Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien)

von: Tom72

Re: Radreise Frankreich/Nordspanien (Lyon-Kantabrien) - 13.12.14 20:37

Eine kleine Korrektur: Der erste Ort in Spanien, wenn man bei Hendaye die Grenze überquert, ist Irún, nicht, wie ich schrieb, Hondarrabia, durch das ich erst anschließend gekommen bin. Der Schauplatz meiner ersten Cerveza in Spanien war somit Irún.

18. Tag (08.10.2012), Donostia-San Sebastián – Getaria

Strecke: 31 km

Fahrzeit: 2 Std. 17 min.


Heute lasse ich es ruhig angehen, mache wenig Strecke und sehe mich dafür vormittags und Mittags in San Sebastián um. Die Stadt ist wirklich sehenswert und lohnt den halben Tag Aufenthalt. Wohl auch, weil seit dem 19. Jahhundert die spanische Königsfamilie hier regelmäßig ihre Sommerfrische verbrachte, hat sich San Sebastián früh zu einem bedeutenden und eleganten Badeort entwickelt, vom Flair mit Biarritz vergleichbar. Es gibt daher nicht nur die Altstadt mit den charmanten Gassen, in denen ich gestern den Abend verbracht habe, sondern auch prächtige Viertel, teils im Jugendstil, aus dem frühen 20. Jahrhundert. Einen Kontrast dazu bietet ein futuristisches Kongresszentrum, das aus irgendeinem Grund den deutschen Namen „Kursaal“ trägt.

Die Brücke Puente de la Zurriola im Jugendstil (Modernismo), im Volksmund auch „Puente del Kursaal“ genannt.



Nun gelange ich auch an den Hausstrand von San Sebastián, die Playa de la Concha („die Muchschel“), mit der ich gestern den kleineren Strand, an dem ich zunächst angekommen war, verwechselt habe.









Der Blick über die Bucht ist herrlich. Ganz rechts sieht man den Monte Igueldo mit seinem Leuchtturm. Über dieses kleine Gebirgsmassiv wird mich nachher mein Weg an der Küste entlang aus der Stadt heraus weiter nach Westen führen.



Ich sehe mich ein wenig kreuz und quer in der Stadt um, mache ein paar Besorgungen, hole im Tourismusbüro einige Informationen ein, insbesondere zum Zugfahrplan auf der Schmalspurstrecke für die Rückreise, und stärke mich in der Altstadt nochmal mit ein paar Pintxos (sie werden auch in den kommenden Tagen den Hauptbestandteil meines morgendlichen, mittäglichen und abendlichen Speiseplans ausmachen – sehr lecker und sehr praktisch). Dann verlasse ich nach drei Uhr endlich die Stadt Richtung Westen.

Meine Michelin-Karte verzeichnet zwischen San Sebastián und der nächsten Flussmündung, der des río Oria, eine kleine küstennahe Passstraße mit einem offenbar namenlosen Pass von 407 m Höhe, nur unwesentlich niedriger als der gestern befahrene Jaizkibel. Auch diese Straße stellt sich als Glücksgriff heraus – landschaftlich traumhaft, kaum Autoverkehr, immer wieder Ausblicke aufs Meer, im Grunde genauso wie gestern bei der Fahrt über den Jaizkibel. Hier der Blick zurück auf den Leuchtturm auf dem Monte Igueldo.



Autos begegnen mir fast nicht, das Sträßchen windet sich malerisch empor durch grüne Weiden mit Kühen und Pferden.







Der Blick Richtung Westen. Bei genauem Hinsehen erkennt man, farblich etwas dunkler abgesetzt, zwischen den grünen Wiesen im Vordergrund und der Küstenlinie ganz im Hintergrund die wegen ihrer Form „Ratón“, „Maus“, genannte Landzunge, die meinem heutigen Etappenziel, Getaria, vorgelagert ist. Die Entscheidung, wie weit ich heute kommen würde, ist aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefallen.



Ich komme über den Pass (407 m laut meiner Karte),



dann geht es landschaftlich genauso reizvoll wieder abwärts zur Mündung des río Oria, wo ich im Örtchen Orio den Fluss überquere. Ab hier muss ich einer etwas stärker befahrenen Nationalstraße (N 634) folgen. Die spanischen Autofahrer sind jedoch, gerade in Regionen wie dieser, die bei Radsportlern beliebt sind, Radlern gegenüber sehr rücksichtsvoll. Auch diese Straße verläuft mit regelmäßigen Ausblicken aufs Meer, und auch hier gibt es, wie im gesamten Verlauf der spanischen Atlantikküste, zahlreiche Höhenmeter zu überwinden.



Der nächste Küstenort ist Zarautz. Obwohl ich heute noch überhaupt nicht weit gekommen bin und es noch nicht allzu spät ist, überlege ich, die heutige Etappe hier enden zu lassen.



Irgendwie sagt mir der Ort für eine Übernachtung aber nicht wirklich zu, warum, kann ich nicht sagen, es ist mehr so ein Bauchgefühl. Meinem Reiseführer entnehme ich, dass das nur wenige Kilometer weiter gelegene, deutlich kleinere Fischerörtchen Getaria (spanisch Guetaria) wesentlich reizvoller zu sein scheint, was sich dann auch als zutreffend herausstellt. Die Straße verläuft bis dahin ohne weitere Höhenmeter direkt unten an der Küste, also fahre ich weiter. Man kann bereits von Zarautz den Getaria vorgelagerten Felsen sehen, der, da seine Form entfernt an eine Maus erinnert, „el Ratón“ genannt wird.



Dort angekommen, bin ich sofort zufrieden mit der Wahl des Ortes als Etappenziel. In den malerischen, verwinkelten Altstadtgassen dauert es etwas, bis ich ein preiswertes Zimmer finde, ich werde aber schließlich in einer einfachen, sehr netten Pension fündig.

Da es sich um einen Fischerort handelt, gibt es heute Abend keine Pintxos, sondern ich setze mich auf die Terrasse eines der zahlreichen Fischrestaurants direkt am für einen so kleinen Ort recht großen Fischereihafen. Zum Fisch gönne ich mir einen Txakolí, den Weißwein, der in dieser Region angebaut wird. Ein besonderes Geschmackserlebnis ist jedenfalls der, den ich hier serviert bekomme, aber nicht.



Jetzt, spätabends, herrscht im hellerleuchteten Hafen reges Treiben. Mehrere Fischkutter fahren hinaus auf nächtliche Fangfahrt.



Auf dem Weg zurück zu meiner Pension fällt mir eine Statue auf. Es ist der hier in Getaria geborene Juan Sebastián de Elcano (1487-1526), einer der Kapitäne von Magellans Weltumseglung. Sein Schiff war das einzige, das nach vollendeter Reise nach Spanien zurückkehrte.



Fortsetzung folgt…