Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier

von: veloträumer

Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier - 04.02.19 00:14

Wo’s Wassr koschdbar isch

Fahrtenbuch eines ALB-DONAU-KURIERS


Alt wie neu gesammelte Eindrücke aus dem schwäbischen Jurakalk zwischen Neckar, Nördlinger Ries und anliegendem Donautal – zuweilen erweitert in das oberschwäbische Alpenvorland




Inhaltsverzeichnis

ALB-2011-09 Laichinger Alb – Roggental – Albuch – Schwäbisch Gmünd

ALB-2013-08 Welzheimer Wald – Albuch – Roggental – Stubersheimer Alb – Illertal – Eschachtal

ALB-2018-06 Bad Urach – Münsinger Alb – Schmiechtal – Hochsträß – Illertal – Eschachtal

ALB-2018-08 Rottenburg – Reutlinger Alb – Zwiefalter Alb – Großes Lautertal

ALB-2020-04 Alb-Einsamkeit an Corona-Ostern (Mittlere Kuppenalb mit oberem Großem Lautertal)

ALB-2019-06 Sommerfrische Lautersphäre und Larifari (Das Große Lautertal mit einer Prise Allgäu)

ALB-2019-08 Der Schrei der Toten hallt über den Lustgarten (Münsinger/Zwiefalter Alb feat. Grafeneck & Schandental)

ALB-2020-05 Eine Reise nach Upflamör (Lautertal, Glastal, Zwiefalter Alb, Ablachtal, Schmeiental)

ALB-2020-06 Besuch beim Neandertaler unterm Regenbogen (Zollernalb, Großer Heuberg, Oberes Donautal, Laucherttal)

ALB-2022-11 Halloween-Herbst in der Alb-Donau-Region: Uracher, Münsinger & Zwiefalter Alb feat. Blautal, Schmiech & Lauchert


Alle, die im Erdkundeunterricht einst aufgepasst haben, oder schon mal in im Alb-Donauraum unterwegs waren, dürften wissen, dass die Schwäbische Alb ein kalkreiches Mittelgebirge bildet mit charakteristischer Hochplateaustufe. Das so auch geologisch bezeichnete Tafeljura reicht im Südwesten weit in die Schweiz hinein, wo es südlicher ins Faltenjura und die Alpenfaltung übergeht, während es im Nordosten als Fränkische Alb weiter- bzw. ausläuft. Nicht weniger bekannt ist die teils markante nördliche Abbruchkante, die dort zu überwindende kräftige Anstiege verzeichnet, durch die Bahnlinie an der Geislinger Steige und die Autobahn am Drackensteiner Hang als Verkehrshindernis gefürchtet und bundesweit bekannt sind.

Hinzu kommen spezifische Bodenbewegung des Karstgesteins, die zu Höhlen und geheimnisvoll anmutenden Versickerungen führen. Entwässert wird das in den Hochlagen zuweilen eher wasserarme Plateau in Donau und Rhein und die Alb bildet somit die große europäische Wasserscheide, ohne jedoch einen klassischen Gebirgskamm aufzuweisen. Falsch ist das Gerücht, dass Karstgebirge keine Flusstäler haben, denn Wasser gibt es auch hier den Breitengraden zufolge genug, nur findet es manchmal etwas andere Wege. So gibt es auf der Alb ebenso charakteristische Heidelandschaften, die auf grundwasserarme Gebiete hinweisen, aber auch sprudelnde Bergbäche und Wasserfälle in üppig grünen Wäldern.



Wasser ist dann ein ebenso kostbarer Schatz wie auch eine Antriebsfeder von Manufakturhandwerk und Industrie gewesen, insbesondere der Textil- und Lederfertigung. Elektrische Energiegewinnung war durch Mühlräder möglich, im Schmiechtal etwas genialer gedacht als sonstwo auf der Welt: „Wo’s Wasser dâ Berg nauf läufd“. Der schwäbische Zusatztitel „Wo’s Wassr koschdbar isch“ ist also nüchtern betrachtet in mehrfacher Deutung Fakt, aber auch ironisch gewendet, wie ich den gerne den Schwaben nachgesagten Geiz im Aushang des Albkiosks in Ödenwaldstetten wiederfand: „Leitungswasser 0,5 l = 0,50 €“.

Die dörfliche Infrastruktur wirkt heute oft ausgedünnt, was aber noch nicht heißt, dass die Älbler so arm sind, dass sie selbst für ein Glas Leitungswasser abkassieren müssten. Eher beschafft sich der Pendler mit Familienhaus und Auto seine Vorräte unten in den Städten und wohnt uff d’ Alb um „Albgold“ zu horten – das ist dann gleich, erneut den Gedanken gewendet, auch eine renommierte Teigwarenfabrik in Trochtelfingen, Sinnbild kulinarischer Genüsse, die da und dort auch überregionale Gäste auf die Alb locken sollen. Dinkelkorn, Kartoffeln, Früchte und Kräuter der Alb finden auch in alten und neuen Veredelungsformen (Wellnessartikel, Snackfood, Chutneys, Pestos, Whiskey) immer mehr Anhänger einer naturnahen Regionalkost, die auch über die regionalen Grenzen Exportpotenzial hat.



Radreisen auf der Alb sind fast einsam verlassen und zur Meditation geeignet, doch wird die Stille häufiger gebrochen als vielleicht erwartet – Autos, Landmaschinen oder überraschend große Siedlungsgebiete sind gleichwohl anzutreffen. Dem Charme einer entschleunigten Region nimmt dies wenig, sind doch auch z.B. Schäfer als Pfleger von Kulturlandschaft wieder verstärkt unterwegs, setzt das „Biosphärenreservat Schwäbische Alb“ Schutzzonen, die auch zunehmend touristisches Interesse für Wanderer und Radler wecken. Ob die Alb eine spektakuläre Landschaft beschreibt, mag umstritten sein. Attraktive Naturbilder sind immer nur in Ausschnitten zu genießen, dazwischen liegen auch immer wieder großräumige Ackerflächen, die nur zur rechten Blütezeit oder Reifestand den Blick versüßen. Manche Superlativen bleiben nur deswegen weniger beachtet, weil sie sich gut verstecken. Das betrifft nicht nur die Höhlen, sondern auch einen Teil der spezifischen Albflora, die sich vom Rad aus kaum begutachten lässt, oder die selten ganz frei stehenden Kalkfelsen, aber trotzdem von Kletterern überregionalen Status genießen. Auch Wasserfälle und Burgen liegen nicht immer günstig zu durchgehenden Fahrrouten. Die Ausschilderung mancher Nebenroute und Natursehenswürdigkeit ist zumindest aus Radlersicht noch verbesserungsfähig



Das schwäbische Mittelgebirge ist den etablierten Forumistas durchaus bekannt, erlebten viele 2010 doch das Forumstreffen Schurrenhof in der Ostalb. Weitere Eindrücke gibt es immer wieder von Alb-Forumistas von Tagestouren und manche haben die Alb in ihre Radreise einbezogen, exklusive Albradreisen „only“ bleiben aber selten. Letzteres dürfte auch mit der Lage der Alb zu tun haben, die man als Nord/Süd-Barriere gerne einmal quert und nach Süden hin mit Allgäu und Bodensee die scheinbar attraktiveren Ziele warten. Als West/Ost-Achse hingegen bevorzugen viele Radler ausschließlich die Donau, ohnehin als Flußwegradler eine weitgehend andere Klientel. Für eine mäandernde Radwanderroute entlang der Albgebirgsachse mit den Plateaus und Tälern hingegen können sich wiederum Bergradler offenbar nicht genügend jenseits von Tagestouren begeistern.



Radlerisch halten sich gelegentlich auch Mythen zur Alb, die etwa in das furchteinflößende Label der öffentlichen Radrundfahrt „Alb-Extrem“ einfließen. Die Alb bietet zahlreiche Anstiege, die auch eine ausdauernde Bergkondition erfordern, bleibt aber sowohl im Steigungsmaß wie auch in den höchst denkbaren Höhenstufen deutlich hinter dem Schwarzwald oder üblichen alpinen Dimensionen zurück. Mehr als 300 Hm am Stück sind kaum denkbar, Steigungen über 10 % auf üblichen, tourentauglichen Wegen und Straßen selten und vermeidbar. Generell sind von Süden her die Anstiege flacher und länger gezogen, was aber für einige Tälern wieder relativ ist. Die Albhochflächen sind mitunter sehr zäh zu fahren, weil sie gleichwohl nicht eben sind, die Steigungen in der Weite des Auges verschwimmen und häufiger unangenehme Winde herrschen. So gesehen ist das Albrevier vielleicht etwas schwieriger zu beradeln als die Papierform besagt, ist aber alles andere als ein Höhenmetertorso, wenn man nicht künstlich aneinandergereihtes Anstiegssammeln an der mittleren nördlichen Abbruchkante betreibt. Für schwächere Radler gibt es neben dem üblichen Verkehrsbetrieb spezifische Angebote für Sonn- und Feiertage in der besseren Saisonzeit, etwa mit dem Radexpress, sowie der Rad-Wanderbus und Biosphärenbus, die jeweils Münsinger und Laichinger Alb, Lauter-, Schmiech- und Blautal verbinden.



Meine Albtouren gehören meist zu den weniger durchgeplanten Kurzreisen, sodass die Dichte attraktiver Routen nicht immer so gegeben ist wie es bei besserer Planung möglich wäre. Zur Improvisation gehört auch häufiges Wildcampen, wozu sich auf den Albhochflächen eher Waldränder anbieten, während es unten zuweilen viele Streuobstweisen gibt. Die Nächte sind nicht immer leise, denn Straßen mit rasenden Nachtschwärmern sind verbreitet und über die barrierearmen Flächen weit zu hören. Campingplätze sind wenige, aber vorhanden, nicht immer günstig zu den Routen gelegen. Insbesondere in früheren Zeiten suchte ich Jugendherbergen in Bad Urach, Blaubeuren, Ulm, Sigmaringen, Isny und Biberach/Riss auf, Hotels und ähnliche Unterkünfte lernte ich ebenso eher an den erweiterten Rändern in Rottweil, Trossingen, Mühlhausen/Donau, Langenau, Günzburg, Ottobeuren, Bad Wörishofen und Bad Waldsee kennen. Zur Feriensaison in Baden-Württemberg sind viele der ohnehin eher spartanisch vorhandenen Gaststätten noch geschlossen, was bei Reisen im August/September zu beachten ist.



Für mich ist die Alb zwar nah genug für Tagestouren, aber doch zu weitläufig, um so alle Ecken zu erreichen oder verschlungene Wege zu erkunden. Schließlich erreiche ich von Haus aus die Albränder erst nach 40-60 km, was ohne Bahnunterstützung von der „Albzeit“ noch abzuziehen ist, retour gleichwohl nochmal. Albtouren über Wochenenden von 2-3 Tagen wurden schließlich häufig als Durchfahrt bis nach Oberschwaben und ins Allgäu, gelegentlich bis zum Alpenrand, genutzt. Entsprechend weitläufig ist der Rahmen des Alb-Donau-Raums meiner Berichte hier auszulegen, wenngleich ich diese achtlosen Durchrasereien früherer Jahre längst nicht mehr mache. Diese Touren kann ich auch kaum als Albreisen qualifizieren, gibt davon auch keinerlei Fotodokumente. Mancher hat wohl auch schon mal meine spätherbstliche Novembertour Alb- & Sauna-Tour gelesen, auch ein Hinweis auf Albwasser – das von Heilquellen, derer sich in den Albtälern einige finden. Versteckte Berichte liegen schließlich noch in einigen meiner Bilderrätsel vor, vornehmlich zur Westalb.



Weit davon entfernt, hier alle Alb-Touren mit Übernachtungen zu präsentieren, folgen ein paar alte und neue Touren, auch offen, ob ich weitere hinzufügen werde, wenn solche in der Zukunft berichtenswert sein sollten. Zunächst einmal sind 4 Touren vorgesehen aus der aktuellen Dekade, zwei davon noch ganz frisch aus dem letzten Jahr und eigentlicher Anlass für den Berichtsfaden. Ich habe mir erlaubt, in wenigen Fällen zur besseren Dokumentation Bilder von anderen Touren auszuborgen, die hier nicht berichtet sind.

Fortsetzung folgt