Re: Tochter und Vater am Main, Hanau b. Miltenberg

von: Der Wolfgang

Re: Tochter und Vater am Main, Hanau b. Miltenberg - 16.08.15 18:25

Hallo liebe Forumistis,

wieder ist ein Tag vollbracht und ihr hat hoffentlich Spaß am Lesen.

Heute war ein besonderer Tag für uns Beide. Wir schaffen es bis nach Miltenberg und am Ende des Tages stehen 79,90 km auf dem Tacho, bei Jarla sind es 79,80 km. Eine echt große Leistung, dafür dass sie gerade erst 11 geworden ist.


Klein Auheim

Doch vor dem Ende des Tages mit der bislang längsten Etappe ihres Reiseradlerdaseins, lag das frühe Ende einer unruhigen Nacht. Wer nicht weiß was Fluglärm ist und wer sich nicht vorstellen kann wie sehr er stört, der sollte eine Nacht bei Westwind auf dem Campingplatz verbringen. Gerade einmal fünf Stunden Ruhe war uns gegönnt, bevor der Spaß um vier Uhr morgens wieder von vorne anfing. Der Platzwart kannte wohl schon die etwas verquollenen Gesichter seiner Tagesgäste. Freundlich sprach er mich darauf an, als wolle er hören dass es so schlimm doch nicht gewesen sei. Er habe sich schon daran gewöhnt und bemerke den Lärm nicht mehr. Wenn aber der Wind aus dem Osten kommt, dann könne schon mal bis zu 14 Tagen Ruhe in der Region herrschen. Wir hatten mit Lärm gerechnet, dass es aber so heftig sein würde, hätten wir nicht gedacht.



Wie sehr, erzähle ich dem Platzwart dann doch nicht, er kann nichts dafür und wir wussten, dass wir im Rhein-Main Gebiet unterwegs sind. Mit jedem Kilometer weg von Hanau wurde es dann auch ruhiger. Wie ein überdimensionierter Kochtopf steht das Kraftwerksgebäude bei Groß-Kotzenburg vor seinen Kühltürmen. Von hier aus wird ein Teil der energiegefräsigen mit der lebenswichtigen, unsichtbaren Kraft zum Leben versorgt.


Einhard Basilika

Erster Stopp ist in Seligenstadt. Wir suchen eine Bäckerei für unser Frühstück. Auf dem Weg durch die Altstadt mit vielen bunten und liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern, treffen wir unweigerlich auch auf die Einhard Basilika. Während Jarla sich einen von der Sonne erwärmten Stein als Liege aussucht um dort in den Himmel zu schauen, mache ich einen Rundgang durch den außerordentlich schön gepflegten Klostergarten. Zwischen den Blumen, Büschen, Kräutern, huschen fleißige Grünberockte durch die Beete und halten diese akkurat sauber.



In Aschaffenburg, stehen wir staunend vor den Hochwassermarkierungen am Stadttor zum Mainufer. Jetzt liegt der Pegel ca. zwei Meter unterhalb unseres Standortes. Hätten wir 1682 oder 1782 hier gelebt. Würde uns das Wasser gut zwei Meter hoch überragen. Das Stadttor war in diesen Jahren vollkommen unter der Wasserlinie. Die Schlossbesichtigung muss ausfallen, Jarla möchte lieber weiter anstatt alte Mauern zu besichtigen. Also los.


Schleuse am Main

Eine Schleuse ist da schon viel attraktiver und da uns auch der Hunger plagt, machen wir dort eine Pause und schauen einem Schiff zu, wie es in Maßarbeit in die Schleusenkammer einfährt. Die Tore schließen sich und langsam hebt sich das Schiff seinem neuen Mainabschnitt empor. Immer wieder unterhalten wir uns über die nächsten Etappen und das wir auf jeden Fall in Gemünden ein Eis essen wollen. Das heißt nicht dass es unterwegs keine Verlockungen in Form dieser leckeren, kalten Kugeln geben würde. Im Gegenteil. Regelmäßig stehen am Mainradweg Schilder zu Biergärten, Hotels, Restaurants und natürlichen diesen verlockenden Kugelgeschäften. Da kann man gar nicht anders als ab und an von der Route abzuzweigen und die Qualität zu testen.



Während des Testens denken wir darüber nach, heute noch bis Miltenberg zu fahren. Wir hätten dann noch Marktheidenfeld 55 Kilometer und bis Gemünden wäre es nur noch ein kurzer Tag mit 35 Kilometern. Trotz häufigen Gegenwind und einer Tagesentfernung von 80 Kilometern, beschließt Jarla das sie noch nach Miltenberg möchte. Ok, denke ich mir. Das wird kernig für dich, aber wenn du es versuchen möchtest, dann los. So strampeln wir durch bis wir mit leichten Beschwerden von hinten das Ziel erreichen. Wie schon am Anfang erzählt, fehlten Jarla noch 200 Meter zu den 80 Kilometern. Das wollte sie so nicht akzeptieren und ist die letzten Meter noch auf dem Platz geradelt. Bis auch der letzte Meter zu den 80 Kilometern erfüllt war.

Zur Belohnung für ihre bisher längste Strecke an einem Tag, gehen wir noch in die Altstadt zum Essen. Vor dem ältesten Gasthaus Deutschlands sind alle Tische belegt, freundlich fragen wir bei einer Einzelperson ob für uns noch Platz wäre. Der Mann schaute zu uns auf und zwischen seinen Bartstoppeln grinste er freundlich und anerkennend, „du hast die 80 Kilometer noch vollgemacht!“. Jarla sichtlich erfreut über die Anerkennung, bestätigte seine Aussage. Für mich gab es Spinatknödel und ein dunkles Weizen der heimischen Brauerei Faust. Für Jarla ein Lagerfeuer – Pommes mit Ketschup – und eine Limonade. Das wir dann noch einen Abstecher zur Eisdiele machen mussten, ist doch klar.