Re: Vom Odenwald in das hessische Ried / 2.Tag

von: Der Wolfgang

Re: Vom Odenwald in das hessische Ried / 2.Tag - 24.10.15 06:50

Sorry, die Arbeit hat mich am Schreiben ein bisschen ausgebremst. Und vielleicht soltte ich mir auch mal überlegen, ob ich mich nicht ein bisschen kürzer fasse. Schaumama.

Nachtrag zum Vortag:


Noch vor dem Einschlafen, will ich noch mein Rückfahrtticket für die Heimreise buchen. Mangels WLAN, wurde der Plan schnell wieder verworfen. Noch schnell mal über Bahn-App nachschauen, welche Verbindung ideal wäre und dabei feststellen, dass sich das Ticket auch so buchen lässt. Hm? Für die Suche hatte ich natürlich Fahrradmitnahme angegeben und war schon etwas verwundert, weil über die App normal kein Ticket mit Fahrrad buchbar ist. Nicht jede Neuerung dringt auch immer zu mir durch und vielleicht hat sich ja auch schon wieder etwas geändert. Mit etwas mulmigen Gefühl im Bauch bestätige ich den Kauf und überprüfe gleich nach dem Eingang das Ticket. Das Fahrrad erscheint nicht darauf. Na dann, gute Nacht.


Von Lindenfels nach Wattenheim

Mein erster Gedanke nach dem Aufwachen drehte sich natürlich um das Bahnticket. Als Rettung kommt mir der Bahnhof in Bensheim in den Sinn. Dort sollte es doch möglich sein, noch ein Fahrradticket dazu zu buchen. Also los geht’s, lass den Tag beginnen. Ich bin der einzige Gast im Frühstücksraum. Das nutzt mein Gastwirt zu einer ausgiebigen Unterhaltung. Es bedarf einiger verbaler Anläufe, ihn vom Bedürfnis zu Frühstücken zu überzeugen. Irgendwann ist es dann doch geschafft. Die Lektüre des Darmstädter Echos hätte ich mir auch sparen können. Die Nachrichten sind fast die gleichen wie im Norden, nur die Orts- und Personennamen scheinen ausgewechselt. Ansonsten nur Flüchtlinge, Betrug, Verkehrsunfälle und der Kleintierzüchter Verein hat nach 30 Jahren einen neuen Vorsitzenden.



Die Luft ist noch Kühl und riecht heute besonders frisch. Aus Lindenfels hinaus, steigt die Straße leicht an und so ist schnell meine Betriebstemperatur erreicht. Erste bunte Blätter, die im frühen Sonnenlicht besonders sanft strahlen, künden die nahende kalte Jahreszeit an. Der Nebel im Tal hat sich schon weitestgehend verzogen und so bietet sich am Parkplatz Schöne Aussicht, heute wahrlich eine besonders schöne Aussicht an. Das ganze Tal leuchtet mir entgegen, als hätten die Landschaftsmaler heute ihre Pinsel mit besonderer Aufmerksamkeit in das Panorama getupft.

Von Kolmbach nach Gadernheim wären es zwei Kilometer. Wenn ich jetzt einfach die Bundestraße weiter runter rolle. Man kann daraus aber auch 10 Kilometer und einige Höhenmeter extra machen. Schwupp ziehe ich den Lenker nach links und schon geht es noch einige Höhenmeter mehr hinunter und dann über Seidenbuch auch wieder hinauf. Ein bisschen anstrengender, aber um vieles schöner.

In Gadernheim sehe ich an einer Kreuzung meinen ersten und auch einzigen Reiseradler auf dieser Tour. So wie es aussieht, füllt er seine Kalorienspeicher wieder auf, die sich während der Auffahrt von Bensheim bis hierher gelehrt haben. Ich schwenke hier nach rechts ab, um den nächsten Ziel der Kuralpe entgegenzufahren.

Irgendwie hatte ich die Steigung hoch zur Kuralpe, als heftiger in Erinnerung. Aus meiner norddeutschen Perspektive gesehen, machte ich mir vor der Abfahrt schon meine Gedanken, über das was mich im Odenwald erwarten sollte. Obwohl ich in dieser Region gelebt habe und hier auch mit dem Rad unterwegs war, sind die Steigungen über die Jahre hin, in meinem Kopf gewachsen. In den letzten Tagen aber, hat sich herausgestellt, dass mit vernünftiger Planung, auch eine Region mit Bergen für Flachlandradler geeignet ist.
Endlich komme ich oben auf der Kuralpe an. Hier oben ist erst einmal eine ausgiebige Pause angesagt. Es lockt ein verfrühter Nachmittags-Kaffee. Beim Betreten des Eingangsbereichs staune ich nicht schlecht, da steht ein froschgrünes Fatbike zum Leihen im Vorraum.



Eigentlich führt der nun logische Weg weiter die Straße entlang, bergab in Richtung Balkhausen um dort nach Bensheim abzubiegen. Eigentlich. Wäre ja langweilig immer der Logik zu folgen. Man kann die Straße auch wieder zurückfahren. Da geht es auch bergab und kommt auch in Bensheim an. In der Summe dürfte es wohl kaum einen Unterschied machen. Gefühlt ist es der schönere Weg. Vielleicht. Zugegeben sind die sieben Kilometer von Lautertal bis Bensheim an der B 47 nicht besonders prickelnd. Es geht aber hier immer bergab und so stehe ich bald vor Bensheims Fußgängerzone.



Die Sonne steht hoch über der Altstadt und lässt viel Licht und die letzte Wärme für dieses Jahr in die von Fachwerkhäusern gesäumtem Gassen ziehen. Schon früher war es so, wenn ich hier runter kam, dass ich das Gefühl hatte den nördlichsten Ausläufer des Südens erreicht zu haben. Vor den Cafés sitzen die Menschen, unterhalten sich, schauen andern hinterher. Kinder toben auf dem Spielplatz in der Fußgängerzone, während die Mütter entspannt an ihrem Latte Macchiato nippen. Wieder andere flanieren durch die Straßen. Man liebt die Sonne, die Wärme der Region und nutzt sie wann immer es geht um zu sehen und gesehen zu werden. Vielleicht liegt es am Ambiente der Innenstadt und der Nähe zu den Weinreben, die sich hier in bester Süd-Westlage an die Hänge des Odenwalds schmiegen.

Nach meinem Kaffee und den unvermeidlichen Stück Kuchen vor dem Teehaus, muss ich mich ja auch noch mit dem Bahnticket befassen. Der Bahnhof liegt direkt vor der Innenstadt und ist so schnell erreicht. Allerdings ist mein Ziel das Ticket, mit einem Mal in weite Ferne gerutscht. Der Schalter ist geschlossen. Ein Eisengitter versperrt den Zugang und viel weiter hinten an der Glastür, für meine Augen zu weit, hängt ein Zettel auf dem ich nur entnehmen kann, dass der Servicepunkt geschlossen ist. Das Kleingedruckte, vermutlich wann er wieder offen ist, ist auf diese Entfernung nicht lesbar. Der Versuch dem Automaten nur ein Fahrradticket für meine Zugverbindung zu entlocken, schlägt auch fehl. Das Ticket für meine Fahrt, gibt es nur in Verbindung mit dem normalen Ticket und da habe ich doch schon.



Etwas, … etwas viel, …. etwas sehr viel verärgert, setze ich mich auf mein Rad und fahre erst mal dem Rhein entgegen. Wenn ich früher Stress hatte, hat mir der Fluss immer geholfen wieder auf den Teppich zu kommen. Hinter Lorsch mit seinem Weltkulturerbe, den Resten eines Klosters, wird der R9 etwas eintönig.



Zuerst fahre ich auf einer Schotterpiste durch den Wald, ab Bürstadt führt der Radweg dann durch weite Felder. Lange bevor der Rhein in ein Korsett aus Dämmen gezwängt wurde, durfte er hier mit jedem Hochwasser seine Sedimente ablagern. Diese machten die Erde fruchtbar und war ein Garant für gute Ernten. Natürlich hatten seine Fruchtbarkeit und seine ungestüme Ausdehnung, auch ihre Nachteile. Regelmäßig nasse Füße und jede Menge Mücken und anderes Getier, waren der Preis für guten Ertrag.



Nach einer ausgedehnten Pause in der Sonne am Rheinstrand, war es der Wind, der mich auf den letzten Kilometern nach Wattenheim nochmal forderte. Nachdem das Zimmer bezogen war, konnte ich mich dann nochmal um mein Ticket kümmern. In der Ferienwohnung gibt es WLAN und so ist es kein Problem mein Problem zu lösen. Hoffte ich.





Natürlich lässt sich auch jetzt nicht das Fahrradticket separat für meine Verbindung buchen. Die Internetseite der Bahn rät mir zum Schreiben einer Mail. oder die gebührenpflichtige Hotline anzurufen. Da Anrufen Geld kostet, schließe ich diesen Weg kategorisch aus. Ich bezahle nicht für die eventuelle Lösung eines Problems, welches ich nicht verursacht habe. Also schreibe ich eine Mail. In dieser beschreibe ich kurz mein Anliegen: Über die App gebucht, das Fahrrad ist nicht dabei, der Schalter in Bensheim ist geschlossen. Die Hotline kostet Geld und es ist nicht mein Fehler, ich will mit den Rad nach Hause fahren. Was soll ich tun? Die Antwort bekomme ich wohl erst, wenn ich ausgeschlafen habe. Na dann mal gute Nacht.

Jetzt hoffe ich, dass es mit dem letzten Tag nicht so lange dauert.

Mit frischen Grüßen aus der Nebelbucht

Wolfgang