von: veloträumer
Re: EUSKAL HERRIA – Land des Baskischen - 20.03.19 20:41
EUS-0 Einführung
EUS-0a Kleine Landeskunde
Euskara für Anfänger
Das Baskenland ist sicherlich auch ein Reiseland, international jedoch nur in kleinen Ausschnitten und nicht in der obersten Touristenliga. Eine 5-wöchige Radreise durch Euskal Herria ist da doch eine selten praktizierte Detailerkundung. Das Baskenland lässt sich im Zweifel in ca. 2 Tagen durchradeln, wenn man eine schnelle Ost-West-Achse (oder umgekehrt) fährt, etwa als rasender Jakobswegpilger. Ob man dann das baskische Wesen in Landschaft und Kultur nachhaltig erlebt hat, ist sicherlich mit einem Fragezeichen zu versehen. So wie die häufig vernebelnden Wolken über dem Land unterliegt das Baskische immer wieder anderen Schattierungen, beschreibt etwas nicht ganz Fassbares, Geheimnisvolles. Mancher Ort will nochmal besucht werden, weil er sich beim ersten Mal vielleicht verschlossen hat.
Zunächst sei aber auf die Besonderheit der baskischen Region und Sprache hingewiesen. Baskisch ist vor Ort sicherlich nicht nötig zur Kommunikation, vom Ausländer wird das nicht erwartet. Ein paar übliche Bezeichnungen sind allerdings hilfreich für den Reisealltag lesen zu können, weil es häufig keine alternative Bezeichnung gibt (mehr in Spanien als in Frankreich), etwa: ongi etorri = willkommen, kommunak = Toilette, jatetxea = Restaurant). Das Baskische ist immer wieder Anlass, um kulturhistorische Thesen über die Herkunft zu diskutieren, geklärt hat es sich bis heute nicht eindeutig. Einer der bekanntesten zeitgenössischen Schriftsteller des Baskenlandes, Bernardo Atxaga – zum Glück auch in mehreren deutschen Übersetzungen vorliegend, lässt in den „Memoiren einer baskischen Kuh“ sogar die Basken Teil des babylonischen Sprachgewirrs werden, dessen Chaos ob der fehlenden Verständigung zufolge die Basken aus dem Morgenland auswanderten und vielleicht der unvollendete Turmbau zu Babel dem Fehlen baskischer Steinhauer geschuldet sein könnte.
Ich kann und werde hier nicht alle Orte in zweisprachiger Form darbieten, habe aber in einem Kernbereich meiner recherchierten Daten bei den Pässen mich darum bemüht. Dazu vorweg: Alto, Puerto, Collado und baskisch Lepoa zur Bezeichnung einer Passhöhe werden synonym und austauschbar benutzt (Alto ist zudem auch für Berggipfel gebräuchlich – ähnlich zu „Höhe“ in Österreich/Deutschland, also nicht immer eindeutig). Die baskische Bezeichnung „Lepoa“ findet sich kurioserweise überwiegend nur bei französischen Pässen (dort die eher unbekannten, sonst wird auch vor den baskischen Passnamen das französische „Col“ gesetzt). Die spanischen Passschilder, vornehmlich in Euskadi, führen i.d.R. den Passzusatz Puerto etc. gar nicht, sondern weisen nur den Namen aus, zusammen mit einem einheitlichen Symbol in Form eines Berggipfels (und der Passhöhe in m). Die meisten Pässe sind so ausgezeichnet, allerdings auch nicht alle. (Eigentlich eine vorbildliche Kennzeichnung, die man international problemlos übernehmen könnte.)

Anderseits spiele ich gerne mit den verschiedenen Varianten von Sprache einschließlich Fremdsprachen und verwende aus unterschiedlichen Gründen mal diese oder jene Schreibweise. Das fördert auch das Verständnis für potenziell Reiseinteressierte, denn zum Karten-, Schilderlesen und Nachfragen vor Ort ist es zwingend erforderlich, die verschiedenen Namen zumindest mal gehört zu haben. Oft hat man mich samt Karte mit fragenden Gesichtern angeschaut, weil es meist nur einen gebräuchlichen Namen gibt (hier geht es nicht nur um die Sprache, sondern auch um Ortsteile vs. Gesamtgemeindebezeichnung), der dem Fremden aber nicht bekannt und auf Karte kleiner geschrieben ist als der ortsübliche Name, ggf. aber auch gar nicht vermerkt ist.
Neben einer spanischen (kastilischen) und baskischen Schreibweise existieren nicht selten noch weitere Schreibweisen, insbesondere aufgrund der verschiedenen baskischen Dialekte. Im Französischen existiert zudem noch ein gaskognische Variante. Für die Suchfunktion im Forum (sogar in GoogleMaps) ist das natürlich verheerend – so sollte man also stets verschiedene Schreibweisen ausprobieren. Kein Reisender braucht die Sprachen zu lernen, aber ein gewisses Verständnis für Ortsnamen braucht es schon für eine längere Baskenreise, sonst radelt man an der baskischen Kultur ganz vorbei.
Euskaldunak/Euskal Herria – ein Volk ohne Staat, eine Identität ohne Nation
Das Baskische als Sprache ist unmittelbar mit der Kultur und politischen Geschichte der Basken verbunden. So ist etwa das Wort Euskadi in seiner Bedeutung verschieden von Euzkadi (letzteres betont den baskischen Charakter und wird daher gezielt von radikaleren Nationalisten verwendet, ehemals auch eine Zeitung). Das „Baskenland“ existiert in verschiedenen Namen auf zwei Staaten verteilt. Das französische Baskenland fungiert unter Pays Basque und umfasst die drei historischen Provinzen (Labourd, Basse-Navarre, Soule, vgl. a. Untertitel des Berichts), die nicht mit heutigen Verwaltungseinheiten übereinstimmen. In Spanien heißt es País Vasco. Beide Begriffe sind jedoch nicht eindeutig, ob sie alle baskischen Regionen umfassen oder nur Teilbereiche, etwa den spanischen bzw. den französischen. Hinzu kommt die spanische Region Navarra, deren überwiegender und insbesondere „grüner“ Teil des Baskischen ist. Mittlerweile gibt es die einvernehmliche politische Bezeichnung Euskadi für die Autonome Gemeinschaft Baskenland, die die Provinzen Gipuzkoa, Bizkaia und Álava umfassen. (Achtung! Euskadi ist auch die Bezeichnung eines Rennstalls im Profiradsport.)
Die Provinz Navarra hat einen eigenen Status und war bzw. ist Teil des Konfliktes mit der spanischen Zentralregierung, in welcher Weise Navarra letztlich in ein „spanisches“ Baskenland vereinigt werden sollte. Weiterhin ist im geregelten Sprachgebrauch Euskal Herria – Land des Baskischen – die offizielle Bezeichnung für alle baskisch geprägten Regionen, also auch das französische Baskenland und Navarra plus Euskadi. Gleichzeitig muss man aber damit leben, dass mit Euskal Herria zuweilen nur das spanische Baskenland Euskadi plus Navarra gemeint sein kann. Eine wichtige Bemerkung dazu: Euskal Herria wie auch kein anderer Begriff sollte mit „Großbaskenland“ übersetzt werden, wie es zu Zeiten der Höhepunkte des ETA-Terrorismus teils von fremdländischer Presse gemacht wurde. Ein Bestreben nach einem echten „Großbaskenland“ hat es nie gegeben, so ist zumindest die Ansicht von Ingo Niebel (vgl. auch „Lese-Tipps“ weiter unten). Nicht zuletzt dürfte die zerrissene politische Struktur von Volk und Region diesen begrifflichen Wirrwarr mitverursacht haben. Aus den Karlisten(kriegen) resultierten ebenso republikanische wie auch faschistische Strömungen. Die nationale Grenze Spanien/Frankreich ist vielleicht doch bedeutender als es manch baskisches Bekenntnis vermuten lässt. Die diktatorische Isolation von Franco-Spanien in der aufstrebenden Demokratie des Nachkriegs-Westeuropas tat ihr Übriges, Gesellschaftskonsens und Nationalgefühl zu beiden baskischen Seiten verschieden zu entwickeln.

Die politische Geschichte des Baskenlandes und deren Unabhängigkeitskampf möchte ich hier nicht weiter vertiefen, dazu gebe ich einen einschlägigen Literaturhinweis. Trotzdem wird es Orte geben, die eng mit der baskischen Geschichte verflochten sind, umso mehr, wenn man weiß, dass die baskischen politischen Entscheidungen mit stets hoher Symbolkraft getroffen wurden – also den gewählten Entscheidungsorten eine symbolische Bedeutung zukam. Eine authentische Volksmeinung zum Baskenkonflikt konnte ich gleichwohl einfangen, demnach ich eine Frau aus Arrasate befragte, die mich bei einem Gewitter in ihre Wohnung eingeladen hatte, weil sie einen Bruder hat, der zur gleichen Zeit mit Rad auf dem El Camino unterwegs war.
Wie mir die Frau erklärte, die als Dolmetscherin in der Hauptstadt Vitoria-Gasteiz arbeitet und daher des Deutschen gut mächtig ist, sei derzeit der Kanon der politischen Forderung ruhig (in Euskadi, in Navarra könnte es anders aussehen) und man habe sich auch nicht von dem Unabhängigkeitsbestreben der Katalanen aufwiegeln lassen, da man doch gerade eine zufriedenstellende Situation erreicht und den Frieden gefunden hat. Wie u.a. der jüngste Roman „Patria“ von Fernando Aramburu zeigt, geht auch die baskische Gesellschaft jetzt den Weg, die Geschichte aufzuarbeiten, Versöhnung zu finden und die Gewalt der ETA auch jenseits von politischen Forderungen zu hinterfragen. Wie die Frau meinte, wollten die Katalanen derzeit zu viel und alles zu schnell. Es gibt also sogar eine verbreitete kritische Distanz zur katalanischen Unabhängigkeitsbestrebung, was noch mehr überrascht, wenn man um die historische Verbundenheit der Basken und Katalanen als die führenden antifaschistischen Volksgruppen in Zeiten des Spanischen Bürgerkrieges weiß.
Das Baskenland – zwischen allen Stühlen, auch geografisch
Auf der Suche nach brauchbaren Karten im Web fand ich einmal mehr nur bedingt geeignete Varianten. Eine topografische Karte den wichtigsten Städte findet sich hier. Eine Untergliederung von Euskadi in die Landkreise bietet diese Karte. Die beiden weißen Flecken innerhalb von Euskadi sind Exklaven von Kantabrien (Nordwest) und Castilla y León (Provinz Burgos, südlich Vitoria). Eine Unterteilung Navarras zeigt folgende Karte, hier deutlich die ziemlich genau in der Mitte verlaufende Trennlinie der baskischen Nordprovinzen und dem kastilischen Süden, wobei auf der Reise diese Südregionen unberührt blieben, wie auch die östlichen Pyrenäenregionen Lumbier und Roncal-Salazar.
Ohne größere Geografiediskussionen anstoßen zu wollen, müssen ein paar Sätze zu den Gebirgszügen gesagt werden. Die atlantischen Pyrenäen werden im Westen unterschiedlich abgegrenzt. Nimmt man die engste Interpretation als am Cabo Higuer auslaufenden Gebirgsbogen, bildet das Bidasoa-Tal bzw. die Achse Pamplona – Irún die Grenze. Schaut man sich den geologischen Sockel an, verläuft diese Achse aber noch mitten durch einheitliche Gebirgszüge wie z.B. die Montes Bidasoa und dem Parque Natural de Aiako Harria, auch das Landschaftsbild ist noch typisch „pyrenäisch“. Andere (und auch meine) Interpretationen setzen daher die Grenze westlicher mit der Achse Pamplona – Donostia, also mit der Leitzaran-Autobahn bzw. besser mit den Flüssen unterer Arakil, Larraun, Araxes und unterer Oria, bzw. in Städten verbunden Pamplona – Irurtzun – Lekunberri – Tolosa – Andoain – Donostia. Für die Kapitelteilung hier im Bericht hat sich zugleich einmal die Bidasoa-Grenze angeboten wie auch einmal die Araxes/Oria-Grenze. Letztlich wurde mehr die Leitzaran-Route (Fluss) zu meiner Kapitelgrenze. Diesen westlichsten Teil der Pyrenäen mit dem Parque Natural Aiako Harria habe ich hier noch um den kleinen, außerhalb dieser Grenze liegenden, noch westlicheren Parque Natural de Pagoeta erweitert, dessen Landschaftsbild den atlantischen Pyrenäen noch sehr nahe kommt.

Zur Gegenseite reicht der Sockel des Kantabrischen Gebirges im engeren Sinne nur bis zu den westlichen Randgebieten des Baskenlandes, also mit dem Rio Nervión und der Bilbo-Bucht. Zwar findet sich für den Zwischenraum die Bezeichnung des Baskischen Gebirges (Montes Vascos), jedoch beschränkt sich dessen Sockel auf die Sierras de Urbasa, Andía, Saralar, Urkilla, Urkiola und Gorbea, ggf. noch die Montes Vitoria. Das Küstengebirge mit dem dahinter liegenden Bergland schwebt dabei aber im Ungewissen. Geologen zählen nicht nur deswegen die Montes Vascos mit zum erweiterten Kantabrischen Gebirge, das dann sämtliche baskischen Bergketten abdeckt und lassen die Cordillera Cantábrica direkt an die Pyrenäen angrenzen. In dieser Betrachtung wird auch die westlichere Grenze der Pyrenäen vorgezogen. Letztlich werden beide Gebirgszüge auch als geologische Einheit eines einzigen nordspanischen Gebirgszuges gesehen, was hier aber keine Rolle spielen soll.
Fortsetzung folgt
EUS-0a Kleine Landeskunde
Euskara für Anfänger
Das Baskenland ist sicherlich auch ein Reiseland, international jedoch nur in kleinen Ausschnitten und nicht in der obersten Touristenliga. Eine 5-wöchige Radreise durch Euskal Herria ist da doch eine selten praktizierte Detailerkundung. Das Baskenland lässt sich im Zweifel in ca. 2 Tagen durchradeln, wenn man eine schnelle Ost-West-Achse (oder umgekehrt) fährt, etwa als rasender Jakobswegpilger. Ob man dann das baskische Wesen in Landschaft und Kultur nachhaltig erlebt hat, ist sicherlich mit einem Fragezeichen zu versehen. So wie die häufig vernebelnden Wolken über dem Land unterliegt das Baskische immer wieder anderen Schattierungen, beschreibt etwas nicht ganz Fassbares, Geheimnisvolles. Mancher Ort will nochmal besucht werden, weil er sich beim ersten Mal vielleicht verschlossen hat.
Zunächst sei aber auf die Besonderheit der baskischen Region und Sprache hingewiesen. Baskisch ist vor Ort sicherlich nicht nötig zur Kommunikation, vom Ausländer wird das nicht erwartet. Ein paar übliche Bezeichnungen sind allerdings hilfreich für den Reisealltag lesen zu können, weil es häufig keine alternative Bezeichnung gibt (mehr in Spanien als in Frankreich), etwa: ongi etorri = willkommen, kommunak = Toilette, jatetxea = Restaurant). Das Baskische ist immer wieder Anlass, um kulturhistorische Thesen über die Herkunft zu diskutieren, geklärt hat es sich bis heute nicht eindeutig. Einer der bekanntesten zeitgenössischen Schriftsteller des Baskenlandes, Bernardo Atxaga – zum Glück auch in mehreren deutschen Übersetzungen vorliegend, lässt in den „Memoiren einer baskischen Kuh“ sogar die Basken Teil des babylonischen Sprachgewirrs werden, dessen Chaos ob der fehlenden Verständigung zufolge die Basken aus dem Morgenland auswanderten und vielleicht der unvollendete Turmbau zu Babel dem Fehlen baskischer Steinhauer geschuldet sein könnte.
Ich kann und werde hier nicht alle Orte in zweisprachiger Form darbieten, habe aber in einem Kernbereich meiner recherchierten Daten bei den Pässen mich darum bemüht. Dazu vorweg: Alto, Puerto, Collado und baskisch Lepoa zur Bezeichnung einer Passhöhe werden synonym und austauschbar benutzt (Alto ist zudem auch für Berggipfel gebräuchlich – ähnlich zu „Höhe“ in Österreich/Deutschland, also nicht immer eindeutig). Die baskische Bezeichnung „Lepoa“ findet sich kurioserweise überwiegend nur bei französischen Pässen (dort die eher unbekannten, sonst wird auch vor den baskischen Passnamen das französische „Col“ gesetzt). Die spanischen Passschilder, vornehmlich in Euskadi, führen i.d.R. den Passzusatz Puerto etc. gar nicht, sondern weisen nur den Namen aus, zusammen mit einem einheitlichen Symbol in Form eines Berggipfels (und der Passhöhe in m). Die meisten Pässe sind so ausgezeichnet, allerdings auch nicht alle. (Eigentlich eine vorbildliche Kennzeichnung, die man international problemlos übernehmen könnte.)

Anderseits spiele ich gerne mit den verschiedenen Varianten von Sprache einschließlich Fremdsprachen und verwende aus unterschiedlichen Gründen mal diese oder jene Schreibweise. Das fördert auch das Verständnis für potenziell Reiseinteressierte, denn zum Karten-, Schilderlesen und Nachfragen vor Ort ist es zwingend erforderlich, die verschiedenen Namen zumindest mal gehört zu haben. Oft hat man mich samt Karte mit fragenden Gesichtern angeschaut, weil es meist nur einen gebräuchlichen Namen gibt (hier geht es nicht nur um die Sprache, sondern auch um Ortsteile vs. Gesamtgemeindebezeichnung), der dem Fremden aber nicht bekannt und auf Karte kleiner geschrieben ist als der ortsübliche Name, ggf. aber auch gar nicht vermerkt ist.
Neben einer spanischen (kastilischen) und baskischen Schreibweise existieren nicht selten noch weitere Schreibweisen, insbesondere aufgrund der verschiedenen baskischen Dialekte. Im Französischen existiert zudem noch ein gaskognische Variante. Für die Suchfunktion im Forum (sogar in GoogleMaps) ist das natürlich verheerend – so sollte man also stets verschiedene Schreibweisen ausprobieren. Kein Reisender braucht die Sprachen zu lernen, aber ein gewisses Verständnis für Ortsnamen braucht es schon für eine längere Baskenreise, sonst radelt man an der baskischen Kultur ganz vorbei.
Euskaldunak/Euskal Herria – ein Volk ohne Staat, eine Identität ohne Nation
Das Baskische als Sprache ist unmittelbar mit der Kultur und politischen Geschichte der Basken verbunden. So ist etwa das Wort Euskadi in seiner Bedeutung verschieden von Euzkadi (letzteres betont den baskischen Charakter und wird daher gezielt von radikaleren Nationalisten verwendet, ehemals auch eine Zeitung). Das „Baskenland“ existiert in verschiedenen Namen auf zwei Staaten verteilt. Das französische Baskenland fungiert unter Pays Basque und umfasst die drei historischen Provinzen (Labourd, Basse-Navarre, Soule, vgl. a. Untertitel des Berichts), die nicht mit heutigen Verwaltungseinheiten übereinstimmen. In Spanien heißt es País Vasco. Beide Begriffe sind jedoch nicht eindeutig, ob sie alle baskischen Regionen umfassen oder nur Teilbereiche, etwa den spanischen bzw. den französischen. Hinzu kommt die spanische Region Navarra, deren überwiegender und insbesondere „grüner“ Teil des Baskischen ist. Mittlerweile gibt es die einvernehmliche politische Bezeichnung Euskadi für die Autonome Gemeinschaft Baskenland, die die Provinzen Gipuzkoa, Bizkaia und Álava umfassen. (Achtung! Euskadi ist auch die Bezeichnung eines Rennstalls im Profiradsport.)
Die Provinz Navarra hat einen eigenen Status und war bzw. ist Teil des Konfliktes mit der spanischen Zentralregierung, in welcher Weise Navarra letztlich in ein „spanisches“ Baskenland vereinigt werden sollte. Weiterhin ist im geregelten Sprachgebrauch Euskal Herria – Land des Baskischen – die offizielle Bezeichnung für alle baskisch geprägten Regionen, also auch das französische Baskenland und Navarra plus Euskadi. Gleichzeitig muss man aber damit leben, dass mit Euskal Herria zuweilen nur das spanische Baskenland Euskadi plus Navarra gemeint sein kann. Eine wichtige Bemerkung dazu: Euskal Herria wie auch kein anderer Begriff sollte mit „Großbaskenland“ übersetzt werden, wie es zu Zeiten der Höhepunkte des ETA-Terrorismus teils von fremdländischer Presse gemacht wurde. Ein Bestreben nach einem echten „Großbaskenland“ hat es nie gegeben, so ist zumindest die Ansicht von Ingo Niebel (vgl. auch „Lese-Tipps“ weiter unten). Nicht zuletzt dürfte die zerrissene politische Struktur von Volk und Region diesen begrifflichen Wirrwarr mitverursacht haben. Aus den Karlisten(kriegen) resultierten ebenso republikanische wie auch faschistische Strömungen. Die nationale Grenze Spanien/Frankreich ist vielleicht doch bedeutender als es manch baskisches Bekenntnis vermuten lässt. Die diktatorische Isolation von Franco-Spanien in der aufstrebenden Demokratie des Nachkriegs-Westeuropas tat ihr Übriges, Gesellschaftskonsens und Nationalgefühl zu beiden baskischen Seiten verschieden zu entwickeln.

Die politische Geschichte des Baskenlandes und deren Unabhängigkeitskampf möchte ich hier nicht weiter vertiefen, dazu gebe ich einen einschlägigen Literaturhinweis. Trotzdem wird es Orte geben, die eng mit der baskischen Geschichte verflochten sind, umso mehr, wenn man weiß, dass die baskischen politischen Entscheidungen mit stets hoher Symbolkraft getroffen wurden – also den gewählten Entscheidungsorten eine symbolische Bedeutung zukam. Eine authentische Volksmeinung zum Baskenkonflikt konnte ich gleichwohl einfangen, demnach ich eine Frau aus Arrasate befragte, die mich bei einem Gewitter in ihre Wohnung eingeladen hatte, weil sie einen Bruder hat, der zur gleichen Zeit mit Rad auf dem El Camino unterwegs war.
Wie mir die Frau erklärte, die als Dolmetscherin in der Hauptstadt Vitoria-Gasteiz arbeitet und daher des Deutschen gut mächtig ist, sei derzeit der Kanon der politischen Forderung ruhig (in Euskadi, in Navarra könnte es anders aussehen) und man habe sich auch nicht von dem Unabhängigkeitsbestreben der Katalanen aufwiegeln lassen, da man doch gerade eine zufriedenstellende Situation erreicht und den Frieden gefunden hat. Wie u.a. der jüngste Roman „Patria“ von Fernando Aramburu zeigt, geht auch die baskische Gesellschaft jetzt den Weg, die Geschichte aufzuarbeiten, Versöhnung zu finden und die Gewalt der ETA auch jenseits von politischen Forderungen zu hinterfragen. Wie die Frau meinte, wollten die Katalanen derzeit zu viel und alles zu schnell. Es gibt also sogar eine verbreitete kritische Distanz zur katalanischen Unabhängigkeitsbestrebung, was noch mehr überrascht, wenn man um die historische Verbundenheit der Basken und Katalanen als die führenden antifaschistischen Volksgruppen in Zeiten des Spanischen Bürgerkrieges weiß.
Das Baskenland – zwischen allen Stühlen, auch geografisch
Auf der Suche nach brauchbaren Karten im Web fand ich einmal mehr nur bedingt geeignete Varianten. Eine topografische Karte den wichtigsten Städte findet sich hier. Eine Untergliederung von Euskadi in die Landkreise bietet diese Karte. Die beiden weißen Flecken innerhalb von Euskadi sind Exklaven von Kantabrien (Nordwest) und Castilla y León (Provinz Burgos, südlich Vitoria). Eine Unterteilung Navarras zeigt folgende Karte, hier deutlich die ziemlich genau in der Mitte verlaufende Trennlinie der baskischen Nordprovinzen und dem kastilischen Süden, wobei auf der Reise diese Südregionen unberührt blieben, wie auch die östlichen Pyrenäenregionen Lumbier und Roncal-Salazar.
Ohne größere Geografiediskussionen anstoßen zu wollen, müssen ein paar Sätze zu den Gebirgszügen gesagt werden. Die atlantischen Pyrenäen werden im Westen unterschiedlich abgegrenzt. Nimmt man die engste Interpretation als am Cabo Higuer auslaufenden Gebirgsbogen, bildet das Bidasoa-Tal bzw. die Achse Pamplona – Irún die Grenze. Schaut man sich den geologischen Sockel an, verläuft diese Achse aber noch mitten durch einheitliche Gebirgszüge wie z.B. die Montes Bidasoa und dem Parque Natural de Aiako Harria, auch das Landschaftsbild ist noch typisch „pyrenäisch“. Andere (und auch meine) Interpretationen setzen daher die Grenze westlicher mit der Achse Pamplona – Donostia, also mit der Leitzaran-Autobahn bzw. besser mit den Flüssen unterer Arakil, Larraun, Araxes und unterer Oria, bzw. in Städten verbunden Pamplona – Irurtzun – Lekunberri – Tolosa – Andoain – Donostia. Für die Kapitelteilung hier im Bericht hat sich zugleich einmal die Bidasoa-Grenze angeboten wie auch einmal die Araxes/Oria-Grenze. Letztlich wurde mehr die Leitzaran-Route (Fluss) zu meiner Kapitelgrenze. Diesen westlichsten Teil der Pyrenäen mit dem Parque Natural Aiako Harria habe ich hier noch um den kleinen, außerhalb dieser Grenze liegenden, noch westlicheren Parque Natural de Pagoeta erweitert, dessen Landschaftsbild den atlantischen Pyrenäen noch sehr nahe kommt.

Zur Gegenseite reicht der Sockel des Kantabrischen Gebirges im engeren Sinne nur bis zu den westlichen Randgebieten des Baskenlandes, also mit dem Rio Nervión und der Bilbo-Bucht. Zwar findet sich für den Zwischenraum die Bezeichnung des Baskischen Gebirges (Montes Vascos), jedoch beschränkt sich dessen Sockel auf die Sierras de Urbasa, Andía, Saralar, Urkilla, Urkiola und Gorbea, ggf. noch die Montes Vitoria. Das Küstengebirge mit dem dahinter liegenden Bergland schwebt dabei aber im Ungewissen. Geologen zählen nicht nur deswegen die Montes Vascos mit zum erweiterten Kantabrischen Gebirge, das dann sämtliche baskischen Bergketten abdeckt und lassen die Cordillera Cantábrica direkt an die Pyrenäen angrenzen. In dieser Betrachtung wird auch die westlichere Grenze der Pyrenäen vorgezogen. Letztlich werden beide Gebirgszüge auch als geologische Einheit eines einzigen nordspanischen Gebirgszuges gesehen, was hier aber keine Rolle spielen soll.
Fortsetzung folgt