Re: Alpes Occidentales „PACA“

von: veloträumer

Re: Alpes Occidentales „PACA“ - 14.11.18 20:26

PACA-2 Vaucluse mit Parc Naturel Régional du Luberon

Sonntagsstille, Sonne, Morgen, Brunnenplatz Vitrolles, Terrrassenblick ins Tal. Früher trafen sich hier Waschweiber, das Wasser zum Blumengießen wird immer noch hier abgefüllt. Schon der Empfang war ein Lächeln. Eine Dame stand mit nacktem Busen auf dem Balkon, zwinkerte mir zu und verschwand, als müsse man die Momente des Lieblichen wie seltene Kostbarkeiten behandeln. Kaum denkbar, dass ich nur wenig entfernt nachts in den Lauf einer Schrotflinte schauen durfte. Wie friedliebend sind die Menschen in einer Idylle?

So 18.6. La Bastide-des-Jourdans - Vitrolles-en-Luberon - Col de l'Aire dei Masco (697 m) - Cereste - Tour d'Embarde - Viens - Col des Quatres Chemins (644 m) - Collet de Flaqueirol (677 m) - dev. D22 - D112 - Gignac - Colorado Provençal - Apt - Camping La Clé des Champs - Apt - Camping le Luberon - Apt
62 km | 960 Hm | 5:04 h | 12,3 km/h

AE: R Les P‘tits Lilou: Salat m. Entenleber, Lammkeule, Pommes, Gemüse, Pannacotta, RoséW, Cafe 23,90 €
Ü: C Les Cèdres 5,62 €

Auch jenseits Vitrolles ein lieblicher Landstrich nach Céreste mit struppigen Steineichen etwa auf der Nordflanke einer weiteren kleineren Passhöhe. Erfrischender Bachlauf für ein kleines Bad. Aufstieg nach Viens, Lavendel, in der Ferne Ockerabbau. Im Ort Handwerkermarkt, Sonntagsausflügler. Überall Winkel zum Verweilen. Aussicht weit über das Land, darf eine Burganlage nicht fehlen. Wer möchte da nicht in einer Turmstube okzitanische Geschichten niederschreiben? – Ich leide, ein gewöhnlicher Brötchenverdiener aus Stuttgart zu sein. Ich rechne nach, auf was ich alles verzichten könnte, wenn ich austeigen würde aus dem Trott der Pflichtenhefte. Ich glaube es reicht nicht – sagt das Hamsterrad ganz unpoetisch.



Die Gegend hier heißt genauer Réservé Naturelle Géologique du Luberon – eine Schaubude der Farbträume. Aus dem betörenden Gelb des Ginsters wachsen bald immer mehr rote Ockerfelsen raus – Zapfen, Säulen oder auch Wände. Dann sind es wieder weiße Schichten oder fast schwarze. Noch vor Colorado Provençal (für Kinder: nicht Haribo! – für Cowboys: nicht Amerika!) liegt Gignac, eher ohne Ocker, aber wieder steigende Gassen und Treppen, Katzen, die sich den Bauch lecken. Auch Gignac ist großartig – zeitlos, zeitvergessen. Wer es auf der Karte nicht findet: nicht schlimm, so viele Besucher verträgt das Idyll nicht.

Colorado – hier geht es auf den Ockerweg. Einige Zugänge zu den brüchigen Felstürmen sind gesperrt. Radfahren geht kaum, der nahe Radweg hingegen schon zu weit entfernt von den Abbrüchen. Man müsste auch immer wieder die Berge ersteigen, auch hinter den Frontkulissen zeigen sich neue Facetten von Ockerbühnen – Türme und Soldaten des Erdreichs. Die Faszination ist heute etwas gedimmt unter grauem Himmel. Manche Felsen aber leuchten einfach so als seien sie fluoreszierende Erde.



Es wartet Apt, alte Gassen auch, Platz für Märkte und ausgeruhte Abende. Ich musste erstmal kräftig durchatmen, hatten mich die ausgeschilderten Campings gleich zwei Berge erklimmen lassen, bevor ich doch den dritten im Tal fand – zwei sportliche Extrarunden für die Katz. Rechne ich die Zeit zusammen, wäre ich anders auch noch bis Bonnieux gekommen. Aber vielleicht auch gut so. Die Landschaft atmet nicht so schnell wie der Antrieb eines Kettenfahrzeuges. Jeder Ort flüstert ins Ohr: „Bleibe und weile, du Rastloser!“

Mo 19.6. Apt - Col du Pointu (499m) - Bonnieux - Pont Julien - Roussillon/Trail d'Ocre - Gordes - Col des Trois Termes (574 m) - Combe de Vaulongue - dev. D177/D4 - Combe de Murs Venasque - Col de Murs (627 m) - Murs - Joucas - Murs
81 km | 1520 Hm | 6:51 h | 11,7 km/h

B: Trail de Ocre 2,50 €
AE: Hostellerie des Commandeurs (Joucas): Tarte Provencal, Salat, Kalbfleischröllchen, Kartoffelpuffer, Ratatouille, Cafe Gourmand 30,60 €
Ü: C Municipal Murs: 8,70 €

Erstmal weniger Ocker, dafür erste Borie. Hier als Hirtenbehausung. Weiter nördlich gibt es ein ganzes Museumsdorf damit. Tockensteinmauern ohne Mörtel, aber stabil. Manche sind nur um die 200 Jahre alt, andere bis zu 400 Jahre. Eigentlich wirken sie archaischer. Tatsächlich älter das Gemäuer in Bonnieux – ritzig von Unkräutern durchtriebene Treppen, kerkergleich schattig verschwiegene Hausbögen, steilgassige Stolperfallen. Ich hatte Angst vor dem Trubel, Bonnieux steht auf den Programmprospekten von Reiseveranstaltern wie auch Lourmarin zur anderen Seite des Berges. Gewiss, Besucher drängen sich durch den Ort, aber der Charme kann nicht geraubt werden. Probleme haben die Busse. Sie kommen nicht um die Ecke im Ort und schon ist Stau. Vorteilspack Fahrrad. Ätschi-Bätschi!



Das Auge ist eigentlich schon genug geschwängert. Jetzt auch noch Lavendel. Nicht Lavendel, sondern mehr Lavendel – ein Meer von Lavendel. Von Violett zu Grün: an der Pont Julien kreuzen Radwege, sogar eine Extra-Radbrücke – wir sind an einer der bekanntesten römischen Straßen, der Via Domitia. Neu dahingegen der Bahntrassenradweg dem Calavon entlang. Unter der historischen Pont Julien (eine Nachbildung der ursprünglichen römischen Brücke) quaken Frösche in grünem Algenschleim. Baden will man da eher nicht – wer weiß, vielleicht wäre es gesund?

Von Gelb zu Violett zu Grün zu Rot: Schon vor Roussillon passiert man rote oder rotgelbe Ockerfassaden und -türme. Lärchen- und Kieferngrün setzt sich dort unwirklich irisierend ab. Roussillon selbst ist Ocker – überall und ganz als Vollverkleidung des Ortes. Die Häuser in Rot bis Orange – das Kaleidoskop der Ockertöne, auf einem Hügel zusammengeschart. Der Ocker-Trail hier kostet Eintritt – im Gegensatz zu Rustrel. Das Geld ist nicht verloren, es gewinnt an Wert. Jeder Schritt ein Mehrwert. Da stakt man Ockertreppen runter, steht in Amphitheatern aus Ockerriesen, Figuren, Zapfen, Zipfel, Zuckerhüte. Grünkontraste dazu – wie Lebensadern in einer Steinwüste – oder umgekehrt. Das Auge schwimmt, weint, strahlt und ist geblendet. Die Bildbetrachter werden behaupten, ich pumpe mit Photoshop auf. Falsch, die Abbilder sind nur ein flauer Abklatsch des realen Farblichts vor Ort. Hier spielt die Kulisse selbst den Mephisto. Es müsste mindestens zehn Vorhänge geben. Aber noch besser ist Schweigen aus Demut.



Ocker ist aber auch historischer Farbstoff. Die Ockergewinnung hatte seine Tücken, harte Arbeit für Menschen, bis die Farbe sich vom Stein auf Stoffe und Leinwände übertragen ließ. Zur Geschichte und Technik der Ockergewinnung gibt es auch ein Museum. Roussillon ist voll mit Touristen – und doch auch hier jeder Winkel einen Blick wert. Spezialitäten, Kunst und Künstliches – und sogar gutes Eis. Um eine Ecke gegen Ortsende kann man die Arbeit in einer Ölmühle von früher bis heute einsehen. Es gibt die Olivenöle in silbernen Dosen als wären es Lacke. Wer bleiben kann, sollte wenigstens einen Abend verweilen. Der Radler scheucht sich wieder – herrje!

Das Borie-Dorf auf der Seitensackgasse hatte ich schon gestrichen. Gordes selbst liegt hingegen auf der Strecke, einen neuen Berg hoch. Ein E-Biker ächzt, ich muss ihn hinter mir lassen – er lacht sarkastisch. Gordes, noch so ein Verweilort – auch Burgberg, Schönste-Dörfer-Prädikat, Renaissance-Spuren. Touristen auch hier, Edelhotel sogar – Provence de luxe, mehr als Bonnieux oder Roussillon. Wieder Kunstateliers, Brunnen vor dem Tore, Terrasse unter Platanen, Treppengassen. Die historische Landarbeit ist auf großen Wandhängen plakatiert, die Gesichter tragen die Spuren des Lebens. Mir dürstet nach Wassermelone. Ich arbeite ja auch auf dem Lande, wenn man es genau betrachtet – meine Felder sind die Straßen.



Wegen Gordes hat man schon Höhe für die nächste Passhöhe gewonnen, verliert aber wieder durch eine Zwischenmulde mit Kloster. Glatter Asphalt und Schlucht hinunter zur anderen Seite. Von der Combe de Vaulongue zweigt man unmittelbar in die Combe de Murs Venasque mit Kurs auf den Col de Murs. Radlerisch auch eher ein leichteres Spiel. Oben auf dem Plateau überreife Kirschen. Niemand pflückt sie – welche Verschwendung von rotem Saft und Süße! Unwiderstehliche Verführung.

Hätte ich mehr Kirschen bunkern sollen? – In Murs ein einziges Bistro – wie so häufig mit dem Schild „fermé“. Kleine Burganlage, ein Borie. Ich riskiere den Weg hinunter zur anderen Seite, hoffe auf ein Hotel auf halber Strecke – Essen nur für Pensionsgäste. Also ganzer Berg runter nach Joucas – das ist schon fast Roussillon. Quasi einmal im Kreis rum. Das Gartenlokal hübsch, aber der Nachtlagerplatz weit oben in Murs – eine Hundejagdstrecke entfernt. Bei der Nachttour hecheln im Dunkeln kläffende Vierbeiner hinter mir her. Habe ich gut gegessen um jetzt selbst zur Schlachtplatte zu werden? Die unsichtbaren Schnauzen, aus den ich nur die fletschenden Zähne erahnen kann, bleiben bald zurück. Aufatmen und sogar noch eine Dusche in der Nacht. Das war jetzt nicht Landarbeit, sondern Nachtsport. Nacktsport dann wieder eher morgen.

Di 20.6. Murs - Col de la Ligne (756 m) - Col Faraud (665 m) - Saint Hubert (831 m) - Monieux - Gorges de la Nesque - Villes-s-Auzon - Col Notre Dame des Abeilles (996 m) - Sault - St-Trinit - Revest-du-Bion
92 km | 1655 Hm | 7:02 h | 13,0 km/h

AE: Proviant
Ü: C Municipal 3 €

Das Plateau de Vaucluse sorgt für eine nicht immer einfache Topografie, mehrfach haben sich Zwischentäler südlich der Gorges de la Nesque in die Hochebene eingeschoben. Die Steigungen hier nicht prominent, aber doch häufig unzugängliche steinige Hänge, die von struppigen Niederhölzern überwuchert sind. Erst in Monieux findet man wieder kleine Gastronomie und Unterkunft, sogar ein Freizeitgelände mit Anglerteich. Die Rennradlerdichte steigt an (sogar einige Reiseradler und E-Biker), denn die Gorges de la Nesque ist so eine Art Vorhof für den velophilen Mythos Mont Ventoux, den man hier in der Schluchtroute nur selten sehen kann, dafür bereits deutlich zuvor von der Nordflanke des Plateau de Vaucluse aus.



Die Gorges de la Nesque offenbart sich trotz des mäßigen Gefälles mit einem grandiosen Kurvenlabyrinth, wirbelt durch Felstunnels, Steinvorsprünge streifen fast die Kopfhaut, während die hellen Felsmusterungen immer wieder gleißendes Sonnenlicht zurückwerfen. Mitten in einer großen Kehre rauchen die Bremsen – ganz verschämt unter Felsen wartet eine Honigverkäuferin auf Kunden. Schlechte Marktlage, denke ich, welcher Rennradler kann die aromareichen Nektarextrakte in Gläsern transportieren? Die Honigaromen sind vielfältig und ausgefallen, typisch etwa Rosmarin- oder Lavendelnoten – Honig einkaufen in der Gorges de la Nesque, Empfehlung für felsversessene Leckermäuler!

Von Villes-sur-Auzon, wiederum beliebter Rastort für Rennradler, führt die breit angelegte D1 in einem ganz anderen Landschaftsbild auf eine Hochebene. Weitgehend offen durch Strauchgewächse, gräbt sich unter bleichender Sonne jeder Tritt mühsam ins Wadenbein. Im Schatten des Mont Ventoux, der seine abweisende harte Kalkschicht der geologisch zweiträchtigen Faltung von Pyrenäen und Alpen verdankt – quasi als Beweis der Zerreißprobe widerstanden zu haben –, gleicht die Strecke ein wenig der Nordwestrampe am Ventoux von Malaucène aus. Es fehlt hier die glorreiche Inthronisation des Radlers durch einen markanten Hochpunkt mit Observatorium, denn der Pass Abbeiles zerfließt mehr oder weniger unmerklich auf einer schnurgeraden Linie, die auf dem Plateau immer mal wieder von einer Zwischenmulde aufgerieben wird.

Der eigentliche Glanz der Strecke entfaltet sich erst mit dem an einen Hang aufgeschichteten Sault, unter dessen pittoresker Silhouette sich Lavendelfelder ausbreiten, die hier zum einträglichen, traditionellen Einkommenserwerb beitragen. Die Essenzen von Lavendel und Lavandin (ein Hybrid-Lavendel, ertragreicher als gewöhnlicher Lavendel, aber weniger edel) werden in allen Formen der Verwertung von Parfum über Seifen bis zu Marmeladen und Honig angeboten, zuvorderst in einer Kooperative noch unterhalb des Ortes gelegen, die auch Einblicke in die Produktionsprozesse der Destillation des Duftgoldes gibt. Der Duft lässt sich sogar gut im Reisegepäck des Radlers nach Hause tragen, weil die getrockneten Blüten in dekorativen Kissen und Säckchen eine ebenso schmucke wie haltbare Konservierung ermöglichen.



Lavendel und meist Lavandin wachsen zwar auch in den niederen Ebenen etwa der Basse Durance oder weiter nördlich der Drôme, aber die Hauptanbaugebiete des hochwertigen Lavendel sind in den Hochebenen und bevorzugt auf Höhen um die 1000 m, auch bis zu 1500 m, erhalten erst ab 800 m Höhe das AOC-Prädikat von Provence-Lavendel. In Tat- bzw. Produktionseinheit der kargen Böden steht auch das Petit Épeautre, kleines Dinkelkorn, auch Einkorn genannt, eine Art Urweizen, der für die Ernährung der Lavendelregionen einst eine tragende Rolle spielte und heute wieder neu entdeckt wird, so auch hier in Sault.

Damit ist aber die Genussregion Sault am Fuße des Ventoux (Radtrikots mit dem Berg natürlich überall zu Nepper-Preisen erhältlich) noch nicht vollständig beschrieben. Sicherlich gehören auch Käse und Wursterzeugnisse zum lokalen Geschmacksportfolio, jedoch ragt noch eine weitere Spezialität heraus, das weiße und schwarze Nougat. André Boyer, der Nougatmeister des Ortes (Museum und Workshops bei Voranmeldung), verarbeitet Honig, Mandeln und Karamell natürlich noch in anderen schmackhaften Varianten als Calissons, Krokantgebäck und Makronen – es wartet aber auch erlesene Schokoladen, Kekse aus Petit Épeautre oder die gepuderten Guimauves à l‘ancienne, die in ihrer Konsistenz wie auch im Geschmack eine Edelvariante von Marshmallows darstellen.



Dieses Genusszentrum Sault soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Infrastruktur auf der Hochebene recht bescheiden ist. In Revest-du-Bion kann man sich auf das ansässige Bistro nicht unbedingt verlassen, nächster zuverlässiger Versorgungsort in Richtung Osten ist erst wieder Banon. Auch wenn es über die Hochebene keine radlerischen Herausforderungen gibt und spektakuläre Landschaftsformen fehlen, übermannt einen immer mal wieder ein wahrer Farbrausch, wenn da Lavendelfelder auf frisches Giftgrün treffen oder die Beigetöne des Petit Épeautre sich mit leichtem Goldschimmer dazwischen schieben.

Mi 21.6. Revest-du-Bion - Banon - D201 - Col de Val Martine (655 m) - Carniol - Oppedette - Gorges d'Oppedette - Grand Vallat - (501 m) - Prieuré Carluc - Reillane - Les Granons - Col de Montfuron (645 m) - dev. D907/D105 - dev. D105/D505 - St-Martin-les-Eaux - Dauphin - Col de la Mort d'Imbert (591 m) – Manosque – Pont Manosque
86 km | 1075 Hm | 6:10 h | 13,9 km/h

AE: Les 2 Frères: Melone m. Schinken, Lammfilets, Kartoffelpürée, Pfirsichsuppe m. Basilikum, RoséW, Cafe 32,50 €
Ü: C frei

Südlich von Banon nehmen die Berg- und Talfahrten wieder zu. Über das auf einem Felssporn liegende Oppedette erreicht man südlich davon die gleichnamige Schlucht, die sich aber von der Straße kaum einsehen lässt. Sie kann auf Wandertrails auch auf der Talsohle erschlossen werden. Nimmt man den Abzweig Richtung Les Roux bzw. Ste-Croix-à-Lauze, ergibt sich nach weiteren Lavendelhügeln ein Schotterabzweig nach Süden. Dieser Schotterstrecke ist recht heftig auch ob ihrer Steigung, lässt sich aber wegen der Kürze der Strecke notfalls auch mal schieben. Vom Hochpunkt geht es asphaltiert weiter über ein schon weitgehend verfallenes Kloster (Prieuré de Carluc), wo Informationstafeln die Geschichte des Ortes erläutern. Als Radroute ausgewiesen ist die weitere Strecke nach Reillane, welches sich auf einem Hügel als charmanter, aber wenig touristischer Balkonort empfiehlt.



Bleibt die Strecke zum Col de Montfuron bei zunehmenden Verkehr eher landschaftlich unterdurchschnittlich, entblättert sich mit dem Abzweig über St-Martin-les-Eaux noch eine Kuriosität. Mitten im kaum einsehbaren Abhang in einer Kehre gelegen, entspringt eine Quelle mit schwefelgeschwängertem Wasser. Das Wässerchen diente Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts als Heilquelle und begründete einen Kurort, für den keine Anstrengungen gescheut wurden, um die Gäste dorthin zu bringen. Die Eisenbahn brachte die Gäste von weit in die Talsohle, Kutschen überwanden die schwierigen Höhenstufen und weiter oben brachten Autobusse der ersten Generation die Gäste zu Hotels, der es mehrere gab. Mit dem Abgesang der Hochzeit von Kurorten auch durch die beiden Weltkriege generell sowie mit zunehmend umstrittenerer Heilwirkung des Schwefelwassers im Speziellen endete die Zeit als Bäderort mit Schließung der medizinischen Einrichtungen 1942 gänzlich – heute nur noch Siedlungsort. Die Quelle mit dem fauligen Geruch ist unweit der Straße per unauffälliger Treppe zu erreichen (deutlich vor und unterhalb von St-Martin-Ort). Nahebei erzählen mehrere Informationstafeln und eine Stahlmotivwand die Geschichte des Ortes an der Stelle der ehemaligen Bädereinrichtungen.

Ich erreiche Manosque zur Dämmerung und finde ein lautes Menschengewimmel vor, dass sich aus den modernen Stadtviertel her in die Altstadt hineinschiebt. Aus Süden gelangt man durch das Salztor, wo man auf dem Boden vier Hände zu seinen Füßen vorfindet. Sie weisen auf das Stadtwappen und die viergeteilte Stadt im Mittelalter hin – unter dem Motto "Omnia in manu dei sunt" (Alles ist in Gottes Hand). Auf den verschiedenen Plätzen, die sich überall verwinkelt auftun, spielen Gruppen unterschiedlichster Musikrichtungen – traditionelle Zigeunerklänge, moderne Blues-Grooves, multiethnische World Music oder elektronische Rockverzerrer. Es ist lange Musiknacht und für die Gastronomie im Ausnahmezustand. Nur noch abseitig des historischen Kerns konnte ich ein Speiseangebot erhalten. Dem Musikfest angemessen, lasse ich hier mal für die vielen mittelalterlichen, heimeligen Mauerorte des Luberon die historische Musik aufleben, lebt in ihr ja auch das Okzitanische ebenso wie das Poetische der Region fort:

Les Musiciens de Provence „Estampie et Ungaresca“ (3:01 min.)

Bildergalerie PACA-2 (145 Bilder):



Fortsetzung folgt