Re: Gotthardtrip

von: iassu

Re: Gotthardtrip - 10.11.11 22:12

In Antwort auf: kettenraucher
dass ich nicht lache: Als würden wir in Deutschland eine extrem befahrene Bundesstraße ohne Radstreifen und mit vielen – auch vermeidbaren - Gefahrenquellen einfach als nationalen Radweg deklarieren. Dann wäre hier aber was los!

Tja, das ist eben der Unterschied: Die Alpen sind eben kein norddeutsches Tiefland, wo dem Sonntagsradler nebst seinen 16" bewehrten Kindern per riesigem Umweg, gern durch ruhige Industrieviertel, selbst kürzeste Dorfhauptstraßenpassagen erspart werden. Hier herrschen andere Bedingungen. Man sollte froh sein, daß es noch Gegenden auf dieser Erde gibt, wo Eigenverantwortlichkeit eine andere Rolle spielt als bei uns in Volkaskoland. Die Alternative wäre, die Schöllenen zu sperren für Radler und ich bin dankbar, daß das nicht so ist. Hier sind eben alle Beteiligten aufgerufen, sich jenseits ausgelagerter Zuständigkeit bei der eigenen Nase zu fassen und angemessen zu verhalten: rück- und vorsichtsvoll - und das klappt dann auch. Klar ist das nicht immer lustig in den Gallerien, aber wer verlangt das?

Es wäre früher niemanden eingefallen, sich in in dem Ausmaß wie heute in den Bergen unvernünftig zu verhalten. Man fährt nicht in Flipflops auf dem Pedelec die Pässe hoch und geht nicht in Tennisschuhen zur Matterhornbesteigung und vergißt nicht, morgens auf das Thermometer und Barometer zu schauen, bevor man sich in die Bergwelt begibt. Genau das tun aber zunehmend viele Flachlandtiroler und damit wirklich niemandem einen Gefallen.

Wenn die Bergwachten und Co. noch eine Anzahl realitätssinnbefreiter Wochenendritter auf ihren Elektromonstern aus dem Neuschnee gerettet haben werden, dann wird allerdings auch die Schöllenen für Radler gesperrt werden und der Gotthardpaß geschlossen. Dann braucht niemand mehr die Weltenordnung für unterbrochen zu halten, weil nicht per Warn- und Verbotsschilder jeder nur denkbare Fall geregelt ist.

Sicherlich werden dann diejenigen findigen Kleinunternehmer aus dem Kanton Uri, die jetzt die Japaner und Amerikaner in pseudomittelalterlichen Kitschkutschen rund um den Gotthardpaßsee gondeln, dazu übergegangen sein, Radreisende in die breiten roten, Rennradler in die flotten blauen Hybrid-Shuttlebusse zu komplimentieren, welche die geneigten Radler befördern werden.

Gegen die unvermeidliche Langeweile und weil wir das wirklich von überall her gewohnt sein werden, wird uns mit Kopfhörergequatsche bei der Auf- und Abfahrt über die schauerlichen Zustände in der Schöllenen zu den verrückten Zeiten um 2000 berichtet werden. Das wird dann auch zusammentreffen damit, daß man für den Weg zur eigenen Garage das Navi einschalten wird und erstaunt sein wird, wenn aus dem Radio wiedermal die Meldung kommt, daß bei Regen Nässe droht.