18.5. Dienstag

Auch hier war es nachts völlig still. Der Regen hat allerdings ordentlich gerauscht. Morgens ist alles klatschnass. Der Himmel bedeckt. Es macht also keinen Sinn, darauf zu warten, dass das Zelt trocknet. Wir frühstücken zügig und reisen ab. Beim Abwärtsrollen brechen wir alle Rekorde, kommen aber unten leider nicht an der gleichen Stelle an. Dank Walkie-Talkies finden wir uns schnell wieder – beim Bäcker. Gleich um die Ecke erreichen wir die Sambre mit ihrem Betonplatten-Begleitweg und machen uns rumpelnd und hoppelnd auf den Weg.

Man sieht jetzt zwar links und rechts auf grüne Hügel, aber am Fluss passieren wir immer noch Industriebetrieb um Industriebetrieb. Bald frischt auch der Wind auf und wird immer stärker. Das Rumpeln auf den Betonplatten ist derart mühsam, dass wir irgendwann auf die begleitende Straße ausweichen. Leider biegt die bald ab und führt uns oben um den nächsten Ort herum. Schließlich brauchen wir das Navi, um aus den Hügeln heraus zur Sambre zurückzufinden. Dort überquert der RaVel den Fluß.

Weiter geht es über die geliebten Betonplatten. Der Gegenwind wird immer stärker. Ab und zu ist der Radweg gesperrt. Entgegenkommende Radfahrer versichern jeweils, „vous pouvez passer“ und das machen wir auch. Aber irgendwann ist der Radweg so effizient abgesperrt, dass man tatsächlich abbiegen muss. Dort steht ein Umleitungsschild. Aber nur dieses eine. Danach keines mehr. Unsere Versuche, wieder zurück an die Sambre zu kommen, scheitern. Schließlich landen wir auf einer Hauptverkehrsstraße Richtung Charleroi, die einer Autobahn von km zu km ähnlicher wird. Wir retten uns schließlich über eine Ausfahrt wieder in ruhigere Gefilde.

Nach einer Umfrage unter Passanten bekommen wir schließlich eine Auskunft, die uns wieder an die Sambre zurückführt. Inzwischen führt die durch einen dichten Industriegürtel. Die Betonplatten sind bröselig und teilweise überwachsen. Mehr und mehr Müll liegt herum. Die Szenerie ist gespenstisch. Dummerweise fliegt der Müll wegen des starken Windes auch durch die Luft. Gemeinsam mit all dem Staub. Kohlenpott. Einige Berge sehen verdächtig nach Abraumhalden aus.

Immerhin führt der RaVel uns auf diesem Weg zuverlässig bis in die Innenstadt. Unser Versuch, hier ein bißchen bummeln zu gehen, scheitert allerdings. Zunächst einmal erwischt es mich bei der Durchfahrt unter einer breiten Brücke. Ein Styroporblock fliegt mir in die Speichen des Vorderrades. Wenn dafür genug Platz gewesen wäre, hätte ich jetzt einen Salto geschlagen. So haut es mich gegen den Brückenpfeiler. Resultat: ein paar blaue Flecken und Schürfwunden. Glück gehabt.

Vor allem auch, um aus dem Wind herauszukommen, nehmen wir den nächsten Abzweig Richtung Stadt. Wir überqueren zunächst eine Art Uferpromenade. Überall ist der Verkehr extrem. Auch mit dem Rad gibt es kein Durchkommen. Charleroi wirkt insgesamt heruntergekommen. Die meisten Straßen sehen so aus, dass wir uns hier eigentlich nicht aufhalten möchten. Bald machen wir uns also auf die Suche nach unserem neuen zu begleitenden Wasserweg: dem Canal Central.

Irgendwann finden wir ihn und setzen unseren Weg Richtung Norden fort. Dadurch gibt es keinen Gegenwind mehr. Und da der Kanal eng von Bergen gesäumt wird, auch keinen Seitenwind. Es fängt ein bißchen an zu tröpfeln und bald darauf schüttet es wie aus Eimern. Wir flüchten unter den Leitstand einer Schleuse unter dem auch schon andere stehen. Irgendwann wird aus dem Wolkenbruch wieder ein Tröpfeln. Wir ziehen uns unser Regenzeug an und fahren weiter.

Bei Luttre ist ein Campingplatz eingezeichnet. Eigentlich haben wir keine große Lust mehr auf Gegenwind, Regen und Betonplatten. So halten wir interessiert Ausschau. Der Platz liegt direkt am RaVel. Sieht nett aus. Auf der anderen Kanalseite, bequem durch eine Brücke erreichbar, lockt ein Supermarkt. Und zwischen beidem biegt der Kanal Richtung Westen ab. Schon in der Kurve werden wir vom Wind schier rückwärts geblasen. Also beschließen wir, frühzeitig Schluss zu machen. Wir kaufen uns etwas Nettes für die Abendmahlzeit ein und suchen noch eine Tankstelle auf, um uns mit Brennstoff zu versorgen. Durch den Ort erreichen wir den Platz. Viel los ist hier nicht. Einige Dauercamping-Gehöfte. Ein Wohnmobil. Und wir. Das Sanitärhaus ist sauber und bietet ordentliche Toiletten und Duschen mit viel warmem Wasser. Was will man mehr.

Na gut. Eine Regenpause wäre nicht schlecht. Wir sitzen erst unter einem Baum und dann unter dem Vordach der Rezeption, um unser Essen zu kochen.