Re: Von Vilnius nach Passau - Der Weg ist das Ziel

von: Keine Ahnung

Re: Von Vilnius nach Passau - Der Weg ist das Ziel - 19.10.16 18:07

... und nun der fünfte und vorletzte Teil (Tag 17 - Tag 20) ...



DER SIEBZEHNTE TAG (10.06. – 131 KM / 732 M)

Die Wolken hatten sich in der Nacht verzogen und bis auf ein kurzes Gewitter, dass genau dann kam, wie ich eine überdachte Raststation ansteuerte, bei der ich sowieso Mittag machen wollte, war die Sonne meine treue Begleiterin. Bereits um 7 Uhr fuhr ich von dem Restaurant los, das mir die Nacht gerettet hatte. Frühstück gab es keines, was ich aber auch bei meinen Zeltübernachtungen nicht schon so früh eingenommen hätte. Zunächst ging es in den Weißen Karpaten noch den Berg hoch. Danach blieb es relativ flach (im Vergleich zu den Vortagen). Anfangs empfand ich die Landschaft nicht so spannend, dann wurde die Natur aber wieder reizvoller.







Der Weg, auf den dieser lustige Geselle wies, zeigte noch die Spuren des vortägigen Regens – ich kam aber auf der Wiese daneben einigermaßen gut und sauber voran. Es ging in das Naturschutzgebiet Čertoryje, wo sich einige Einheimische liebevoll ihre „Chata“ eingerichtet haben.







Auf dem Weg nach Lednice (Eisgrub) in Südmähren ging es an der Morava (March, Nebenfluss der Donau) entlang, die Mähren den Namen gegeben hat. Unter anderem ging es durch das nette Städtchen Hodonín (Göding).







Die Landschaft wurde zunehmend flacher. Schließlich wurde die Dyje (Thaya) erreicht, an deren Ufer Lednice liegt. Diese Ortschaft ist wegen des Schlosses berühmt, welches der Fürstenfamilie von Liechtenstein gehörte, die das Schloss Anfang des 17-ten Jahrhunderts bauen ließ. Seit der Grenzöffnung kämpft die Familie vergeblich um die Rückgabe des Schlosses. Während das Schloss und die Stadt selber sowie einige in privater Hand befindliche Jagdschlösschen der Umgebung in gutem Zustand sind, sieht man doch auch etliche Gehöfte und Landhäuser, die zumindest vom Verfall bedroht sind.






















Weiter ging es durch die schöne Seenlandschaft bei Lednice zum Greenways Prag-Wien (Iron Curtain Trail), der mich auf sehr guter Strecke entlang der Grenze zu Österreich führte. Schilder erinnerten an diverse Fluchtversuche mit positivem oder negativem Ausgang.









Durch Mikulov (Nikolsburg) mit seinem schönen Schloss fuhr ich nach Hrádek an der Dyje, wo es einen Naturcampinplatz (Tábořiště Hrádek) direkt am Fluss gab. Dieser wurde intensiv von den Einheimischen genutzt, die dort mit Kind, Hund und Gesang zusammenkamen, um das Wochenende gemeinsam in der Natur zu verbringen. Ich fand eine Lücke für mein Zelt und der Fluss bot die Möglichkeit, den Schweiß abzuwaschen.















DER ACHTZEHNTE TAG (11.06. – 129 KM / 1780 M)

Am nächsten Tag war es meist bedeckt, dem Regen konnte ich aber immer entkommen. Südmähren ist sehr schön und wurde in vielen Teilen stark durch die frühere deutsche Bevölkerungsgruppe geprägt. Zum einen finden sich überall Barockstatuen von Heiligen, bei denen die meisten deutsche Inschriften tragen. Zum anderen kommt man an vielen kleinen Schlössern und Herrensitzen vorbei, die leider häufig stark renovierungsbedürftig sind. Sehr viele Häuser, die früher durchaus ansehnlich waren, sind verlassen und verfallen. Der erste Ort, den ich erreichte war Jaroslavice (Joslowitz) mit seinem Renaissanceschloss.







Der Iron Curtain Trail ging weiter durch schöne Landschaft, wo immer wieder Weingärten zu finden waren. Die Natur war wieder begeisternd und die Weinkellergasse in Chvalovice gefiel mir auch sehr gut, obwohl ich kein Weintrinker bin.















Der danach folgende Nationalpark Podyjí um die Dyje (Thaya) ist der kleinste tschechische Nationalpark, aber sicherlich nicht der unattraktivste. Ich denke die Bilder werden das bestätigen!



















Auch einige kulturelle Höhepunkte sind im Park zu finden. Während das Schloss Vranov nad Dyjí (Frain) sehr schön restauriert wurde …









… ist das Schloss Uherčice (Ungarschitz) vom Verfall bedroht. Das Schloss wurde nach der Enteignung als Frauengefängnis genutzt. Im letzten Augenblick wurden nun Restaurierungsarbeiten begonnen.





Der stete Wechsel zwischen schöner Natur und kulturellen Höhepunkten machte die Tour durch Mähren zu einem äußerst interessanten Abschnitt meiner Radreise. Ein weiterer kultureller Höhepunkt war die Stadt Slavonice (Zlabings) mit beeindruckenden Hausfassaden, in denen unterschiedliche Bibelstellen dargestellt wurden. Der Iron Curtain Trail ließ aber auch nicht vergessen, dass man sich nahe einer Grenze befand, die einmal wesentlich weniger durchlässig war.













Vorbei an der Burg Landštejn (Landstein) ging es schließlich nach Nová Bystřice (Neubistritz), wo ich übernachten wollte. Nachdem mir in drei Hotels und Pensionen mitgeteilt wurde, dass keine Zimmer mehr frei seien, sah ich mich schon wieder auf der Jagd nach neuen Kilometerrekorden. Ich versuchte es noch in einem vierten Hotel, wo ebenfalls keine Zimmer zur Verfügung standen, wo aber der Besitzer eine Bekannte anrief, die Zimmer vermietete – erfolgreich. Eine Kellnerin geleitete mich sogar dorthin. Abendessen ging ich natürlich in das Restaurant des freundlichen Wirts.









DER NEUNZEHNTE TAG (10.06. – 127 KM / 1551 M)

Der letzte ganze Fahrtag war angebrochen. Am nächsten Tag würde ich Passau erreichen. Einerseits ist man froh, das Ziel so nahe vor Augen zu haben, zum anderen bedauert man, dass die Radreise nun bald ein Ende finden sollte. Die Wettervorhersage hatte nichts Gutes vermeldet, aber es wurde besser als erwartet. Es gab einzelne Regenschauer, aber im Großen und Ganzen war es trocken und zum Teil sogar sonnig.
Nachdem ich um 6:45 Uhr losgefahren bin, konnte ich mir zunächst auf einem relativ flachen Stück entspannen. Danach ging es ständig mit zum Teil starken Steigungen auf und ab. Aus Nová Bystřice ging es weiter am Iron Curtain Trail an einigen Seen vorbei Richtung České Budějovice (Budweis).











České Budějovice (Budweis) ist sicherlich ein Höhepunkt der Gegend – aber nicht der einzige. Die Bilder belegen das sicherlich. Ein leckerer Cappuccino am Marktplatz war ein wahrer Genuss.















Weiter ging es nach Zlatá Koruna (Goldenkron an der Moldau) mit seinem Zisterzienserkloster. Die Dichte der Sehenswürdigkeiten ist auf dieser Tour deutlich höher als bei meinen bisherigen Radreisen. Es war ganz angenehm, dass dazwischen schöne Wegstücke lagen, die einen wieder etwas abschalten ließen. Zeitlich passte es gut, um mein Mittagessen im Park des Klosters zu verspeisen.











Schon eine Stunde später erreichte ich das absolute „Highlight“, Český Krumlov (Krumau an der Moldau). Ich denke, dass man diese Stadt besuchen muss, wenn man in der Gegend unterwegs ist – allerdings denken das auch viele Japaner und andere Touristen.













Bis nach Černá v Pošumaví (Schwarzbach) am Moldaustausee (Lipno-Stausee) wollte ich es heute noch schaffen, um am nächsten Tag den Endspurt durch Österreich nach Passau anzutreten. Das klappte auch gut. Das Wetter, das Regen für die Nacht vermuten ließ, veranlasste mich, auch für die letzte Nacht der Tour eine Pension zu suchen, die auch schnell gefunden war.











Nun noch ein kurzer Schluss ...