30 ° und 10 % – Hitze, Hügel und Tour de France

von: Holger

30 ° und 10 % – Hitze, Hügel und Tour de France - 07.02.16 09:52

So, dann habe ich es endlich mal wieder geschafft, einen Reisebericht zu schreiben. Zumindest mal den ersten Teil, aber die restlichen sind auch schon in der Mache. Diesmal mit großen Fotos, die bei Klick noch etwas größer werden. Und los geht's:


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Erster Teil: Schweiz Nord-West
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Samstag, 4. Juli: Frankfurt am Main – Singen (Hohentwiel) (mit dem Zug)


Das Rad ist gepackt –

aber am ersten Tag wird es nur geschoben. Zur S-Bahn, im Frankfurter Hauptbahnhof – und in Singen am Bahnhof holte mich der Sohn von Freunden ab, bei denen ich übernachten durfte. Es war ziemlich warm, schon im Zug trotz Klimaanlage und erst recht draußen.

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Sonntag, 5. Juli: Singen (Hohentwiel) – Zug (mit dem Rad)
  • Kilometer: 121,1
  • Sattelstunden: 6:40
  • Höhenmeter: 0
  • Ausgaben für Getränke: 30,30 CHF
Eigentlich wollte ich heute nicht so weit fahren, um mich an die Hitze zu akklimatisieren und überhaupt. „Kurz hinter Zürich“ war morgens noch mein Maximalziel. Um 7:30 ging es los – die durchschnittliche Startzeit der Reiseetappen dieser Tour. Und noch in Singen wollte mich ein übereifriger Autofahrer auf den Radweg hupen, am Sonntagmorgen vor 8 Uhr! Ich bedankte mich und fuhr weiter. In die Schweiz. Stein am Rhein hat eine schöne Altstadt, die ich sehr langsam fahrend durchquerte. Und dann stellte ich fest, dass ich meine Schweizkarte vom Navi gelöscht habe, als ich noch schnell ein paar Stücke Italien draufladen wollte. Mist. Aber erstmal kein Problem, bis Zürich blieb ich weitgehend auf der regionalen Route 45 des www.veloland.ch, der Wyland-Downtown-Route. Außerdem fahre ich ja noch immer nicht ohne analoge Karten.

Die erste größere Pause in Winthertur am Bahnhof. 11 Uhr. Soll das heute wirklich noch heißer werden? Kalte Getränke gibt’s im im Migrolino am Bahnhof, sonntags geöffnet.


Keine schlechte Idee, das Fahrrad einfach stehen zu lassen bei der Hitze.


Ein begehbares Satellitenfoto der Schweiz reißt mich gleich wieder vom Rad.

Aber dann geht’s weiter, in Richtung Downtown Zürich. Mittags um eins war ich dort, der Migros im Hauptbahnhof versorgte mich im Tausch gegen erschreckend viele Franken mit etwas zu essen und viel zu trinken. Mittagspause. Trotz Hitze – es läuft gut. Also doch nicht nur bis kurz hinter Zürich, heute ist mehr drin. Ungefähr bis Zug könnte ich es schaffen. Neue Route, die Nr. 94, L’Areuse-Emme-Sihl – in meinem Fall umgekehrt, im Sihltal geht’s los


Zunächst fließt die Sihl idyllisch unter der Autobahn.

Adliswil, Langnau – dann wurde es wirklich schön, und im Wald entlang des Flusses vergaß ich sogar fast die Hitze. Nur fast. Sie machte auf sich aufmerksam und ich eine Pause mit teuren Kaltgetränken. Nach Zug ging es dann glücklicherweise eher bergab, ich verzichtete auf eine Stadtrundfahrt und suchte den Campingplatz.


Ich bat noch die Götter der SBB um Schutz für mein Rad …

… dann baute ich das erste Mal auf dieser Reise das Zelt auf, am Zuger See. Und es erwies sich als wasserdicht, das nächtliche Gewitter konnte mir nichts anhaben.

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Montag, 6. Juli: Zug – Thun
  • Kilometer: 134,2
  • Sattelstunden: 7:19
  • Höhenmeter: 422
  • Ausgaben für Getränke: 27,15 CHF
Am Morgen gab es tatsächlich ein paar Regentropfen. Und Morgen hieß wirklich Morgen: Ich startete um 6.40 Uhr. Und fuhr erstmal knapp 20 km, bis es Frühstück gab. Das war in Küssnacht, mit Doppel-S in SZ – ja, das mit der hohlen Gasse. Die ließ ich aber links liegen, wg. Hunger.


Frühstück gab’s bewacht von Wilhelm Tell.

Mehr oder weniger entlang des Vierwaldstätter Sees fuhr ich nach Luzern, und es wurde wieder wärmer. Luzern teilte ich mir mit ziemlich vielen Chinesen.





Woran merkt man, dass man alt wird?


Emil am historischen Museum …

Die Velolandrouten für den Rest des Tages: Nr. 24 Emmental – Entlebuch, Nr. 4 Alpenpanoramaroute. In Emmen war es etwas schwierig, wegen großflächiger Baustellen, außerdem verpasste ich einen Abzweig und war plötzlich in einem Stahlwerk. Hat aber niemanden so recht gestört und ich fand die Route bald wieder. Nun standen so langsam die ersten Pässe auf dem Programm. In Schangnau, der Heimat von Beat Feuz, erreichte ich fast die Wasserkuppenhöhe. Und dann ging es wieder runter! Mist, das war nicht eingeplant. 300 statt 200 Höhenmeter auf den Schallenbergpass – okay, im Laufe der Reise lernte ich, über solche Zahlen zu lachen. Aber erstmal war es heiß und ziemlich steil und ich kämpfte. Kam aber trotzdem oben an, nachdem ich ausgiebig den Blick über das Emmental genießen durfte. Dann waren es noch etwas mehr als 20 km und ich war in Thun in einer klimatisierten Migros … und noch ein paar Kilometer weiter am Thuner See auf dem Campingplatz Gwatt. Über 30 Franken für einen Radler und ein Zelt! Tröstlich: es sollte der teuerste Campingplatz der Reise bleiben.


Camping Gwatt, Zeltwiese. Bei gefühlten 50 Grad im Schatten. Schatten?

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Dienstag, 7. Juli: Thun – Chateau d’Oex
  • Kilometer: 77,4
  • Sattelstunden: 4:49
  • Höhenmeter: 710
  • Ausgaben für Getränke: 20,35 CHF
Gestern war das ja noch mit leichtem Voralpen-Touch, heute: Richtige Berge.


Frühstück mit Blümlisalpblick.

Was das Ziel für heute ist, war ausnahmsweise schon morgens klar: Chateau-d’Oex. Und dort ein Hotel, denn es waren Gewitter vorhergesagt, und da bin ich ein Weichei. Von Spiez fuhr ich ins Simmental, gemäßigte Steigung bei hohen Temperaturen.


Im Simmental, eine der Zacken hinten ist das Bäderhorn.

Mittagspause in Zweisimmen, vor der richtigen Steigung. Okay, so richtig „richtig“ ist es hoch nach Saanenmöser auch nicht – aber bei der Hitze kein Kinderspiel. Runter nach Saanen lief es natürlich einfacher, obwohl ich mich gegen ziemlich starken Wind kämpfen musste. Von der romanischen Kapelle in Rougemont las ich leider erst am Abend, ich fuhr achtlos daran vorbei bis Chateau-d’Oex, dort quartierte ich mich im Hotel de Ville ein. In Frankreich geht das dann nicht mehr… Ich schaute auf die Speisekarte des Restaurants – und ging zum COOP, holte mir dort etwas. Abendessen im Hotelzimmer. Essen gehen gibt’s dann in Frankreich. Und im Hotel gab es natürlich einen Fernseher, in dem ich sehen konnte, wie Tony Martin ins gelbe Trikot fuhr.


Breitling Orbiter II - die Gondel des Ballons, mit dem Bertrand Piccard seine Weltumrundung von Château-d'Oex aus startete - und nicht über China fliegen durfte. Im dritten Versuch hat er dann die Weltumrundung geschafft.


Wolken!


Saint-Donat in Château-d'Oex.

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Mittwoch, 8. Juli: Chateau-d’Oex – Amphion-les-Bains
  • Kilometer: 98,1
  • Sattelstunden: 5:56
  • Höhenmeter: 580
  • Ausgaben für Getränke: 13,10 CHF, 7,25 EUR
Es gewitterte wirklich in der Nacht, und auch am Morgen war es noch ziemlich bewölkt und erfreulich frisch. Ich fuhr hinauf in Richtung Col des Mosses, kurz vor der Passhöhe bog ich dann ab, auf die Veloroute 4, die Alpenpanoramaroute. Vor Jahren durfte ich dieses Stück entlang des Lac d’Hongrin nicht fahren, militärisches Sperrgebiet. Jetzt ging es. Bis ich an eine Schranke kam. Murks, wieder zurück, dachte ich – aber nein, ich bekam die laminierte Nr. 28, die ich bei der „Schießwache“ auf der anderen Seite wieder abgeben sollte.


Gut bewachte Veloroute.


Und die 28 landete wieder bei der Schießwache.

Der Weg entlang des Stausees war klasse: Gut asphaltiert für das Militär, aber kaum genutzt. Militär war nicht zu sehen, aber zu hören. Zu sehen war es kurze Zeit später, etwa zehn Meter neben der Straße – und zum Glück zwei bis drei Meter weiter oben – lag es und ballerte über mich hinweg. Und ich hatte den Helm nicht an!

Ein kurzes Stück später, nach der Schiesswache, sah ich dann plötzlich tief unten den Genfer See mit Montreux und Vevey. Da musste ich mehrere Fotostopps machen, eins der Fotos:


Der Genfer See – offensichtlich in der Sonne.

Tief unten – so tief musste ich jetzt runterrollen. Und bremsen. 1.150 Höhenmeter auf 13 km – zum Glück bin ich hier nicht hochgefahren. Oben gab es noch ein paar Tunnels, dann kamen viele, viele Serpentinen, ein kleines Dorf, nochmal Serpentinen, Weinberge und schließlich war ich in Aigle. Mittagessen, kurzer Besuch bei der UCI und dann nichts wie nach Frankreich.


Hell-dunkel-hell-dunkel-hell-dunkel.


Ein nicht-UCI-konformes Rad vor dem UCI-Hauptquartier.

Aber bevor ich Frankreich erreichte, musste ich mich noch gegen ziemlich heftigen Wind an den Genfer See kämpfen. Immerhin war die Sonne wieder da.


Das Schiff fährt aus dem Bild und ich aus der Schweiz.


Stürmischer See.

In Amphion-les-Bains gab es den von Archie angezeigten Campingplatz tatsächlich. Nah am See, abends machte ich noch einen kleinen Seespaziergang und gönnte mir eine Pizza mit Blick auf Lausanne. Die teure Schweiz war jetzt auf der anderen Seite des Sees. Und der erste Teil ist beendet. Weiter geht's bald in den Savoyen.

Hier noch der aufgezeichnete GPS-Track zu diesem Teil.