Cevennen: Aubrac - Carcassonne

von: Hinundwech

Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 13:08

Einer der schönsten und abwechslungsreichsten Fernwanderwege Frankreichs ist der Grande Randonnée (GR) Chemin de Saint Guilhem . Der Weg ist in Deutschland wohl noch relativ unbekannt. Er führt durch großartige Landschaften in den Cevennen von der grünen Hochebene des Aubrac nach St. Guilhem-le-Desert unweit von Montpellier. Das hat uns inspiriert für eine Radtour von acht Tagen mit dem (Elektro)-Rad. Als Sahnehäubchen erweiterten wir die Route bis Carcassonne mit seiner mittelalterlichen Festung.

Die Route, die wir mit Komoot geplant haben, verläuft größtenteils auf kleineren, verkehrsarmen Sträßchen. Obwohl die Strecke durch recht einsame Landschaften führt, sind immerhin drei UNESCO-Welterbestätten vertreten: die Causses und Cevennen, der Canal du Midi und die Festung von Carcassonne.

Übernachtet haben wir auf Campingplätzen. Es gibt am GR aber auch Gites d'Etape und andere Unterkünfte (ausführliches Unterkunftsverzeichnis auf der Website des GR).

Von Carcassone führt eine Bahnverbindungen nach Béziers, von wo man mit einer direkten Bahnlinie zurück ins Aubrac kommt. Radmitnahme ist auf beiden Linien kein Problem.

Leider hatten wir Kamera-Probleme, deshalb gibt's nur Handy-Bilder.


Erster Tag

Unser Startpunkt ist Aumont-Aubrac (1.100 m), wo wir das Auto am Bahnhof stehen lassen. Am Ortseingang gibt es eine Käserei, in dem der lokale Aubrac-Käse verkauft wird. Da noch ein wenig Platz in den Packtaschen ist, wird als erstes Verpflegung eingekauft. Heute ist auch noch Markt, frische Kirschen passen noch in die Lenkertasche.

Die erste Halbtages-Etappe führt über die Hochebene. Aubrac ist Weideland. Mit Orchideen, Narzissen, Küchenschellen. Und Ginster. Und vielen Steinen. Und viel Gegenwind. Nach dem Col d'Aubrac (1.300 m) geht es nach St. Chely d'Aubrac hinunter. Das Dorf hat einen kleinen Campingplatz. Die gesamte Strecke ist auch eine Etappe des französischen Jakobswegs. Entsprechend viele Pilger überholen wir unterwegs.





Das ehemalige Kloster und Pilgerhospiz aus dem 12. Jahrhundert in Aubrac.

(40 km, 450 m Hm)


Zweiter Tag

Am Rand des Aubrac-Plateaus fahren wir durch Weiden, Wäldchen und Ginster. Besonders hart heute: den ersten Kaffee gibt es erst nach 50 Kilometern in La Canourgue. Die Gegend hier ist sehr einsam, nur kleinste Weiler und Gehöfte liegen am Weg.






Eine zwölf Kilometer lange Abfahrt bringt uns von 1.100 Meter auf 500 m ins Lot-Tal hinunter. In La Canourgue machen wir erstmal Siesta im kleinen Stadtpark am Fluss. Danach geht es auf die nächste Hochebene, die Causse de Sauveterre. Über dreißig Grad, kaum Schatten - oh herrliches Radfahren!




Völlig gedörrt und ausgetrocknet erreichen wir die Gorges de Tarn. Von der Causse führt eine großartige Abfahrt hinunter in die Schlucht zum mittelalterlichen Dorf Sainte-Enimie.








Sainte-Enimie schmückt sich mit dem Label "Les Plus Beaux Villages de France" (Die schönsten Dörfer Frankreichs). Hier konzentriert sich der Tourismus. Drei Campingplätze, Kanuanbieter, Bars und Restaurants.

In einer Bar mit Blick auf den Fluss probieren wir Aligot, ein typisches Gericht der Gegend: Aubrac-Käse mit Kartoffelpüree und Creme Fraiche. Das hat womöglich genügend Kalorien, um die vergangenen Etappen auszugleichen ...

(77 km, 1.270 HM)


Dritter Tag

Von Sainte-Enimie steigt eine kleine Straße über sieben Kilometer auf die nächste Hochebene, die trockene Causse Méjean. Highlight hier ist die große Schauhöhle Aven Armand.








Im netten Städtchen Meyruies beschließen wir die Kurzetappe. Etwas außerhalb Richtung Florac liegt ein schöner, einfacher Campingplatz direkt am Fluss (Le Pré de Charlet).





(30 km, 680 HM)


Vierter Tag

Kühl und bedeckt ist es heute. Wir durchqueren im Nebel und Nieselregen das Mont Aigual-Massiv. Dichter Buchen-Tannenwald, haufenweise Orchideen am Straßenrand, aber leider keinerlei Aussicht im feucht-kalten Nebel.




Nach knapp 25 Kilometern erreichen wir an der Abzweigung zum Mont Aigual mit 1.299 m den höchsten Punkt heute. Einen Abstecher zum zweithöchsten Gipfel der Cevennen sparen wir uns bei dem Wetter.




Auf der Südseite der Berge wachsen Kastanienwälder. Der Nebel lichtet sich, mit jedem Meter wird es wärmer. Wir rollen entspannt etwa tausend Höhenmeter bergab.




Im Tal von Le Vigan kommt die Sonne raus. Wir gönnen uns nach einer ausgiebigen Kaffee- und Einkaufspause noch eine Steigung und fahren auf die nächste Hochebene, die Causse de Blandas. Der erste Ort, Montdardier, soll einen Campingplatz haben. Der ist allerdings noch geschlossen. Zwei Kilometer außerhalb findet sich auf einem Bauernhof aber doch noch ein einfacher, rustikaler Zeltplatz. Wer mag, kann sich hier auch in Tipis oder Jurten einquartieren. In der Abenddämmerung singt eine Nachtigall ums Zelt, sonst ist es völlig ruhig.



(75 km, 1440 HM)


Fünfter Tag

Auf der Causse von Blandas stehen einige Dolmen und Menhire. Sogar einen großen Cromlech, einen prähistorischen Steinkreis, haben sie hier. Man muss etwas aufpassen, die Ausschilderung ist bescheiden. Der größte Menhir und der Steinkreis stehen auf eingezäunten Schafweiden, die kann man nur von der Straße aus sehen.



Der Dolmen du Planas direkt neben der D113 nach Blandas


Hinter Blandas tut sich ein tiefes Loch auf. Der Cirque de Navacelles. Tief runter und auf der anderen Seite wieder hoch führt unsere Route.







Unten im schönen alten Dorf hat eine Créperie offen, die einen köstlichen Kastanienkuchen zum Espresso serviert.

Nach dem Anstieg auf die Causse de Larzac geht es relativ eben bis zur Abfahrt ins Herault.





Am Ende der Etappe kommen wir ins Weinbaugebiet am Fuß der Berge. Hier wächste der gute Coteaux du Languedoc. In Montpeyroux finden sich gleich mehrere Caves. Wir quetschen noch einen Biowein die Satteltaschen. Mehr geht leider nicht.





(50 km, 600 HM)


Sechster Tag



Über die Herault-Schlucht erreichen wir frühmorgens St. Guilhem-le-Desert. Auch dieses Dorf gehört zu den "Les Plus Beaux Villages de France". Früher war es eine wichtige Station am Jakobsweg und ein bedeutendes Kloster, heute eines derbeliebtesten ausflugsziele der Gegend. Die Gassen sind am Vormittag noch relativ leer und es gibt noch genügend Platz in den Cafés um die uralte Platane am Dorfplatz. Gegen Mittag kommen die Besucherscharen und es wird eng in den Gassen um das alte Pilgerkloster.









Wir fahren weiter durch Hügelland und Weinberge über Clemont-Herault zum Lac de Salagou, einem Stausee mit stahlblauem Wasser zwischen rötlichen Bergen. Am Südufer übernachten wir auf einem großen 4-Sterne-Campingplatz mit Pool und hervorragender Pizzeria.

(30 km, 350 HM)


Siebter Tag

Wir verlassen den Lac Salagou und fahren durch eine bizarre Landschaft über einen Bergrücken ins Orb-Tal.









Dort stoßen wir bei Bédarieux eine Voie Verte, einen Radweg auf einer alten Bahntrasse. Passapais heißt die Strecke. 70 Kilometer zieht sich der Passapais nach Westen. Mit Talbrücke, Tunnels, stillgelegten Bahnhöfen und Radservice-Stationen. Die Strecke ist geschottert, aber sehr gut für Reiseräder fahrbar. Perfekt, um Richtung Carcassonne zu kommen.









Nach knapp 30 Kilometer autofreier Bahntrasse erreichen wir Prémian mit einem sehr schönen kleinen Camping Municipal. Der Platz ist leider komplett belegt, da ganz anscheinend halb Frankreich Himmelfahrt nutzt und campen geht. Der nette Platzchef findet für uns und unser Zelt doch noch einen wunderbar ruhigen Platz hinter einigen Mobilheimen.

(62 km, 660 HM)


Achter Tag

Nach weiteren 20 Kilometern verlassen wir die angenehme Voie Verte und queren auf einer ruhigen kleinen Bergstraße die Montagne Noir, den südlichsten Bergzug der Cevennen. Eine Oldtimerrally kommt uns entgegen. Die Fahrer winken fröhlich und hinterlassen fetten Benzingeruch in den stillen Bergen. Da weiß man doch wieder, warum man irgendwann Katalysatoren eingebaut hat.





Nach einer rasanten Abfahrt aus der Montagne Noir kommen wir ins Weinbaugebiet um Carcassonne. Bei Trèbes treffen wir auf den Canal du Midi. Und erreichen nachmittags Carcassonne nach 450 km.









(80 km, 1050 HM)


Neunter Tag

Von Carcassonne könnte man direkt mit der Bahn nach Béziers und an die Küste fahren. Wir entscheiden als "Zugabe" den Radweg am Canal du Midi zu fahren.

Besonders gut gefällt uns auf der Kanal-Etappe Le Somail mit seinen Cafés am Kanal, der Kanaltunnel Malpas und die Schleusentreppe bei Béziers. Schockierend ist allerdings, dass von den großen, alten, schattenspendenden Platanen am Kanal fast nichts übrig geblieben ist. 30.000 Bäume mussten wegen des Platanenkrebses in den vergangenen Jahren gefällt werden. Jetzt fährt man auf weiten Strecken schattenlos an frisch gepflanzten Bäumchen längs. Bis die wieder einen so schönen „Baumtunnel“ bilden, werden wohl noch etliche Jahre ins Land gehen.

Wir übernachten heute auf dem netten Camping Les Berges du Canal in Villeneuve direkt am Canal du Midi. Und fahren am nächsten Morgen in knapp vier Stunden mit der Bahn von Béziers aus zurück nach Aumont-Aubrac.





Kurzer Überblick von Aumont-Aubrac bis Carcassonne:

[bild]http://www.fritzz.de/album/wp-content/gallery/cevennen2022/karte.jpg






von: Keine Ahnung

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 14:04

Wirklich sehr schöne Tour. Ich muss doch wieder einmal Frankreich ins Auge fassen. Gleichzeitig würde ich aber auch gerne einmal wieder in Nordeuropa unterwegs sein oder ... Man hat einfach nicht genügend Zeit für all die schönen Ziele zwinker

Danke für den Bericht!
von: fabianovic

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 14:24

Die Fotos werden leider nicht angezeigt, jedenfalls bei mir nicht.
von: Uli aus dem Saarland

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 14:34

Tolle Eindrücke! Und schöne Tipps -- vielen Dank.
Viele eurer Strecken kenne ich von diversen eigenen Radtouren. Und für dieses Jahr plane ich auch spziell das Aubrac und die Cevennen zu erkunden.

Wann genau war eure Tour?
Ob es im Juli/August auch so problemlos mit der Fahrradmitnahme sein dürfte?

Gruß aus dem Saarland
Uli
von: Biotom

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 14:39

Bei mir auch nicht.
von: Hinundwech

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 15:03

Wir waren in der zweiten Maihälfte unterwegs. Der Zug von Beziers nach Aumont war fast leer. Das sollte selbst zu Fereinzeiten kein Problem sein, denke ich.

Viele Grüße
Roland
von: Uli aus dem Saarland

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 15:07

In Antwort auf: fabianovic
Die Fotos werden leider nicht angezeigt, jedenfalls bei mir nicht.

bei mir (firefox) funktionieren die Fotos....
von: Hinundwech

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 15:09

Seltsam! Kann leider die Fotos nicht über das Forum hochladen. Über Firefox funktionierts bei mir, Edge und Chrome leider auch nicht.
von: Deul

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 16:12

Mit Safari klappt auch.
von: kaman

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 17:34

Zur Hauptreisezeit können Züge in F schon mal überfüllt sein, zumindest in Gegenden wo der Zug nur wenige Male pro Tag fährt. Da sollte man man schon etwas Zeit haben um ggf. einen Zug später zu fahren.
Ich glaube nächstes Frühjahr zieht es mich auch mal wieder in die Gegend nach dem Reisebericht.
von: Biotom

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 22.06.22 19:33

Mit Firefox sehe ich jetzt die Bilder auch - sehr schön, danke fürs Teilen!
Den Passa Païs muss ich mir merken, z.B. um das Massif Central mit den Pyrenäen zu verbinden. Ich habe die Voie Verte hier mal bei BikeRouter eingezeichnet.
Wer noch mehr Bilder aus der Ecke sehen möchte: ich war ebenfalls im Mai dort unterwegs, hier gibt es den Bericht des ersten Tages, die anderen Tage sind am Ende verlinkt. Die Weite der Landschaft, der Duft der Narzissen und die Anmut der Orchideen sind wirklich unglaublich schön!
von: fabianovic

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 23.06.22 08:43

Mit Firefox hat´s jetzt auch mit den Bildern geklappt! Sehr schöne Tour, die meine Sehnsucht auf eine für den September geplante Tour in den Cevennen deutlich steigert.
von: BeBor

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 23.06.22 11:47

Schöne Landschaft, schöne Bilder. Ich war dort vor längerer Zeit ebenfalls, allerdings noch zu meiner Campingbus-Zeit.

Bernd
von: Uli

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 24.06.22 09:53

In Antwort auf: fabianovic
Die Fotos werden leider nicht angezeigt, jedenfalls bei mir nicht.

Das Problem ist, dass die Bilder leider über ein ungesichertes Protokoll (http) verlinkt sind. Das Radforum nutzt das gesicherte https und das Aufrufen eines unsicheren Elements in einer sicheren Website wird (aus gutem Grund) von einigen Browsern unterbunden. Das kann man idR. im Browser konfigurieren, öffnet aber eine Sicherheitslücke, weshalb sich jeder bitte selber überlegt, ob er das möchte und dann die passende Anleitung dafür im Web sucht.
Gruß
Uli
von: Velo 68

Re: Cevennen: Aubrac - Carcassonne - 21.07.22 21:08

sehr schöner Bericht schmunzel