Re: Westalpentour 2017

von: haegar

Re: Westalpentour 2017 - 08.08.19 07:20

2017-08-01 La Fouly - Camping Grannd Jorasses bei Courmayeur

Zitat:



2017-08-01

#alpentour2017 Tag 4: #lafouly hinter mir lassend und via #lapeule (mehr Touri-Rummel als echte Alm 😞) hoch zum #grandcolferret (2537m) einsetzender Regen, mein Bikepacking-Setup usw. haben dann auch aus der Abfahrt eher eine Bergwanderung gemacht 😬

Die Grenze nach #italien überschritten und im #refugioelena den ersten echten Latte Macchiato. Danach hinab in das atemberaubend schöne #valferret
#mtb #mtblife #bikepacking #radsache #suisse #schweiz #italia #alps #alpen #nicolaibikes @nicolaibikes #argon #hardtail #polar #v800


Die Nacht war unruhig und das lag nicht an der lang anhaltenden Feierlichkeiten, sondern an dem immer noch sehr böigen Wind. Das Hilleberg Niak wird durch die bogenförmigen Ausschnitte unten am Außenzelt belüftet, besser sollte …  krank aber das ist auch wieder ein anderes Thema, nur fährt so, wie es hier steht jede Bö genau drunter und weiter unter den Zeltboden. Alles, was nicht schwer und kompakt ist, wird z. T. durch das IZ gewirbelt, div Teile landen auf mir, bis es mir irgendwann reicht und ich anfange Sachen zusammen und in den Rucksack zu packen. Tlw. ist der Druck auf die Seiten so groß, dass das IZ sehr deutlich auf dem Kopf liegt, zugegeben bei recht dicker Matte.

Hier ist alles gerade am nächsten Morgen am "Tanzen"


Ich hole meine bestellten Schweizer gipfeli ab und geniesse das Frühstück im Zelt


Im Ort werde ich noch in ein Gespräch mit einer deutschen MTB-Gruppe inkl. Guide verwickelt. Sie sind auf Fullies auf der kompletten Runde der TMB unterwegs und haben nur kleine Tagesrucksäcke dabei. Der Rest des Gepäcks wird für sie jeweils zum nächsten Etappenhotel gefahren. Eher verächtlich zeigt eine der Fahrerinnen auf meine Lenkerrolle und meint, SO beladen könnte ich doch gleich Motorradfahren wirr … wir sollten uns nochmal sprechen.



Während ich noch all die Schilder bestaune und z. T. an die Orte denke, die ich davon vor vielen Jahren schon mal besucht habe, kommt eine Wandergruppe auf mich zu. Leichtfüßig und nur mit sehr wenig Gepäck und eher schnell unterwegs. In etwas Abstand folgt ihnen ein Guide mit einem riesigen Maultier (?), also zumindest für mich, der ich durchaus große Pferde kenne, wirkt es riesig. Beladen ist es mit ca. 20 Ortliebsäcken, in denen die restliche Ausrüstung der Wanderer transportiert wird. Davon hatte ich bis dahin noch nie gelesen oder gehört. Diese Gruppe macht auch die komplette Tour de Mont Blanc mit Führer und Transport per Maultier.



Zuerst schlängelt sich noch eine Straße das Val Ferret herauf, auf der an dem heutigen Feiertag einiges los ist.


Diese geht irgendwann in einen geschotterten Fahrweg über, die Blicke auf die Berge und zurück ins Tal werden immer besser.


Danach folgt die weitere Auffahrt zur "Alm" La Peule die bereits auf 2.071m liegt. Tlw. sind hier durchaus erstaunliche Fahrzeuge unterwegs, inkl. City-EBike mit Körbchen auf dem Gepäckträger entsetzt Von der "Alm" selber bin ich eher enttäuscht, die Räume sind eher zur Feierlocation umgebaut und in einem sitzt auch eine Gruppe asiatischer Touristen, die hier mit geländegängigen Mercedes Vans herauf gefahren wurden. Ein teueres Getränk leiste ich mir trotzdem und mache kurz Pause, die deutsche MTB-Gruppe bricht gerade auf.



Die dann folgende Strecke wird unterm Strich zur echten Herausforderung und damit sind ausnahmsweise mal weder die Steilheit oder Wegbeschaffenheit gemeint, denn die wäre über weite Bereiche gut fahrbar. So gut fahrbar, dass ich bald zu dem Schlusslicht der deutschen MTB-Gruppe aufschliesse …  träller mit einem fröhlichen "So als Moppedfahrer hat man ja auch nicht den ganzen Tag Zeit!" drängel ich mich dann mal vorbei. Beim nächsten Fotostop zieht sie davon und ich sehe die Gruppe nicht mehr.



Das Problem sind aber unglaublich viele Wandergruppen, mit den einzelnen Wanderer, Paaren oder Familien funktioniert es hier für mich wunderbar. Mal halte ich an, mal gehen sie einen Schritt neben dem Weg weiter. Direkt kurz hinter der Alm kommt mir eine große Gruppe Asiaten entgegen und gefühlt die Hälfte möchte ein Foto mit mir und meinem Fahrrad haben wirr bei den ersten 2-3 finde ich das ja noch ganz witzig, aber irgendwann wird es anstrengend. Dann folgt eine Maultiergruppe der nächsten, hier wieder gut über 20 Asiaten, dort das nächste Maultier. Und jeweils heisst es absteigen, das Rad aus dem Weg raus und Platz machen. Gegenseitigkeit bedeutet für mich was anderes und Rücksichtnahme in dem Fall z. B. dass man dann als Gruppe versucht sich zu beeilen und so bald wie möglich das Weiterfahren zu ermöglichen. Aber all das gibt es hier nicht.

Die Strecke und die Landschaft sind aber großartig, das Wetter dagegen wird zusehends schlechter


Es folgen einige Passagen, die für mich nur schiebend zu bewältigen sind und irgendwann erreiche ich den Grand Col Ferret auf 2.537 m



Nun wird erstmal Fleecejacke und Regenjacke angezogen und ausgiebig Pause mit umfangreicher Brotzeit gemacht, passend setzt wieder leichter Regen ein. Trotzdem geben die Wolken immer mal wieder den einen oder anderen Blick auf die gegenüberliegenden Gipfel frei, die zum Greifen nah sind.



Neben mir bereiten sich zwei englische MTB Fahrerinnen auf die Abfahrt vor und stürzen sich dann atemberaubend in die Abfahrt, da bin ich nicht weit, sondern eher Lichtjahre entfernt. Doch irgendwann heisst es auch für mich es geht abwärts



Leider ist der Regen stärken geworden und die eher lehmigen Erde setzt meine Conti XKing sehr schnnell zu, bin u. U. auch einfach zu langsam für die Selbstreinigung. Irgendwann muss ich mir eingestehen, dass hier an Fahren aktuell für mich nicht zu denken ist


Irgendwann erreicht dann der Weg den Hang und wird von da an zumindest für mich Angsthasen durchaus sehr ausgesetzt, ca. 200-300m unter mir ist das Refugio zu sehen, dazwischen steiles Grashand.

Ich wundere mich noch, warum die italienischen MTB Ihre Sättel nicht runtermachen, als einer von ihnen keine 100m weiter über den Lenker geht. Zum Glück kurz vor einer Serpentine und so bleibt an der Kurve liegen, sein Rad ca. 20m unter ihm oberhalb des Weges. Er läuft hin und die Gruppe fährt weiter, Sattel immer noch oben. Also schiebe ich dann mal lieber weiter unsicher



Irgendwann erreiche ich, mittlerweile sogar wieder fahrend, das Refugio Elena


Auch hier ist recht viel los, einige Maultiere grasen auf einer Wiese, und div. 4x4-Vans machen sich gerade auf den Weg. Während ich auf meinen ersten Late Macchiato in Italien warten, die Grenze war der Grand Col Ferret, bekomme ich ein Gespräch zwischen einem Mitarbeiter und Wanderern mit. Nein, nein, die Hütte sei komplett belegt und sie können hier nicht übernachten. Es würde auch extra in der Reservierung stehen, dass man am Morgen noch einmal seine Ankunft telefonisch bestätigen müssen, sonst würde der Platz anders vergeben werden …  wirr

Meinen Plan, bzw. die nette Idee, hat sich wohl damit erledigt, der Late Macchiato ist mit der günstigste auf der Tour und bringt wenigstens etwas Wärme in die Hände


Hier erfahre ich auch das "Konzept" der asiatischen "Touristen". Das sind i. d. R. keine echten Wanderer oder Trekker, sondern sie werden mit den Vans zu einem Refugio gebracht, dort gibt es erstmal Essen usw. dann laufen sie über die entsprechende Strecke bis zu nächsten Hütte, da geselliger Abschluss und Abholung mit den Vans. Tlw. als Tagesveranstaltung, tlw. wohl auch die ganze Runde in dem Stil. Alle Gruppenschlafräume auf dem Refugio Elena sind von den Maultiergruppen belegt, alles andere sowieso seit Wochen ausgebucht.

Zumindest ich muss nun nicht ins Tal laufen und mir ein Taxi rufen


Ich stürze mich den Fahrweg hinunter, die italienische Seite des Val Ferret ist ebenfalls wunderschön, je besser der Weg wird, desto mehr kann ich die Landschaft geniessen


Die Fahrt wird nur kurz unterbrochen, als ich neben der Straße einen Käsestand entdecken, mein Vorrat muss dringend aufgefüllt werden


Als Ausweichmöglichkeit zur Übernachtung auf dem Refugio hatte ich mir schon den Camping Grannd Jorasses herausgesucht, der Platz ist nur mäßig belegt, irgendwann der Betreiber gefunden und dann läuft alles ganz entspannt, ein Begrüßungsbier gibt es aufs Haus, Waschmaschine ist auch da und bei dem unbeständigen Wetter darf ich die Wäsche auf der überdachten Terrasse trocknen.

Zelt aufbauen, über den Käse herfallen und mit dem Bier runterspülen, mich und die Wäsche wieder sauber bekommen.

Abends geht es dann noch zum Essen in ein Restaurant ein paar km die Straße zurück, eine prima Gelegenheit die Lupine Beleuchtung einzuweihen. Das Restaurant erweist sich als wahrer Glücksgriff, klein und eher fein, ausgezeichnetes Essen und sehr stimmige Atmosphäre