Re: Dolomiten im Juli 2018

von: velOlaf

Re: Dolomiten im Juli 2018 - 15.08.18 15:26

Der nächste frühe Morgen empfängt mich mit tollem Wetter. Es geht durch Weinberge zum schönen und alten Ort Tramin, dem Namensgeber der Traminer Traube. Hier gibt es den ersten Kaffee des Tages, dann fahre ich umständlich über Neumarkt den Etschtalradweg nach Auer, weiter steil bergauf durch Montan und ruhig nach Aldein. In Maria Weißenstein besuche ich die Klosterkirche, hier ist gerade Gottesdienst und später genieße ich von hier den Blick auf die Dolomiten. Dann fahre ich gefühlt stundenlang vor den Rosengartenspitzen vorher, der Höhepunkt ist am türkisfarbenen Karersee erreicht, der majestätisch vor dem Rosengarten liegt. Bevor ich über den Karerpass rolle, mache ich einen Ausflug zum Nigerpass. Die Fahrt dort hin gibt noch einmal schöne Ausblicke auf den Rosengarten und die Rotwand. Im Val di Fassa verläuft wieder ein sehr schöner Radweg. Ich erreiche den Camping Miravalle in Campitello di Fassa, hier bleibe ich zwei Nächte. Am Abend gibt es gute Pizza.

























Es ist Sonntag !!! Heute beginnt meine persönliche Sella Ronda, allerdings ohne Sella. Zunächst fahre ich über Canazei und Penia zum Passo di Fedaia. Die Straße führt unmittelbar am Fuße des Marmolada entlang, mit 3342 Metern dem höchsten Berg der Dolomiten. Ein imposanter, mächtiger und vergletscherter Brocken, der sich im Stausee Lago di Fedaia schön spiegelt. Weiter geht´s durch beeindruckende Landschaft und etliche Höhenmeter hinauf zum Passo di Giau. ES IST SONNTAG !!! Die Straße ist voll mit Radfahrern, leider auch mit vielen Autos und Motorrädern, aber das Verhalten ist sehr entspannt und es lässt sich gut fahren. Ich finde eine regionale RR-Gruppe und wir fahren gemeinsam zum Pass. Die umliegenden Berggipfel sind unfassbar schön. Weitere Pässe auf meiner Etappe sind Falzarego und Valparola. Der Valparola ist quasi in einem Abwasch mit dem Falzarego, aber unglaublich schön gelegen in einer Wüste aus Gesteinsbrocken. Unterwegs stehen am Straßenrand seltene Lilienarten, unter anderem die Türkenbundlilie. Der Campolongo ist langweilig, kurz dahinter liegt das bekannte Rennradfahrerdorf Arabba -> Espressopause. Zum Abschluß der Etappe steht noch der Passo di Pordoi auf dem Programm, dann fahre ich zurück zum Camping Miravalle. Eine großartige Etappe. Das Abendessen ist heute mal Fast Food auf italienisch: Borlottibohnensalat, kaltes gegrilltes Gemüse und Lasagne in der Imbissbude.

























Der nächste frühe Morgen empfängt mich wieder wolkenlos. Heute fahre ich meine Sella Ronda zu Ende. Im noch schlafenden Canazei kaufe ich beim Bäcker mein Frühstück für das Sellajoch ein. Es gibt einen Topfen-Rosinenstrudel. Hinter den ersten Kehren oberhalb von Canazei liegt das Tal noch im Schatten, die Bergspitzen der Sellagruppe werden von der Sonne bereits ein wenig beleuchtet. Am Abzweig zum Passo di Pordoi ist am Fels eine Gedenktafel für Fausto Coppi in Erinnerung an seine Heldentaten. Wenig später ragt links von mir die Sellagruppe hoch empor und wiederrum kurze Zeit später bin ich am Pass angekommen. Wie die letzen Tage schon bestätigt haben, so finde ich die Dolomiten MIT ABSTAND die schönste Region der Alpen. Diese einzelnen Gesteinsbrocken inmitten grüner Landschaften sind spektakulär. Am Pass gibt´s sehr guten Espresso von Pellini und meinen Strudel aus Canazei. Die Abfahrt ist schnell und sofort beginnt wieder der Anstieg zum Grödner Joch. Die Straße verläuft direkt am Fuß der Sellagruppe. Die Abfahrt hinab nach Corvara scheint fast unendlich lang. Corvara ist voll auf den Maratona dles Dolomites eingestellt, im Ganzen Ort sind Schilder, Plakate usw. aufgehängt. Das Radspektakel war vor einer Woche. Es folgt eine weitere schnelle ständige Abfahrt durch das bewaldete Val di Badia im stärkeren und schnellen Autoverkehr. Der Radfahrer nervt und wird sobald im Tunnel von einem LKW angehupt... Ich bin echt froh, als ich in Zwischenwasser ankomme und biege rechts ab ins Valle di Marebbe. Meine Karte zeigt einen weiteren kleinen Pass an, den Furkelpass. Diese kleine Sau wird zum Ferkelpass mit Steigungen von 15 % bei schwülheißem sonnigen Wetter. Gemein ist er deshalb, weil ich ihn nicht geplant hatte und nicht mit diesen Steigungsprozenten gerechnet habe. Dennoch ist es hier sehr schön. Die Almwiesen rund um den Kronplatz erinnern mich in ihrer Steilheit ein wenig an das Emmental in der Schweiz. Ich umrunde den Kronplatz und erreiche schließlich Mitterolang. So schick ist das nicht und entscheide mich zur Kaffeepause zum Antholzer See zu fahren. Die Strecke ist sehr angenehm, ständig bergauf und stellenweise auf sehr guten und schönen Fahrradrouten. Heute nehme ich einen Cappuccino, dann kehre ich um und rase schnell hinab zurück nach Mitterolang mit kurzem Stopp an einer Hofkäserei in Oberhof. Dann folge ich einem wieder sehr schönen einsamen Radweg, dem Pustertalradweg, durchfahre Bruneck und schlage das Zelt am Camping Wildberg in Sankt Lorenzen auf. Toller Platz mit freilaufenden Tieren und guter Anlage.

























Die letzte Etappe beginnt. Ich bin mir unschlüssig, wie ich nach Brixen zum Bahnhof fahren soll. Erstmal losfahren, alles andere ergibt sich. So folge ich wieder dem Pustertalradweg und entscheide mich in Montana, der schmalen Straße bergauf und nicht der breiten Autostrße im Tal zu folgen. Die Straße steigt und steigt und steigt. Es ist wunderschön und einsam hier und steil. Die Ausblicke sind in alle Richtungen prächtig. In meiner Karte ist hier keine Straße mehr eingezeichnet und ich folge meinem GPS durch Unteronach und Hinteronach, Oberonach lasse ich aus und komme in Welschellen an. Hier beginnt der Anstieg zum letzten Pass dieser Tour, dem Würzjoch, das ebenfalls sehr schön ist. Hier stellt sich wieder die Frage, wie nach Brixen fahren? Ich entscheide mich für die Strecke über Palmschloss und finde sie überhaupt nicht schön und halte ratlos an dieser "Kreuzung". Zwei ältere Herren sprechen mich an, wir quatschen ein wenig. "Fährst du mit Pulsmesser?". Ja. Ich komme so langsam in das Alter, wo ich mal auf meinen Puls schauen möchte, antworte ich. "Wir sind aus dem Alter heraus, wir fahren nur noch nach Gefühl" sagt einer der beiden. Sie sind 78 und gut unterwegs. Chapeau, Kollegen! Sie geben mir den Tipp, zum Plose hinaufzu fahren, eine Bergstraße, die auf einem kleinen Bergplateau auf ca. 2040 m Höhe endet. Nochmal eine tolle Aussicht, dann fahre ich zurück und noch weiter zurück und zweige schließlich ins Villnößtal ab. Die Straße am Berghang ist richtig schön, eine Genussstraße. In St. Peter mache ich mal richtig Mittagspause und bestelle im Restaurant Viel Nois drei Sorten Knödel, Salat und dazu ausnahmsweise ein Glas regionalen Sauvignon Blanc. Als ich fertig bin, erscheinen die beiden älteren RR-Fahrer auf der Terrasse und wir unterhalten uns noch ein wenig. Sie erzählen mir, daß Reinhold Messner aus diesem Ort stammt. Guter Typ der RM, der hat meine Bewunderung. Die Weiterfahrt endet dann im Eisacktal nördlich von Klausen, nachdem ich bereits ein kurzes Stück auf einer Nebenstraße durch Gufidaun gefahren bin. Schön ist es im Tal nicht, Autobahn, Hauptstraße, Bahnlinie, eng, stickig. Also überquere ich die Eisack, um auf der Gegenseite durch die Weinberge etwas ruhiger unterwegs zu sein. So fahre ich durch Feldthurns, Hl. Kreuz und Pairdorf bis ich dann steil bergab in Brixen ankomme. Ich habe noch ein wenig Zeit um die Stadt zu besuchen, allerdings macht mir ein heftiges Gewitter einen Strich durch die Rechnung und es bleibt bei kurzen Besichtigungen des Doms und der engen Gassen. Zeit für ein Eis ist aber noch. Dann bringt mich die DB zurück nach Innsbruck und dort steige ich wieder in den Nightjet nach Hannover.
Geniale Tour und die Erkenntnis, daß es nicht hätte schöner sein können. DANKE!