Re: Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier

von: veloträumer

Re: Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier - 06.02.19 12:00

Dem Amerikaner hätte 1:200.000 gereicht, so wie auch mir das i.d.R. reicht. Alle Empfehlungen wären drauf gewesen. Der war mit 1:500.000 oder gar 1:1 Mio. unterwegs. Wohl dachte er, ist gut, wenn alles von frz. Atlantik bis Bayern drauf ist. Für ganz exotische Seitenwege wie "deine" englischen Radwege wäre sein Rad eher ungeeignet gewesen, das war so eine Art Halbrenner, eher zum Reiserad improvisiert, auch eher wenig Gepäck. Zudem hatte er einen ziemlich engen Zeitplan, also wenig Zeit für hübsche Schlenker oder schlechte Wege.

Generell wiederhole ich meine Leier: Mit Karten 1:200.000 bin ich die meisten meiner Touren vollkommen auskömmlich gefahren und habe damit auch das Meiste geplant. Das gilt auch für viele Wege, die die du als "geheime" und "kleine" Wege bezeichnen würdest, warum auch immer du sie nicht auf den herkömmlichen Karten finden würdest. Recht hast du, solche Radwege wie in England oder Einspurtrails auf Straßenkarten nicht zu finden. Bezogen auf deine Balkanrouten, wo ich auch unterwegs war, trifft das aber nicht zu. Im Gegenteil, gab es im Nachhinein einige Probleme mit den Digitalkarten, Wege nicht zu finden, die ich gefahren war. Ich glaube auch, dass die Kenntnis über den Detailreichtum von konventionellen Papierlandkarten zunehmend verloren geht (und daher gerne in Abrede gestellt wird), weil sie nur noch als "Sicherheit" in Taschen und Schränken verstauben statt studiert zu werden. Anscheinend ist auch unbekannt, ggf. nur wenige fehlende Routen bei der Planung (evtl. aus Digitalkarten) in Papierkarten einzuzeichnen. Wahrscheinlich ist das zu simpel und old fashioned.

GPS-Junkie wird man nicht wegen der angeblich überlegenen Karten, sondern aus einer Reihe anderer Gründe, die hier das Thema weit überstrapazieren würden. Das ist eine wenig vergleichbar mit der Musik ab Tonträger (Vinyl, CD) vs. Download/Streaming. Für gewisse Bequemlichkeitsfaktoren werde alle Inhalts- und Qualitätsmerkmale vergessen oder auch darauf kalkuliert verzichtet. In der Masse ist die Entwicklung auch nicht aufzuhalten, auch wenn sie rational betrachtet zumindest fraglich erscheint. Irgendwann sind kritische Fragen hinfällig, weil alte Systeme mit jungen Generationen ganz verschwinden können und sich Wertesysteme ganz verschoben haben.

Zurück zu meinen Albtouren: Manche Feld- und Radwege sind nicht auf üblichen, detailgenauen Straßenkarten zu finden. Für diese Fälle würde die Kompass-Karte Baden-Württemberg Süd 1:125.000 zur Genüge helfen. Ich mag diese Karten aber nicht, weil sie Radrouten so deutlich hervorheben, dass die Straßenhierarchien nicht mehr gut erkennbar sind und zudem die Entfernungsangaben nicht flächendeckend angegeben werden. Besser strukturiert und zu lesen sind die Radfahrkarten des Baden-Württembergischen Landesvermessungsamtes in 1:75.000, haben aber keinerlei Kilometerangaben. Für die gesamte Alb braucht es dazu 3 Karten, mit dem Donauraum und Anschluss nach Süden noch eine weitere. Der Schwarzwald wird hingegen von 2 Karten abgedeckt. Von der Alb habe ich derartige Karten aber nicht, nur Schwarzwald und Rhein-Neckar mit Kraichgau. Gefahren bin ich die Alb-Tour folglich mit mir üblicher Straßenkarte.

Im Unterschied zu Fremden kann ich aber darauf setzen, die Region bereits gut zu kennen. Ich hatte eine ungefähre Idee, was ich machen wollte, habe aber oft vor Ort entschieden, einer alternativen Ausschilderung zu folgen. Die Radroutenauschilderung ist auf der Alb schon ganz gut. Zusammen mit meine Ortskenntnissen und Orientierungssinn kann ich da auch Sachen einfach ausprobieren. Ich brauche also nur gelegentlich mal eine Unterstützung zur Übersicht und Himmelsrichtung, wo bestimmte Orte liegen, ob ich noch ein Zwischental übersehen habe, ob mein geplante Route noch bis zur Dämmerung zu schaffen ist usw. Insofern sind diese kurzen Albtouren auch recht verschieden von meinen gut geplanten längeren Touren in anderen Regionen, die nicht so heimatnah sind. Für dich wäre auf der Alb GPS sicherlich unverzichtbar, zumal dir einiges an Fremdsprache entgegen schlägt. grins

Reiseführer: Du wärest verblüfft, wenn du mal in Stuttgart im Buchladen Wittwer dir die Publikationen zur Alb anschauen würdest. Das wäre mein Beitrag so harmlos wie überflüssig, gemessen ander Professionalität usw. anderer Veröffentlichungen. Grundsätzlich ist in der Ecke Reiseführer/Radreiseführer kaum noch eine Nische - es sei denn, du willst alles selbst bezahlen. Ich arbeite immer noch an einem Buchprojekt, dass sich aber sehr weit vom Reisebericht entfernt hat, sogar von dem, was man gewöhnlich unter "Reiserzählung" versteht. Es geht noch mehr in Richtung Fiktion/echte Literatur, ein Bruch mit allen Genres. Ob das Widerhall findet, ist noch unklar. Wenn, dann nur in diese Richtung, denn das können nur wenige und ist im Zweifel auch einmalig. Die Frage, ob's jemand lesen will und noch dazu jemand daran glaubt, dass das mehr als ein Geschenkpapier wert sein könnte.