Re: Westalpentour 2017

von: haegar

Re: Westalpentour 2017 - 05.08.19 14:36

2017-07-29 - Thonon Les Bains - Col de Bassachaux

In Antwort auf: Instagram



#alpentour2017 Tag 1: Von #thononlesbains durch das Val Drans nach #abondance hinauf zum #lacdesplagnes und dann weiter bis zum #colbassachaux Übernachtung am Refuge de La Haute-Bise

#mtb #mtbtour @nicolaibikes #nicolaibikes #argon #france #frankreich #savoy #alps #alpen



War dann doch noch nicht so schnell im Schlafsack, eine Freundin im Ausland hatte ihr erstes Kind bekommen und so saß ich abends noch gut eine Stunde vor dem Zelt und habe telefoniert. Auch will ich keine Fehler von sonstigen Touren machen und überhastet los, immer mit dem Gefühl des Weiterwollens unterwegs sein, dass soll ja meine Erlebnistour werden. Also erstmal zum nächsten Supermarkt und Frühstück und ein wenig Versorgung einkaufen …



… und dann frühstücken und von Reisemodus umpacken bzw. versuchen alles in den Rucksack zu bekommen. Die Planung sagt 60km und ca. 1800 Hm bis Abondance, das klingt jetzt auch nicht so ambitioniert unsicher

Also geht es als nächstes noch einmal rein nach Thonon Les Bains das offizielle Startphoto machen



und in 1-2 Radläden nach einer Polstershort suchen, die war in den Vorbereitungen leider übersehen worden und die luxuriöse everve Polsterhose will ich noch schonen wirr. Auch über die Wasserversorgung mache ich mir wenig Sorgen, die Blase nur halb gefüllt, damit ist der Rucksack schon schwer genug und "Wasser soll es in den Alpen überall im Überfluss geben". Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass es schon deutlich an der 30° Marke sind.

Gegen 12:00 geht es dann wirklich los.




Die Geschichte habe ich sicherlich schon ein paar mal geschrieben, 2007 hörte ich von jemandem, der die Routes des Grandes Alpes mit dem Rennrad zu seinem 50. Geburtstag gefahren ist, das war für mich damals unvorstellbar, auch wenn ich die Strecke vom Motorrad her kannte und die Gegend liebe. Im Laufe der Jahre hatte sich die Idee, dass will ich auch, immer mehr verstärkt, ich mich verändert und dann stiess ich noch auf den wunderbaren Reisebericht von lutz_ Auf Schotterpisten durch die Westalpen. Irgendwann so 2016 wurde mein Plan dann konkret mich an dieser Tour zu orientieren und auch eher mit MTB und BikePacking zu fahren, als mit dem Reisedampfer.

Trotzdem wuchte ich das MTB durch den tiefen Straßengraben zu dem ersten Schild, dass ich erblicke … 

… "lebe Deinen Traum" oder so lach


Auch wenn ich mich durchaus - zumindest zu dem Zeitpunkt! - als austrainiert bezeichnen würde, kämpfe ich mit den ersten Anstiegen, denn ca. 15kg Rucksack und noch mehr der Hitze



Die Werbeschilder am Streckenrand häufen sich und auch wenn ich so langsam das Gefühl habe, dass mir die Zeit wegläuft, so wie mir der Schweiss über die Stirn rinnt, erliege ich der Versuchung grins


und erstehe zu einem unglaublichen Schnäppchenpreis ein gutes Stück Abondance, für mich der beste Käse der Tour, auch wenn noch viele folgen sollten. Wenig später ist der Ort / das Kloster erreicht, dass dem Käse den Namen gibt und meinem festen Vorsatz folgend, mich nicht selber zu hetzen, mache ich eine kurze Besichtigung und Pause, ein gutes Stück Käse wandert in den Bauch.




Gegen 16:00 erreiche ich dann den Lac des Plagnes auf 1181m, mittlerweile merke ich die km und noch mehr die Hm. Die Pause tut gut …


… und ab hier geht es dann auch richtig los. Die Teerstraße endet hier und es beginnt ein Fahrweg, getreu dem Motto "auf Schotterstraßen … " geht es weiter. Hier und da sind in der Hängen weit oben Wege zu erkennen, noch ahnen ich nicht, dass ich diese bald befahren werde.



Irgendwann wird mir die Steigung, das ständige Einprügeln auf meinem Rücken und auch die Hitze zu viel und ich schiebe die ersten Stücke auf meiner Alpentour, es geht nicht mehr. Dafür belohnt die Aussicht zunehmend für die Mühen, so langsam merkt man den Unterschied zwischen meinem Trainingsrevier im Harz und den Alpen



Besonders schön die Blicke über den Lac Leman rüber auf das Jura. Ein kurzes Stück weiter rettet mich ein kühler Brunnen von einem kleinen Anwesen, hier werden sogar gekühlte Getränke für vorbeikommende "randonneur" (gemeint Wanderer zu Fuss) kostenlos angeboten. Mir reicht es, meine Trinkflasche und Trinkblase und noch mehr mich selber aufzufüllen.

Irgendwas habe ich an diesem Tag in Achim Zahns Beschreibung gründlich missverstanden, die HItze hat mein Gehirn schmoren lassen, was auch immer wirr … auf jeden Fall halte ich ein simples Viehgatter auf der Kuppe eines Berges für den Übergang F-CH … 

… ich darf schon mal verraten, DAS war es nicht erstaunt

Die folgende Abfahrt bringt nicht nur Fahrtwind, sondern auch endlich Schatten und sie hebt die durchschnittlichen km/h wieder deutlich an schmunzel


Auf Gegenanstiegen habe ich dann die ersten Krämpfe im Oberschenkel, aber es geht noch irgendwie weiter und so erreiche ich gegen 19:30 den Col de Bassachaux mit 1790m.



Es ist traumhaft hier oben, es geht ein Wind, die Temperaturen deutlich angenehmer und wunderschöne Ausblicke in fast 360°.




An der einen oder anderen Stelle werden Zelte aufgebaut, finde ich überraschend, weil einen Campingplatz etc. kann ich nicht erkennen. So frage ich in der "Berghütte" nach und irgendwann verstehe ich die Erklärung: Für Ranndoneure (=Fernwanderer) ist das Übernachten im Zelt im Umkreis der Hütte kostenfrei erlaubt, normale Touristen sind ausdrücklich nicht erwünscht. Aber ja, natürlich ein MTB-Fahrer, der sogar über den Wanderweg gekommen ist, der zählt als Ranndoneur schmunzel Angesichts der Uhrzeit ist mir klar, dass ich es bis zum geplanten Ziel nach Champéry keinesfalls im Hellen schaffen werde und so, wie ich mich fühle, weiss ich auch, dass ich es gar nicht erst versuchen sollte. Also nutze ich die Gelgenheit und beende den Tag.




Die Hütte ist ausgesprochen urig und wirkt noch recht ursprünglich, insbesondere im Vergleich zu all den Refugios, die mir im weiteren Verlauf begegnen werden.



Elektrisches Licht etc. gibt es nur im Thekenbereich, der Küche und dem Sanitärbereich, der Rest wird über Kerzen und Lampen beleuchtet. Schon bei der Zeltplatzfrage habe ich ein wenig gebettelt und so hat man mir großzügig erlaubt, auch als Einzelperson Käsefondue zu bestellen. Es ist super lecker, also mindestens das beste seit dem Forumstreffen in Biel.




An diesem Abend bin ich doch recht unzufrieden mit mir selber, das sollte nicht das einzige Mal auf der Tour bleiben. Die Summe der kleinen Fehler

* Unterschätzen der Hm und Steigungen
* deutilches Unterschätzen der Temperaturen
* viel zu wenig Wasser
* viel, viel zu spät los für all die Punkte
* trotz langer Touren, niemals so langsam bergauf mit so schwerem Rucksack


hat direkt zum Ende des Tages deutlich vor dem geplanten Ende geführt. Btw. für den Rest der Strecke brauche ich am nächten Tag ausgeruht und ausgeschlafen knapp 3h.

Im Rückblick war es einer der schönsten Plätze, eines der besten Essen, ein unglaublich cooler Abend und ich bin wirklich glücklich, dass es so gekommen ist lach


Das sehr viel später 4 alkoholisierte Franzosen lärmend ihr Lager halb errichten, einen sehe ich am nächsten Morgen noch auf einem Picknicktisch liegen, stört mich da schon fast gar nicht mehr.