Re: Patagonien - (Chile und Argentinien)

von: Rennrädle

Re: Patagonien - (Chile und Argentinien) - 14.02.15 14:35

Mittwoch 27.3.14 El Chalten zweiter Tag.


In der Nacht hat der Sturm seine ganze Kraft gezeigt und zudem hat es stark geregnet. Es ist schon merkwürdig – immer wenn wir Ruhetage haben, kommt der Regen. Aber lieber so, als während dem Radfahren. Wir schlafen lange aus und frühstücken spät. Dann gehen wir in die nahegelegene Tankstelle auf einen zweiten Kaffee und freies sehr langsames Internet.

Ab Mittag reißt die Wolkendecke auf und die Sonne scheint. So entscheiden wir uns, zu dem Aussichtspunkt Mirradior los tres Torres zu laufen. Diese drei Haarnadelspitzen Berge sind hinter dem Fiz Roy, darunter ein Gletscher mit See. Nach einer Stunde sind wir schon am Aussichtspunkt.



Bis zu dem Gletschersee sollen es noch eindreiviertel Stunden sein. Naja, wir laufen mal weiter. Ich bestelle mal per Express wolkenfreie Aussicht auf die Tres Torres, die bitte in gut einer halben Stunde eintreffen sollen. Ihr werdet es nicht glauben, aber die Berggipfel wurden fast wolkenfrei. Letztendlich sind wir die komplette Strecke hin und zurück, insgesamt waren es 6 Stunden. Aber die Berggipfel, Gletscher und die Herbstfarben der Pflanzen waren einfach zu fantastisch, um vorher umzudrehen. Meine Knie tun weh und alle Muskeln meckern gerade ganz schön, aber es war ein sehr erfüllender Tag.








Donnerstag 28.3.14 El Chalten dritter Tag absoluter Ruhetag.
Internetcafe und ein ganzes Buch gelesen. Wäsche zum Waschen gebracht, sonst wirklich nur faul. Hildegard war den ganzen Tag auf großer Wanderung, ich habe meinen Beinen eine Ruhe gegönnt. Tut auch mal richtig gut, gar nichts zu unternehmen.




Freitag 29.3.14 Glacier Viedma

Das Wetter ist zwar durchwachsen mit Sonne, es ist auch ein wenig Regen gemeldet, trotzdem haben wir einen Gletscherausflug zum Lago Viedma und dem gleichnamigen Gletscher gebucht. In Chile war uns dies mit umgerechnet fast 200€ wirklich zu teuer, aber hier in Argentinien ist dies mit 80€ echt machbar. Um 11 Uhr geht der Bus zum Bootsanleger und mit dem Boot eine gute halbe Stunde an den Gletscherabbruch.





Vorbei an abgebrochenen Eisbergen die nun mit unglaublichen Formen und Farben im Wasser schwimmen. Wir erleben auch einen recht großen Gletscherabbruch. Er kalbt, wie man sagt. Das Boot ist aber in sicherem Abstand und so ist die Welle keine Gefahr. Ich mache viele tolle Fotos.

Dann geht es an Land und wir wandern, besser klettern, über die unglaublich abgeschliffenen Felsen bis zu einem seitlichen Rand des Gletschers. Die Schleifspuren des Gletschers am Felsen sind gigantisch schön mit wunderschönen Farben und Strukturen. Mich erinnert es teilweise an die Form eines Gehirnes. Auf dem Gletscher legen wir uns Steigeisen an und in 2 Gruppen à 11 Personen geht es auf das Eis. Bald erreichen wir tiefblaues Eis, Spalten und Löcher. Durch einen Tunnel kann man durchlaufen und das Eis ist kristallklar, blau und sehr hart. Echt nur schön.











Meine Wetterbestellung ist wieder gut angekommen und wir haben Sonne, annähernd wolkenfreier Himmel. Wir sind immerhin 2 Stunden auf dem Eis und laufen teils steil auf und ab durch die Eiswälle. Auch der Blick auf den See runter und hoch in die abgeschliffenen Felswände ist beeindruckend. Das blau weiß des Gletschers, darüber der Fels in allen braun rot gelb Tönen und darüber der blaue Himmel.




Ein Farbentraum! Die Rückfahrt mit dem Boot ist ein schöner Ausklang des Tages. Hat sich wirklich gelohnt und es war ein schöner Tag.


Samstag 30.3.14 Olaf baut seinen ersten Schneemann



Wir wollten heute Richtung El Calafate, aber als wir aufstehen, schneit es draußen richtig viel und dicht. Das dauert 2 Stunden an und alles ist weiß. Wir bleiben einen Tag länger als geplant. Um 12 Uhr kommt die Sonne und es wird richtig schön, aber zum losradeln ist es zu spät, denn wir haben eine >100km Etappe vor uns.


Sonntag 31.3.14
El Chalten-Punta Leone 112km 5:56std 313hm


Wir stehen früh auf, denn wir haben eine lange Strecke vor uns. Schon um halb neun sind wir startklar, aber dummerweise hat die Rezeption zum bezahlen noch zu. Eine Stunde warten wollen wir nicht, und so schieben wir das Geld unter der Tür durch. Für die ersten 5km benötigen wir fast eine Stunde. Der Fiz Roy und die umliegenden Berge geben einfach zu viele tolle Radfahrmotive.





Nach 30km gibt es einen kurzen Happen und Pause im Stehen, nach 65km dann die lange Mittagspause mit heißem Tee. Die Landschaft ist trotz Pampa sehr abwechslungsreich. Die noch schneebedeckten Hänge weiß bis auf unsere Höhe, immer der Viednasee zur rechten und die hohen Berge im Rückspiegel. Wir kommen gut voran, auch durch den langsam stärker werdenden Wind. Bei km 88 kommen wir wieder auf die Ruta 40, aber nun müssen wir gegen den Wind. Mit weiteren kurzen Stopps schaffen wir die 112km zu dem einzigen Hotel zwischen El Chalten und El Calafate gut. Eigentlich recht nett, aber mit umgerechnet 50€ viel zu teuer, zumal das Restaurant ungeheizt ist. Auch unser Zimmer braucht Stunden bis es warm ist, aber die Dusche ist super warm.


Montag 1.4.14
Punta Leone- wilder Zeltplatz 35km vor El Calafate 70km 4:30std 453hm:

Wir stehen wieder früh auf, da wir eventuell die 110km nach El Calafate fahren wollen. Das Frühstück ist für argentinische Verhältnisse reichhaltig. Toast mit Käse, Schinken, Butter und zwei Sorten Marmelade. Ich trinke, wie in letzter Zeit häufiger, Matetee. Es geht heute beim radeln aber deutlich langsamer voran, zum einen, weil es hügeliger ist, zum anderen ist die Landschaft noch eintöniger. Das geht auch auf das Radlergemüt und die Lust. Mir macht es zumindest heute nicht so viel Spaß. Die Pampa ist nun wirklich trocken. Fast keine Gewächse mehr, nicht mal mehr die Büschel. Nur Stein, Sand und Staub.



Nach knapp 30km machen wir kurze Pause, aber nach gut 50km ist schon Mittagsrast notwendig und es ist schon früher Nachmittag. Bis dahin haben wir gerade mal die Hälfte der Strecke bis nach El Calafate geschafft. Mein Gefühl hat keine Lust, durchzufahren und meine Hoffnung, einen Platz zum wild zelten zu finden, erfüllt sich am Rio Santa Cruz nach 70km.




Hildegard wäre weiter gefahren, aber sie lässt sich zum Glück darauf ein, an diesem wirklich perfekten Platz zu bleiben. Unter hohen Pappeln, direkt am Fluss und es ist warm und trocken, echt ideal.



Wir bauen die Zelte auf, kochen lecker und hauen alles was wir so noch haben, in die Gemüsepolenta. Nur der Rotwein fehlt. Es wird früh dunkel und so verzieht sich jeder schon um halb neun ins Zelt. Ich lese noch gut eine Stunde, bis ich in eine ruhige Nacht einschlafe.


Dienstag 2.4.14 bis zum Ziel El Calafate, 38km


Wir haben heute nur eine kurze und unsere letzte Etappe und so lassen wir uns viel Zeit mit Aufstehen, frühstücken usw. Es ist mit 9 Grad relativ warm, es geht kaum Wind, die Zelte sind trocken, was will man mehr?

Das Müsli ist total gut weil wir alle Reste aufessen können. Was bin ich froh, dass wir gestern nicht diesen letzten Streckenabschnitt noch gefahren sind. Die Strecke zieht sich und wir haben leichten Gegenwind. Am Ortseingang von El Calafate machen wir unser Zielfoto.



Die Suche nach einer Unterkunft ist auch nicht so einfach. El Calafate ist einfach ein Touristenort und die Preise sind recht hoch. Aber letztendlich finden wir eine nette Hospedaje. Tja - wir sind am Ziel. Auf der einen Seite schade, dass die Tour zu Ende ist, auf der anderen Seite ein tolles Gefühl, es geschafft zu haben ohne Krankheit, Sturz und Panne und mehr als 1400km geradelt zu sein. Ich freue mich aber auch, wieder heim zu kommen.


3.4.14 El Calafate

Mir gefällt El Calafate ganz gut. Ist halt ein Touriort mit vielen Geschäften, aber ich lass mich gern treiben. Hildegards Welt ist dies wohl nicht. Ich merke schnell, dass wir Städte ganz anders empfinden, entdecken und wir darin sehr unterschiedlich sind. Wir holen uns die Bustickets für die Fahrt zum Perito Moreno Gletscher. Und hier wird auch vom Staat echt das Geld mit den Touristen verdient. Alleine der Eintritt mit ca. 20€ kostet fast so viel wie die Fahrt dorthin. Das Wetter ist weiterhin perfekt und richtig warm. Wir sind lange am Gletscher und tingeln nur langsam von einem Aussichtspunkt zum nächsten. Die Sonne verbrennt mir nochmals das Fell. Dauernd ist man in Lauerstellung, dass Eis von der Gletscherkante abbricht. Einen relativ großen sehen wir, die anderen hört man nur. Da ist unglaublich viel Knacken auch im Inneren des Eises zu hören.



Außerdem: Die Strecke zu dem Gletscher wäre eine ganz tolle Tour mit dem Rad gewesen. Am Anfang des Parks, ca 25 km noch bis zum Gletscher, gibt es auch einen Campingplatz. Leider hat uns die Zeit gefehlt. Abends finden wir ein richtig nettes Restaurant mit super guter und bezahlbarer Küche.


Freitag 4.4.14 El Calafate
Eigentlich nur ein Tag der Besorgungen. Taxi für uns und Räder für den nächsten Tag besorgen, Folie zum Räder einwickeln kaufen, und dann alles Überflüssige aussortieren und Taschen packen. Abends nochmals lecker essen gehen in dem gleiche Restaurant wie am Vorabend. Der Kellner freut sich sichtlich, dass wir sein Restaurant zum zweiten Mal besuchen.


Samstag 5.4.14 El Calafate-Buenos Aires
Um kurz vor 10 Uhr holt uns der Taxitransport ab und bringt uns zum Flughafen. Es klappt eigentlich alles gut. Wir sind natürlich wieder die Attraktion am Flughafen, als wir die Räder in 100m Frischhaltefolie packen. Nach dem Start fliegt der Pilot noch eine extra Runde über den Gletscher. Was für eine Aussicht!

Drei Stunden später landen wir und das gesamte Gepäck wohlbehalten in Buenos Aires. Räder wieder zusammenbauen und los geht es 7km abenteuerlich durch die Großstadt. Zum Glück ist es Samstag und wenig Verkehr. Im Hotel gibt es eine böse Überraschung. Trotz vorheriger Zusage per Mail gibt es anscheinend keinen Platz für unsere Räder. Man ist sehr unfreundlich und auch total unwillig, überhaupt eine Lösung zu finden. Wir sollen unsere teuren Räder irgendwo draußen hin stellen – was für ein Witz. Wir finden zum Glück nicht weit entfernt eine bewachte Tiefgarage. Dort können wir die Räder, so hoffen wir zumindest, sicher unterbringen.

Sonntag 6.4.14 Buenos Aires

naja, so sehr haut mich die Stadt nicht vom Hocker, aber ich bin vermutlich auch reisemüde und freue mich auf daheim. Bummeln in einer der großen Straßen, die Avenida 9.Julio ist mit ihren 20 Fahrspuren beeindruckend breit und man braucht mind. zwei lange Ampelphasen, um sie zu überqueren. Dann waren wir noch im Stadtteil mit Kunsthandwerkermarkt und einem Friedhof mit Mausoleen berühmter Persönlichkeiten . Das Abendessen in einem Restaurant war miserabel.

Montag 7.4.2014 Buenos Aires zweiter Tag
Wir schlafen lange aus. Dieses Mal ziehen wir getrennt los. Das Wetter ist regnerisch und sehr trüb. Ich lasse mich ein paar Stunden durch die Straßen treiben. Nichts besonderes an diesem Tag

8.4. Buenos Aires – Frankfurt

Abflugtag! Das von mir besorgte Taxi ist ein besserer Mittelklassewagen. Da sollen 3 Personen, zwei Räder und das Gepäck rein passen? Obwohl ich die vorher informiert habe, dass wir zwei Räder haben! Das kann ja heiter werden. Aber unglaublich – wir demontieren die Vorderräder ab und es funktioniert doch irgendwie. Die Argentinier, oder wie hier ein angepasster Ire, haben echt Nerven.

Das Einchecken von Gepäck und Räder funktioniert problemlos und so hebt der Flieger am späten Nachmittag Richtung Deutschland ab. Jeder hat einen Dreiersitz alleine, da die Maschine nicht ausgebucht ist. Ich kann dennoch nicht schlafen. Am Mittwoch um 11 Uhr morgens kommen wir wohlbehalten in Frankfurt an. Ich werde abgeholt und freue mich auf daheim.



Fazit der Reise:

Als erstes möchte ich mich bei den beiden Reisepartnern, Hildegard und Jörg bedanken. Ich habe es als sehr angenehm mit Euch empfunden und dies ist die Grundlage für das Gelingen solch einer Reise.

Wir hatten offensichtlich unglaublich gutes Wetter und dann hat sich der Regen freundlicherweise meist an unsere Ruhetage gehalten schmunzel

Ich würde sofort, und sogar alleine in diese Gegend reisen. Gemeinsam macht es aber mehr Spaß.

Bei mir wirkt eine Reise erst Monate später so richtig nach und dann merke ich, was ich eigentlich erlebt habe. Ich bin so was von zufrieden und auch dankbar, dass ich so etwas erleben darf.