Re: China (Qinghai): AmnyeMachen u. der blaue Mohn

von: wal

Re: China (Qinghai): AmnyeMachen u. der blaue Mohn - 10.10.17 07:01

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Am nächsten Tag komme ich am Vormittag durch ein Dorf, in dem jeder Laden an den Türen auf riesigen Postern das entsprechende Sortiment abgebildet hat. Ich kaufe nochmal ein paar Lebensmittel. Allerdings habe ich ziemlich Schwierigkeiten mit der Verständigung, ich muss immer mehrmals nachfragen, bis ich das Chinesisch der hier lebenden Tibeter verstehe. Auch einfache Worte, wie die Zahlen sprechen sie für mich sehr ungewohnt aus.







Weiter geht es hinab in ein Canyon aus steilen, roten Sandsteinfelsen, jetzt bin ich nur noch auf 3300 m. Auf den kleinen Grasflächen auf den Felserücken stehe Nomadenzelte mit ihren Tierenherden, Yaks und Schafe.







Ich folge dem Fluss im Canyon nun wieder bergauf, bis auf 4000 m Höhe. Irgendwann erreiche ich das obere Ende des Sandsteinfelsencanyons, dann kommt wieder ein Abschnitt mit Wacholderwädern, dann wieder Grasland.









Die Golog-Hochebebe, so um die 4000 m hoch gelegen.
Seit ich den Gletscher vom Amnye Machen verlassen habe, beobachte ich sehr aufmerksam die Vegetation entlang der Straße und unternehme immer mal wieder Spaziergänge in die Landschaft von der Straße weg. Irgendwo muss er doch sein, der blaue Mohn… Aber bislang konnte ich ihn nicht finden.

Grasland und Nomaden

In der Ferne sehe ich zahlreiche Nomadenzelte. Entlang der Straße gibt es „Ladenzelte“, die üblichen Kramläden mit bunt verpackten getrocketen Lebensmitteln, und Getränken in bunten Flaschen. Auch Restaurant-Zelte gibt es, die typisch tibetische Gerichte anbieten: getrockneter Yakmilchkäse, vergorene Stutenmilch, Yakbuttertee, Yakfleisch, Tsampa. Hinter der Ladenzeile stehen zahlreihe Nomadenzelte und ein großes Festzelt.





Hier findet gerade eine buddhistische Zeremonie statt mit Opferfeuer und anschließender Zeremonie im Festzelt. Neugierig schaue ich aus der Entfernung zu. Ein paar festlich gekleidete Männer kommen auf mich zu. Kritisch, ohne ein Wort zu sprechen begutachten sie mich und das Rad. Ich begutachte die Männer ebenfalls kritisch, halte ihren Blicken stand. Als die Männer das Gebetskettchen am Lenker und daneben die typische Steinschleuder der Nomaden sehen (beides hatte ich in Maduo bei einem netten Tibeter gekauft), kann ich in Ihren Blicken so etwas wie Respekt erkennen. Ich deute mit fragendem Blick auf die Kamera, die Männer signalisieren Zustimmung.




Ich radle weiter und erreiche bis zum späten Nachmittag noch den Abzweig zu einer Piste, der ich in Richtung Zeku folgen möchte. Ich finde einen Zeltplatz im Grasland etwa 500 m von der Piste entfernt. In der Umgebung gibt es einige Nomadenzelte, aber jeweils mindestens einen Kilometer entfernt. Ich fühle mich hier ungestört, unternehme einen Spaziergang, um die verschiedenen Blumen zu sehen (Gelber Mohn, Edelweiss, etc, aber immer noch kein blauer Mohn) und beobachte vor dem Zelt sitzend, wie sich die Wolken verändern oder schaue den kleinen Pikas zu, die von einem Loch ihres Baus zum anderen flitzen.







Die Hunde

Nachts höre ich sie zum ersten Mal. Hundegebell in der Ferne, das sich aber wieder legt. Dann im Morgengrauen kommen sie wieder. Kläffend umrunden zwei Hunde das Zelt, kommen immer näher. Schließlich positioniert sich ein Hund genau vor dem Zelteingang und der andere genau hinter dem Zelt. Ich beschließe, zunächst abzuwarten und hoffe, dass die Hunde bald wieder abziehen. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, die Tautropfen im Gras glitzern in den ersten Sonnenstrahlen. Im Zelt greife ich nach meiner Wasserflasche, um etwas zu trinken. Dabei bewegt sich die Zelthülle und der hinter dem Zelt kläffende Hund greift mit einem kraftvollen Sprung das Zelt an. Ein Loch im Außenzelt ist die Folge. Sofort bin ich raus aus Schlafsack und Zelt, will die Hunde vertreiben. Keine Chance. Anbrüllen nützt nichts, Ignorieren auch nicht, Steine gibt es leider weit und breit keine... Das Werfen von getrockneten Yakfladen bringt kurzzeitige Abhilfe, aber die Hunde sind dann trotzdem ganz schnell wieder da.





Die Hunde machen Scheinangriffe, einer von vorne, der andere von hinten. Bis auf einen halben Meter kommen sie kläffend auf mich zu, dann drehe sie kurz ab. Sie benehmen sich genau wie gut eingespielte Jagdhunde. Nur leider bin ich diesmal nicht der Jäger, sondern die Beute. Mir wird klar, dass ich die Hunde auf keinen Fall provozieren oder erschrecken darf. Ich versuche also eine dominante Körperhaltung einzunehmen und beginne in langsamen, kontrollierten Bewegungen meine Sachen einzupacken. Isomatte einrolle im Stehen, lass die Hunde bloß nicht das rote Futter des Schlafsacks sehen… Langsam entferne ich die Heringe, dann die Zeltstange. Und das alles ohne Frühstück… Als der Zeltstoff flach auf dem Boden liegt, geben die Hunde kurz Ruhe. Doch plötzlich geht es wieder los, einer kommt von vorne, der andere von hinten. Zelt einpacken, Rad aufrichten, Packtaschen ans Rad. Langsam bewege ich mich in Richtung Piste. Die Hunde begleiten mich zähnefletschend. Einer rechts, einer links. Dann muss ich eine unsichtbare Grenze überschritten haben, denn unvermittelt drehen die Hunde ab, als wenn nie etwas gewesen wäre.


(Fortsetzung folgt...)