Cidre trinkt man aus Tassen – Bretagne, Teil 1 + 2

von: Holger

Cidre trinkt man aus Tassen – Bretagne, Teil 1 + 2 - 25.02.18 15:10

So nun, mal nicht die Alpen, aber es bleibt bei Frankreich. Bretagne. Munitioniert mit vielen Tipps aus dem Forum, dem Michael-Müller-Reiseführer und einigen Michelin- und IGN-Karten war das mal ein neues Ziel. Hier der schon länger versprochene Reisebericht dazu.

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Erster Teil: Rennes – Brest
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Route erster Teil bei GPSies

Donnerstag, 17. August: Frankfurt am Main – Strasbourg (hauptsächlich mit dem Zug)
  • Kilometer: 7,0
  • Sattelstunden: 0:29
  • Ausgaben für Getränke: 4,99 EUR
  • Unterkunft: Hotel ibis styles Strasbourg gare

Die ersten Kilometer auf dem Rad sind Stadtverkehr in Frankfurt. Zur Arbeit. Mittags zum Bahnhof. Und dann mit dem Zug in Richtung Strasbourg. Besser: mit einigen Zügen. Über Mannheim, Neustadt und Wissembourg ging es nach Strasbourg.


La France

Ein wenig gespannt war ich, ob mein Ticket auch im französischen Nahverkehr gilt. Geplant war die Anreise wie üblich über Karlsruhe und Appenweiher, da jedoch beim Tunnelbau das Eis taute, war die Strecke zwischen Baden-Baden und Rastatt gesperrt. Dann halt über Frankreich. Die Dame hinter dem Schalter im Bahnhof Wissembourg meinte, es sei kein Problem, das Ticket auch in Frankreich zu nutzen. Aber es kam auch kein Schaffner, der die nette, fast leserliche Notiz auf dem Ticket lesen musste: „Streckensperrung. Ticket gültig über Wissembourg!“

Abends blieb mir Zeit für einen kurzen Stadtrundgang durch Strasbourg. Stellvertretend ein Foto:


Das Strasbourger Münster und ein Fachwerkhaus

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Freitag, 18. August: Strasbourg – Rennes (TGV)
  • Kilometer: 0,0
  • Sattelstunden: 0:00
  • Ausgaben für Getränke: 2,86 EUR
  • Unterkunft: Hotel ibis styles Rennes gare



Fahrrad gut bewacht

In Strasbourg geht’s dann los. Strasbourg–Rennes, knapp dreimal so weit wie Frankfurt a. M.–Strasbourg. Und die Zugfahrt dauert genauso lange. Dank der Fahrradplätze im TGV. Leider gibt es nur vier – und leider nicht in jedem TGV. In Rennes geht’s wieder in ein ibis styles, wieder am Bahnhof. Und in das kleinste Hotelzimmer, in dem ich jemals untergebracht war. Da entschädigte auch der Hinterhofblick nicht. Tja, Einzelreisender…

Ein bisschen fernsehen, Mittagsschlaf (zugfahren macht müde) und dann ein Stadtrundgang, das war das Nachmittagsprogramm. Schöne Altstadt, viel Fachwerk – und auf der anderen Seite 70er Jahre. Vielfältige Architektur. Und eine schöne kleine Reisebücherbuchhandlung, in der ich die fast die gesamte Bretagne auf IGN 1:100.000 kaufte. Abends gab es Crêpes, bzw. Galettes, so heißen die salzigen Crêpes. Zum Nachtisch im Hotel Minzmousse mit Schokoflözen.


Fachwerk, …


… 70er Jahre, …


… und griesgrämige Graffiti


Leckerleckersuperlecker, Minzmousse mit Schokoflözen

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Samstag, 19. August: Rennes – Vitré – Rennes
  • Kilometer: 90,1
  • Sattelstunden: 4:38
  • Ausgaben für Getränke: 6,84 EUR
  • Unterkunft: Hotel ibis styles Rennes gare

Nu ging’s aufs Rad. Zum Eingewöhnen ohne Gepäck. Fahrradflaschen füllen, hm, igitt, wie sehen die denn von innen aus?! Am Ortsausgang von Rennes gibt’s einen Decathlon, da habe ich mal neue Flaschen gekauft und die alten gleich entsorgt. Also, Fahrradflaschen füllen. Und dann über kleine Straßen westwärts, häufig mit Rückenwind – ich freute mich schon auf die Rückfahrt. Für die Tour heute hätte sich eine Vorabplanung für das GPS gelohnt, ich musste doch recht häufig stehenbleiben und auf die Karte schauen.

Vitré erreichte ich trotzdem, es war recht hügelig bis dorthin, also trotz des Rückenwinds etwas anstrengender als erwartet. Verwinkelte Fachwerkaltstadt mit vielen Touristen, ein Schloss, das fast wie eine Burg aussieht. Und nach einer guten Stunde wieder in den Sattel und zurück nach Rennes.


Handwerk im Fachwerk


Das Schloss von Vitré

Es war nun wie erwartet gegenwindig, aber nicht so schlimm, wie befüchtet. Ich kam gut voran, durch Felder und Wälder, leicht hügelig – also ganz nett, oder auch: ein bisschen langweilig, so sieht es bei uns auch aus. Am Abend dann das erste der drei geplanten Fußballspiele, Stade Rennais gegen AS Nancy, oder #SRFCASNL, wie das heute so heißt. Es liefen noch einige Démbélé-Trikots herum, obwohl er sich hier so ähnlich verabschiedete wie ein Jahr danach von Dortmund. 2:2 ging das Spiel aus, nach eine 2:0-Führung für Rennes und einem Elfmeter in der Nachspielzeit, für die berüchtigten Emotionen war also gesorgt. Wer es sehen will: Highlights auf Youtube.


Pyro, offiziell

Etappe 1 bei GPSies


Sonntag, 20. August: Rennes – Mont Saint Michel – Saint-Benoît-des-Ondes
  • Kilometer: 108,2
  • Sattelstunden: 5:51
  • Ausgaben für Getränke: 7,60EUR
  • Unterkunft: Camping Municipal des Ondes

Départ réel, mit Gepäck. Schon ein Unterschied … Zumal es doch sehr, sehr hügelig war. Die Strecke heute hatte ich vorgeplant, konnte also einem GPS-Track folgen. Zum Glück, denn hier im Landesinnern gibt es schon ziemlich viele Straßen zum verzetteln. Wetter schön, Landschaft so la la, Orte nett – ich wartete auf das Meer. Eine kleine Mittagspause legte ich in Bazouges-la-Pérouse ein. Eine gute Wahl, das ist ein ausgesprochen nettes Örtchen – daher saßen auch an allen Ecken Hobbykünstler, offensichtlich gibt’s hier auch sowas wie VHS-Malkurse.

Dann war es nicht mehr weit und es ging bergab. Etwa 20 km vor der Küste macht die Landschaft eine Stufe ins Flache – und da sah ich ihn zum ersten Mal, den Mont-Saint-Michel. Da war dann schon einiges los, das ist wirklich ein touristischer Hotspot. Aber angenehm zurückgebaut. Früher war ein Riesenparkplatz direkt am Berg, jetzt führt dort eine Brücke hin, über die nur Zubringebusse, Kutschen, Fußgänger und Radfahrer dürfen. Die Parkplatzhölle ist ein paar km aufs Land verlegt worden, der Mont-Saint-Michel ist nun wieder eine richtige Insel. Und er droht nicht mehr zu verlanden. Ich bin aber nur hingefahren, habe Fotos gemacht, und bin weiter. Es war mir einfach zu voll.


Da isser. der erste richtige Touri-Hotspot der Reise

Saint Malo war zu weit, aber in paar Kilometer in die Richtung wollte ich schon noch schaffen. Jetzt war es auch flach, der Wind kam mehr oder weniger von hinten, das passte. Manchmal fuhr ich auf dem Küstenradweg, der jedoch häufiger auf irgendwelchen Schotterwegen verlief. Ich wollte aber vorwärts kommen – und viel Verkehr war nirgends. Im Rückblick war immer wieder der Berg zu sehen, in der Tag, schon ziemlich beeindruckend. Mein Ziel war Saint-Benoît-des-Ondes. Ein schöner Campingplatz, direkt am Meer, klein, günstig, mit Mont-Saint-Michel-Blick, ein Spar, der am Sonntagabend noch offen war, kein Meer – in den letzten Jahren war ich ja fast nur am Mittelmeer, da ist Ebbe und Flut doch etwas überraschend. Und es gab frische Austern … hm, und es würgte mich leicht, zum Glück gibt’s hier überall Crêperien. Und bretonischen Pommeau. Lecker. Gute Nacht.

Etappe 2 bei GPSies

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Montag, 21. August: Saint-Benoît-des-Ondes – Saint-Malo – Cap Fréhel – Le Pont de l‘Etang
  • Kilometer: 69,7
  • Sattelstunden: 4:04
  • Ausgaben für Getränke: 10,90 EUR
  • Unterkunft: Camping Municipal Le Pont de l‘Etang

Und am nächsten Morgen geht’s lecker weiter: Baguette mit Nutella am Strand, zum Abschied vom Mont-Saint-Michel. Das verzögert den Aufbruch, Start erst 9.10 Uhr – und schon eine Stunde später ist das erste Zwischenziel erreicht: Saint-Malo. Der näxte Touri-Hotspot, eine der meistbesuchten Städte Frankreichs. Im zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und nach dem Krieg originalgetreu wiederaufgebaut. Voll war es, aber irgendwie wirkt es etwas düster intra-muros, wie der Stadtkern heißt. Bedeckter Himmel und wuchtige Granithäuser – heimelig geht anders. Und die Gurkerei durch die – tatsächlich ziemlich gut besuchte – Stadt zerstörte meinen Schnitt…


Gelb in grauer Stadt

Ebbe ist, das Meer ist kaum zu sehen. Nirgendwo sonst ist der Gezeitenunterschied so hoch, behauptet Wikipedia. Aber egal wo – wie gestern bin ich immer noch beeindruckt von Ebbe und Flut. Ich fahre noch ein wenig durch die Stadt, auf die massive Stadtmauer und sehe ein Meeresschwimmbad ohne Meer, kleine, vorgelagerte Inselchen, die man zu Fuß erreichen kann und auf der anderen Seite der Buch Dinard. Dorthin fuhr ich mit der Fähre und kürzte ein bisschen Strecke ab. Nicht ganz günstig, kostete 9,10 EUR für mich und mein Rad…


Saint-Malo, von der friedlichen Fähre aus gesehen

Auf der anderen Seite liegt Dinard. Starnberg ist die deutsche Partnerstadt, lerne ich – und das scheint mir vom Einkommensniveau zu passen, wenn man die Villen sieht, die hier stehen. Alles etwas rauer als am Mittelmeer, aber doch sehr gediegen. Und gerne schaue ich immer mal, was Wikipedia so weiß zu den Orten. Dinard war das erste Seebad Frankreichs, und vor allem Engländer besuchten es gerne. Keine aus der Arbeiterklasse, nehme ich an. Google Maps lotst mich zu einem Supermarkt, und am Strand gibt’s die Mittagspause.


Fachgespräch am Strand von Dinard


Keine ganz arme Gegend

Um ein bisschen vorwärts zu kommen, fuhr ich auf einer größeren Straße, die D768. An einigen Stellen gab es kleinere Straßen parallel, die nutzte ich gerne – aber ich nahm nicht jedes Kap mit, das hätte Jahre gedauert. Mein Ziel war das Cap Fréhel. Zwar ist das wieder einer dieser Hotspots, aber die liegen ja auch häufig dort, wo es schön ist. Sonst würde ja keiner hinwollen.

Schön ist schon die Straße hin zum Cap. Durch wilde Wiesen, die dicht bebaute Küste rund um Saint-Malo war Vergangenheit. Die große Einsamkeit findet man am Cap Fréhel jedoch auch nicht, zumindest nicht in Ferienzeiten. Schon auf der Straße hin war ziemlich viel Verkehr, der Parkplatz war voll. Und der Leuchtturm und der Weg zum Kap auch. Viele Italiener. Bin dennoch hoch und hin – auch wenn die Sicht nicht überragend war, wie schon den ganzen Tag war es wolkig und diesig.


Viel los am Cap Fréhel


Völkerwanderung

Zum Campingplatz waren es noch ein paar Kilometer. Anfangs nutzte ich den Radweg – irgendwann dann nicht mehr. So schön die Landschaft auch war, Sandstrände wechselten mit felsigeren Küstenabschnitten, wollte ich doch vorwärts kommen. Und das ging nicht auf versandetem Radweg mit vielen Fußgängern. Den Campingplatz erreichte ich um 17 Uhr, er war riesig. Und schön, keine Parzellen, viel Schatten unter den Pinien. Sogar direkt am Strand gab es Plätze, die entdeckte ich jedoch erst, als mein Zelt schon stand. Die Wolken waren übrigens weg, und so brannte mir die Sonne auf den Kopf, als ich im CP-Imbiss meinen Hamburger aß. Zum Strand bin ich dann nochmal, Sonnenuntergang. Hat sich gelohnt – und es hat etwas gedauert, weil ich ja nicht nur durch den Sucher schauen wollte.


Am Campingplatz kam die Sonne – Blick zurück zum Cap Fréhel


Sonnenuntergangsfoto – eins von, hm, recht vielen

Etappe 3 bei GPSies


Dienstag, 22. August: Le Pont de l‘Etang – Yffiniac – Saint-Brieuc – Pontrieux
  • Kilometer: 93,2
  • Sattelstunden: 5:20
  • Ausgaben für Getränke: 10,70 EUR
  • Unterkunft: Camping Traou-Mélédern

Schon wieder später Start. Irgendwie geht das im richtigen Sommer früher… Nach 13 km der Super U von Erquy, Einkauf Nr. 1, dann hinunter an die Küste, Boulangerie, Einkauf Nr. 2 und dann an den Strand, Frühstück. Ferienort, es ist August, aber irgendwie wirkt das schon wie Nebensaison hier. Und dann das: Regen! WTF …? Frühstück in einer Bushaltestelle… Und weiter geht’s, die Regenjacke tut zum ersten Mal ihren Job. Dummerweise habe ich mir für heute eine „rote“ Straße ausgesucht, also eine mit viel Verkehr. Den gibt’s auch, aber der Regen war nur von kurzer Dauer, bald kommt die Sonne raus. Und es gibt eine schöne Alternative zur roten Straße, die mich bis ins Zentrum von Yffiniac führt. Yffiniac? Nicht wahnsinnig spannend, aber die Heimat eines ganz Großen des Radsports. Bernard Hinault wurde hier geboren.


Die Heimat eines ganz Großen

Inzwischen war es ziemlich heiß geworden, auf dem Weg hoch nach Saint-Brieuc brachte mich das ziemlich zum Schwitzen. Oben angekommen suchte ich mir einen schönen Platz im Stadtzentrum für die Mittagspause. Schöne Altstadt, aber ich hatte nicht so richtig Lust, noch eine Stadtrundfahrt zu machen – und fuhr weiter. Erstmal runter fast auf Meereshöhe, dann wieder rauf, wieder auf eine rote Straße. Eine ganz frisch asphaltierte, zwar mit viel Verkehr, aber auch mit Rückenwind, so kam ich wenigstens schnell voran. Und die Straße umfuhr die Dörfer. Ich nicht, mitten durch ging mit weniger Verkehr viel schneller. Pausen machte ich hin und wieder und suchte Schattenplätze.

Um 15.30 war es immer noch heiß und ich in Lanvollon. Einem kleinen Städtchen mit Kirche, kleiner Epicerie und einem schattigen Dorfplatz, oder, Städtchenplatz. Nr. 2 und 4 nutzte ich für eine kleine Pause und suchte mir einen Campingplatz. Archies App behauptete, es gebe einen in Pontrieux, in ca. 20 km Entfernung. Das sollte zu schaffen sein.


Fachwerk in Pontrieux

War es. Pontrieux ist ein nettes kleines Städtchen am Trieux. Den örtlichen Intermarché suchte ich auf und deckte mich mit Trinkbarem ein – nein, nicht was Ihr denkt, natürlich 7up Mojito light. Und mehrere Crèperien warteten auf mich. Zunächst aber der nette, kleine Campingplatz am Ufer des Trieux. Die Crèperie mit Terrasse über dem Flüsschen nahm ich – und ich hatte Hunger. Salat, Pommes, Galette und natürlich Cidre. Und hier verstand ich endlich, wozu diese Tassen sind, die man da immer auf den Tisch gestellt bekommt. Daraus wird der Cidre getrunken! Muss einem ja auch mal jemand sagen.

Fun Fact: In Pontrieux wurden die ersten Tickets für die Pariser Metro gedruckt. Lernte ich von Wikipedia. Was auch immer mir dieses Wissen bringt. Sehr industriell ist der Ort heute jedoch nicht mehr.

Etappe 4 bei GPSies

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Mittwoch, 23. August: Pontrieux – Ploumanac’h – Lannion
  • Kilometer: 64,9
  • Sattelstunden: 4:20
  • Ausgaben für Getränke: 6,32 EUR
  • Unterkunft: Camping Municipal des Deux Rives

Wieder nix geworden mit dem frühen Start. Erst um 9 saß ich auf dem Sattel, nach dem traditionellen Baguette-Nutella-Frühstück. Nutella war inzwischen keine Nutella mehr, sondern irgendwas französisches namens Gavotte, dank Crêpebrösel sehr „crunchy“. Pontrieux verließ ich auf einer erschreckend steilen Straße mit erschreckend schwacher Tagesfrühform. Die Richtung: Nordwest. Ziel: Côte de Granit Rose. Ein weiteres Highlight. Auf dem Weg dorthin lag La Roche-Derrien, ein schönes kleines Städtchen, ich fuhr etwas langsamer durch. Danach der nächste Berg … Moment, die Relationen verschieben sich etwas, wenn ich an meine Alpentour ging. Sagen wir: Danach der nächste 80-m-Anstieg, noch ein kurzer Abstecher in ein kleines Dörfchen, Coatréven, dann war ich endlich wieder am Meer, in Perros-Guirec. An der Plage de Testrignel machte ich eine Art Mittagspause, vertilgte den Rest Baguette und schaute einem Pärchen zu, das von einem Fitness-Coach lautstark über den Strand gescheucht wurde.


Sport am Strand

Die rosa Felsen drängten sich immer mehr ins Blickfeld. Eine richtig schöne Ecke ist das hier, und ich überlege kurzzeitig, einfach schon hierzubleiben und ein bisschen ohne Gepäck mit dem Rad herumzufahren. Aber – ein Fußballspiel in Brest wartete. Dazu später mehr. Ich fuhr also weiter. Hinter der Plage de Testraou abartig steil bergauf, fast (hüstel) musste ich schieben. Aber weiter oben = schöner Blick. Hier der zurück auf den Strand:

Plage de Testraou

Nur wenige Kilometer waren es bis Ploumanac’h. Und zum nächsten touristischen Hotspot. Am Parkplatz parkte ich das Rad und machte mich zu Fuß auf den Weg durch das rosa Geröll. Obelix hat vergessen, aufzuräumen. Wieder war ziemlich viel los, wieder zu recht. Mittendrin in diesem Rummel steht ein Privathaus, das Maison Eiffel. Hm, sicher eine exquisite Wohnlage, aber es schauen doch ziemlich viele Leute ins Wohnzimmer… Im letzten Jahrtausend wären es sicher drei Filme gewesen, die ich hier verknipst habe. Und Ihr bekommt zur zwei Fotos zu sehen:


Fels frisst Meer


Obelix muss aufräumen

Ich fuhr weiter an der großartigen Küste – besuchte kurz einen Supermarkt und suchte mir eine Bank an einem Strand von Trégastel für Mittagspause Nr. 2. Danach nicht immer, aber häufig entlang der Küste bis Penvern, dort entschied ich mich für den direkten Weg nach Lannion. Auf einer Nebenstraße, vorbei am christlichen Menhir von Saint-Uzec, wieder ein schöner Anstieg (und wieder keine 100 Höhenmeter). Aber auf jeden Anstieg folgt eine Abfahrt, diese direkt hinunter nach Lannion. Später Start der Tagesetappe fordert zum Ausgleich ein frühes Ende – noch vor 17 Uhr stand mein Zelt am Campingplatz von Lannion. Zeit genug für einen kurzen Stadtrundgang und einen leckeren Hamburger in der Altstadt. Nein, Fischkram oder gar Austern gibt’s bei mir nicht, Algen schon mal gar nicht – Crêpes müssen reichen als bretonisches Essen. Na gut, auch Galettes. Und diverser Kram, den es in Bäckereien und Konditoreien gibt.


Schiefes Haus in Lannion

Etappe 5 bei GPSies

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Donnerstag, 24. August: Lannion – Morlaix – Saint-Pol-de-Léon – Roscoff
  • Kilometer: 86,7
  • Sattelstunden: 5:22
  • Ausgaben für Getränke: 6,85 EUR
  • Unterkunft: Camping Aux 4 Saisons

Nebel. Mal was Neues. Ich ließ mir etwas Zeit, packte trotzdem ein nasses Zelt ein. Und zog nasse Hose und nasses Trikot an. Schon auf den wenigen Kilometern nach Lannion kam die Sonne raus und beim Frühstück am Ufer des Léguer trockneten die Klamotten schnell. Auf schnurgerader Straße verließ ich Lannion, leider schnurgerade bergauf. Und etwas verkehrsreicher. Einen kleinen Schlenker auf kleiner Straße, dann war ich in Saint-Michel-en-Grève. Am Meer, also wieder unten. Es gab tatsächlich Leute, die badeten. Okay, August, aber so richtig warm war es nicht. Am Ende der Bucht ging es mal wieder hoch, dann, in Plestin-les-Grèves verließ ich die verkehrsreiche D 786 und fuhr auf kleinen Sträßchen nach Morlaix.


Wieder Ebbe


Man muss sie ja nicht essen

Morlaix = Mittagspause. Vor dem Rathaus. Auf der Place des Otages. Platz der Geiseln – die deutsche Geschichte ist auch hier präsent: Auf dem Platz trieben 1943 die deutschen Besatzer als Rache für eine Attacke der Résistance 300 Einwohner zusammen, behielten 60 als Geiseln zurück, die später ins KZ Buchenwald deportiert wurden. Heute ist Würselen die deutsche Partnerstadt von Morlaix. Man kann in schlechteren Zeiten leben…

Dominiert wird die Stadt von einem riesigen Eisenbahnviadukt, dass die Altstadt überspannt. Für mich das eindrucksvolle Zeichen: So hoch muss ich gleich fahren. Aus Morlaix hinaus, auf gekennzeichneter Radstrecke, das letzte – oder erste – Stüc einer Radroute von Roscoff bis nach Hendaye an der spanischen Grenze, der Vélodyssée (Link zum Radreise-Wiki). Ein bisschen ärgerte ich mich über die Streckenführung, die offensichtlich um jeden Preis Straßen vermeiden wollte. Trotz paralleler nicht allzusehr befahrener Straße quälte ich mich über einen, hm, Trampelpfad nach oben. Ein bisschen ärgerte ich mich aber auch über mich, dass ich die parallele Straße zu spät entdeckt habe. Das nächste völlig unsinnige Stück Feldweg vermied ich dann.


Bretonische Kuhhintern

Die Bretagne ist landwirtschaftlich geprägt – auch hier am Meer. Und durch diese Landwirtschaft fuhr ich in Richtung Roscoff, meinem heutigen Ziel. Und ich muss die Velodyssee etwas rehabilitieren: gut ausgeschildert und auf kleinen Nebenstraßen radelte ich nun nordwärts. Saint-Pol-de-Léon sah ich schon recht früh, zwei riesige Kirchen dominieren die Umgebung. Die größere, Notre-Dame-du-Kreisker hat den höchsten Kirchturm der Bretagne und ist die einzige französischen Kathedrale aus der Spitzbogenepoche – damit Ihr hier was lernt. Ich machte eine kurze Pause und beobachtete einen Hund, der sich überhaupt nicht um Spitzbogen scherte, sondern abwechselnd von Herrchen und Frauchen bewacht wurde. Als die drei ins Auto stiegen, stieg ich auf den Sattel und machte mich auf die letzten Kilometer nach Roscoff. Dort verließ ich die Velodyssee wieder, die krampfhaft versuchte, so nahe wie möglich an der Küste zu bleiben. Mir ging das Zickzack irgendwann auf die Nerven und ich fuhr geradeaus in die Stadt (für alle, die, warum auch immer, dem Track nachfahren wollen: Schon vor Saint-Pol habe ich die Route verlassen, allerdings habe ich da schlicht ein Schild übersehen und wollte dann nicht mehr umkehren).


Schiffe an Land

Roscoff. Hört sich irgendwie englisch an und ist es irgendwie auch. Als ich ankam, spuckte gerade eine „Britanny Ferry“ unzählige Autos mit dem Lenkrad auf der falschen Seite aus. Auch die Kneipen und Läden versprühten einen leichten Duft von Magaluf… Genug gelästert. Letztlich ist es doch mehr bretonisch als britisch, granitene Häuser, eine Kathedrale mit einem der schönsten Türme der Bretagne, sagt man, und mit einem der lustigsten Namen: Notre-Dame-de-Kroaz-Batz.


Irgendwie gibt’s das viel zu selten, überraschenderweise


Schönster Zeltplatz bisher

Standbesichtigung auf dem Rad, dann langsam entlang der Küste in Richtung Campingplatz. Kurzer Abstecher zum Supermarkt vorher. Einchecken, es ist der bisher teuerste Campingplatz. Aber auch ein sehr schöner. Zelt fast direkt am Meer, auf einer großen Wiese hinter den – kleinen – Dünen. Abendessen am Strand. Kann man lassen. Und dann noch ein Spaziergang um die Halbinsel Perharidy. Schöner Blick auf Roscoff und die Île-de-Batz im Abendlicht und auf die untergehende Sonne. Es wird früher dunkel als im Sommer – aber deutlich später als an der Côte d’Azur, stellte ich dank Whatsapp-Bildchen fest.


Segelboot und Kroaz-Batz


Felsbrocken und Sonne im Meer

Etappe 6 bei GPSies

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Freitag, 25. August: Roscoff – Brignogan-Plage – Lesneven – Brest
  • Kilometer: 95,0
  • Sattelstunden: 5:11
  • Ausgaben für Getränke: 11,19 EUR
  • Unterkunft: Hotel Citotel Brest Centre Gare

Wieder Nebel am Morgen. Wieder nasses Zelt einpacken. Ende August ist halt Fast-Herbst. Ich folge der Radroute entlang der Küste. Es ist eine sehr schöne Stimmung, der Nebel verzieht sich, die Sonne kommt raus und es wird wärmer. Es ist eine raue Küste, okay, nicht felsig, aber eben auch nicht lieblich. Schön. Das Radfahren macht Spaß, es geht leicht bergauf und bergab. Plougoulm, Kerrien, Kerfissien, Penn Ar Porz – auch wieder ein schöner Apostroph-Name, Coat Ar Groac’h – unverkennbar bretonische Namen der Käffer hier. Um kurz vor eins bin ich in Brignogan, suche und finde eine Boulangerie und einen kleinen Supermarkt und setze mich an den Hafen zum Essen. Ein Abstecher noch zu einem Menhier, Men Marz heißt er und trägt ein Kreuz oben auf. Ich hoffe, auch von meinem Rad werden die heidnischen Geister vertrieben.


Bekreuzter Menhir, um die Geister der Heiden zu vertreiben

Dann heißt es weg vom Meer, auf nach Brest. Mehr oder weniger Direttissima, denn am Abend spielt Stade Brest gegen AS Nancy-Lorraine, mein zweites Fußballziel dieser Reise. Mehr oder weniger befahrene Straßen, und irgendwann war ich da, am Stadtrand von Brest. Ein großer Leclerc forderte mich auf, reinzugehen, das tat ich, versorgte mich mit dem großartigen 7up Mojito light und folgte der Radroutenbeschilderung Richtung Stadtmitte. Manchmal ging es arg zickzackig und ich zweifelte schon leicht an der Sinnhaftigkeit dieser Route – aber sie führte mich zum Bahnhof und zu meinem Hotel. Mit großartigem Blick auf den Bahnhof. Balkon im fünften Stock, da konnte ich mein Zelt zum Trocknen ausbreiten.

Duschen, Essen (oh Gott, bei McDonald’s) und dann raus zum Stadion, tja, laufen. So weit war es nicht und ich hatte kein Kleingeld für den Straßenbahnautomaten. Ticket kaufen, ein Platzanweiser führte mich bis fast zu meinem Sitzplatz – obwohl doch ziemlich viele Plätze frei blieben. Ich wunderte mich darüber, was es hier so in der Pause zu kaufen gibt, Baguette mit Pommes (!?) und Brest gewann 2:1. Nach dem Spiel plötzlich große Aufregung bei den Brest-Fans. Warum eigentlich? Sie haben doch gewonnen? Im Fernsehen am Abend sah ich es: Der Torwart von Nancy hat nach Abpfiff den Ball einfach in die Fans gedroschen. Auch nicht nett.


Buuuuut!

Etappe 7 bei GPSies

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Samstag, 26. August: Brest – Lampaul-Plouescat – Saint-Mathieu – Brest
  • Kilometer: 83,2
  • Sattelstunden: 4:52
  • Ausgaben für Getränke: 5,99 EUR
  • Unterkunft: Hotel Citotel Brest Centre Gare

Auf in den äußersten Westen Frankreichs! Okay, mal mal abgesehen von so ein paar Inseln und Guadeloupe. Ohne Gepäck. Raus aus Brest fuhr ich auf beschilderter Radroute, schöne Sache. Am Wasser, fernab jeglichen Autoverkehrs. Bis dann irgendwann die Straßen wieder kamen, doch es gab genügend „weiße“, recht verkehrsarme. Ein kurzer Stopp bei einem Superlativ, dem höchsten Menhir der Bretagne, dem von Kerlouas. Und dann ans Meer, hier im äußersten Westen der Bretagne, man ahnt, warum das Département „Finistère“ heißt. Mittagspause mache ich am Hafen von Lampaul-Plouarzel, von da geht’s nach Süden.


Fast am Ende der Welt – Lampaul-Plouarzel

Und kaum noch nach Westen. Den westlichsten Punkt Festlandfrankreichs verpasse ich, eindeutig schlechte Planung. Nur wenige Kilometer fahre ich daran vorbei – irgendwie war ich mir, warum auch immer, sicher, dass ich diesen Superlativ an der Pointe-Mathieu erreiche. Es ist aber die Pointe-Corsen. Auch egal. Vorbei an einem riesigen Strand, der Plage des Blancs Sablons, erreiche ich Le Conquet. Hier am Strand ist im Sommer wohl auch viel los, so nahe an der Großstadt Brest. Ende August laufen da nur ein paar Spaziergänger im Sand.


Recht einsam am Strand


Schon wieder fast am Ende der Welt – die Pointe de Kermorvan

Weiter entlang des Atlantiks. Immer noch mit Armlingen, Sommer ist es nicht mehr. Noch wenige Kilometer zum vermeintlich westlichsten Punkt, Saint-Mathieu. Davor haben die Straßenbauer eine fiese Steigung gesetzt, dank derer ich nun weiß, dass ich auch ohne Gepäck 4,5 km/h fahren kann. Dann erreichte ich das überraschend ungewöhnliche Ensemble direkt an der Steilküste: Zwei Leuchttürme und eine verfallene Abtei. Unten nur ein Foto von vielen …


Und noch ein Ende der Welt – Saint-Mathieu

Zurück nach Brest waren es nun recht unspektakuläre gute 30 km. Zunächst wieder eine Berg- und Talfahrt runter an Buchten und wieder hoch – bis ich davon die Nase voll hatte und auf die große Straße auswich. In Brest musste ich ja nun kein Zelt aufbauen und hatte Zeit für einen ersten kleinen Stadtrundgang auf der Suche nach einem Restaurant. Ein bisschen wirkt die Stadt architektonisch wie eine sozialistische Musterstadt – im Krieg zerstört und in den 50ern mit viel Beton wieder aufgebaut. Einen leckeren Burger gab es dennoch.


Die Pont de Recouvrance (oben) und unten was für’s Militär


Bleib hier!

Etappe 8 bei GPSies

Soweit Teil I der Bretagne-Tour, Teil zwei folgt in Kürze auf diesem Kanal. Und zwar hier.