Re: Patagonien - (Chile und Argentinien)

von: Rennrädle

Re: Patagonien - (Chile und Argentinien) - 14.02.15 14:28

Montag 17.3.14
Laguna Chiguay-Villa Cerro Castillo 38 km 325hm 2:37h:


Dies wird der für mich beeindruckendste Tag der Reise werden, nur dass ich es morgens noch nicht weiß. Es wird nun erst um 8 hell und es hat nur 1°C, aber weiterhin sonnig. Der Herbst ist nun eindeutig da und die Tage werden kürzer. Wir ziehen uns warm an, denn wir haben gleich eine Abfahrt von 200hm. Es geht dann sehr moderat ein Tal hoch. Die Steigung ist einfach und wir rollen recht locker die 300hm hoch. Eigentlich dachte ich, dass es landschaftlich nicht schöner und beeindruckender geht, aber ich bin doch wieder eines besseren belehrt worden. Das Tal mit den umliegenden Bergen ist wunderschön und so ist die Fahrt durch solch eine Landschaft sehr kurzweilig.










Aber es kommt noch beeindruckender. Nachdem wir den höchsten Punkt Portezuelo Ibanez (1320hm) erreicht haben und die Abfahrt beginnt, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bei bester Fernsicht und klarem Himmel kommen weitere Gletscherberge zum Vorschein. Die Landschaft schichtet sich wie in einem 3D-Film mit einer unglaublichen Tiefe bis an den Horizont. Der Berg Cerro Castillo mit seinen Felsspitzen toppt das alles. An der markanten Stelle, von der man die darunter liegenden Serpentinen sieht, machen wir Mittagspause. Eine schönere Aussicht zum Essen kann man kaum haben.





Die Abfahrt über die Serpentinen filme ich beim fahren. Nach Villa Cerro Castillo geht es locker in 10km bergab.





Obwohl es erst 3Uhr am Nachmittag ist, suchen wir uns eine Hospedaje. Ab morgen geht es wieder auf Schotter und es gibt für die nächsten gut 100km weder Unterkunft noch Campingplatz.

Ja! Den habe ich mir verdient, auch wenn ich ihn nicht geschafft habe!




Dienstag 18.3.2014
Villa Cerro Castillo - weiter am Rio Ibanez 31km 464hm 3:28std und 2 Stunden Wanderung:


Wir verlassen den Ort und wir müssen wieder auf den Schotter für die nächsten 300km. Und er begrüßt uns gleich von der übelsten Sorte. Aber das Wetter ist perfekt. Blauer Himmel, Sonne pur und schon relativ warm. Schon nach 2km erreichen wir den Abzweig zu den Felsenmalereien. Das wollen wir uns anschauen. Wegen dem Schotter lassen die die Räder schon nach wenigen hundert Meter stehen und gehen zu Fuß weiter. Die Beschreibung und auch die Ausschilderung sind nicht besonders gut, so wird dies letztendlich ein 2 Stundenausflug. Der Ranger ist total nett und ich glaube, er freut sich einfach, dass Besucher kommen. Erst dürfen wir mit seinem Fernglas die umliegende Landschaft und die eisbedeckten Berge anschauen. Echt toll. Danach geht es ca. 15min über einen sehr schön gerichteten Pfad zu den gemalten Händen, die schon 30000 Jahre alt sind. Es war mal eine Höhle, die eingestürzt ist, daher sind nicht viele erhalten geblieben. Man sieht auch deutlich die Spuren der Gletscher.



Später zurück an den Rädern, geht der eigentliche Radeltag erst richtig los. Die Straße windet sich durch Felsen, Schluchten und Hängen hoch. Die Straße wird nicht besser, nur mal ein Abschnitt von ca.5 km ist einigermaßen befahrbar. Wir müssen häufig stoppen und schieben, da der Schotter entweder zu tief und brutal wellig ist oder der festgefahrene Belag nur Löcher hat. Zudem ist es sehr staubig, d.h. die Autos und vor allem die Lkws stauben uns total ein. Das ist der Preis, den man bei trockenem Wetter bezahlen muss – entweder nass dafür ohne Staub, oder trocken und dafür mit Staub.

Für die Mittagspause finden wir einen Platz mit toller Aussicht. Das sind wieder die Momente der Belohnung. Auch die wunderschöne Lagune Verde mit ihrem unglaublichen blau-grün ist klasse.






Weiter geht es, ich nenne es jetzt auch mal quälend, an dem Fluss entlang, aber jetzt auch noch mit starkem Gegenwind. So ist nach 30km Schluss, aber bei 2Stunden wandern und dreieinhalb Stunden "radeln" reicht es auch. Ach ja, seit 30 km läuft uns ein Hund hinterher und wir wissen nicht, wie wir ihn bewegen können, wieder heim zu tappen.



Zum wild zelten finden wir einen relativ windgeschützten total schönen Platz. Wir filtern direkt aus dem Fluss viel Wasser für den Abend und auch schon zum trinken für den nächsten Tag.



Zum Essen gibt es Polenta mit Gemüse und Oliven, Schokolade zum Nachtisch und zweimal heißen Tee. Der Wind wird noch stärker und uns ist es kalt. So verzieht sich jeder schon um halb neun ins Zelt, wo es schön warm ist.

Mittwoch 19.3.2014 20km, 425hm, 2:38std


Die Nacht wurde noch sehr stürmisch und wir wurden vom Sand arg eingestaubt. Egal ob im Tee, Müsli oder Taschen, es knirscht ordentlich. Das Zelt ist eher braun als grün. Um 10 Uhr geht es los, gegen den starken Wind und auf schlechter Piste.





Für die ersten 10km recht eben am Rio Ibanez, vorbei am Bosco Muerte. Ein toter Wald, der durch einen Vulkanausbruch meterhoch mit Asche eingedeckt wurde und an dem die Bäume dann eingegangen sind.



Die Straße ist kaum befahrbar und wir mühen uns sehr. Die Straße verlässt das Tal und steigt ordentlich an, aber endlich auf recht gutem erdigen Belag. Leider nach wenigen Kilometern wieder die üble Piste. Nach 20km machen wir kurze Mittagspause. Zum kalten Wind, ja eher Sturm, kommt nun auch Nieselregen – das Wetter schlägt um und wir merken, dass es besser ist, per Auto zu trampen. Wir haben schon mehrmals versucht, von Trucks oder von Bussen mitgenommen zu werden, aber alle waren voll oder haben nicht angehalten. Direkt am Rastplatz versuche ich es nochmal und tatsächlich, ein in Chile arbeitende Deutsche (Stefan) hält und ist total nett und nimmt uns mit. Selbst der Jeep mit 4-Radantrieb schwimmt enorm auf der Piste.



Es geht 50km durch das Murtatal nach Puerto Tranquilo. Kurz davor haben wir zum ersten Mal grandiose Aussicht auf den Lago Generale. Der zweitgrößte See von Südamerika, der auch unter dem Namen Lago Buenos Aires weit nach Argentinien hineinreicht.




In Puerto Tranquilo nehmen eine warme Cabana und sind heilfroh, nicht bei dem immer stärker werdenden Sturm in den Bergen übernachten zu müssen. Wir hätten mind. noch 2 Tage für die Strecke benötigt. Zum Abendessen gibt es Gemüsereis und Lachs.



Donnerstag 20.3.201414 Ruhetag
Nach der stürmischen Nacht stehen wir erst halb neun auf. Wir machen einen Bootsausflug zu den Marmorhöhlen, wunderschön ausgewaschene Felsformationen Die Bootsfahrt ist wegen den starken Wellen ganz schön ruppig.














Freitag 21.3.2014 Der Ruhetag war für einen Gletscherausflug vorgesehen, aber mit fast 200€ uns dann doch zu teuer. So genießen wir den Tag mit lesen und nichts tun. Nur ein kurzer Spaziergang führt uns zum Friedhof, der auch sehr beeindruckend ist.




Das Wetter sonnig



Das Essen ist lecker


Aber immer noch sehr stürmisch


Samstag 22.3.2014
Villa Rio Tranquilo - 3km vor Cruce El Maiten 48km 4:23std 882hm:


Nach 2 Ruhetagen geht es weiter. Wir sind gespannt, was uns speziell an Schotter erwartet. Mit deutlichem Rückenwind geht es gen Süden. Die Straße hat sehr viel Wellblech, aber da keine großen Steine sondern nur der feine Schottersand rumliegt, geht es ganz gut und deutlich besser als zuvor. Es ist schon morgens so warm, dass wir mit kurzer Hose bei bestem Wetter starten. Dennoch ist die Strecke anspruchsvoll. 20 km Rückenwind und fast 500hm, dann 10 km starker Gegenwind und dann nochmals 18km richtig starker Rückenwind und gute Straße. Die Straße führt immer mit Sicht auf den Lago General mit seinem unglaublich türkisfarbenen Wasser vor der Bergkulisse mit 4000er und Gletscherpanorama. Es ist eine sagenhafte Kulisse in der wir fahren.





Nach 30km biegen wir von der Straße ab und suchen uns einen windgeschützten Platz zum Mittag. Als wir uns gerade hinsetzen, kommt ein kanadisches Paar ebenso an diese Stelle mit der gleichen Idee. So machen wir gemeinsam Pause und unterhalten uns sehr angenehm. Sie sind über ein Jahr unterwegs, vom Nordkap durch Europa, den Oman und nun Südamerika nordwärts. Heute ist auch irgendwie internationaler Radlertreff, denn uns begegnen insgesamt neun Radler. Wir überlegen noch, nach Puerto Guadal zu radeln, machen es aber nicht, da wir ansonsten 12km starken Gegenwind hätten. Wir finden kurz vor dem Straßenabzweig El Maiten einen netten aber überteuerten Campingplatz. Zum Abendessen gibt es Polenta, müssen aber um 20 Uhr wegen aufkommenden Regen in die Zelte.

Sonntag 23.3.14
10km hinter Puerto Guadal, 25km, 2:51std, 539hm


Sonne pur! Morgens um 8 Uhr hat es null Grad und an manchen Flecken der Wiese Bodenfrost. Wir sind aber beide gut ausgerüstet, dass wir im Zelt nicht frieren. Darin ist es auch ca. 10 Grad wärmer. Aber morgens dann raus zu gehen, ist echt eine Überwindung. Wir kommen auch recht spät weg, es ist schon fast 11 Uhr. Die ersten 5km bis zur Cruce El Malten gehen recht flott, dann wird aber die Piste wieder so schlecht. Unendlich viel Wellblech und viele Anstiege fordern viel Tribut. Aber die Strecke entlang am See ist mit seinen Farben toll, dazu nun die deutliche Herbstfärbung. Man sieht auch im Rücken das große Gletscherfeld, das sich über viele Gipfel ausbreitet.



Die Entscheidung, nicht über Villa O’Higgins und die Seen nach El Chalté zu fahren, ist schon vor einigen Tagen gefallen. Der Herbst ist schon zu weit fortgeschritten, wir „müssen“ die vorletzte oder letzte Fähre bekommen und was, wenn nicht? Dann stecken wir in der Sackgasse. Daher geht es am südlichen Ufer des Lago General nach Argentinien – eine sehr anspruchsvolle Strecke von 140km.



Wir merken schnell, dass wir die angestrebten gut 40km heute nicht schaffen werden. Bei 24 km kommt unerwartet eine Hospedaje und obwohl es erst kurz nach drei Uhr ist, entscheiden wir uns zu bleiben. Eigentlich zu früh zum aufhören, aber wieder wild zelten ohne Dusche am Abend, das wollen wir uns nicht antun. Wir landen so bei einem älteren Paar, bei denen Kinder und Enkel zu Besuch sind. Die Unterkunft ist sehr einfach, aber herzlich. Leider verstehe ich wieder zu wenig und kann mich nicht mit ihnen unterhalten. Wir sitzen erst eine Weile im schönen blühenden Garten. Weil ich zu ungeduldig bin und weil ich das Spanisch nicht verstanden habe, ist meine Dusche kalt. Wir haben auch Abendessen bestellt, mal schauen was es gibt. Abendessen und Unterkunft kostet 10000 Pesos, das sind 13€. Frühstück werden wir morgen auch nehmen.


Am Spätnachmittag bin ich nochmal ums Haus gelaufen. Drei Hunde, Hühner, Gockel, viele junge Bibberle, Gänse, viele Apfelbäume, Gewächshaus und geschlachtetes Fleisch zum Trocknen. Das chilenische alte Ehepaar versorgt sich viel von Eigenanbau. Das Haus ist einfach aber es scheint, als wenn es ihnen recht gut geht. Gute Holzöfen, Tiefkühltruhe und so was wie eine Waschmaschine.



Montag 24.3.2014 ; 47km 624hm 4:06min


Das Frühstück ist einfach aber mit lecker selbst gemachter Marmelade und die Brötchen waren nicht solche Panzerplatten, wie wir es auch schon erlebt haben. Es geht wieder auf die Piste. Viel auf und ab, allein 500hm auf den ersten 20km. Nach dem Radführer geht es teils auf einer Ebene, aber dass es dreimal in eine Schlucht runter und natürlich wieder hoch geht, verschweigt er freundlicherweise. In Mallin Grande nach 20km machen wir Kaffeepause. Danach kommt ein ziemlich gutes Stück, bis die Straße wieder sehr schlecht wird. Wir haben noch 75km bis Chile Chico, und wie wir das einschätzen, kommt der schwierige Teil noch, auch ohne Unterkunft, d.h. wild zelten in schwierigem Gelände.

Dafür würden wir über zwei Tage benötigen. Wir entscheiden uns, zu trampen, um mehr Zeit für El Chalten zu haben. Es gelingt uns tatsächlich, trotz ganz geringem Verkehr, dass einer der ersten hält. Ein Mann mit einem Holztransport. Die Räder und Gepäck alles hinten aufs Holz, wir mit vorne rein. Er kennt offensichtlich die Strecke und das ist gut so, denn sie ist sehr abenteuerlich und gefährlich. Viel Steinschlagbrocken liegen auf der Straße, wild zelten wäre fast unmöglich gewesen und der Schotter und die Piste extrem schwierig. Wir sind über unsere Entscheidung ausgesprochen erleichtert. Die Landschaft und die Aussicht auf den riesigen Lago General sind atemberaubend. Nach gut zweieinhalb Stunden haben wir die 75km geschafft und kommen bei starkem Sturm in Chile Chico an. Wir geben dem Fahrer umgerechnet 30 €, für ihn unerwartet und sicher viel Geld, für uns aber gerechtfertigt und angebracht. Nach einem Kaffee und Sandwich radeln wir noch die ca. 12km nach Argentinien nach Los Antiguos. Wir finden ein liebloses Hotel. Egal. Ein kühles Bier lässt den Abend ausklingen.




Dienstag 25.+26.3.2014
Los Antiguos- Puerto Moreno 4:43std 500hm 69km und Nachtbus nach El Chalten


Das frühe Aufstehen ist nicht so unser Ding um den Morgenbus nach El Chalten zu nehmen. Daher entschließen wir uns, nach Perito Moreno zu radeln und von dort aus am späten Abend den Nachtbus zu nehmen. Das Frühstück in dem Hotel in Los Antiguos ist genauso lieblos, wie alles andere auch. So hält uns dort nicht viel. Wir radeln zuerst nochmals zu dem Busterminal um evtl. den Nachtbus ab Puerto Moreno zu buchen, aber da sind keine Schalter besetzt. So geht es nochmals in den Ort auf einen Kaffee. Wir haben viel Zeit, denn nach Puerto Moreno sind es nur knapp 60km und der Nachtbus fährt erst um 22Uhr abends.

Das Wetter ist weiterhin hervorragend und recht warm. Später fahre ich sogar in T-Shirt und kurzer Hose. Die Strecke ist öd und leer, die Straße annähernd nur gerade und kaum Anstiege, nicht mal Schotter! Da können 60km sich echt wie Kaugummi ziehen. Die einzige Abwechslung ist eine Kirche an der Straße im Nichts und der schöne Blick auf den argentinischen Teil des Sees, der hier nun Lago Buenos Aires heißt.






Dennoch hat die Ödnis auch ihren Reiz und auch der Blick auf die immer kleiner werdenden Berge ist beeindruckend. Nach der Hälfte machen wir am Straßenrand im Schotter Mittagspause inklusive Sonnenbad und Blick auf den See. Die zweite Hälfte der Strecke läuft besser, der Wind beginnt zu schieben und so erreichen wir kurz nach 4 Uhr Perito Moreno, ein Ort im Nichts, alles staubtrocken wie Wüste. Der Busterminal ist gleich gefunden und wir kaufen die Tickets für den Nachtbus. Danach müssen wir 5 Stunden in einem Cafe totschlagen und wir gehen noch essen. Aber das argentinische Steak ist nicht gut, zu trocken, daher auch zäh. Habe mir vom argentinischen so gepriesenem Steak mehr erwartet. Um kurz nach neun abends fahren wir zum Busterminal und verpacken das Gepäck in den großen Säcken. Kurz darauf kommt der Bus. Die Vorderräder noch raus und los geht die 600km lange Fahrt durch die Nacht nach El Chalten. Später dann auch auf übelster Wellblechpiste. Schlafen ist nur bedingt möglich und so kommen wir um 7 Uhr morgens an. Es ist noch dunkel. Wir verziehen uns erst mal in das Cafe am der Tankstelle auf einen Kaffee und Media Lunas, kleine süße Croissants. Der Fiz Roy ist auch toll anzusehen und die ersten Fotos werden gemacht. Die Suche nach einer Cabana verläuft auch gut. Nach einer Dusche lege ich mich erst mal aufs Ohr. Später geht es noch in den Ort, Wäsche waschen und es sich gut gehen lassen.