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#901137 - 19.01.13 22:55 Andalusien Ostern 2011
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 678
Dauer:19 Tage
Zeitraum:8.4.2011 bis 26.4.2011
Entfernung:900 Kilometer
Bereiste Länder:esSpanien

Prolog

Nachdem ich schon auf zwei Touren Spanien als optimales Radreiseland kennengelernt hatte (Spanischer Jakobsweg von Pamplona nach Santiago de Compostela bzw. Cabo Finisterre und Costa Brava bis Barcelona, letzteres aber nur wenige Tage im Anschluß an eine Frankreich-Tour), sollte es nun zwei Wochen durch Andalusien gehen (ein halbes Jahr später war ich dann im Rahmen einer Radtour von Paris nach Barcelona noch mal ein paar Tage in Spanien (Katalonien) unterwegs, und letztes Jahr noch mal von Frankreich aus einmal in Katalonien und einmal im Baskenland und Kantabrien). Da ich Andalusien noch überhaupt nicht kannte, wollte ich natürlich möglichst viel in die Tour „einbauen“ – einige der bekannten Städte wie Sevilla, Granada, Córdoba, Ronda, Cádiz, landschaftlich reizvolle Strecken (daß zahlreiche Höhenmeter zu bewältigen waren, war mir natürlich klar), auch mindestens einen der vielen Naturparks, die eine oder andere Vía Verde (Radwege auf ehemaligen Bahntrassen) und auch die Küste (Costa de la Luz). Außerdem hatte ich den Reisetermin bewußt so gelegt, daß die zweite Hälfte der Reise in die Osterwoche (Semana Santa) fiel, so daß ich Gelegenheit haben würde, mir einige der berühmten Osterprozessionen anzusehen.

Nach langem Studium der Karte, zahlreicher Reiseberichte, unter anderem hier im Forum, und hilfreicher Antworten auf meine Anfrage (Link) stand schließlich die Route im Wesentlichen fest: Ungefähr von Osten nach Westen durch Andalusien von Granada über Jaén, entlang der Vía Verde de la Subbética, über Córdoba, entlang der Vía Verde de la Campiña, durch den Naturpark Sierra de Grazalema, Ronda, Naturpark Alcornocales, um die Südspitze bei Algeciras und Tarifa, und dann entlang der Costa de la Luz bis in die Gegend von Cádiz/Jerez de la Frontera. Der Plan enthielt auch die Option, von Algeciras mit der Fähre einen Abstecher nach Ceuta, der Spanischen Exklave in Marokko, zu machen und eventuell auch eine Tagesetappe in Marokko zu fahren, vielleicht von Ceuta nach Tanger. Das wollte ich aber erst vor Ort entscheiden. Den Reisepaß habe ich jedenfalls zu dem Zweck eingepackt. Einiges, was ich auch noch gerne gesehen hätte, mußte außen vor bleiben, wie etwa die Landschaft um das Cabo del Gato, aber für nur 14 reine Fahrtage zuzüglich An- und Abreise und einem Tag in Sevilla galt es, Prioritäten zu setzten und den Reiseplan nicht zu voll zu packen.

Hin- und Rückflug habe ich nach und von Sevilla gebucht. Anreise von dort zum Startpunkt Granada sollte mit dem Zug erfolgen. Die Fahrkarte ließ sich über die Homepage der spanischen Bahngesellschaft RENFE buchen (Reservierungspflicht sogar im Regionalverkehr!), die kostenlose, aber obligatorische Fahrradreservierung leider nicht. Also mußte ich es drauf ankommen lassen, ob ich in dem gebuchten Zug noch einen Fahrradplatz bekommen würde. Außerdem habe ich mir online eine Eintrittskarte für die Alhambra für den Nachmittag meiner Ankunft in Granada gebucht, da ich zum Glück mitbekommen hatte, daß die Zahl der täglichen Besucher limitiert ist und man nicht sicher sein kann, an der Tageskasse eine Karte für den jeweiligen Tag zu bekommen. Das Zeitfenster für die Hauptattraktion innerhalb der Alhambra, den Nasridenpalast, konnte man selber festlegen. Ich habe 15 Uhr gewählt. Hoffentlich klappt es mit dem Zug und der Fahrradmitnahme (nur vier Verbindungen täglich…), denn würde ich später in Granada sein, würde es keine Möglichkeit mehr geben, diesen bedeutendsten Teil der Alhambra zu besuchen. Hinsichtlich der übrigen Bereiche der Alhambra gilt meine Karte von 14 bis 20 Uhr.

Als weitere Vorbereitung habe ich mir im Internet einige Campingplätze entlang der Route herausgesucht. Ich dachte erst, abseits der Küsten sieht es in Spanien mit Campingplätzen eher bescheiden aus, aber es stellte sich heraus, daß gerade entlang der Vías Verdes und vor allem in den Naturparks doch einige vorhanden sind. Ich habe also die Etappenlängen so geplant, daß ich möglichst oft zelten konnte. Damit war auch die Frage, ob es sich lohnt, das Zelt mitzunehmen, entschieden. Schließlich habe ich mich noch informiert, in welchen Orten an welchen Tagen Osterprozessionen stattfinden. Im Rahmen meines Routen- und Zeitplans kamen die Prozessionen in Ronda am Palmsonntag, Tarifa (21.04.) und Jerez (Ostersontag) in Betracht.

Was die Unterkünfte betrifft, habe ich etwa ein halbes Dutzend Campingplätze ermittelt, die von der Strecken- und Etappenplanung in Betracht kamen, im Übrigen hoffte ich auf preiswerte Hotels bzw. Pensionen. Lediglich in Sevilla habe ich per Internet eine Pension für die erste Nacht und für die beiden letzten Nächte gebucht, außerdem ein Hotel in Jerez de la Frontera für die vor-vorletzte Nacht.

Für die Planung und für unterwegs habe ich die Marco-Polo-Karte Andalusien 1:200 000 verwendet, die die gesamte Tour abdeckt, und zusätzlich für die Vías Verdes, die in der Karte nicht verzeichnet sind, die entsprechenden Infos aus dem Internet ausgedruckt.

Sehr hilfreich ist, daß ich die spanische Sprache hinreichend beherrsche; außerdem die französische, was mir in Marokko zugute kommen wird (ich habe den Abstecher nach Marokko, soviel sei verraten, dann doch gemacht).


1. Tag (08.04.2011), Flug Dresden-Sevilla

Am Vorabend verpacke ich mein Rad auf die bewährte Weise in einen Fahrradkarton, den ich mir bei meinem Fahrradhändler geholt habe.



Am nächsten Morgen geht es mit Straßen- und S-Bahn zum Flughafen Dresden-Klotzsche. Währen des gesamten Fluges herrscht sonniges Wetter und klare Sicht, ich kann das Rheinknie mit Basel, den Genfer See mit Lausanne, die Alpen und die Rhone erkennen. Beim grandiosen Blick auf Marseille erinnere ich mich an eine Radreise vor einigen Jahren, als ich entlang des Rhonetals nach Marseille gefahren bin. Da Air Berlin die Ziele in Südspanien mit Zwischenlandung in Palma de Mallorca anfliegt, kann ich dank einer Schleife im Tiefflug einen Blick auf große Teile der Insel genießen – das Ballungsgebiet um Palma, die weite Ebene und den Gebirgszug im Norden, geologisch die Fortsetzung der Betischen Kordillere (Cordillera Bética/Sistema Penibético), in der ich in wenigen Tagen fahren werde.



In Palma Umsteigen in eine andere Maschine. Hoffentlich wird auch mein Fahrrad ordnungsgemäß umgeladen… Der Flughafen Palma scheint fest in der Hand von Air Berlin zu sein, etwa ein halbes Dutzend Maschinen steht mit uns in der Schlange vor der Startbahn, alle von Air Berlin. Jetzt gibt es Ausblicke auf Südspanien, und schließlich taucht die schneebedeckte Sierra Nevada auf. Zu ihren Füßen liegt Granada, wo ich morgen mit dem Zug eintreffen und übermorgen meine Tour starten werde. Die Sierra Nevada selbst steht auf dieser Tour nicht auf der Agenda, aber den Pico del Veleta als höchsten in Europa mit dem Rad erreichbaren Punkt muß ich mir auch eines Tages einmal vornehmen.



Nachdem am Flughafen in Sevilla Gepäck und Rad wohlbehalten in Empfang genommen sind, stellt sich die Frage, wie ich nun in die Stadt komme. Einzige Straßenverbindung ist die Autovía. Davon rät man mir ab, und ich nehme also davon Abstand (im weiteren Verlauf der Reise lege ich dann diese Bedenken ab, da auch die Einfahrten in andere Städte nur über Autovías möglich sind, und Radfahren ist dort ohnehin grundsätzlich erlaubt). Also lasse ich das Rad zunächst verpackt. Im Bus werde ich mit dem Radkarton nicht mitgenommen, also bleibt nur ein Taxi. Hektisch wird am Taxistand mein Radkarton von einem zum nächsten Taxi weitergereicht, vier Taxifahrer schaffen es nicht, den Karton in ihrem Wagen unterzubringen, dem fünften gelingt es schließlich irgendwie, den Radkarton auf der Rückbank (!) zu verstauen. Die Fahrt kostet gut 30 €, eine Ausgabe, die ich mir hätte sparen können und mir vor dem Rückflug durch die Anfahrt über die Autovía zum Flughafen dann auch erspart habe.



Nachdem in der bereits von zu Hause aus gebuchten, zentral gelegenen Pension das Rad ausgepackt und montiert und der Karton entsorgt ist, geht es erst einmal zum Bahnhof (Estación Santa Justa, der moderne, im Zuge der Expo 92 errichtete Haptbahnhof). Ich will mir die Fahrradreservierung für den Zug nach Granada für den nächsten Morgen holen, die über das Internet ja nicht zu bekommen war, außerdem die Fahrkarte von Jerez nach Sevilla in zwei Wochen. Zum Glück bekomme ich die Fahrradreservierung problemlos, und ich kenne nun auch bereits den Weg zum Bahnhof, denn morgen geht es für meinen Geschmack unangenehm früh los, der Zug fährt bereits kurz nach sieben.

Am Abend fahre ich noch mit dem Rad in die Altstadt, mache ein paar Aufnahmen in der Altstadt und setze mich zum Abendessen und einem Glas Wein in eines der vielen Restaurants an der Plaza vor der Giralda, dem Turm der Kathedrale, ursprünglich das Minarett der Moschee. Es ist warm, man kann auch spät abends noch draußen sitzen; da Freitagabend ist und schönes Wetter, ist es schwer, draußen einen Platz zu bekommen. Wenn ich morgen nicht schon um sechs aufstehen müßte… Aber ich habe ja vor dem Rückflug noch einen ganzen Tag und zwei Übernachtungen in Sevilla, so daß ich heute noch nicht alles gesehen haben muß.






2. Tag (09.04.2011), Zugfahrt Sevilla-Granada und Besichtigung der Alhambra

Ich schaffe es, wie geplant um sechs Uhr aufzustehen, meine Sachen zu packen und die vom Vortag bereits bekannte Strecke zum Bahnhof zu fahren.



Die erste halbe Stunde der Zugfahrt ist es draußen noch stockdunkel, erst deutlich nach acht wird es langsam hell. Da die mitteleuropäische Zeitzone auch Spanien umfasst, ist es hier vom Sonnenstand her deutlich früher als von der Uhrzeit, ein Effekt, der mir abends etwa anderthalb Stunden länger Tageslicht beschert. Die Fahrt dauert etwa drei Stunden, und man bekommt einen ersten Eindruck von der andalusischen Landschaft. Die Eisenbahninfrastruktur ist in weiten Teilen Andalusiens wenig entwickelt, auf der eingleisigen Strecke zwischen Sevilla und Granada fahren täglich nur vier Regionalzüge, und Fernverkehr findet gar nicht statt. Die Fahrzeuge sind aber moderne, komfortable Dieseltriebzüge mit der Möglichkeit, vier Fahrräder hängend zu transportieren (leider mit Reservierungspflicht für Mensch und Rad). Ich genieße die Fahrt, sie ist landschaftlich sehr reizvoll, und ich sehe so auch Gegenden, die nicht Teil meiner Tour sein werden.

Der Bahnhof von Granada, immerhin eine Stadt mit ca. 240 000 Einwohnern, hat die Dimensionen eines Kleinstadtbahnhofs. Ich fahre in die Stadt und nehme auf einem Platz hinter der Kathedrale ein spätes Frühstück ein. Schnell finde ich anschließend anhand meines Reiseführers eine nette, preiswerte Pension. Ich sehe mich noch ein wenig in der Stadt um, und dann geht es zur Alhambra, meine online gebuchte Eintrittskarte gilt ab 14 Uhr.

In wenigen Sätzen über die Alhambra zu berichten, ist fast unmöglich. Es gibt so viel zu sehen, daß ein halber Tag kaum ausreicht. Die Alhambra ist die Burg, auf der die Herrscher von Granada, dem letzten muslimischen Emirat auf der iberischen Halbinsel, residierten, mit dessen Eroberung 1492, im selben Jahr, in dem Kolumbus (ihm werde ich am Ende meiner Reise auch noch begegnen) Amerika entdeckte, die Reconquista ihren Abschluß fand. Die gewaltige Anlage auf einem Bergrücken oberhalb der Altstadt wirkt wie ein Märchen aus 1001 Nacht. Das klingt zwar kitschig, ist aber zutreffend. Ein kaum zu überblickender Komplex aus Festungsanlagen, Palästen und Gärten aus verschiedenen Jahrhunderten der maurischen Epoche und auch aus der Zeit nach der Reconquista. Bei wolkenlosem Himmel bietet sich ein grandioser Blick über die Altstadt unterhalb der Alhambra, auf das älteste Stadtviertel Albaicín am gegenüberliegenden Hang, auf die nördlich gelegene Sierra (wie sie heißt, kann ich weder meiner Karte noch meinem Reiseführer entnehmen), in die mich mein Weg morgen führen wird, und nach Süden auf das schneebedeckte, strahlend weiße Massiv der Sierra Nevada, zum Greifen nahe. Einer der Gipfel muß der Pico del Veleta sein, wo man mit dem Rad eine Höhe von 3384 Metern erreichen kann … Eines Tages, aber nicht dieses Mal! Ich komme wieder, und dann will ich da hoch! Zweckmäßigerweise wohl zu einer späteren Jahreszeit …



Der bedeutendste und schönste Teil der Alhambra ist der Nasridenpalast, die Residenz der Emire der Dynastie der Nasriden, des letzten muslimischen Herrschergeschlechts auf spanischem Boden. Eine endlose Flucht aus Hallen und Innenhöfen, aufs Prächtigste mit Arabesken und arabischen Inschriften verzierten Gewölben, Säulen und Torbögen, Wasserbassins und Gartenanlagen. Besondere Attraktion ist der Löwenbrunnen, der wegen einer umfassenden Sanierung längere Zeit abgebaut war und nun erstmals wieder zu besichtigen ist, allerdings (noch?) nicht an seinem ursprünglichen Standort, dem Löwenhof (Patio de los leones), sondern in einem angrenzenden Raum des Palastes, bewacht von Sicherheitspersonal. Hier herrscht sogar, anders als in der übrigen Alhambra, ein Fotografierverbot.












Schließlich sehe ich mir noch die Gärten des Generalife an, die prächtige, an die Alhambra angrenzende Gartenanlage, für die die Eintrittskarte ebenfalls gilt. Dann ist es auch schon 20 Uhr, und die Alhambra schließt. Der halbe Tag hat gerade ausgereicht, um die Alhambra einigermaßen „abzuarbeiten“.

3. Tag (10.04.2011), Granada-Alcalá la Real, ca. 70 km

Heute geht es endlich los. Aber erst will ich ordentlich frühstücken und entscheide mich, dies im malerischen, am Hang oberhalb der Altstadt liegenden Viertel Albaicín zu tun. Es führen nur enge, steile Gassen und Treppen hinauf, also schließe ich das Rad (Gepäck ist zum Glück noch in der Pension) unten an und steige zu Fuß hinauf. Auf einer kleinen Plaza mit Blick auf die auf dem Hügel gegenüber liegende Alhambra nehme ich ein leckeres Frühstück ein (Pan con Tomate, ein typisches spanisches Frühstück, das ich noch manches Mal genießen werde – geröstetes Brot mit frischem Tomatenmus).



Nun geht es aber wirklich los, es ist schon Mittag. Obwohl Sonntag ist, finde ich noch eine Weinhandlung, die gerade schließt, ich kann noch eine gute Flasche Rotwein erstehen, denn es ist der Vortag meines Geburtstags, und da will ich mir heute abend einen edlen Tropfen gönnen … Einer der Flaschenhalter trägt also heute keine Wasserflasche. Mein Helm ist mir irgendwann auf der Anreise abhandengekommen, jedenfalls ist er nicht mehr zu finden, und so fahre ich verbotswidrig unbehelmt los (in Spanien herrscht außerorts Helmpflicht).

Aus der Stadt finde ich erfreulich schnell heraus; als ich nach dem Weg zu dem Vorort frage, von dem aus es in die nördlich gelegene Sierra Richtung Alcalá la Real und Jaén gehen soll, heißt es, immer der Tranvía entlang, und tatsächlich, Granada hat, wie viele spanische Städte, die Straßenbahn wieder eingeführt bzw. ist dabei, und ich brauche bloß der fast fertigen Straßenbahnstrecke zu folgen und komme genau dort aus der Stadt heraus, wo ich es geplant hatte und folge der kaum befahrenen Landstraße A 4076 nach Norden.

Die Strecke vermag von Anfang an landschaftlich zu überzeugen (ich komme in das wohl bedeutendste und größte spanische Anbaugebiet für Oliven, heute und auch die nächsten Tage fahre ich durch Landschaften, die fast ausschließlich aus bis zum Horizont reichenden Olivenpflanzungen bestehen), sie ist aber anspruchsvoller, als ich gedacht hatte, und ich bin am Anfang der Reise noch nicht so recht in Form. Ich hatte auf der Karte zwischen Granada und Jaén einfach eine Route gewählt, die grün, also als landschaftlich reizvoll, gekennzeichnet war, ohne mir Gedanken über die Höhenmeter zu machen… Für die Sierra de Grazalema, weiter im Westen, hatte ich mir ja einige schöne Pässe ausgesucht, auf die bin ich seelisch vorbereitet, aber daß es gleich hier so heftig losgeht… Aber die Landschaft begeistert. Ein letzter Blick zurück auf die Sierra Nevada – wie gesagt, der Pico del Veleta muß eines Tages sein…









Bei schon tiefstehender Sonne sehe ich in der Ferne die Burg oberhalb von Alcalá la Real.

War ich von einem größeren Dorf ausgegangen, stellt es sich, als ich schließlich dort ankomme, als regelrechte Stadt heraus. Ich finde im Stadtzentrum ein schönes und preiswertes Hotel, nehme auf der zentralen Plaza mein Abendbrot ein und nehme um Mitternacht auf dem Balkon meines Zimmers bei meiner Flasche Wein einige Geburtstagsglückwünsche auf dem Handy entgegen.






4. Tag (11.04.2011), Alcalá la Real-Jaén, ca. 60 km

Zunächst steige ich hoch auf die Burg. Sie ist wegen Bauarbeiten geschlossen, trotzdem hat man vom Burgberg eine tolle Aussicht auf die Stadt und die umliegende Landschaft (nach wie vor ausgedehnte Olivenpflanzungen). In der Stadt finde ich schnell ein Sportgeschäft, in dem ich einen (nicht sehr formschönen) Helm erstehen kann, so daß ich nun vorschriftsgemäß weiterradeln kann.



Auch der heutige Tag ist von den Höhenmetern wesentlich anspruchsvoller, als ich gedacht hatte (ein paar mal muß ich sogar schieben), aber das Landschaftserlebnis ist faszinierend und entschädigt für alle Mühen. Die Sierras de Alta Coloma und de la Pandera sind kaum besiedelt, ich erlebe eine beeindruckende Gebirgslandschaft, die geprägt ist von Olivenplantagen, jeder Quadratmeter wird dazu genutzt. Trotz oder gerade wegen der Eintönigkeit der endlosen Monokulturen beeindruckt die Landschaft – einfach grandios. Ich habe die Straße und die Landschaft fast für mich alleine, nur alle zehn bis fünfzehn Minuten kommt ein Auto vorbei. Ich fahre die N 432a und die A 6050 über Castillo de Locubín, Valdepeñas de Jaén und Los Villares.





Es geht zunächst über den Puerto del Castillo (940 m laut Schild auf der Paßhöhe); dann geht es ziemlich weit runter über Castillo de Locubín in ein Flußtal. Von dort folgt ein langer, beschwerlicher Anstieg, auf halber Höhe mache ich Rast und genieße ein Picknick mit Chorizo und Baguette. Es geht hoch über den Puerto de Locubín (laut meinem Höhenmesser 1091 m), dann gibt es eine lange Abfahrt hinunter nach Valdepeñas de Jaén. Hier gönne ich mir ein Bierchen und ein paar Tapas. Gerade in der Provinz, abseits der Touristenströme, bekommt man in den Dorfkneipen einfache, leckere Tapas für wenig Geld; häufig gibt es auch zum Bier (Viertelliter) gratis eine Kleinigkeit zu essen, meist ein Schälchen Oliven oder ein paar Scheiben Baguette mit leckerem Schinken oder Ähnliches. Weiter geht es Richtung Jaén, und wieder geht es hinauf, diesmal auf gemessene knapp 1200 m, und wieder eine schöne lange Abfahrt nach Los Villares. Und noch einmal geht es aufwärts, ich nähere mich meinem Etappenziel Jaén, der Verkehr wird dichter, aber die inzwischen vierspurige Straße hat nun einen Radstreifen, und große Schilder machen die Autofahrer auf die Anwesenheit von Radfahrern aufmerksam (ich begegne aber keinen).







Dann erblicke ich in der Abendsonne tief unten im Tal Jaén mit der mächtigen Kathedrale.

Von oben wirkt es reizvoll, der Eindruck bestätigt sich bei der Ankunft in der Stadt aber nur bedingt. Gerade der Platz vor der beeindruckenden Kathedrale wirkt beinahe schäbig und trostlos, es gibt dort wider Erwarten kein Straßencafé, in dem ich mich für die unerwartete Mühsal des Tages mit einem Gläschen Wein belohnen könnte (es ist ja immer noch mein Geburtstag…). Ich finde ein zentral gelegenes Hotel, das zwar preiswert ist, mich aber trotz meiner geringen Ansprüche enttäuscht; ich darf zwar mein Rad mit aufs Zimmer nehmen, aber der kahle, fensterlose Raum (nur im offenbar nicht regelmäßig gereinigten Bad gibt es ein kleines Fenster zum engen Innenhof) erinnert mich irgendwie an eine Gefängniszelle. Nach einem Abendessen in der Altstadt beschließe ich meinen Geburtstag in meiner „Gefängniszelle“. Aber die heutige Etappe hat mir sehr gut gefallen, ich bin zufrieden, und morgen geht es ja weiter, ohne extreme Höhenmeter auf dem Bahntrassenradweg „Vía verde del Aceite“.

Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (19.01.13 23:05)
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Betreff von verfasst am
Andalusien Ostern 2011 Tom72 19.01.13 22:55
Re: Andalusien Ostern 2011 veloträumer 19.01.13 23:41
Re: Andalusien Ostern 2011 Tom72 20.01.13 22:06
Re: Andalusien Ostern 2011 Tom72 21.01.13 00:04
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