Re: Polnische Ostseeküste Stettin-Danzig 2014

von: Tom72

Re: Polnische Ostseeküste Stettin-Danzig 2014 - 25.06.14 22:39

4. Tag (26.06.2014), Dziwnow-Mrzezyno
Strecke: 70 km
Fahrzeit: 5 Std. 0 min
Höhenmeter: 276
Durchschnittsgeschwindigkeit: 14,10 km/h


Heute komme ich nicht so gut vorwärts und nicht so weit, wie ich mir gewünscht hätte, aber heftiger Gegenwind erschwert heute das Fahren, und ich ahne noch nicht, dass die heutige recht bescheidene Durchschnittsgeschwindigkeit in den kommenden Tagen noch weiter sinken wird.

Es ist aber sonnig. Ich schaue mich am herrlichen Sandstrand von Dziwnow um, wo zu früher Stunde noch nicht viel los ist.



Der Ort liegt auf einer schmalen Landzunge, nur wenige hundert Meter südlich des Ostseestrandes bietet sich ein Blick über den die Insel Wollin vom diesseitigen Festland trennenden östlichsten Mündungsarm der Oder.



Nun geht der Ostseeküstenradweg beinahe 10 Kilometer über mal besser, mal schlechter befahrbare Waldwege. An den Bäumen weisen aber regelmäßig aufgemalte Symbole auf den Verlauf des R 10 hin.





Der Weg durch den Wald verläuft nahe der Küste, so dass man immer wieder über kurze Zugänge an den endlosen und hier, außerhalb der Orte, fast menschenleeren Sandstrand gelangt.





Ab Pobierowo geht es dann wieder über asphaltierte Straßen. In Trzesacz (Hoff) erinnert eine Kirchenruine daran, dass das Meer im Laufe der Zeit die sandige Steilküste erodiert. Bei ihrer Erbauung im 15. Jahrhundert stand die Kirche noch einen halben Kilometer von der Küste entfernt, in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde sie endgültig aufgegeben.



Von einer Aussichtsplattform über dem Strand aus kann man erkennen, dass die Steilküste unterhalb der Ruine künstlich stabilisiert wurde, um das Monument zu erhalten.



Ein paar Kilometer weiter, in Nichorze (Horst) kann man den Leuchtturm besteigen.



Es bietet sich ein herrlicher Ausblick entlang der Küste.



Ab dem nächsten Ort macht der Ostseeküstenradweg einen weiten Schlenker durchs Binnenland über überwiegend sehr verkehrsarme Sträßchen. Für mich aus persönlichen Gründen sehr interessant, da ich Ahnenforschung betreibe und in dieser Gegend im 18. Und frühen 19. Jahrhundert Vorfahren von mir lebten. Zwei der Orte liegen direkt auf der Strecke, zwei weitere sind über einen kurzen Abstecher zu erreichen. Die ersten der winzigen Orte, Konarzewo (Kirchhagen) und Zapolice (Wacholzhagen) liegen direkt an der Route, bieten zwar nichts Sehenswertes außer der alten Backsteinkirche in Kirchhagen, die auch „damals“ schon gestanden haben dürfte, aber für mich interessant, mal dagewesen zu sein. Ein kurzer Abstecher führt mich nach Süden nach Sadlno (Zedlin), in dessen Kirche im frühen 19. Jahrhundert Vorfahren von mir heirateten.



Zu einem weiteren Ort meines Abstechers muss ich dann kilometerweit eine malerische Kopsteinpflasterstraße nehmen, verkehrshistorisch interessant, aber zum Radfahren eine Katastrophe. Irgendwie überstehen Mensch und Material die Tortur.



Schließlich geht es über eine größere Straße (Landesstraße 103) in das hübsche Städtchen Trzebiatow (Treptow an der Rega), das einiges an historischen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und wo ich wieder auf die Route des Ostseeküstenradwegs treffe. Wie ich es von vielen polnischen Städten und Städtchen von der letztjährigen Polentour und auch aus Schlesien kenne, befindet sich im Zentrum ein großer rechteckiger Platz (Rynek) mit dem Rathaus in der Mitte.



Da es schon recht spät ist, halte ich mich nicht lange auf, um es heute wenigstens noch bis zum nächsten wieder an der Küste gelegenen Ort, Mrzecyno, zu schaffen.

Der kleine Fischerort liegt reizvoll an der Mündung der Rega.



Es gibt einen einfachen Zeltplatz, schön am Ufer der Rega gelegen, wo außer mir noch ein oder zwei Paare mit Wohnwagen stationiert sind und ein Pärchen polnischer Radreisender mit ihrem Zelt, mit dem ich kurz ins Gespräch komme. Es ist nach wie vor sehr windig, und jetzt ist es auch schon recht kühl geworden.



Im Hafen sieht man die Fischer ihren frischen Fang verarbeiten.



Ich sehe mir bei untergehender Sonne die Hafenmole und den schönen Sandstrand an.



Den Abend lasse ich in einem einfachen Fischlokal am Hafen mit einer leckeren Fischsuppe ausklingen. Man kann zwar noch draußen sitzen, aber es ist schon ziemlich kühl.



5. Tag (27.05.2014), Mrzezyno-Mielno (Großmöllen)
Strecke: 62 km
Fahrzeit: 4 Std. 58 min
Höhenmeter: 180
Durchschnittsgeschwindigkeit: 12,40 km/h


Der Wind von gestern hat sich zum Sturm entwickelt und weht natürlich immer noch von Osten, und es ist gegenüber gestern deutlich kälter geworden. Wegen des Windes ziehe ich mich zum Zusammenlegen des Zeltes in den Waschraum zurück. Im Hafen branden die Wellen schäumend an die Kaimauer.



Zum Frühstück gönne ich mir eine mit Erdbeeren und Sahne belegte Waffel. Solche Waffeln (Gofry) werden in den Küstenorten überall angeboten. Schwierig nur, sie mit dem mitgelieferten winzigen Plastiklöffel einigermaßen gesittet zu essen.



Zunächst geht es, halbwegs windgeschützt, über gut asphaltierte Wege durch den küstennahen Wald nach Kolobrzeg (Kolberg).



Hier nehme ich mir ein paar Stunden, um mich umzusehen. Über die geschichtsträchtige Stadt ließe sich viel schreiben – die Blütezeit als Mitglied im Bund der Hanse, die Verteidigung gegen die Belagerung Napoleons, der auf den daraus erwachsenden Mythos Bezug nehmende Spielfilm von Veit Harlan von 1944 als NS-Durchhaltepropaganda und kurz darauf die weitgehende Zerstörung der Stadt bei der Einnahme durch die Rote Armee. Ich schaue mir kurz die wichtigsten Baudenkmäler in der Innenstadt an, der man die Kriegszerstörungen ansieht. Das neogotische Rathaus basiert auf einem Entwurf von Friedrich Schinkel.



Auf der windgeschützten und überdachten Terrasse einer Pizzeria vor dem Rathaus nehme ich für das Mittagessen Zuflucht vor dem Sturm. Beeindruckend ist die wuchtige Kathedrale in Backsteingotik.



Wegen des sandigen Untergrunds hat sich das Bauwerk im Laufe der Zeit gesetzt, und man erkennt auf dem Bild, dass die Pfeiler auf der rechten Seite schief sind.



Schließlich fahre ich zum Hafen von Kolberg und besteige den Leuchtturm.



Hier oben bläst der Sturm mit Orkanstärke, man hat einen schönen Blick auf die Stadt und die aufgewühlte See.





Entlang der Uferpromenade von Kolberg führt der Weg durch ein Wäldchen und ist übersät von durch den Sturm heruntergewehten Blättern und Zweigen. Dann führt der Weg über etliche Kilometer direkt entlang der Steilküste. Erstmals auf der Tour bietet sich vom Radweg aus ein ständiger Blick auf den Strand und die heute sturmgepeitschte See, gerade bei diesem extrem windigen Wetter ein besonderes Erlebnis.







Dieser Baum mit aufgemaltem R 10-Wegweiser ist wegen der ständig erodierenden Steilküste über den Weg gekippt.



Auch dieser Baum klammert sich nur noch mit den Wurzeln an die Steilküste, die unter ihm schon weggebrochen ist.



Weiter kämpfe ich mich gegen den Sturm über kleine Straßen und Waldwege, nun zwar weiter direkt entlang der Küste, aber ohne Meerblick. Bis nach Mielno, dem nächsten größeren Ort, will ich es heute noch schaffen, mehr ist wegen des Sturms nicht drin. Im letzten Ort vor Mielno fällt mir auf, dass, wohl weil noch nicht Hauptsaison ist, alle Restaurants geschlossen sind. Sollte mir das in Mielno etwa auch so ergehen? Vorsorglich decke ich mich in einem Supermarkt mit Proviant ein. In Mielno suche ich gleich ein Hotel, da es zum Zelten eindeutig zu kalt und windig ist. Da es spät ist, quartiere ich mich im ersten ein, das ich finde (Hotel Planeta). Mit 200 Zloty (etwa 50 Euro) zwar die teuerste Unterkunft der Reise, aber eine sehr gute Wahl. Ich schaue mich noch im Ort um, auch hier sind fast alle Restaurants geschlossen. Dass ich mich nicht vor einem der netten Lokale an der Uferpromenade niederlassen kann, bedauere ich wegen des Wetters aber auch nicht.



Zum Glück hat mein Hotel ein gutes Restaurant, das auch geöffnet ist (der vorhin eingekaufte Proviant dient dann eben die folgenden Tagen als Picknick unterwegs), in dem ich den Tag mit einem leckeren Beefsteak ausklingen lasse.

6. Tag (28.05.2014), Mielno-Darlowo (Rügenwalde)
Strecke: 39 km
Fahrzeit: 3 Std. 37 min
Höhenmeter: 94
Durchschnittsgeschwindigkeit: 10,80 km/h


Im Hotel Planeta ist ein ordentliches Frühstück im Preis inbegriffen. Leider bestätigt sich nun, was sich während der gestrigen Etappe bereits abzeichnete: Ich habe wohl mein linkes Knie überlastet, und es ist wohl entzündet, jedenfalls schmerzt es bei Bewegung, vor allem unter Belastung. Vernünftigerweise sollte man wohl gar nicht mehr weiterfahren. Dabei waren die bisher gefahrenen Etappen, außer der ersten, doch gar nicht so gewaltig, und ohne nennenswerte Höhenmeter… Selbst auf langen, gebirgigen Radreisen in Frankreich oder Spanien mit teilweise insgesamt 12 000 oder 16 000 Höhenmetern hatte ich mit den Knien immer Glück gehabt… Ich beschließe also, zu versuchen, irgendwie bis Danzig zu kommen, langsam und in kurzen Etappen, und die Pläne, noch bis auf die Frische Nehrung zu kommen, aufzugeben. Wenigstens bis Ustka (Stolpmünde) muss ich ohnehin kommen, da es dort erstmals die Möglichkeit gibt, den Zug zu nehmen. Gut, dass ich Voltaren dabeihabe, das ich prophylaktisch sowieso bereits allabendlich anwende. Zu allem Überfluss weht der Wind, wenn auch nicht mehr so stürmisch wie gestern, immer noch von Osten.

Ich setze mich also langsam in Bewegung und trete fast ausschließlich mit dem rechten Bein. So geht es sehr langsam, aber es geht.

Bei nach wie vor bewölktem, kaltem und windigem Wetter rolle ich langsam zunächst auf dem Radweg entlang der Straße über die schmale Landzunge, die die Ostsee von einem Binnensee, dem Jezioro Jamno (Jasmunder See), trennt.

Das schilfbewachsene Ufer des Jezioro Jamno:



In Lazy (Lasse) habe ich noch einmal einen Blick auf den Ostseestrand,



dann macht der R 10 einen weiten Schlenker ins Binnenland. Teilweise geht es nun über holprige Betonplattenwege, landschaftlich sehr schön, aber bei dem herrschenden Gegenwind und mit lädiertem Knie eher suboptimal.



Der kleine Ort Iwiecino (Eventin) kann mit einer hübschen Backsteinkirche aufwarten.



Nun geht es zum Glück bis Darlowo (Rügenwalde) wieder über mäßig befahrene Landstraßen, entlang derer teilweise auch ein gerade fertiggestellter, perfekt asphaltierter Radweg verläuft. In Dabki kehre ich in ein nettes Restaurant ein (es ist heute selbst tagsüber zu kalt, um draußen zu sitzen) und genehmige mir das polnische Nationalgericht, Piroggen, gefüllte Teigtaschen, in diesem Fall mit Hackfleisch.

Ich bin froh, trotz des schmerzenden Knies heute knapp 40 km geschafft zu haben und Darlowo (Rügenwalde) erreicht zu haben. Die sehr nette Altstadt weist auch hier einen großen zentralen, rechteckigen Platz (Rynek) mit dem Rathaus in der Mitte auf sowie die Marienkirche in der für die Region typischen Backsteingotik. Beim Ortsnamen „Rügenwalde“ erinnere ich mich an eine Fernsehwerbung für Wurst, und tatsächlich war das Städtchen für seine Rügenwalder Teewurst berühmt. Die Wurstfabrikanten zogen jedoch nach dem Krieg nach Westen; die heutige Rügenwalder Wurst wird laut Wikipedia in Niedersachen hergestellt.



Das Tourismusbüro hat noch geöffnet, und ich erkundige mich nach einem Hotel. Man verweist mich an das offenbar einzige vorhandene. Es stellt sich als sehr gute Wahl heraus; für nur 100 Zloty (umgerechnet etwa 25 Euro) bekomme ich ein sehr nettes Zimmer. Ich bin offenbar der einzige Übernachtungsgast; im repräsentativen Veranstaltungssaal aus dem Ende des 19. Jahrhunderts wird eine Beerdigung gefeiert.

Von der Terrasse des zum Hotel gehörigen Restaurants direkt am Ufer des durch Rügenwalde fließenden Flüsschens Wieprza (Wipper) hat man einen Blick auf das Schloss der Herzöge von Pommern. Hier draußen zu Abend essen zu können, wäre schön gewesen, aber bei diesem kalten, windigen Wetter ist die Terrasse natürlich verwaist.



Ich sehe mich zu Fuß noch ein wenig in der Stadt um (obwohl mein linkes Knie eigentlich nach Ruhe verlangt), esse in einer Pizzeria, in der die Bedienung nur Polnisch spricht, so dass mir meine ganz wenigen polnischen Wörter tatsächlich die Kommunikation etwas erleichtern, eine Pizza, und kehre anschließend im Restaurant meines Hotels auf ein Glas Wein ein. Ich bin der einzige Gast (so wie ich auch der einzige Übernachtungsgast bin) und komme mit dem Betreiber des Hotels ins Gespräch. Er spricht gut Deutsch und erzählt mir, wie er vor einigen Jahren das heruntergekommene Hotel, bestehend aus einem jahrhundertealten historischen Gebäude und einem Anbau mit Festsaal aus dem späten 19. Jahrhundert, gekauft und mit viel Engagement renoviert hat. Er ist zu recht stolz. Jetzt, in der Nebensaison, sei er schwach ausgelastet. Gestern und vorgestern haben auch Radreisende hier übernachtet. Sein größtes Problem sei, dass er trotz gut 30 Zimmern trotzdem zu wenig Kapazität für eine Busladung Touristen habe und daher Schwierigkeiten habe, von Reiseveranstaltern gebucht zu werden. Er bezeichne sich bewusst nicht als Hotel, da dies Auflagen mit sich bringe, die er als zu starke Einschränkung für die Gestaltung seines Angebots empfindet. Daher also habe ich mich vorhin trotz präziser Lagebeschreibung des Tourismusbüros so schwer getan, das „Hotel“ zu finden, ein Schild „Hotel“ war wirklich nirgends zu sehen. Schließlich muss er sich wieder, wie bei meinem Eintreffen, seiner Buchführung widmen, und ich widme mich beim letzten Schluck Wein über meinen Karten und Reiseführern der Frage, wie ich angesichts von Gegenwind und schmerzendem Knie die verbleibenden Reisetage so gestalte, dass ich es bis Danzig schaffe. Ich sollte wohl schauen, dass ich von Ustka bis Leba mit dem Zug abkürze.

7. Tag (29.05.2014), Darlowo (Rügenwalde)-Ustka (Stolpmünde)
Strecke: 41 km
Fahrzeit: 3 Std. 26 min
Höhenmeter: 195
Durchschnittsgeschwindigkeit: 12,10 km/h


Im Übernachtungspreis ist ein sehr reichhaltiges Frühstück inbegriffen. Den Vormittag nutze ich zur Besichtigung des Schlosses der pommerschen Greifengerzöge (die vor den Brandenburgern über Pommern herrschten) im Renaissancestil. Vom Turm hat man einen schönen Ausblick auf die Umgebung. Mehrere Schulklassen besichtigen das Schloss (so wie mir auch entlang der gesamten Küste überall polnische Schulklassen mit ihren begleitenden Lehrern aufgefallen sind).



Die Besichtigung lohnt. In den zahlreichen Sälen werden Kunstgegenstände, Alltagsgegenstände und Landkarten zu den verschiedensten Aspekten der pommerschen Geschichte ausgestellt. Die Ausstellung ist überraschend umfangreich. Jedesmal, wenn ich denke, ich bin durch, weist mir die freundliche Museumsführerin den Weg in einen weiteren Ausstellungssaal.

Wegen des nach wie vor herrschenden Gegenwinds und des immer noch schmerzenden Knies fahre ich zunächst entgegen der Routenempfehlung des Bikeline-Reiseführers auf der recht stark befahrenen Hauptstraße und erspare mir so ein paar Kilometer, zahlreiche Höhenmeter und ein Stück Feldweg. Es verbleiben auf der recht hügeligen Tagesetappe ohnehin mehr Höhenmeter, als meinem Knie lieb ist. Gleich, nachdem ich die Hauptstraße verlasse und mich wieder dem R 10 zuwende, habe ich einen langen Anstieg zu bewältigen, für den ich aber mit einem schönen Ausblick belohnt werde.



Hier mache ich ein kurzes Picknick, dabei merke ich, dass ich bei dem immer noch kalten Wind recht schnell anfange zu frieren. Also schnell weiter.

Aber ich fahre langsam und genieße die Fahrt über endlose, einsame, kaum befahrene Alleen und durch winzige Dörfer, auch wenn ich erst am Schluss der Tagesetappe, in Ustka (Stolpmünde), wieder ans Meer stoßen werde.

Herrliche Landschaft. Über Stunden nur grün. Grüne Hügel, grüne Wiesen, grüne Felder, grüne Alleebäume. Dazu überwiegend perfekt asphaltierte Sträßchen, fast keine Autos. Selbst die zahlreichen Windräder geben der Landschaft einen interessanten Aspekt.











Die letzten Kilometer bis Ustka (Stolpmünde) fahre ich auf der (recht stark befahrenen) Hauptstraße, da die in meinem Radreiseführer ausgewiesene Strecke bzw. der R 10 (sicher landschaftlich sehr reizvoll) über Straßen und Feldwege mit schlechter Wegbeschaffenheit führt.



Bei der Einfahrt nach Stolpmünde überquert die Straße den Bahnhof; hier endet die Nebenbahn von Slupsk (Stolp) an der Hauptlinie Stettin-Danzig kommend. Ich habe bereits einen Zug morgen um 07.05 Uhr im Internet recherchiert; ich würde gerne morgen mit dem Zug die Strecke bis Leba abkürzen, mit Umstieg in Slupsk und Lebork (Lauenburg). Von dort verzeichnet meine Michelin-Karte eine Bahnlinie nach Leba. Es scheint hier aber keinen Fahrkartenschalter und keinen Fahrkartenautomaten zu geben. Also sollte ich heute abend noch herausfinden, wie ich an eine Fahrkarte samt Fahrradkarte nach Leba komme.

Ich rolle weiter in den sehr hübschen Ort. Das Tourismusbüro, wo ich mir Informationen zur geplanten Bahnfahrt nach Leba erhofft habe, ist schon geschlossen, also lasse ich mich erst einmal bei endlich mal wieder herrlichem Sonnenschein auf ein Bier im Hafen nieder. Es ist wunderschön hier. Ich habe keine Eile, ein Hotel werde ich schon finden (zum Zelten finde ich es immer noch zu kühl, außerdem habe ich keine Lust, wenn ich schon um 7 Uhr den Zug bekommen muss, vorher auch noch das Zelt abzubauen). Der Ort gefällt mir von allen an der polnischen Küste bisher am besten, und er erstrahlt in der Abendsonne in leuchtenden Farben.



Über die Mündung der Slupia (Stolpe) führt eine für die Durchfahrt von Schiffen seitliche schwenkbare Fußgängerbrücke.



Ich finde schnell ein sehr schönes zentral gelegenes Hotel im Hafenbereich für 120 Zloty (ca. 30 Euro). Die sehr nette Dame am Empfang spricht passabel Englisch und kann mir mit meinen Bahnfahrt-Plänen immerhin insoweit weiterhelfen, als sie mir versichert, die Fahrkarten von hier nach Slupsk werden im Zug verkauft. In Slupsk würde ich die weiteren Fahrkarten bekommen.

Nach dem Abendessen in einer Pizzeria schaue ich mir den herrlichen Sandstrand an und genieße in der untergehenden Sonne von der Hafenmole aus den Blick auf den Ort.







Diese Reisebekanntschaft stellt sich leider als äußerst wortkarg heraus. Sie ist wohl zu sehr damit beschäftigt, angestrengt suchend gen Horizont zu spähen. Auf wen sie wohl wartet? Sie verrät es mir nicht…





Die Fußgängerbrücke im beiseitegeschwenkten Zustand:



Später, bei Dunkelheit, gehe ich nochmal auf die Hafenmole. Ustka ist ein Fischereihafen, und nun tuckern vier oder fünf Fischkutter an mir vorbei aufs Meer auf nächtliche Fangfahrt, so nah, dass ich den Diesel riechen kann.

Im Hotel habe ich WiFi, aber ich bekomme mit dem Smartphone über das Auskunftssystem der Deutschen Bahn zwar meinen morgigen 7-Uhr-Zug und einen Anschlusszug von Slupsk nach Lebork mit komfortabler Umsteigezeit von einer guten Stunde recherchiert, aber Leba scheint das System nicht zu kennen, dabei gibt es laut meiner Karte eine Bahnstrecke von Lebork nach Leba. Ist die stillgelegt? Also morgen früh erstmal mit der Bahn bis Slupsk, und dann weitersehen.

Fortsetzung folgt...