Re: Polnische Ostseeküste Stettin-Danzig 2014

von: Tom72

Re: Polnische Ostseeküste Stettin-Danzig 2014 - 29.06.14 20:36

10. Tag (01.06.2014), Wladyslawowo (Großendorf)-Hel (Hela), Sopot (Zoppot)-Gdynia (Gdingen)-Sopot-Danzig (Schifffahrt Hel-Sopot)
Strecke: 74 km
Fahrzeit: 4 Std. 34 min
Höhenmeter: 149
Durchschnittsgeschwindigkeit: 16,30 km/h


Bei strahlendem Sonnenschein kann ich auf der Terrasse des Campingplatzrestaurants frühstücken.



Mit der netten, perfekt Englisch sprechenden Kellnerin unterhalte ich mich über meine heutigen Pläne. Sie meint, die Fähre von Hel sei letztes Jahr bereits ab Anfang Mai gefahren und bittet ihre Kollegin von der Campingplatzrezeption, im Internet nachzusehen. So wie ich, findet sie nichts eindeutiges, meint aber auch, die Fähre würde wohl fahren. Also radle ich zuversichtlich los; ich kann erstmals seit Tagen wieder mit kurzen Hosen und kurzärmeligem Trikot fahren.

Die Halbinsel Hela ist, außer ganz am Ende, nur wenige hundert Meter breit. Die Fahrt ist landschaftlich sehr schön. Die Straße und der Radweg verlaufen am Südufer.



Über etliche Kilometer sieht man rechts den Strand mit Blick auf die gegenüberliegende Küste,



links vom Radweg die (recht stark befahrene) Straße, und parallel die Bahnlinie, die ja gerade außer Betrieb ist (man sieht, dass sie gerade komplett erneuert wurde), dann ein schmales Wäldchen (auf dem Bild Blick entgegen der Fahrtrichtung).



Dann kommt auch schon der endlose Sandstrand der Nordküste.



Die Fahrt entlang Helas stellt sich als einer der schönsten Abschnitte der Reise heraus.



In Kuznica mache ich bei herrlichem Sonnenschein Rast.



Weiter geht es auf dem schönen Radweg entlang der Südküste Helas







bis Jastarnia. Von hier aus soll es auch Fährverbindungen geben. Vielleicht bekomme ist hier ja endlich präzise Aussagen zu den Fähren von Hel? Im hübschen kleinen Hafen deutet nichts auf Fährbetrieb hin.



Im Büro der Hafenverwaltung erfahre ich immerhin, dass zwar von Jastarnia derzeit keine Fähren fahren, die Fähre von Hel nach Sopot aber eindeutig in Betrieb ist; die Uhrzeiten weiß man hier aber auch nicht. Es ist nun Mittagszeit, und ich sehe mich ein wenig im Ort um.



Die Straßenschilder sind zweisprachig in Polnisch und einer weiteren, offensichtlich ebenfalls slawischen Sprache. Das muss Kaschubisch sein.
Auch hier schaue ich mir kurz den sich entlang der gesamten nördlichen, zum offenen Meer gelegenen, Küste Helas erstreckenden Sandstrand an.



Schließlich gibt es zum Mittagessen einen gebratenen Dorsch.



Ich kenne nun zwar noch nicht die Abfahrtzeiten der Fähren von Hel, gehe aber davon aus, dass ich gegen Spätnachmittag noch eine bekomme. Trotzdem beschließe ich sicherheitshalber, nun zügig zur Spitze der Halbinsel zu gelangen.

Auch der nächste Ort, Jurata, hat einen schönen Strand mit Seebrücke an der Südküste. Der Ferienort ist bei der polnischen Politprominenz sehr beliebt, wie ich meinem Reiseführer entnehme.



Dann wird die Halbinsel breiter, und Straße und Radweg verlaufen nicht mehr an der Südküste, sondern durch einen Wald. Ein Schild verkündet, dass nun bis Hel der Radweg von schlechter Qualität ist und ständig auf und ab geht. Ohne mich, ich fahre bis Hel auf der asphaltierten Straße.



Auch das an der Spitze der Halbinsel Hel gelegene Hel (Hela) ist ein hübscher Ferienort. Im Hafen finde ich nach einigem Fragen den winzigen Verkaufsschalter für die Fährtickets. Es ist vier Uhr, um fünf geht die nächste (und letzte) Fähre nach Zoppot. Hervorragend.

Nun habe ich also nach eine knappe Stunde, um mich hier umzusehen. Ich fahre ca. zwei Kilometer über einen holprigen Waldweg zum Strand an der Spitze der Halbinsel und wate barfuß im Wasser den Strand entlang.





Schade, dass ich mich hier nicht länger aufhalten kann; hätte ich noch einen Tag mehr Zeit gehabt, hätte ich gerne hier übernachtet.

Die Fähre ist ein recht großes Schiff, und es ist ziemlich voll. Die Verbindung wird von Einheimischen und Touristen rege genutzt, und um mich herum höre ich Polnisch, Englisch, Deutsch und sogar Spanisch.

Der Blick zurück nach Hel



Ich bin nicht der einzige Fahrgast mit Fahrrad.



Hier draußen auf offener See ist es doch recht kalt und windig. Die meisten Fahrgäste ziehen sich unter Deck zurück, ich harre auf Deck aus und genieße den Blick auf die sich langsam nähernde Küste der Trojmiasto, der „Dreistadt“ Gdingen-Zoppot-Danzig. An der Seebrücke von Zoppot legt das Schiff an. Es ist etwa halb sieben. Ich erinnere mich, wie ich auf meiner letztjährigen Tour Dresden-Danzig am letzten Abend an der Uferpromenade entlanggeradelt bin und für den Zutritt auf diese Seebrücke einige Zloty Eintritt zahlen musste.



Ich lasse an gleicher Stelle wie letztes Jahr ein Foto von mir machen.



Ab hier könnte ich für den weiteren Verlauf des letzten Abends (und nächsten Vormittags in Danzig) eigentlich auf meinen Bericht von letztem Jahr verweisen. Auf der letztjährigen Tour von Dresden nach Danzig über Poznan (Posen), Torun (Thorn) und Bydgoszcz (Bromberg) hatte ich es aus Gründen der knappen verbleibenden Zeit und des Wetters mit dem Rad nur bis Kwidzyn (Marienwerder) geschafft und habe nach Malbork (Marienburg), wo ich ausgiebig die Ordensburg besichtigt habe, und dann bis Gdingen den Zug genommen, um von dort die Küste südwärts über Zoppot nach Danzig zu radeln. Als ich in Gdingen aus dem Zug stieg, war es ähnlich spät am Abend wie heute, und da ich nicht sicher war, wie lange die Rezeption meines Hotels (dasselbe, das ich auch für heute Abend gebucht habe, vor drei Tagen in Ustka per Internet, Hotel Gryf) geöffnet sein würde, hatte ich mich beeilt und konnte die etwa 30 km lange Fahrt entlang der Küste der Trojmiasto nicht richtig genießen.

Ich fasse also für den verbleibenden Abend folgenden Plan: Ich will den Abend gerne an der Küste verbringen statt in Danzig. Inzwischen weiß ich, dass im Hotel Gryf die Rezeption rund um die Uhr besetzt ist. Ich werde also nordwärts bis Gdingen radeln, und anschließend wieder zurück nach Zoppot (passender wäre es gewesen, wenn die Fähre gleich nach Gdingen gefahren wäre). Hier werde ich an der Uferpromenade zu Abend essen, und es reicht ja, wenn ich gegen Mitternacht im Hotel bin (von Zoppot ins Zentrum von Danzig sind es noch etwa 12 km, und den Weg zu meinem Hotel kenne ich ja von letztem Jahr).
Kurz vor halb acht komme ich in Zoppot los.



Zwischen Zoppot und Gdingen gibt es keinen Weg an der Küste, man muss entlang einer vierspurigen Hauptstraße, die zwar über Radwege verfügt, die ich aber um des zügigen Vorankommens willen ignoriere. Die Strecke kenne ich noch von letztem Jahr und finde mich gut zurecht. Kurz vor Gdingen gibt es wieder eine Uferpromenade mit Radweg.



Das linke Knie ist wieder recht gut belastbar, ich schaffe die ca. 15 km bis kurz nach acht. Auf der Hafenmole im Zentrum von Gdingen mache ich dieselben Fotos wie letztes Jahr, wieder bei tiefstehender Abendsonne.







Dann geht es wieder zurück nach Zoppot, über die Uferpromenade



und die vierspurige Hauptstraße.



Wieder in Zoppot angekommen, ist es bereits nach halb zehn,



und die Restaurants an der Uferpromenade haben offenbar bereits geschlossen. Ich suche aber auch gar nicht weiter, als ich eine Bar direkt am Strand sehe, die noch geöffnet hat. Hier kann ich, obwohl es nun doch schon recht frisch ist, draußen sitzen mit Blick auf den Strand, das Meer und die Lichter von Danzig. Hier gönne ich mir einen Rotwein; dass kein Essen mehr serviert wird, stört mich nicht; sie haben noch Tortilla-Chips mit Käsesauce, das genügt mir so spät am Abend. Um halb elf schließt die Bar, ich kann aber mit meinem letzten Glas Wein auf der Terrasse am Strand sitzen bleiben und den Abend in aller Ruhe ausklingen lassen.



Nun geht es die ca. 12 km nach Danzig ins Hotel. Zunächst weiter entlang der Uferpromenade, dann finde ich schnell die Stelle, wo ich in die Stadt abbiegen muss. Ich finde den von letztem Jahr bekannten Weg ohne Probleme – immer geradeaus entlang der großen Hauptstraße „al. General Hallera“ und vor der Bahnlinie nach links, bis kurz vorm Hauptbahnhof. Als ich das Hotel Gryf erreiche, ist es tatsächlich Mitternacht.

Ich bin zufrieden mit dem Verlauf des heutigen, letzten Tages. Alles hat prima geklappt. Aus meinem Zimmer habe ich wie letztes Jahr einen Blick auf das Denkmal der gefallenen Werftarbeiter .



Den morgigen Vormittag habe ich noch zur Verfügung, um mir Danzig anzusehen. Für den Berlin-Warschau-Express ab Poznan (Posen) um 17.28 Uhr und im Intercity von Berlin nach Dresden habe ich schon vor einigen Wochen reserviert; für die Fahrt bis Posen habe ich gestern Abend im Internet eine durchgehende Schnellzug-Verbindung (TLK) ab Danzig um 12.48 Uhr recherchiert. Letztes Jahr hatte ich auch den Berlin-Wahrschau-Express ab Posen zur selben Uhrzeit, aber bis Posen ging es nur mit zwei Nahverkehrs-Bummelzügen, aus denen dann pannenbedingt drei wurden, und es ging in Danzig auch schon um kurz vor elf los. Gab es den durchgehenden TLK letztes Jahr noch nicht oder habe ich ihn übersehen? So habe ich jedenfalls morgen noch etwas mehr Zeit in Danzig und beschließe, jedenfalls bis neun auszuschlafen.

11. Tag (02.06.2014), Zugfahrt Gdansk (Danzig)-Dresden

Gegen neun stehe ich auf und packe. Der Tag verläuft fast genauso, wie der letzte Tag meiner letztjährigen Polenreise; wäre die Speicherkarte voll gewesen, hätte ich auch aufs Fotografieren verzichten können und hier die Bilder vom letzten Jahr verwenden können.
Auf dem Weg in die Innenstadt komme ich am Hauptbahnhof (Gdansk Glowny) vorbei und besorge mir Fahr- und Fahrradkarte für den TLK nach Posen.







Durch das Goldene Tor gelange ich in die Alte Rechtstadt.





Im selben Café wie letztes Jahr am Langen Markt (Dlugi Targ) bekomme ich dasselbe leckere englische Frühstück wie letztes Jahr.



Das Rechtstädtische Rathaus mit dem Neptunbrunnen





Da ich von letztem Jahr bereits einen Eindruck von der Stadt habe, muss ich mir nicht mehr allzu viel ansehen, sondern setze mich auf dem Langen Markt noch in ein Café und lasse in Ruhe die Szenerie vor den prächtigen Altstadthäusern auf mich wirken.
Das Ufer der Motlawa (Mottlau) mit dem berühmten Krantor





Rechtzeitig bin ich am Bahnhof.



Der TLK besteht aus Abteilwagen ohne ausgewiesene Fahrradstellplätze. Aber ich weiß inzwischen ja aus Erfahrung: Fahrradtransport immer am Ende des ersten und letzten Wagens. Also platziere ich mein Rad an der Zugspitze hinter der Lok.



Die Fenster der Wagen lassen sich noch öffnen, was es in Deutschland seit Längerem fast gar nicht mehr gibt.



Im Zug schreibe ich noch ein paar Postkarten, die beim Umstieg in Posen noch in den Briefkasten müssen. Der Umstieg in Posen klappt problemlos, ich habe etwa eine Stunde Zeit. Der Hauptbahnhof (Poznan Glowny) ist mir schon vertraut, ich bin letztes Jahr auf der Radreise hier eingestiegen, um ein Stück mit dem Zug abzukürzen, und auf der Rückfahrt hier ebenfalls in den Berlin-Warschau-Express umgestiegen.



Der kommt dann auch pünktlich.





Das Pastagericht im Speisewagen schmeckt hervorragend.



Wir überqueren die Oder bei Frankfurt.



Kurz vor halb neun bin ich am Berliner Hauptbahnhof.






Das letzte Fotomotiv ist fast dasselbe wie letztes Jahr, und auch den letzten Satz des Berichts kann ich wieder verwenden: „Dank der geräumigen Aufzüge gelange ich problemlos ins Tiefgeschoß, wo der Intercity nach Dresden abfährt. Kurz vor 23 Uhr bin ich wieder in Dresden.“

Epilog

Es war eine gelungene Reise, trotz überwiegend falscher Windrichtung und Knieproblemen. Die Tour entlang der Ostseeküste war abwechslungsreicher, als ich vorher gedacht hatte. Landschaftlich besonders gefallen haben mir die endlosen Sandstrände, die sich entlang der gesamten Küste erstrecken, und die kilometerlangen Alleen.

Es war wohl gut, dass ich nicht in der Hauptsaison unterwegs war, ich kann mir vorstellen, dass dann die Strandorte überfüllt sind und es schwer sein kann, eine Unterkunft zu finden, sei es in Hotels, sei es auf Zeltplätzen. Und der Verkehr auf den küstennahen Straßen dürfte dann auch stärker sein. Allerdings hatte ich in der Vorsaison eben bisweilen das Problem, dass in den kleineren Orten manche Hotels, Campingplätze und Restaurants geschlossen waren.

Schade, dass ich es dann doch nicht mehr, wie anfangs angedacht, über Danzig hinaus bis auf die Frische Nehrung geschafft habe, womit ich den gesamten polnischen Anteil an der Ostseeküste abgedeckt hätte. Und mit ein paar Tagen oder einer Woche mehr Zeit hätte man dann noch weiter nach Masuren fahren können, über das ich auch schon einige Radreiseberichte und Beiträge im Forum gelesen habe. Vielleicht das nächste Mal, wenn ich mal wieder nach Ideen für eine Polen-Radtour suche…