Re: Le Vercors et la Provence à Tandem

von: velOlaf

Re: Le Vercors et la Provence à Tandem - 18.11.15 19:01

11. Tag
Saint-Rémy-de-Provence - Avignon
52 km

So toll ist die Strecke heute nicht. Das flache Rhonetal ist spürbar nahe. In Tarascon steht eine mächtige Burg an der Rhone, ihr gegenüber auf dem rechten Ufer in Beaucaire eine weitere. Tarascon ist ein wenig heruntergekommen, die Altstadt bräuchte etwas mehr Pflege. Dennoch gefällt mir dieser morbide Charme und es macht Spaß, durch die alten Gassen mit der wunderschönen Architektur der Stadthäuser zu schieben. Die Einfahrt über die D2 nach Avignon ist nicht schön, bei 36°C in der Mittagszeit schon gar nicht. Somit erreichen wir sehr früh Avignon, bauen das Zelt auf und spazieren in die Stadt. Erster Anlaufpunkt ist selbstverständlich der Papstpalast. Das Bauwerk ist unglaublich beeindruckend und -wer hätte das gedacht- es befinden sich recht wenige Besucher auf dem großen Platz davor. Es folgt ein Bummel durch die Straßen der Stadt, bei unerträglicher Hitze. Das Abendbrot nehmen wir auf einer Sitzbank am Ufer der Rhone ein, im Rücken der Camping, vor uns die Stadtmauer, Pont d´Avignon und der alles überthronende Papstpalast. Ein unglaublich schönes Panorama am frühen Abend. Unweit von uns entfernt ist eine kleine Menschenansammlung. Der Fischer, der lange Zeit mit seinem kleinen Boot unter der Pont verbracht hat, ist an das Ufer gefahren. Der sehnige Kerl hat einen Wels aus der Rhone gezogen. Die Vermessung ergibt 3,90 m Länge. Auf die Frage eines Staunenden, ob dies häufiger vorkommt antwortet er: Der 13. in 10 Tagen! Na dann, guten Appetit. Wir gehen bei nun angenehmer Temperatur nochmal in die Stadt und genießen bei einem Glas Wein den Anblick des Papstpalastes in allen Farben der Dämmerung.

















12. Tag
Avignon - Sauze
98 km

Frühstück in der Stadt, natürlich vor dem Papspalast. Und kein Mensch um uns herum. Nochmal den Anblick genießen und dann geht´s weiter. In Villeneuve-lès-Avignon steht auch eine mächtige Burg, der Weg dorthin ist steil. Die Besichtigung der bestimmt sehr sehenswerten Stadt lassen wir aus und fahren stattdessen in die Weinanbaugebiete von Tavel und Lirac. Aus Tavel kommen die vielleicht besten Rosés Frankreichs, kräftig, stark und vollmundig. Im Lirac reifen tolle kräftige Rotweine, die dem Nachbarn Chateauneuf-du-Pape jenseits der Rhone nacheifern und fast ebenso tolle Weine hervorbringen und dafür weniger als die Hälfte kosten. Beide Orte sind verschlafen und gemütlich, vom Weintourismus keine Spur. Die Landschaft ist lieblich, es geht immer etwas wellig durch die Weinfelder. Wir erreichen nach der Überquerung der Rhone besagtes Chateauneuf-du-Pape. Hier sind viele Autos mit englischen Kennzeichen, der Ort ist zweisprachig (französisch / englisch) und deutlich touristisch geprägt. Es wirkt schon schräg, als wir an einer Weinkellerei vorbeikommen, wo in einer Kiste vom Paulaner Weißbier die Weinflaschen zum Abtropfen hineingestellt wurden. Die Burg liegt wieder - na klar- auf dem höchsten Punkt vom Ort. Von hier hat man einen schönen Blick über die Landschaft mit dem Rhonetal. Wenn man schonmal hier ist, ist der Besuch von Orange Pflicht. Das römische Amphitheater mitten in der Stadt ist unglaublich beeindruckend und mächtig. Der römische Triumphbogen im großen Kreisverkehr am Stadtrand ist wunderschön, allerdings hätte der eine bessere Kulisse verdient. Ansonsten hat Orange nicht viel sehenswertes zu bieten. Nördlich von Orange ist das Waldgebiet um Ucheaux ganz schön und bietet vor allen Dingen Schatten vor der unerträglichen Hitze. Nochmal die Rhone überqueren, dann folgen die letzten Kilometer zur Ardeche-Schlucht. Die Campings in Saint-Martin-d`Ardeche sprechen uns nicht besonders an, so fahren wir weiter bis Sauze. Der Camping ist phänomenal, komfortabel, top gepflegt und hat einen eigenen Zugang zur Ardeche. Im Restaurant des Campings speisen wir außerordentlich gut und freuen uns auf den nächsten Tag.














13. Tag
Ardeche-Schlucht
78 km

Nur mit dem Tagesgepäck am Tandem fahren wir heute von Sauze bis Vallon-Pont-d`Arc. Wir starten quasi auf der Flußhöhe und schrauben uns allmälig bis weit über den Fluß. Von den vielen
Aussichtspunkten sind schwindelerregende Blicke bis tief in die Schlucht möglich. Die Schlucht ist der Hammer und stellt andere berühmte Schluchten wie die Gorge de la Nesque locker in den Schatten. Ach ja
Schatten: Den suchen wir häufiger, da das Thermometer schön früh am Tag die 35° knackt. Unter dem Steinbogen Pont d`Arc nehmen wir ein Vollbad, hier ist ein sandiger Zugang zum Fluß. Vallon-Pont-d`Arc schreckt uns ab, sehr viel Rummel und Touristenklamauk. Nicht schön, wir fahren zurück. Ab dem Pont d´Arc geht es auf 3 km Länge bei 9% Steigung eine anstrengende Rampe hinauf. Die Straße ist neu asphaltiert und glüht, das Thermometer zeigt 38,5°. Im schroff gehauenen Tunnel machen wir eine Trinkpause und schützen uns kurz vor der Sonne. Der Luftzug ist wie ein heißes Gebläse, bei immer noch 34°. Wir fahren die Straße entlang der Schlucht, wie wir sie gekommen sind und besichtigen unterwegs die Tropfsteinhöhle Saint Marcel. Bei konstanten 14°C unter der Erde kühlen wir unsere aufgeheizten Körper ab und genießen diese phantastische und absolut sehenswerte Höhle.
















14. Tag
Sauze - Cruas
80 km

Auf dem gegenüberliegenden Ufer vom Camping ist das mittelalterliche Dorf Aiguèze. Es ist steil auf dem Fels über der Ardeche gebaut. Es ist wundervoll, an diesem frühen Morgen durch die Gassen zu schlendern. Wir fahren zurück bis zur Rhone und dann die D86 weiter nach Norden. Der Verkehr ist sehr nervig und damit biegen wir in Bourg-St-Andeol lieber ab und fahren den Berg hoch nach St-Montan. Gut gemacht. St-Montan ist traumhaft und eines der schönsten Dörfer unserer Reise. Die Weiterfahrt durch die Gorge de la Ste Baume steht dem nichts nach. Allerdings folgen anschließend Steigungen bis 15%. Es geht schnell und steil hinab bis Viviers. Hier steht eine römische Brücke, die in der Karte nicht vermerkt ist. Vivier ist sehr schön, aber auch sehr kaputt und sehr sehr heiß. Unter einem Baum in der Altstadt finden wir einen schattigen Platz und essen unser Fougasse mit Oliven. Aus der Ferne kommt eine Frau angelaufen, eine Asiatin im Wickelkleid, sie kommt direkt auf uns zu. Dann drückt sie uns eine eiskalte Flasche Perrier in die Hand, sagt, daß ihr Mann auch Rad fährt und wüsste, was das bei dieser Hitze bedeute. Sie lächelt und geht davon. Wir gucken uns ungläubig an, war das eine Fatamorgana? Das Wasser tut jedenfalls sehr gut. Weiter nach Norden nutzen wir den neu angelegten Radweg Via Rhona. Der gefällt uns nicht besonders, besser gesagt, der Weg mit seinen vielen Picknickplätzen ist schon nett, die Beschilderung jedoch mäßig. Wir machen einen Abstecher nach Montelimar, das gefällt uns auch nicht und die Weiterfahrt entlang der D86 mit starkem Verkehr und dem bunt bemalten Kernkraftwerk auch nicht. In Cruas ist der nächste Camping, schön gelegen, gut angelegt, aber ungepflegt. Wir sind fast die einzigen Gäste, bis auf einige Mobile Homes, die von sehr vielen fremden Saisonarbeitern belegt sind. Unser Spaziergang des Abends führt über den Platz, vorbei an vielen betrunkenen Menschen, die uns und besonders meine Frau intensiv mustern. Die Nacht ist dementsprechend unruhig, zum Schlafen kommen wir nicht wirklich und wollen schnell weg.
















15. Tag
Cruas - Pont-de-L`Isère
101 km

Die D86 ist mit dem starken Verkehr immer noch anstrengend und in La Voulte-sur-Rhone fahren wir in das Tal des Eyrieux. Hier rollen wir auf schöner Straße die D120 bis Dunière-sur-Eyrieux, überqueren dort den Fluß und fahren am rechten Ufer einen Radweg (Via Dolce) zurück. Sehr schöner Weg mit geschottertem Untergrund, eine Empfehlung. Wieder genervt von der D86 verlassen wir diese erneut und schrauben uns den Weg hinauf nach Saint-Georges-les-Bains. Auf kleinen ruhigen Sträßchen geht es meistens bergauf über Toulaud, hinab nach Saint-Péray. Der Asphalt ist durch die Hitze aufgeweicht und so kommt man nach dem Pinkelgang schonmal mit Bitumen unter den Füßen zurück. Es geht wieder rasend hinab zur Rhone und dann in schneller Fahrt durch Valence. Hier verlassen wir nun die Rhone und folgen ein Stückchen der Isère. Das Rhonetal hat uns nicht gut gefallen. Zu viel Verkehr und schlechtes Klima. Wir sind lieber über die angrenzenden Hügel und Weingebiete ausgewichen.
Am späten Nachmittag sind wir mit Stefan aus dem Forum verabredet, der uns auf unserer Schlussetappe begleiten möchte. Zunächst jedoch entlädt sich am Abend die enorme Hitze der letzten Tage in einem Mix aus Sturm, Donner, Blitz und Starkregen. Das ganze dauert ca. 1,5 Stunden. Als wir in der Nacht zu unserem Zelt zurückkommen, ist es unversehrt. Dafür haben wir einen Teich im Vorgarten.








16. Tag
Pont-de-L`Isère - Méaudre
108 km

Auf geht´s, zur letzten Etappe! In der Nähe vom Camping treffen wir uns mit Stefan. Wir fahren mit Schwerstgepäck. Seit dem Start vor zwei Wochen sind eine Flasche Tavel, ein Schneidebrett aus Olivenholz, Mandelnougat, Lavendelsäckchen, Ockerbröckchen, ein Sommerhemd und ein vertrockneter Weinstock aus Chateaneuf-du-Pape hinzugekommen. Und das schwere klatschnasse Zelt vom Unwetter gestern Abend. Wir fahren auf relativ flacher Strecke die Isère entlang und immer wieder geht es durch schier unendliche Walnusswälder mit ihren dunkelgrünen Laubkronen. Vor uns sehen wir bereits die senkrechte Wand vor uns aufragen, dort oben ist das Vercors.

Unterwegs versteckt sich eine als Stein getarnte Landschildkröte am Wegesrand. In Saint-Gervais machen wir die letzte gemeinsame Essenspause am Dorfbrunnen. Auch heute sind in der Mittagszeit schon wieder über 30°, soviel Abkühlung hat das Gewitter nicht gebracht. Dann ist Schluß mit lustig und es folgt die schwerste Etappe der Reise. Immer wieder frage ich mich, wo denn hier eine Straße entlang führen soll, da sich uns eine Steil aufragende senkrechte Felswand entgegenstellt. Auf dem heißen Straßenbelag wärmen sich in den Kehren einige Schlangen, so 1,5 Meter Länge haben die schon. Langsam schraubt sich das Sträßchen die Wand hoch, zwischendurch erreicht die Steigung 12%. Kurz vor dem höchsten Punkt ist die alte Straßenführung am Abhang der Route des Ecouges gesperrt und der Verkehr wird in beide Richtungen durch einen tiefschwarzen engen Tunnel geführt. Platz ist nur für ein Auto, alle paar Meter ist eine knappe Ausweichstelle in den Stein gehauen. Das Ende des Tunnels ist von der Einfahrt aus nicht erkennbar, da man an den Einbau einer Kurve gedacht hat. Der Tunnel steigt auf ca. 500 m Länge um durchschnittlich 8%. Ich fühle mich in der Dunkelheit ziemlich orientierungslos und fahre Schlangenlinien, damit meine 60 Lux Funzel die Seitenwände ausleuchtet. Nach 2/3 des Tunnels kommt uns ein Auto mit Fernlicht entgegen. Der starke Lichtkegel blendet uns schrecklich und damit wird die Weiterfahrt gefährlich und zur Qual. Irgendwann ist aber auch das überstanden und wir genießen mit Stefan die Aussicht am kleinen Parkplatz am Ende des Tunnels. Tief senkrecht unter uns sehen wir das Sträßchen, das wir vor einigen Minuten noch hochgefahren sind. Gemeinsam fahren wir noch zum Col de Romeyère, hier verabschieden wir uns von Stefan. Der saust schon los zur Gorge du Nan, während wir der Route des Ecouges folgen. Stefan, danke daß wir mit Dir gemeinsam fahren durften. Das hat mittlerweile schon eine kleine Tradition und wir freuen uns auf die nächste Ausfahrt, wo auch immer bravo . Links, hinter der kleinen Felskette ist Méaudre, vielleicht 3 km Luftlinie entfernt. Unser Weg führt uns jedoch weitere 25 km nochmal bergab in die Gorge de la Bourne, hier geht es auf mittlerweile neu asphaltierter Straße wieder bergauf durch die Schlucht, bis wir in Les Jarrands links ab nach Méaudre abbiegen. Passend kommen wir hier zum Nachmittagskaffee an. In Méaudre endet nach 16 Tagen und 1420 km eine wunderschöne Tour mit sportlichem Anspruch.