

Anschließend holen wir uns in der Touri-Info gegenüber noch einen Stadtplan und lassen uns zeigen, wie wir zum Campingplatz kommen. Nach einem ausführlichen Bummel durch die Fußgängerzone, wo wir verschiedene Besorgungen erledigen, wenden wir uns stadtauswärts. Der Platz liegt in der Nähe des Kanals. Er ist relativ groß, relativ teuer und ziemlich belebt. Jetzt am Freitagabend. Hauptsächlich von Wohnmobilen. Es stehen aber auch mehrere Zelte mit Fahrrädern daneben drauf. In den Duschen herrscht sozusagen „Landunter“. Aber man wird sauber. Mehr wollen wir nicht. Den Abend über reisen noch viele weitere Wohnmobile an.