Le Vercors et la Provence à Tandem

von: velOlaf

Le Vercors et la Provence à Tandem - 18.11.15 18:59

Übersichtskarte

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Viele Bekannte haben uns gefragt, warum wir denn so früh im Jahr in die Provence reisen - da blüht doch noch gar nicht der Lavendel!
Aaaber... leere Straßen, kaum Touristen, duftender blühender Ginster, grüne Blätter an den Bäumen, Kirschernte, keine Vertrocknungen. Für unseren Geschmack haben wir die beste Zeit gewählt. Nur die Temperaturen hätten etwas gnädiger mit uns sein können. Bei fast 40°C im Schatten war es mitunter doch heißer und damit anstrengender als erwartet.

Startpunkt unserer Reise ist irgendwo zwischen Autrans und Méaudre, in einem auf 1000 m Höhe gelegenen schönen Tal zwischen zwei Gebirgsketten im Vercors. In der Ferne sind schneebedeckte Alpengipfel zu erkennen. Das Auto parkt an einer sehr schönen und herzlichen Unterkunft für die nächsten Tage. In der Nacht zuvor sind die Temperaturen nochmal auf 2°C hinunter gegangen, vor zwei Tagen fiel noch Schneeregen. Die Nähe zu den Alpen ist in der Gastronomie unverkennbar, der Kaffee wird mit flüssiger Sahne serviert und die Spezialität der Region, Ravioles (Mini-Nudeltaschen mit einer Füllung aus Faisselle / Frischkäse, Petersilie und Bergkäse) wird mit Sahne und Käse überbacken. Das Abendessen vor dem Start der Reise sorgt also für eine ordentliche Energiezufuhr.

1. Tag
Méaudre - Die
101 km

Nach einem ausgiebigen und herzhaften Frühstück mit Bergkäse und Honig in unserer Unterkunft rollen wir zunächst bergab und biegen rechts ab ins Gorge de la Bourne. Es geht also gleich mit einer großartigen Naturkulisse los. Die Straße zum malerischen Pont-en-Royans ist nach den Felsabstürzen im Winter noch etwas in Mitleidenschaft gezogen, aber an den Wochenenden wieder mit geringen Einschränkungen geöffnet. Die Strecke führt leicht wellig, aber immer etwas bergab unter Felsvorsprüngen, durch Tunnels und an steilen Abgründen vorbei. Die Szenerie wird auf dem Circuit de la Combe Laval noch gesteigert. Eine 40 cm niedrige Steinmauer trennt uns vom zum Teil mehrere hundert Meter tiefen Abgrund. Hinter dem Col de la Machine geht es recht gemütlich weiter bis zum Col de Rousset. Ab hier folgt eine anstrengende Abfahrt hinunter nach Die. Anstrengend deshalb, weil wir vom starken Gegen- und Seitenwind bei 8% Gefälle unfreiwillig von diesem auf 24 km/h abgebremst werden. Hier ist der Übergang vom alpinen Vercors in das milde Klima der Provence sehr deutlich spürbar. Vom Camping in Die haben wir einen schönen Rückblick auf die Berge des Vercors, in die ich mich verliebt habe. Am ersten Tag endet die vielleicht spektakulärste Etappe der gesamte Reise. Die ist sehr nett und lädt zum allabendlichen Füße vertreten ein.












2. Tag
Die - Nyons
110 km

Bei schönstem Sonnenschein starten wir am frühen Morgen und fahren im Windschatten von Rennradlern auf breiter, aber verkehrsarmer Landstraße entlang der Drome. Bei La Plaine verlassen wir diese und folgen für 45 km der D135 bis La-Motte-Chalancon. Bei der Planung der Tour habe ich mir diesen Abschnitt bei Google Street View angeschaut, da hierzu sonst gar keine Informationen zu finden waren. Daher habe ich die Michelin-Karte mit einem Post It mit der Aufschrift "nix-schön" vermerkt. Das wurde auch bestätigt, es gibt nur wenige kleinste wunderschöne Weiler (Saint-Benoit-en-Diois, Pradelle) ohne Einkaufsmöglichkeiten oder Gastronomie, selten mal ein Trinkwasserbrunnen oder eine schattenspendende Kirche. Sonst nix, sehr einsam und traumhaft schön. Perfekt! Im weiteren Verlauf folgen wir dem Fluß Eygues bis Nyons, der Hauptstadt DER französischen Olive. Dort schlagen wir das Zelt auf dem Camping außerhalb der Stadt neben einer Pferdekoppel auf und verbringen den Abend in der schönen Altstadt und auf dem Kalvarienberg.














3. Tag
Nyons - Sault
100 km

Wie an jedem Morgen suchen wir uns einen schönen Platz im Ort, organisieren Kaffee und Gebäck und frühstücken. Das Gebäck aus einer Boulangerie tief im Inneren eines alten Hauses ist erstklassig und besonders. Sehr handwerklich, lecker! Kurz nach dem Start begrüßt uns bereits die leuchtende Schotterkuppe des Mont Ventoux, der sich mächtig hinter einem Weinfeld auftürmt. In Vaison-la-Romaine werfen wir einen schnellen Blick auf die römischen Monumente, ehe wir einen Abstecher in die Altstadt hoch oben auf dem Fels machen. Hier schlendern wir durch die wunderschönen Gassen. In Crestet finden wir eine unbefestigte Piste, die uns durch einen Wald entlang der Dentelles de Montmirail in das Gigondas führt. Hier wird nicht nur erstklassiger Rotwein gemacht, es ist auch außerordentlich schön und menschenleer. Mit La Roque-Alric findet man hier ein wunderschönes malerisches Dorf auf einem Felsbrocken gebaut. Es geht weiter durch unspektakuläre, aber schöne und ruhige Landschaft bis Villes-sur-Auzon, hier biegen wir in die Einfahrt zur Gorge-de-la-Nesque ein. Zu Beginn erscheint die Schlucht noch wenig verlockend und etwas enttäuschend, das legt sich aber mit der Zeit, je höher man fährt und je enger die Schlucht damit auch wird. Am Ende hat man einen prächtigen Ausblick auf eine sehr schöne Schlucht. Der Camping von Sault ist schon relativ weit außerhalb der Stadt mitten im Wald gelegen. So fühlen wir uns auch, der Platz ist richtig schlecht. Die sanitären Anlagen sind nicht gerade einladend und die Rezeption mit der Möglichkeit Wasser zu kaufen ist fast den ganzen Tag geschlossen.












4. Tag
Sault - Sault
105 km

Blauer Himmel, Sonne, 8 Grad. Das Zelt bleibt mit dem Gepäck im Wald, gefrühstückt wird wieder im Ort. Ein Baguette für das zweite Frühstück stecken wir ins Tagesgepäck und dann beginnt die Auffahrt zum Géant de Provence, dem Mont Ventoux. Meine Liebste freut sich seit Monaten auf diesen Moment und somit machen wir die nächsten 26 km zu einer Hauptattraktion unserer Reise. Es geht auch gemütlich los, von anderen Fahrzeugen keine Spur. So kurbeln wir konstant und relativ gemütlich bergauf durch bewaldete Landschaft, ehe wir an der Kreuzung Chalet Reinard unsere erste Pause mit Kuchen einlegen. Anschließend geht es durch die weiße Schotterlandschaft weiter hinauf. Erst hier werden wir vermehrt von Rennradlern überholt. Wie überall in Frankreich sind die Franzosen leicht auszumachen - sie grüßen immer sehr nett und werfen uns freundschaftliche Worte zu, der Rest der Welt tut das eigentlich nicht. Vor dem Gedenkstein von Tom Simpson fällt dann ein Rennradler kurz vor uns einfach um. Oh :zensiert:, schlechter Ort für sowas. Später erklärt er uns, daß der heftige Seitenwind in einfach umgepustet hat. Ja, starker Wind war hier wirklich. Dann kommen wir auf dem Gipfel an, und... keine Obststände, keine Getränke nichts, außer der Souvenirbude im Gipfelhaus. Nicht schlimm, wir haben ja unser Baguette dabei. Die Finisher recken für das Gipfelfoto ihre Renner in die Höhe, und somit versuche ich das –fast vergeblich- auch mit unserer Elise, THE CRAZY BEAST! (Ausdruck eines jungen Amerikaners, als er unser Tandem begutachtet). Jegliches Heldentum wird in den Schatten gestellt, als eine Gruppe Tandemfahrer mit körperlich und geistig behinderten Menschen auf dem Hinterabteil ohne stromführende Hilfsmotoren den Gipfel erreicht. Sie sind die wahren Finisher und haben meinen allergrößten Respekt. Großartig! Die anschließende rasende Abfahrt nach Malaucène wird nach halber Strecke durch stinkende und rauchende Bremsscheiben unterbrochen. Der Tagesausflug führt weiter durch das beschauliche Tal der Toulourenc über Brantes und Montbrun-les-Bains, bis wir am späten Nachmittag wieder unser Zelt erreichen.












5. Tag
Sault - Sisteron
78 km

Am nächsten Morgen ist Markt in Sault und wir decken uns mit der Verpflegung für heute ein. An einem kleinen Tisch bietet ein französischer Weltreiseradler sein Buch zum Kauf an, wir quatschen einen kurzen Moment, dann brechen wir zur nächsten Etappe auf. Wir überfahren den Col de l`Homme Mort bei Ferrassières, wir fühlen dabei uns jedoch sehr lebendig. In La Calendre ist eine kleine Fressbude mit Terrasse. Es riecht sehr gut und ungewöhnlich. Wir entscheiden uns zur Rast. Die Betreiber sind Argentinier, im Hintergrund plärrt argentinischer Punk der 80er Jahre. Erinnerungen kommen hoch schmunzel Die zwei sind sehr nett und so verabschieden wir uns herzlich. Die Gorge de la Méouge ist auch eine kleine schnuckelige Schlucht, wenig bekannt, aber sehr schön. Kurze Zeit später finden wir uns im grünen, fruchtbaren Tal des Buech wieder. Links und rechts der Straße sind riesige Aprikosenplantagen. Wir erreichen Sisteron, schnuppern kurz in die Stadt hinein und suchen den nächsten Camping auf. Es folgt der gewohnte Spaziergang in die Stadt. Die in der Boulangerie gekaufte Pissaladière genießen wir an der Zitadelle. Sisteron als Stadtbild enttäuscht mich ein wenig, wobei mich die Zitadelle hoch oben auf dem Fels über der Durance schon beeindruckt.