Re: Paris-Berlin

von: StefanS

Re: Paris-Berlin - 27.11.15 20:24

Hallo Olaf,

In Antwort auf: redfalo
Interessante Idee - ich hätte grundsätzlich Interesse, werde es aber vermutlich nicht in meinen schon überquellenden Kalender quetschen können.

Danke umso mehr, dass Du Dir die Zeit für Deine detaillierten Überlegungen genommen hast, das ist angesichts Deiner Erfahrungen sehr hilfreich. Ich bin durchaus interessiert, die Wünsche und Bedenken anderer Interessierter zu hören - wie ich im Startbeitrag schrieb, sind die Parameter verhandelbar. Man wird nicht beliebig viele Wünsche unter einen Hut kriegen können, aber man sollte - sofern grundsätzliches Interesse vorhanden ist - darüber reden.

Über einige der von Dir aufgeworfenen Punkte habe ich mir durchaus Gedanken gemacht, ich nehme das zum Anlass, sie darzulegen. Andererseits sind Deine Betrachtungen lehrreich, weil Deine Herangehensweise schon eine andere ist.

Vorweg: Ich will überhaupt nicht so tun, als sei das eine einfache Sonntags-Spazierfahrt, das ist wohl auch jedem klar. Es handelt sich um eine Herausforderung, die es realistisch zu gestalten gilt. Ich bin noch nie einen Brevet gefahren, aber schon eine Handvoll längere Solostrecken. Schnell bin ich nicht, nur ausdauernd; als Radsportler sehe ich mich definitiv nicht. Von den meisten, die sich hier zu Wort gemeldet haben, weiß ich, dass sie mindestens so gut drauf sind wie ich, wenn nicht besser. Von den Langstrecken, die ich gefahren bin, sind zwei als Anhaltspunkte relevant: erstere zur Einschätzung des Zeitrahmens, letztere als Vergleich unserer Erfahrungen.

Zum einen bin ich letztes Jahr auf Basis der hier vorgeschlagenen Strecke von Paris nach Hildesheim gefahren, das sind knapp über drei Viertel der Entfernung. Gebraucht habe ich drei Tage, daher meine Einschätzung, dass es bis Berlin in vier gehen sollte. Ich war solo, hab in der Nacht zuvor nur zwei Stunden geschlafen bäh, bin aus Respekt vor der Länge der Strecke sehr verhalten gefahren, und Kette/Ritzel waren ziemlich abgenudelt. Zu den äußeren Bedingungen: Es war Ende Mai, ich hatte konstant Gegenwind (2-3 Windstärken), und am zweiten Nachmittag hat es mehrere Stunden geregnet. Keine katastrophalen Umstände, aber alles in allem kann man das auch schneller gestalten. Insbesondere macht es für mich einen Riesenunterschied, allein oder in einer Gruppe unterwegs zu sein (ich erwarte nicht, dass wir eine *Riesen*gruppe sein werden, in der ständig jemand anhalten muss). Außerdem bin ich die Strecke damals völlig unvorbereitet angegangen, für diese Fahrt würde ich doch vorher ein wenig trainieren. Den Zeitrahmen habe ich vor dem Hintergrund dieser Überlegungen vorgeschlagen.

Der zweite Vergleichspunkt ist eine Fahrt Brest-Paris, die ich dieses Jahr Mitte März gemacht habe. Mich hat gereizt, die PBP-Strecke mal zu fahren, wohlwissend, dass mir zu PBP selbst ein paar Prozent fehlen. Auch hier eher widrige Umstände: Start um 22 Uhr (nach einem Arbeitstag+Zugfahrt), die Hälfte der Zeit um Dunkeln (März eben), Winter mit entsprechenden Temparaturen, Kette/Ritzel siehe oben, und der Gegenwind war noch etwas stärker. Gebraucht habe ich knapp 48 Stunden, aber gekillt haben mich vor allem die Hügel. PBP hat 10.000+ Höhenmeter, Paris-Hildesheim hatte 2.500 (und Paris-Berlin hat 3.800), das habe ich als Riesenunterschied erlebt.

In Antwort auf: redfalo
Ich kenne zwar nicht die Details der Berlin-Usedom Tour, aber gehe davon aus, dass es sich um 250, 300 km handelt.

Korrekt.

In Antwort auf: redfalo
Durch das Thema Schlaf kommt bei den wirklich langen Touren noch eine ganz andere Dimension hinzu.

Ich gebe zu, dass mir das Thema Schlaf durchaus Gedanken bereitet; weniger für mich persönlich als für die Gruppe als Ganzes. Auf den o.g. Touren habe ich sehr wenig Schlaf benötigt, und mit besseren Umständen - siehe oben - sollte noch mehr Zeit dafür sein. Von Deiner PBP-Durchschnittsgeschwindigkeit in Bewegung kann ich (bei den Hügeln wohlgemerkt) nur träumen, vom Durchschnitt mit Pausen nähern wir uns schon eher an. Unterschiedliche Herangehensweisen also, auch von daher wäre es gut, wenn sich interessierte Teilnehmer zu ihren Bedürfnissen äußern würden. Sollte Skepsis gegenüber dem Zeitplan weit verbreitet sein, wäre eine denkbare Lösung, einen Reservetag als Puffer zu einzuplanen (z.B. Mittwoch losfahren, Samstagabend als Ziel für die Ankunft ins Auge fassen, und die Rückfahrt zum Heimatort für Sonntag nachmittag planen, dann hat man einen Puffer). Ist natürlich ein zusätzlicher Urlaubstag.

In Antwort auf: redfalp
Nicht ohne Grund sinkt die Mindestgeschwindigkeit bei ACP-Brevets über 600km von 15 km/h auf 13.3km/h

Zum Vergleich, wir hätten einen nochmal niedrigeren Schnitt von 12.4 bis 12.8, je nach projektierter Ankunftsstunde (und ohne harte Deadline), und das bei einer ziemlich flachen Strecke.

In Antwort auf: redfalo
Hinzu kommt bei deiner Paris-Berlin-Tour, dass die Strecke anders als bei Brevets nicht vorher getestet wurde, es also mitunter unterwegs Überraschungen = Verzögerungen geben kann.

Nicht ganz, wie erwähnt bin ich einen großen Teil schon mal gefahren, andere Teile sind "Radweit-getestet". Nach außen nicht offensichtlich ist, dass ich schon eine Menge Arbeit in den Track investiert habe, das ist nicht einfach mal dahin gezeichnet. Ich habe einen detaillierten Aufschrieb erstellt und - außer für Deutschland, wo das nicht geht - jeden Abzweig mit Streetview angeschaut. Du hast allerdings recht, dass man im Gegensatz zu Brevets nicht abgesichert ist in Bezug auf unvorhergesehene Baustellen, neu eingerichtete Einbahnstraßen, Straßenfeste oder dergleichen. Erfahrungemäß werden solche Dinge vorkommen, aber keine entscheidende Rolle spielen.

In Antwort auf: redfalo
Ich würde vielleicht nach 350km oder so ein Hotelzimmer mit 24-Stunden-Check in buchen, und den Rest dann spontan entscheiden. Und ich habe bei solchen Touren immer eine super-leichte Therm-A-Rest-Matte, einen Schlafsack-Inner Liner und einen Bivvy Bag dabei, um zur Not ein, zwei Stunden in einer Bushaltestelle oder so schlafen zu können.

Ibis-Hotels (verschiedene Kategorien) gäbe es zwischen km 300 und 350 in Nivelles, Wavre und Leuven. Wobei ich 350 für einen Tag schon wieder ziemlich viel fände.

Nochmal vielen Dank für Deine Einschätzungen - und wenn Du es trotz allem einrichten kannst, würde ich mich sehr freuen!

Zum Abschluss noch ein Motivationsfoto: Außer Notre-Dame und Brandenburger Tor kriegen wir noch eines der schönsten Rathäuser der Welt zu sehen, nämlich das von Leuven (hoffentlich morgens, ohne Gedränge):


Viele Grüße,
Stefan