5 Türchen sind es nun

von: veloträumer

5 Türchen sind es nun - 04.12.13 23:11

Einführung – Fortsetzung (5)

Kostenpflichtige Beförderung

Die Radmitnahme in öffentlichen Verkehrsträgern ist im internationalen Raum immer noch ein Problem. Fluggesellschaften glänzen mit undurchsichtigen bis kundenunfreundlichen Transportbedingungen. Auf den Gleisen fahren nur ausgewählte Züge, die nicht mal alle zentralen europäischen Bahnachsen abdecken. Die aufkeimenden Fernbuslinien verweigern sich ausgerechnet im grenzüberschreitenden Verkehr der Drahteselmitnahme. Und selbst bei den unverdächtigen Schiffen muss man aufpassen, da insbesondere Katamarane selbst im kleinen Fährverkehr zwischen Adria-Inseln eine Velophobie pflegen. So ist denn die Routenwahl auch immer ein Kompromiss an die Möglichkeiten des Radtransportes.

So bin ich vom bewährten Stuttgarter Flughafen mit germanwings nach Sarajevo geflogen – hier werden entgegen der verpflichtenden Kartonverpackung in den Statuten der Fluggesellschaften flexiblere Teilverpackungen akzeptiert. Trotz eines großen Aufwandes für die Verpackung des Rades, trotz der satten Transportgebühren für das Velo – am Ende wurde doch ein Schaden verursacht – das Rücklicht abgerissen. Ein alternatives Rücklicht konnte ich erst 10 Tage später beim zweiten Besuch in Podgorica finden, in gewisser Weise schon ein Glücksfall in Montenegro, wo es vermutlich keinen einzigen echten Radladen gibt. In diesem Fall gab es in einem Einkaufszentrum eine Dependance von Intersport, die tatsächlich einige Räder, ein paar Ersatzteile und wenig begeisternde Radbekleidung feilbieten.


Verpackungsorgie für den Flieger, nicht ganz vorschriftsgemäß: Warum wird Radtransport so schwer gemacht?

Den Rückweg hätte ich vielleicht auch von Zagreb oder Ljubljana gewählt, dort gibt es einen EC mit Radmitnahme, der aber den ganzen hellen Tag über fährt. Der Nachtzug nimmt eigentümlicherweise keine Räder mit. So verblieb nur noch die Venedig-Nachtzuglinie. Dass ich zunächst per Regionalzug von Montefalcone nach Venezia-Mestre fahren musste, um den Nachtzug zu besteigen statt später direkt in Udine, bleibt ein Geheimnis des Buchungswesens der Deutschen Bahn. Der NZ hielt an Orten, die nicht buchbar waren – all meine Einwände am Schalter samt zugeschaltetem Expertentelefon halfen nicht. Schwer zu erklären ist eigentlich auch, dass sich das Verspätungsszenario vom Vorjahr wiederholte (da kam ich aus Firenze via München) als sei das ein ungeschriebenes Gesetz. Wiederum verspätete sich der Nachtzug etwa eine Stunde, entsprechend konnte ich meinen gebuchten Anschlusszug nicht mehr erreichen. Positiv sei erwähnt, dass auch diesmal die Bahn wieder ihre versprochene Reisepreisminderung von 25 % zahlte (Bearbeitungsdauer über 2 Monate).

Zu erwähnen ist noch, dass das Verhalten des Personals ein wenig seltsam war. Erstmals habe ich erlebt, dass von der Schaffnerin die Tickets und Pässe eingezogen und am nächsten Morgen wieder ausgehändigt wurden. Abgesehen von dieser rechtlich fragwürdigen Aktion machen sich die Beschäftigten damit nur Stress. Das endet dann in einem unfreundlichen Befehlston, dem sich einige Reisende gegenüber sahen. Das morgendliche Wecken mit Nasenzupfen der Kinder hat die schwedische Familie, mit denen ich im Liegeabteil war, reichlich kopfschüttelnd irritiert.


Spartanische Adriafähre zwischen Makarska und Sumartin (Brac)

Soweit die kroatische Adria zum Reiseziel gehört, sind Fähren schon fast ein unverzichtbares Verkehrsmittel. Da ich nur eine Insel in meinem Programm hatte, beschränkte es sich diesmal auf zwei Meeresfahrten. Die von mir gewählten Verbindungen waren zudem kurze Fährverbindungen, die mehrfach am Tag bedient werden und daher keine besondere Planung verlangen. Die Fähre Makarska – Sumartin ist eine spartanische Autofähre, mit der es jede bessere Flussfähre auf dem Rhein aufnehmen kann. Der Platz zum Sitzen ist dabei zu knapp bemessen, eher könnte man auf das dürftige Bistro verzichten. Die ebenfalls offene Fähre der Linie Supetar – Split verfügt immerhin über ein ausreichend großes Deck. Negativ hervorzuheben ist, dass die Radbeförderung mehr kostet als die Personenbeförderung. (Für beide Strecken sind identisch jeweils ca. 9,25 € mit Velo zu berappen.)

Krisenmanagement

Ein abgerissenes Rücklicht ist noch keine Krisensituation, sofern einem die Lichtpolizei des Forums nicht auf den Versen ist, was im fernen Balkan unwahrscheinlich ist. grins Bis zur ersten Krisensituation dauerte es nur 24 Stunden – ich könnte auch sagen dauerte immerhin 24 Stunden. Denn so solange brauchte es, bis ich bemerkte, dass ich das Ladegerät für meine Kameraakkus zuhause auf dem Sofa vergessen hatte. Der berüchtigte Alzheimer meldete also mal wieder seine Ansprüche an. traurig Sicherlich war das mehr eine psychische Krise als eine Gefahr für Leib und Leben.

Immerhin hatte ich drei Akkus dabei, die aber spezifisch für das Kameramodell sind – und da dürfte nicht mal Ersatz in größeren Städten warten. Sarajevo hatte ich schon eine Tagesetappe im Rücken (es wäre eh Sonntag gewesen) und rückwärts kommt immer ganz schlecht bei angeknackster Psyche – zumal es keine Garantie gab, in Sarajevo fündig zu werden. Eigentlich habe ich gleich einen Ladegerätersatz ausgeschlossen, eher eine Ersatzkamera erwogen. Zunächst reduzierte ich meine Kameratätigkeit und versuchte für jedes Bild die Kontrollfrage zu stellen: „Muss das Bild wirklich sein? Kommt noch eine bessere Perspektive später?“ Ich schränkte die Alltagsdokumentation ein wie etwa Essen, Campingplätze usw., aber auch energielastige Makros beim Nachjagen von Schmetterlingen. Damit konnte ich den Stromvorrat aus den Akkus ungefähr bis zum geplanten Besuch von Podgorica strecken – die einzige nächste Großstadt auf bzw. nahe der Strecke und immerhin Hauptstadt eines Landes. Der Zufall wollte es, dass ich aus anderen Gründen die Route ändern musste und damit einige Tage früher nach Podgorica gelangen konnte. Dort geschehen kleine Wunder. Denn obwohl die Techniksituation in Montenegro sichtbar ex-sozialistisch schlecht ist, konnte ich ein Universalladegerät erwerben, das nach einem Testlauf im Laden tatsächlich zu funktionieren schien. Es gab dann nochmal eine Unsicherheit, weil ich einen Bedienfehler machte, aber bald hatte ich den richtigen Dreh raus und ich konnte feiern. wein

Die Freude währte aber nicht lange, denn ungefähr 10 Tage später meldete sich Mr. Pechvogel nochmal aus dem Kameragehäuse. Die zahlreichen Erschütterungen wohl nicht nur dieser Reise gingen der Kamera auf den Keks und sie stellte ihren Betrieb ganz ein – keine Stromzufuhr mehr, irgendein Wackelkontakt am Einschalthebel. böse Nun lag bereits Podgorica in meinem Rücken, wo ich immerhin ein paar passable Kompaktkameras gesehen hatte, wenngleich kein professionelles Equipment – von meiner schon recht speziellen Systemkamera erst recht keine Spur. (Es stehen zwei Läden im Citybereich mit der Bezeichnung „Boni“ zur Auswahl – in einem gibt es mehr Kameras, in dem anderen mehr Zubehör.)


Glück ohne Glück: Die Panasonic-Generalvertretung für Bosnien-Herzegowina in Ljubuski konnte meinen Kameraschaden auch nicht beheben, da der Kameratechniker gerade nicht anwesend war

In Cetinje machte man mir Hoffnung, eine Kamera in Budva zu bekommen. Boni gibt es auch in Budva, so sagte auch meine Tüte. Tatsächlich erwies sich dieser Laden am Ende der Altstadt als Krämerladen für Postkarten, Souvenirs und allenfalls Fotobildrahmen. Infos kann keiner geben, sofern man die Touristinfo finden sollte (was selbst in Podgorica fast unmöglich war, weil weder ausgeschildert, noch Taxifahrern bekannt!), wird man nicht unbedingt kompetent beraten. In einem Handy-Laden bekam ich den Tipp für den Elektro- und Haushaltswarenladen „Techno Max“. Der liegt außerhalb der Altstadt unweit der Promenade und ist so etwas wie Media-Markt oder Saturn hierzulande – nur in Klein. Es gab mehrere Pocketkameras, mit denen ich nicht arbeiten kann, noch dass die Speicherkarten passten – kapazitätsstarke andere Speicherkarten hätte ich nicht bekommen.

So verblieb nur eine brauchbare Kamera – eine Sony DSC-HX2, die mir mit einem Rabatt für letztlich 387 € überlassen wurde. Nicht gerade ein Freudenfest in der Urlaubskasse – zusammen mit dem Ladegerät schon fast 440 € Pechprämie. Nach einer Portion Eis essen war die Kamera ausreichend teilgeladen und ich konnte die wichtigsten Funktionen mit dem Verkäufer zusammen ausprobieren. Glück im Unglück. Einschränkungen gab es eigentlich nur manchmal bei Weitwinkel, Makros oder schwierigen Lichtsituationen. Die Bildqualität würde ich kaum geringer gegenüber meiner Systemkamera einschätzen – ein wenig anders ist die Farborientierung. Ärgerlich war natürlich, jetzt eine Kamera, ein Ladegerät und vier Objektive umsonst über die Berge zu schleppen. In den Laden kam noch eine Amerikanerin, die professionelle Kamerateile suchte – ich habe ihr gleich gesagt „in Montenegro no way“. Andere Frauenherzen dürften höher schlagen: Gucci-Taschen und Luxustextilien aller Art sind kein Problem – Technik sehr wohl.

Donnerwetter

… gab es häufiger, besonders gerne im Bergland Montenegros – dort durfte ich mich meist nur auf die Rolle eines Zaungastes von Gewittern beschränken. Fast täglich waren Gewitter in Dalmatien, die auch mit dicken Wolken über die Inseln zogen. Auf den Inseln regnet es selten stärker im Sommer, meistens bleiben die Wolken erst am Küstengebirge wie dem Biokovo hängen und regnen dann über den Gipfeln oder auf der Binnenseite gerne ab. Auf Brac erlebte ich aber ein leichtes Gewitter, dass sich mit diversen Regenphasen deutlich länger hielt (über eine Stunde) als von Einheimischen angegeben, demnach ein Gewitter sich auf der Insel nicht länger als 10 Minuten an einem Ort halten soll.

In der Tat musste ich häufig besonders am Nachmittag Fahrten unterbrechen oder Mittagspausen ungewollt verlängern. Manchmal fühlte ich mich etwas gejagt, und nicht immer hatte ich dadurch ein geordnetes Tagesende, wenngleich ich die Tagesziele trotzdem meist noch erreichen konnte. Manchmal hat so eine Pause auch Vorteile, wie etwa die Zwangspause nach dem schon genannt köstlichen Mittagessen im Agro-Restaurant „Vrata Biokova“. Ich machte ein Nickerchen während des Gewitters, worüber der Wirt ironisch wie neidisch bemerkte: „Besser kann es ja nicht laufen, erst gut essen und dann noch schlafen. So ein gutes Leben möchte ich auch mal haben!“ Der Aufstieg zum Sveti Jure lief danach quasi wie geschmiert, gerade soeben kam ich noch vor Dunkelheit an der Küste unten an, derweil eine Abfahrt auf der Strecke im Dunkeln ein hohes Risiko bedeutet hätte. In den Orten der Makarska-Riviera enden die Nächte ohnehin sehr spät, wenn überhaupt.


Regenimpression aus dem Biokovo

„Endlich Sommer“ war meine große Hoffnung nach einem unsäglich kalten und langen Winter, einem fast nicht existenten Frühjahr und einer über vierwöchigen Sommererkältung, die ich mir auf meiner einzigen Vorbereitungsreise an Pfingsten eingefahren hatte. Die Erkältung ging sogar noch mit auf Reise und ich fürchtete schon, dass es mehr als eine schlichte Erkältung sein könnte. So lag auch ein Risiko besonders am Beginn der Reise, da die größten Berge und damit auch die eher raue Witterung gleich zu Beginn der Tour warteten. Doch schmolz die Resterkältung merklich schnell dahin, die Sonne hilft. Wohl hatte ich in Montenegros Bergen auch etwas Glück, denn bei meiner Ausfahrt nach Süden in die Ebene um Niksic hinterließ ich die Hochgebirgsregionen mit mächtigen Wolkenmeeren – nicht zuletzt erlebte ich Vortags einen merklichen und wohl dauerhaften Wetterwechsel mit Regen und Wind, der die gesamte Hochgebirgsregion für einige Zeit in Schatten und Kühle getaucht haben dürfte.

Nicht zuletzt griff hier auch der Fallwind aus den Bergen in das Geschehen ein. So wurde der Krnovo-Pass zwischen Lukovo und Savnik ein Opfer unüberwindbarer Windstärken. Velebit ohne Bora wäre wie Currywurst ohne Ketchup. Bei der Auffahrt zum Mali Alan schlug er zu und ließ mich die ersten Höhenstufen nahe der Verzweiflung kommen. Etwa mit Schotterbeginn bei der Autobahnüberquerung ließen die Götter Milde walten, sodass ich auf Schotter schneller unterwegs war als zuvor auf Asphalt. Die restlichen Winde zeigten sich gnädig und im Rückblick eher vernachlässigbar. So darf ich doch letztlich auf eine erkleckliche SOMMERreise zurückblicken.

Was mir allerdings einen Schreck versetzte, waren die Schneeberge, die ich schon vom Flugzeug ausmachen konnte. Viele der Bergketten, die betroffen waren, konnten ja nur niedrige 2000er sein, einige wohl sogar noch darunter. Tatsächlich eröffneten sich bereits am ersten Tag in der Ferne des Sarajevo-nahen Skigebietes Bjelasnica Schneekuppen – gerade mal soeben über 2000 m – nimmt man die Schneefelder darunter, auch noch weit unter die 2000-m-Grenze reichend. Das entsprechende Bild wiederholte sich in Montenegro. In normalen Jahren wären auf diesen Höhen in den Alpen die Schneefelder abgeschmolzen – hier weiter südlich sind sie noch vorhanden!?

Wie mir Miso vom Camp Razvrsje versicherte, sei das eher normal und häbe nichts mit einem späten Sommer und einem kalten Frühjahr zu tun. Überprüfen kann ich das nicht, glaube aber, dass es schon eine sehr spezielle, sprich ungewöhnlich schneefreundliche Wetterlage auch auf dem Balkan gegeben hat. Auch Forumsmitglied iassu ereilte wohl nur ca. 1-2 Wochen vor meinem Reisestart ja eine ungewöhnlich hartnäckige wie stark regnerische Wetterlage sogar an der dalmatinischen Küste, die ihn zur Aufgabe eines Teils seiner Reisepläne bewegte.


Wie gehts weiter? – Heikle Schneefelder im NP Biogradska Gora deutlich unter 2000 m im Sommer in Südeuropa

Der Schnee war für mich zwar meist nur ein Blickfang am Horizont im aufkeimenden Bergsommer, doch griff er ziemlich unerwartet in meine Radfahrpläne ein. Wie schon erwähnt, zogen sich Altschneefelder auch noch auf weit unter 2000m runter. Im Nationalpark Biogradska Gora des Bjelasica-Gebirges (ja, die Namen scheinen alle ähnlich zu sein) fand ich auf meiner Offroad-Piste noch etliche Altschneeflächen, die über den Weg reichten (1800-1900 m). Umfahren ging aufgrund der Geländesteilheit nicht. So musste ich das Rad einmal um eine Schneefläche herumtragen – was drei schwere Gänge am Steilhang bedeuten: 1 x Rad, 1 x Backpacker-Taschen, 1 x Lowrider-Taschen. Ich glaubte zunächst, damit das einzige Schneefeld überqueren zu müssen, da mir eine tschechische MTB-Gruppe entgegen kam, die sich über den Schnee ebenso wunderten. Es zeigte sich aber, dass sie zuvor eine andere Route genommen hatten als ich gedachte weiterzufahren.

Es folgten weitere, nicht umgehbare Schneeflächen, die ich nur äußerst mühsam auf dem weichen Altschnee überwinden konnte. Teilweise habe ich alle Kräfte mobilisiert, um das Rad irgendwie samt Taschen durch den Schnee zu schleifen. Manchmal ging es aber nicht ohne die Taschen abzunehmen und wiederholt kleinste Fläche zeitraubend wie anstrengend im Dreifachmodus zu bewältigen, zusätzlich erschwert natürlich durch das eindringende Wasser in den Klickschuhen. Eine mir entgegen kommende deutsche Wandergruppe verwiesen darauf, dass sie bereits den zweiten Versuch machen würden, da Tage zuvor das Gebiet sogar für gemäßigte Wanderer nicht zu überbrücken war.

Da möchte ich hier auch Kritik äußern, dass die Nationalparkverwaltung am Biogradsko jezero keinerlei Hinweise zu der schlechten Wegelage geben, was im restlichen Land auch für Straßen bei Schneebefall gelten soll. Zumindest im Nationalpark, wo immerhin Eintritt verlangt wird, dürfte man ein paar grundlegende Infos doch erwarten – zumal ja nicht nur exotische Radler, sondern auch die größere Gruppe der Wanderer betroffen sind. Für mich auch ein Zeichen des montenegrinischen Phlegmatismus und der fehlenden Professionalität, wie ich bereits oben anmerkte. Als ich eine denkbare Fortführung des Top Biking Trail 3 (s. u.) angefahren hatte, und erneut Schneeflächen bereits unter 1800m auftauchten, beschloss ich schließlich meine geplante Route zu ändern.

Fortsetzung folgt