Re: Podgorica nach Istanbul mit Prolog

von: Keine Ahnung

Re: Podgorica nach Istanbul mit Prolog - 06.11.17 14:38

INHALTSVERZEICHNIS

Teil 1: Vorwort(e) - Forumstreffen Erfurt - von Erfurt nach Berlin

Teil 2: Haupttour (Tag 1-5: Montenegro mit Durmitor Nationalpark, durch Serbien zur Donau)

Teil 3: Haupttour (Tag 6-9: Donau in Serbien, Rumänien mit Transalpina nach Transsilvanien)

Teil 4: Haupttour (Tag 10-15: Rumänien mit Transfagarasan, Bulgarien mit Schwarzmeerküste, Türkei)

Teil 5: Haupttour (Tag 16-20: Türkei mit dem Tourenziel Istanbul)


DER SECHZEHNTE TAG (19.06. – 85 KM / 870 M)

Fast den ganzen Tag gab es heute Regen und gleichzeitig war es noch recht kühl. Im Juni hätte ich zumindest andere Temperaturen in diesem Teil der Türkei erwartet, aber es blieb auch der einzige wirkliche Regentag auf der ganzen Radreise. Schlechtes Wetter wirkt sich durchaus auch auf das Naturerlebnis aus, so dass ich von diesem Tag nicht viel Angenehmes in Erinnerung habe.





Für meine Mittagspause machte ich an einem völlig verdreckten Picknickplatz halt, bei dem eine der Bänke provisorisch mit einer Plastikplane überspannt war. Immerhin konnte ich so trocken etwas essen und trinken. Es war aber dennoch nicht angenehm und selbst meine Kamera wollte kein scharfes Bild mehr machen.



Am späten Nachmittag ließ der Regen dann nach. Im Ort Subaşı gab es das einzige Hotel, welches ich weit und breit ausmachen konnte. Das "Hotel Kleopatra" hatte deutlich bessere Zeiten gesehen und war sicher einmal ganz nett. Nun war es aber sehr schmuddelig und die Bettwäsche hatten wohl schon etliche Gäste vor mir genutzt. So kam wenigsten wieder einmal meine Campingausrüstung zum Einsatz. Immerhin funktionierte die Heizfunktion der Klimaanlage, so dass ich meine regennasse Kleidung wieder trocknen konnte.








DER SIEBZEHNTE TAG (20.06. – 85 KM / 710 M)

Das Frühstück war bei dem Hotel mit inbegriffen. Es war aber ein Spiegel des aktuellen Hotelzustands, so dass ich lediglich etwas vom Brot und etwas eingeschweißte "Marmelade" (ich wusste gar nicht, dass man derart künstlich schmeckende süße Masse herstellen kann ) zu mir nahm. Bisher hatte ich mir auf meinen Radreisen noch nie die Unterkunft schon am Tag zuvor gebucht. Da ich aber im Hotel Kleopatra Zeit und Internet hatte und sehr gut einschätzen konnte, wie der Rest meiner Tour ablaufen würde, hatte ich mir in Şişli, einem der 39 Landkreise Istanbuls, ein recht günstiges Hotelzimmer reserviert, von dem ich dann am folgenden Tag bequem Istanbul für eine erste Besichtigungsrunde erreichen konnte. Somit war schon am Morgen klar, wie weit ich an diesem Tag fahren würde.

Die von mir vorher geplante Strecke nach Istanbul erwies sich als sehr gut. Ich konnte dem stärker werdenden Verkehr in Großstadtnähe weitestgehend ausweichen. Lediglich einige Lastwagen, die Steinbrüche anfuhren, sorgten ab und zu für unangenehme Staubfahnen. Nur das erste Stück meiner geplanten Strecke war nach dem Regen des Vortags nicht fahrbar. Bereits nach 100 Metern hatte sich so viel Lehm an den Reifen festgesetzt, dass die Räder sich nicht mehr drehen wollten. Ich brauchte eine halbe Stunde, um mühsam den Dreck soweit zu beseitigen, dass ich wieder fahren konnte. Das Wegstück konnte aber ohne große Umwege gut umfahren werden.


Bild: Die Moschee in Oklalı.




Bild: Ein Selfie grins


Bild: Zwischen İzzettin und Nakkaş – akzeptable Verkehrsdichte.


Bild: Die Vorboten der Großstadt (Blick Richtung Hastane und Esenyurt).


Bild: Ich pirsche mich noch durch recht beschauliche Landschaft an Istanbul heran (am Sazlıdere Barajı - Trinkwasserversorgung für Istanbul) …


Bild: Zum Glück nur ein kurzes Stück und eigentlich besser zu fahren als man vermutet …


Bild: Und der großen Straße wieder entkommen (zwischen Işıklar und Göktürk Merkez) – gut fürs Gemüt …


Bild: Das bleibt weiterhin im grünen (bzw. blauen) Bereich (Göktürk Merkez) …


Bild: Und wieder die Römer …


Bild: Telekom Arena in Istanbul.

Wie erwartet, nahm der Verkehr im Vorstadtbereich Istanbuls drastisch zu. Ich hatte zwar eine durchaus brauchbare Kombination zum Teil kleiner Sträßchen als Route gewählt, aber es wurde schnell klar, dass Fahrradfahrer nicht als Verkehrsteilnehmer mit irgendwelchen nennenswerten Rechten betrachtet wurden. Rechtsabbiegende Autofahrer störte die Anwesenheit eines Fahrrads nicht die Spur. Hatte man sich aber an eine völlig defensive Fahrweise gewöhnt, war ein Durchkommen recht gut möglich.




Bild: Zentralmoschee in Şişli, Istanbul.



Das Hotel "Blisstanbul" war direkt in einer Einkaufsstraße gelegen und – das hatte mich zur Wahl des Hotels bewegt – es gab in unmittelbarer Nähe einen großen jüdischen, katholischen und orthodoxen Friedhof. Alle Teile sorgfältig voneinander abgetrennt. Ich besichtigte den jüdischen Teil, zu dem ich zunächst bei einer Pforte klingeln musste. Erst nachdem ich erzählt hatte, dass ich extra aus Deutschland hierhergekommen sei, um den Friedhof zu sehen, wurde mir Einlass gewährt. Ich war der einzige Lebende auf dem Friedhof und konnte mir in aller Ruhe die Gräber ansehen. Viele deutsche und französische Inschriften waren zu finden.

Booking.com war doch recht hilfreich – das Hotel war gut, das Personal sehr freundlich. Mein Fahrrad wurde am Abend für mich abgestellt und mir in der Früh wieder ausgehändigt.




Bild: Verhungern muss hier niemand …


Bild: Vitamine gibt es auch ausreichend …


Bild: Der jüdische Friedhof …




Bild: Die moderne Türkei …



DER ACHTZEHNTE TAG (21.06. – 57 KM / 590 M)

Auf kleinen Straßen fuhr ich Richtung Zentrum. Zum Teil ging es derart steil bergab, dass ich Angst hatte, ich könnte mich bei einem Bremsmanöver überschlagen. Ich wäre da wohl auch schiebend kaum hochgekommen.










Bild: Basilika St. Antonius.

Immerhin wich ich dem Autoverkehr fast vollständig aus. Schnell war ich dann auch im Zentrum des europäischen Teils Istanbuls. Die erste „große Sehenswürdigkeit“ war der von den Genuesen errichtete Galata-Turm. Eine Rundtour führte mich nun zu einer ganzen Reihe weiterer "Höhepunkte", wobei ich durchaus auch in Bereiche gelangte, die Touristen wohl weniger zu Gesicht bekamen – der Vorteil der Nutzung des Fahrrads.




Bild: Süleymaniye-Moschee von der Galata-Brücke.


Bild: Goldenes Horn mit Atatürk-Brücke.


Bild: Bei Yeni Cami Moschee (Neue Moschee) – jeder dieser Attraktionen wurde durch Polizisten mit Metalldetektoren und Röntgenanlagen überwacht. Keine Chance da mit dem Fahrrad durchschieben zu können …


Bild: Der Ägyptenbasar bei Yeni Cami Moschee (Neue Moschee).




Bild: Tourentauglich?


Bild: Ohne Kommentar …


Bild: Süleymaniye-Moschee.


Bild: … und der zugehörige Friedhof.




Bild: … und in der Moschee.


Bild: Das sind die Dinge, die man entdeckt, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist …






Bild: Fatih-Moschee (Eroberer Moschee, benannt nach Sultan Mehmet II).


Bild: Nuruosmaniye-Moschee (Lichtmoschee) in der Nähe des Großen Basars.


Bild: Sultan-Ahmed-Moschee ("Blaue Moschee" - Hauptmoschee von Istanbul).


Bild: Hagia Sophia nun in Istanbul …


Bild: Hier sind die Gemälde erhalten geblieben.




Bild: Auch der Eingang zum Topkapi-Palast wird scharf bewacht.


Bild: Harem des Topkapi-Palasts … offensichtlich nicht mehr bewohnt zwinker

Das war nur eine kleine Auswahl der Bilder. Man kann hier sicherlich viel Zeit verbringen. Ich hatte ja noch einen ganzen Tag für weitere Besichtigungen und hatte sicherlich nur einen Überblick über den europäischen Teil Istanbuls gewinnen können. Am späten Nachmittag machte ich mich dann auf, um zum Hotel in der Nähe des Flughafens Atatürk zu kommen. Meine neuen türkischen Freunde in Vize hatten mir die Empfehlung gegeben, den Decathlon aufzusuchen, der sich nicht weit vom Hotel befand, als ich nach einer Möglichkeit fragte, in Istanbul einen Fahrradkarton für den Rückflug zu organisieren. So wich ich von meiner vorher sorgfältig geplanten Route abseits der großen Straßen ab. Ich dachte, dass das ja nicht so schlimm sein könnte, da die Entfernung (ca. 20 km) nicht so gewaltig war. Da hatte ich mich aber geirrt! Die Fahrt zunächst zu Decathlon war ein Albtraum. Der Verkehr war die Hölle und zum Glück kamen die motorisierten Verkehrsteilnehmer selber kaum voran, so dass ich mich wagemutig zwischen Autos, Lastwagen und Bussen durchschlängeln konnte. Das, was ich an Ruß und Abgasen auf dieser Strecke inhaliert hatte, wog sicherlich die ganze Erholung meiner Lungen auf, die die vorangegangene Tour gebracht hatte. Beim Decathlon wurde ich zum Glück mit einem brauchbaren Karton belohnt und ich schaffte es schließlich völlig erschöpft bis zum Hotel. 20 Kilometer Istanbul hatten mich mehr geschafft, als das Drei- bis Vierfache irgendwo durch die freie Natur ...





DER NEUNZEHNTE TAG (22.06. – STADTBESICHTIGUNG)

Für den letzten Tag hatte ich eine weitere Stadtbesichtigung vorgesehen. Eigentlich wollte ich wieder mit dem Fahrrad ins Zentrum fahren, aber nach dem Erlebnis des Vortags war mir die Lust darauf vergangen. Also nahm ich den Bus und lies mich entspannt durch das Verkehrsgewühl fahren. Nach einem zweiten Besuch der Hagia Sophia und diverser anderer interessanter Sehenswürdigkeiten ging auch dieser Tag zu Ende. Im Hotel bereitete ich das Fahrrad für den Rückflug vor und verpackte es im Karton.
Ich verzichte auf weitere Bilder Istanbuls – ich denke, dass die Bilder des Vortags bereits einen sehr guten Eindruck von der Vielfalt der Sehenswürdigkeiten gegeben haben, die Istanbul zu bieten hat. Ich würde eine Fahrradtour dorthin empfehlen – man sieht mehr …



DER ZWANZIGSTE TAG (23.05. – 22 KM / 80 M + HEIMFLUG)

Mein Fahrrad hatte ich für den Rückflug bereits in Deutschland angemeldet. Den Boardingpass hatte ich mir beim Online-Check-in im Hotel auf das Mobiltelefon schicken lassen. Ein Taxi kam pünktlich am frühen Morgen und der Karton mit dem Fahrrad passte gerade von der Breite in den Kofferraum. Dass fast die Hälfte des Kartons nach hinten herausragte, störte den Taxifahrer und – da der Karton recht fest im Kofferraum verklemmt war – auch mich nicht.

Durch das mehrfache Falten des Kartons hatte er nicht mehr die ursprüngliche Stabilität, aber es reichte aus, um am Ende das Fahrrad unbeschädigt nach Bremen transportieren zu lassen.



Am Schalter musste ich die Gebühr für die Fahrradmitnahme entrichten und nachdem der Karton mit dem Fahrrad sowie die Gepäcktaschen außer Sichtweite waren, konnte ich entspannt auf den Rückflug warten. In Bremen war das Fahrrad schnell wieder zusammengebaut und die letzten gut 20 Kilometer nachhause stellten den Endspurt der Radtour dar.





RESUME

Durch die Kombination von Forumstreffen mit den gemeinschaftlichen Radtouren dort, die anschließende Anreise nach Berlin und schließlich die "große Tour" durch Montenegro, Serbien, Rumänien, Bulgarien und die Türkei war dies wieder ein außergewöhnliches Erlebnis. Jeder dieser Teile hatte natürlich seinen eigenen Reiz. Die eigentliche Radreise alleine hatte diesmal wieder so viele unterschiedliche Eindrücke mit sich gebracht, dass man in den wenigen Wochen gar nicht alles verdauen kann. Man zehrt von den Erlebnissen noch lange – mindestens bis zur nächsten Radreise.

Ganz ärgerlich waren natürlich die gesundheitlichen Probleme, auch wenn sie mich nicht wirklich wesentlich eingeschränkt haben. Erst bei gründlichen Untersuchungen zuhause stellte sich heraus, dass es wohl nicht die Blase war, die Probleme bereitete, sondern evtl. eine Reizung der von Männern ab 50 so geliebten Prostata. Na toll, nun komme ich ganz offensichtlich auch in das Alter . Dumm ist, dass ich wohl auch in Zukunft mit Problemen rechnen muss, was sich schon darin ankündigt, dass ich auch jetzt immer wieder diese "Blasenprobleme" spüre. Obwohl mein geliebter Brooks B17 mir immer als bequemer Sattel erschienen war, werde ich wohl in Zukunft zu einer Sattelversion mit Aussparung greifen. Wohl wissend, dass ich mit dem Problem in guter Gesellschaft bin, werde ich mich wohl damit abfinden müssen, dass auch ich nicht jünger werde.

Ich bin einmal zuversichtlich und überlege schon die ganze Zeit, wo es nächstes Jahr hingehen soll. Das Lesen der interessanten Reiseberichte hier im Forum macht mir die Entscheidung ehrlich gesagt nicht leichter. Es gibt einfach zu viel Schönes zu erkunden lach .