Re: Quer durchs Land ins Riesengebirge 2019

von: Gerhard O

Re: Quer durchs Land ins Riesengebirge 2019 - 17.11.19 17:50

Teil 3: Westwärts nach Hause!


Donnerstag, 13. Juni 2019
Špindlerův Mlýn - Malá Skála , 54 km

Ich wurde morgens wach und es regnete. Ich frühstückte trocken auf dem Zeltplatz unter einem Weterschutzdach, das Zelt aber mußte ich naß einpacken. Bei ständigem leichten Nieselregen begab ich mich auf den Weg Richtung Heimat. Als ich gegen 10 Uhr das Tal der Iser erreicht hatte, hatte der Himmel seine Schleusen wieder geschlossen. Die nächste Hitzeperiode nahm ihren Anfang.



Schon am frühen Nachmittag checkte ich auf dem Camping Malá Skála ein. Zwei Nächte wollte ich bleiben. Das Gebiet ist geologisch dem Elbsandsteingebirge ähnlich. Hier befindet sich neben der Böhmischen Schweiz ein weiteres tschechisches Gegenstück zur Sächsischen Schweiz – das Böhmische Paradies!



Einen Ausflug in dieses Paradies hatte ich für den nächsten Tag geplant.

Der Campingplatz war gut besucht. Es war die Woche nach Pfingsten und die Schulen hatten offensichtlich ihre ‚Projektwoche‘. Der Platz war voller Schüler mit ihren Lehrern.



Der Platz hatte hierfür durchaus seine Vorteile: es gab eine Bahnanbindung und man konnte nicht nur in die Berge wandern, sondern auch schwimmen und Kanus mieten!



Von der ‚Iser wild springender Flut‘, wie im Rübezahllied besungen, war hier nichts zu merken! Rübezahls Reich hatte ich mit Querung der Iser verlassen.

Der Ort hatte mehrere Gaststätten, die natürlich alle voll waren. Ich habe der Einfachheit halber für mein Abendessen das Campingplatzrestaurant genutzt. Die Schüler aber auch! Es herrschte Musik und reges Treiben bis weit nach Mitternacht.


Freitag, 14. Juni 2019
Malá Skála - Böhmisches Paradies - Malá Skála , 40 km

Als ich mich am Morgen fertig machte für meine Runde durch das Paradies, waren auch die Schüler am Packen und machten sich auf den Heimweg. Als ich los fuhr, war der Platz ziemlich leer.

Unterwegs in Turnov kaufte ich noch ein, um unterwegs nicht zu verhungern und meine Vorräte wieder aufzufrischen. Dann war ich im Gebiet der Sandsteinfelsen.



Die Gegend ist vergleichbar mit dem Dahner Felsenland. (Da war ich bei meiner Radreise 2018 durch gekommen und es hatte mir sehr gut gefallen.)



Und genau wie dort wimmelt es auch hier von Burgruinen. Bei Burg Valdštejn hatte ich eine längere Rast gemacht.



Im Gegensatz zur Ausflugsgaststätte in Nähe der Elbequelle war hier das Bier mit 30 Kronen für den halben Liter verblüffend preiswert!

Der Weg ging immer hoch und runter. Oben gab es nicht nur Burgen, sondern auch tolle Aussichten auf das Umland.



Unten fand ich einen schönen Seerosenteich, der zur Rast einlud. Die Rast war nötig, denn die Wege waren steil und die Sonne schien heiß.



Die Libellen nutzten diesen schönen Tag für Liebesspiele! (Achtung! Nicht jugendfrei)



Auf dem Weg zurück zum Campingplatz war ich noch in einer kleinen Gaststätte abseits vom Touristentrubel eingekehrt. Eine sprachliche Verständigung mit der Bedienung war kaum möglich und so genoß ich im Prinzip ein ‚Überraschungsmenu‘. Es war preiswert und lecker!

Als ich den Campingplatz erreichte, war er wieder voll – diesmal mit Familien und ihren Kindern! Von Ruhe konnte auch an diesem Abend keine Rede sein.


Samstag, 15. Juni 2019
Malá Skála - Zittau, 55 km

Alle Ziele, die ich erreichen wollte, hatte ich erreicht! Nun wollte ich nur noch nach Hause. Westwärts über die Berge - heute bis zum ersten Zwischenziel Zittau.

Vor mir auf einem Berggrat stand Burg Friedstein. Ich freute mich, daß ich den Weg durch das Tal geplant hatte und nicht da hoch mußte. Die Straße stieg aber stetig an, teilweise mit mehr als 10% Steigung, und plötzlich stand ich vor der Burg.



Von nun an geht’s bergab – dachte ich. Die Abfahrt war aber schnell vorbei und wieder ging es bergauf. Diesmal war es die Kirche von Langenbruck, die am höchsten Punkt stand.



Dann war das Schlimmste überstanden. Tendenziell ging die Straße nach unten. In der Mittagszeit erreichte ich Chrastava. Das war eine gute Gelegenheit, meine Kronen los zu werden und Hunger hatte ich auch.



Also bin ich am Marktpkatz eingekehrt. Dieser Ort liegt schon dicht an der Grenze und das Restaurant ist an deutsche Touristen gewöhnt. Die Dame mit der Kasse war verblüfft, daß ich mit Kronen bezahlte – sie war auf Euro eingestellt!

Als ich die deutsche Grenze erreichte, war ich 300 m tiefer als die Kirche von Langenbruck!



Bald danach kam Zittau in Sicht.



Der Campingplatz liegt am Olbersdorfer See. Das ist das Naherholungsgebiet von Zittau und es gibt eine schöne Gaststätte mit Seeblick. Vorsorglich hatte ich mir zum Essen einen überdachten Platz gesucht, denn während des Essens erlebte ich ein abendliches Gewitter mit heftigem Regen.


Sonntag, 16. Juni 2019
Zittau - Königstein , 77 km

Mein nächstes Zwischenziel war Dresden. Ursprünglich wollte ich den Weg quer durch das Elbsandsteingebirge nehmen. Aus meiner Erinnerung der früheren Urlaube wußte ich aber noch, daß die Grenzübergänge nur notdürftig für Wanderer eingerichtet waren und nach meinen Recherchen hat sich das bis heute nicht geändert. Ich habe mich daher entschlossen, auf Landstraßen zu bleiben. Trotzdem wurde es ein ‚Nostalgietag‘.

Als ich abfuhr, sah das Wetter noch trübe aus. Es wurde aber doch noch ein wunderschöner Tag. Frühstück gab es übrigens am See, da wo ich am Abend zuvor gegessen hatte.



Ein größeres Stück meiner Tagesetappe führte mich nochmal durch einen Zipfel Tschechien. In Schluckenau wollte ich gerne einkehren, denn die Strecke war bei weitem nicht so eben wie erhofft. Für ein Bier hätten meine Restkronen noch gereicht. Leider habe ich keine offene Gaststätte am Weg gefunden.



In Sebnitz erreichte ich wieder deutschen Boden. Noch einmal ging es bergauf und von der Anhöhe vor Saupsdorf hatte einen schönen Rundumblick. Die Vergangenheit hatte mich eingeholt. Von Saupstdorf aus hatten wir damals eine Wanderung zu dem Aussichtsturm auf dem Wachberg unternommen (auf dem Bild im Hintergrund).



Nun begann der erholsame Teil der Tagesetappe. Die Straße senkte sich ins Kirnitzschtal und führte immer weiter bergab bis zur Elbe.



Am berühmten Lichtenhainer Wasserfall mußte ich natürlich anhalten und ein Foto schießen!



Ich habe extra gewartet, bis er eingeschaltet wurde (alle halbe Stunde), damit auch Wasser zu sehen ist! Eine ‚Schweiz‘ ohne Wasserfall ist undenkbar und somit trägt die ‚Sächsische Schweiz‘ ihren Namen zu Recht!

Hier beginnt auch die Straßenbahn nach Bad Schandau. Die sind wir damals bei einer Wanderung gefahren, um den Regen abzuwettern!



Diesmal habe ich aber mein Rad benutzt, um Bad Schandau zu erreichen.



An der Elbe entlang fuhr ich noch bis Königstein. Dort übernachtete ich auf dem Campingplatz. Unterwegs hatte ich noch einen schönen Blick auf den Lilienstein. Auch den hatten wir damals zu Fuß erklommen.



Am Campingplatz hatte man mir den Amtshof für das Abendessen empfohlen. Er war gut besucht, ich bekam dann aber doch noch einen Platz. Es hat sich gelohnt – bürgerliche deutsche Küche!


Montag, 17. Juni 2019
Königstein - Reinsberg, 73 km

Am Zeltplatzkiosk konnte ich meine Übernachtung bezahlen und gleichzeitig frühstücken. Noch ein Blick auf den Königstein und weiter ging die Fahrt.



Den Königstein hatten wir damals erwandert. Der Stadt Pirna hatten wir aber nur einen kurzen Besuch abgestattet. Deshalb entschloß ich mich hier zu einer kleinen Stadtrundfahrt.



Am Stadtrand von Dresden verließ ich den Elberadweg und radelte westwärts. Noch im Stadtgebiet begannen die Hügel mit ihren Aufs und Abs. Die Sonne schien und der Asphalt der Straßen verstärkte die Wärme noch. Mein Wasservorrat wurde immer weniger. An einer Baustelle am Straßenrand hatten die Arbeiter einen Feuerwehrschlauch an einem Straßenhydranten angeschlossen. An diesem Hydranten gab es auch einen kleinen Wasserhahn für Gartenschläuche, aber ohne Schlauch. Ich erkannte meine Chance, alle Wasserflaschen wieder aufzufüllen und das tat ich auch! Die sonnigen Steigungen konnten mich jetzt nicht mehr erschrecken.

Hinter Dohlen



verließ ich Dresdens Speckgürtel und es wurde ländlich.



Der Weg paßte sich ebenfalls an. Bei einem ausgeschilderten Radweg hätte ich das nicht erwartet. Zur Aufmunterung der Radfahrer wuchsen aber Blumen am Wegesrand. lach



Es blieb aber nicht bei einem schlechten Weg. Sachsen hat davon mehrere. Meine Radwegplanung hatte einige davon berücksichtigt!



Kurz bevor ich den Campingplatz in Reinsberg erreichte, hatte ich plötzlich eine Vollsperrung. Ein Bauzaun quer über die Straße machte die Weiterfahrt unmöglich. Im Garten nebenan arbeite ein Mann. Den sprach ich an:
„Gibt es hier eine Umleitung?“
„Nein, wir gehen alle hier durch. Warten Sie, ich helfe Ihnen.“

Er kam aus seinem Garten, öffnete den Zaun und schloß ihn hinter mir wieder. Ich schob durch die Baustelle. Die Bauarbeiter am anderen Ende der Baustelle kannten das offensichtlich schon und würdigten mich keines Blickes! Auf dieser Seite war die Baustelle übrigens offen.

Der Campingplatz hatte einen schattigen Platz für mich und ein Restaurant in der Nähe. Hier konnte ich mich nach dem Essen mit anderen Campern (keine Radfahrer!) beim Bier unterhalten.


Dienstag, 18. Juni 2019
Reinsberg - Altenburg-Pahna, 74 km

Frühstück bekam ich im Dorf. Bald darauf befand ich mich auf Wegen, die für Radfahrer ausgeschildert waren, aber nicht für Radfahrer gemacht.



Auch die beliebten Plattenwege waren wieder dabei.



Die Gegend war sehr einsam. Das war vermutlich auch der Grund, warum man hier die ‚geheime Vorrichtung‘ versteckt hat, wo aus ganz normalem Wechselstrom Drehstrom gemacht wird. verwirrt grins



Ob er aber nach der Schlaufe wirklich dreht, konnte ich nicht überprüfen. Vielleicht hat man mich auch reingelegt!

Die gesamte Strecke war wellig mit vielen kurzen knackigen Steigungen, aber der Höhepunkt kam beim Aufstieg zur Burg Kriebstein. 25% waren hier angezeigt. Es war so steil, daß ich das Rad nur mit Mühe den Berg hoch schieben konnte. Zum Glück war es nur ein kurzes Stück! Dann hatte ich die Burg erreicht und war oben.



Aber ich will mich nicht beschweren. Ich hatte auch sehr schöne und gut befahrbare Straßen!



Zur Mittagszeit erreicht ich Rochlitz an der Mulde.



Obwohl Rochlitz in Sachsen liegt, verkaufte man am Markt Thüringer Rostbratwurst – genau das Richtige für eine Mittagspause.



Auf kleinen Sträßchen ging es weiter. Kurzzeitig befand ich mich auch auf Bundesstraßen. Ich kam gut vorwärts. Kleine Orte am Weg luden zur Rast ein.



Ich zog es aber vor, bis zum Campingplatz in Parna durchzufahren.

In einem Restaurant nicht weit vom Zeltplatz konnte ich gut und preiswert essen. Da sich keine Unterhaltung mit anderen Gästen ergab, verbrachte ich den Abend im Zelt.


Mittwoch, 19. Juni 2019
Altenburg – Jena, 86 km



Schon vor 8 Uhr verabschiedete ich mich vom Campingplatz am See und radelte gen Altenburg. Wieder einmal war ich ‚auf Platte‘. Diesmal aber von der übelsten Sorte: Lochplatte!



In Altenburg war ich frühstücken und einkaufen und machte ein Foto vom Schloß.



Es war wie schon seit Tagen heiß und hügelig. In Romschütz war die Welt noch in Ordnung,



aber mein Wasservorrat ging langsam zu Ende. Wie schon öfter steuerte ich einen Kirchturm an und hoffte auf dem Friedhof Wasser zu finden. Der erste Ort mit Kirche war Zschippach. Bloß gab es bei dieser Kirche keinen Friedhof und auch kein Wasser.

Nächste Kirche: Röpsen! Friedhof vorhanden, aber kein Wasserhahn, nur eine Schwengelpumpe für Grundwasser. Kann vielleicht gut sein – also probieren. Ergebnis: schmeckt ekelhaft nach Rost. Das Wasser ist ungenießbar. Auf zur nächsten Kirche: Thieschitz - Voller Erfolg! Es gab genießbares Trinkwasser. Was mich am meisten verblüfft hatte war, daß ich durch mehrere Orte kam, die weder Kirche noch Friedhof und auch kein Geschäft oder Gaststätte hatten.

Nach Gaststätten hatte ich auch weiterhin geschaut, denn ich hatte Hunger. Eine Stunde später hatte ich einen offenen Imbiß gefunden, wo ich eine Bratwurst und ein Bier bekommen konnte. Die wenigen Lokale, die ich zwischendurch am Wegesrand erblickt hatte, öffneten alle erst abends!

Die Sonne schien und es war heiß. Die anderen Gäste bei mir am Tisch (der einzige Tisch) erzählten aber, daß für den Nachmittag Gewitter angesagt wäre.

Bei der Weiterfahrt hatte ich vor Reichenbach eine Straßenvollsperrung und ich mußte mir einen anderen Weg nach Jena suchen. Inzwischen türmten sich schwarze Wolken am Himmel und es begann zu regnen. Es gelang mir, rechtzeitig in Schleifreisen eine Bushaltestelle als Unterstand zu finden. Als ich weiter fuhr, blitzte und donnerte es links und rechts von mir. Die Straßen waren überall naß, aber ich blieb trocken.

Als ich den Campingplatz in Jena erreichte, herrschte wieder der schönste Sonnenschein! Der Platzwart meinte, daß er jetzt mal kurz weg müßte. Ich könnte mir aber schon mal ein Bier aus dem Kühlschrank nehmen und mein Zelt aufbauen. Einchecken und bezahlen könne ich dann später.

Ich tat wie geheißen! Abschließend erklärte er mir noch den Weg zum Italiener in der nächsten Gartenanlage.

Hier war es ziemlich voll. Die Küche war offensichtlich mit der Menge der Essensbestellungen deutlich überfordert: das Essen kam und kam nicht. Die Gruppe am Nebentisch hatte schon vor mir bestellt und wartete ebenfalls auf das Essen. Das gemeinsame Ärgernis macht kommunikativ und so warteten wir bei bester Unterhaltung. Der Kellner war an der Misere unschuldig, denn das Bier kam zügig! Die Warterei war kurzweilig und ich hatte am Abend ohnehin nichts Besseres zu tun. 2 Stunden nach der Bestellung kam dann auch die bestellte Pizza. Immerhin war sie heiß und schmackhaft.

Ich fuhr jetzt schon mehr als eine Woche durch bergiges Gelände. Mein Körper verlangte nach einen Pausentag. Da ich aber rechtzeitig im Juni mit dem Rad zu Hause zu sein wollte, hatte mein Zeitplan keinen Pausentag vorgesehen. Schließlich hatte ich Anfang Juli einen fixen Termin im Schwarzwald und anschließend eine Ferienwohnung in der Pfalz gebucht.

Ich beschloß, die Entscheidung auf den nächsten Morgen zu verschieben!


Donnerstag, 20. Juni 2019
Pausentag in Jena

Es war noch keine 6 Uhr, als ein heftiges Gewitter mich weckte. Es regnete in Strömen. Damit war die Entscheidung gefallen: Pausentag – umdrehen – weiterschlafen!

Als ich wieder wach wurde, schien die Sonne. Ich machte mich fertig für eine Stadtbesichtigung.



Frühstück fand ich am Markt.

Von der mittelalterlichen Stadt ist kaum noch was zu sehen. Einzig Reste der Stadtmauer habe ich gefunden.



Bei der Rückfahrt zum Zeltplatz fuhr ich noch ein Stück an der Saale entlang.



Ich wollte aber keine größere Radtour machen, sondern nur entspannen. Den größten Teil des Tages verbrachte ich lesend am Zelt. Abends war ich wieder im schon bekannten Restaurant. Es regnete, aber dafür klappte das mit dem Essen schneller! bravo


Freitag, 21. Juni 2019
Jena – Mühlberg, 77 km

Der Regen des Vorabends hatte aufgehört und die Sonne schien. Es gab wieder ein Minimalfrühstück im Zelt und dadurch war ich schon vor 8 Uhr unterwegs. Bei Mellingen erreichte ich die Ilm.



Dieser folgte ich Richtung Weimar. Plötzlich stand ich vor Goethes Gartenhaus.



Wieder einmal war ich auf Spuren von Johann Wolfgang von Goethe gestoßen (siehe auch Ochsenkopf, Radtour 2016). Interessanterweise habe ich in Weimar kein Goethedenkmal gefunden (aber auch nicht gesucht), dafür aber eins von seinem Dichterkollegen Herder.



Am Weimarer Rathaus war Markt und der Bratwurststand heizte gerade seinen Grill an. Diese Gelegenheit für eine Thüringer Bratwurst konnte ich mir nicht entgehen lassen.



Gegen 13 Uhr erreichte ich Erfurt. Zu einem Umweg durch die Innenstadt hatte ich keine Lust mehr, die hatte ich früher schon mal besichtigt. Außerdem war bei mir nach 4 Wochen Radfahren die Luft raus. Eigentlich wollte ich nur noch nach Hause.

Zufällig kam ich am Bahnhof vorbei und ich überlegte, ob ich einfach einen Zug nehme. Nach kurzem Nachdenken kam ich aber zu dem Ergebnis, daß ich heute mit Regionalzügen kaum noch nach Hause käme. Ich blieb bei meinem Plan: weiter radeln!

Die Burgengruppe 3 Gleichen mit dem Campingplatz in Mühlberg sollte mein Tagesziel sein. Hauptgemeinde ist Wandersleben.



Von dem Burgenensemble sah ich aber nur die Burg Gleichen vom Radweg aus.



Der Campingplatz hatte für warmes Wasser einen elektronischen Chip und der Platzwart nahm dafür natürlich Pfand. Am nächsten Morgen bei der Abreise sollte ich den Chip abrechnen. Da die Rezeption erst um 9 Uhr öffnete, ich aber schon früher loswollte, haben wir uns darauf geeinigt, den Chip noch am Abend abzurechnen.

Somit ergab sich folgender Arbeitsablauf: Zelt aufbauen – Duschen – Chip abrechnen - essen gehen.

Das Restaurant war neben dem Zeltplatz und hatte eine überdachte Terrasse, diesmal als Sonnenschutz. Dort saß ich abends zum Essen. Heute gab es keinen Regen!


Samstag, 22. Juni 2019
Mühlberg – Eisenach, 47 km

Frühstück bekam ich am Campingplatz nicht, das gab’s bei Netto in Günthersleben. Das war allerdings anders als gewohnt: sie hatten in der Bäckerei nur heiße Bockwurst mit Brötchen und Kaffee! Dazu nahm ich dann noch 2 Brezeln – eine für gleich und eine für später!

Im Prinzip folgte ich schon seit Jena der Mittellandroute D4. In Gotha wich ich etwas davon ab, denn ich wollte die Innenstadt mit dem Schloß sehen.



Von dort aus ergab sich ein schöner Blick hinunter in die Stadt.



Danach kam ich wieder auf den Radweg D4. Ab Teutleben fuhr ich im Tal der Hörsel. Tal bedeutet aber nicht, daß der Radweg eben verläuft! Zum Trost und Ausgleich für die Steigungen gab es hier wunderschöne Blumenwiesen, die das Auge erfreuten.



Da wir aber nur von Mohn nicht leben können, bauten die Bauern auch Getreide an!




Bei Wutha hatte sich die Wegführung des D4 geändert. Die Bahn hatte die Unterführung, durch die der Weg führen sollte, geschlossen. Diese Änderung war auf meinem Track nicht verzeichnet und die Beschilderung war auch nicht geändert (oder ich habe die Schilder nicht gesehen). Ich durfte umkehren und einen neuen Weg suchen.

Zufällig lag der Bahnhof von Eisenach am Weg. Es war gerade Mittag. Mein Rechenwerk im Hinterkopf fing an zu rattern: Ich muß auf jeden Fall das Hessische Bergland durchqueren und das Rothaargebirge überqueren. Um das meinem Körper zuzumuten, benötige ich vor dem Aufstieg in das Rothaargebirge noch ein bis zwei Ruhetage. Die kürzeste Strecke wäre mit 5 Fahrtagen entlang der Eder, dann hoch auf den Kamm des Rothaargebirges und über Winterberg (Sauerland) zur Ruhr. Den größten Teil dieser Verbindung war ich schon mal gefahren (Edersee bei Sonne und Regen und Ruhrtalradweg). Meine bevorzugte Strecke wäre zur Lahn mit Besichtigung der Lahnquelle, weiter zur Siegquelle und die Sieg abwärts bis zum Rhein: 6 Fahrtage, ebenfalls über die Höhen des Rothaargebirges! Für meinen Zeitplan ist das aber zu knapp. Da würde ich ab Marburg vermutlich den Zug nehmen. Und so gesehen kann ich auch jetzt schon den Zug nehmen – wenn denn einer fährt!

Ich beschloß, mir an der Fahrplanauskunft eine Verbindung nach Hause suchen zu lassen.

Die Auskunftsdame nannte mir eine Verbindung um 16.13 Uhr mit 3x Umsteigen. Dann wäre ich um 21.42 Uhr in Oberhausen. Sollte ich einen Anschluß nicht erreichen, käme ich um 23.42 Uhr zu Hause an.

Ich hatte also viel Zeit, meine Fahrkarten am Automat zu kaufen. Bei der Gelegenheit hatte ich auch die Möglichkeit, die weiteren Fähigkeiten des Automaten zu erforschen. Und siehe da: er konnte auch Zugverbindungen finden und ausdrucken! Dabei stellte ich fest, daß die Maschine bessere Verbindungen kannte als die Dame an der Information: z.B.: 3x Umsteigen und 20.13 in Oberhausen oder noch besser – 4x Umsteigen und 19.42 Uhr zu Hause.

Diesen Zug habe ich dann genommen!



Es klappte alles bestens! Breite Türen, Einstiege ohne Stufen, schmale Zwischenräume zwischen Bahnsteig und Zug und große Abstellflächen – alles Privatbahnen! Alle Anschlußzüge fuhren vom Nachbargleis am selben Bahnsteig ab, ich brauchte keine Treppen oder Fahrstühle zum Umsteigen. Hatte mein Zug Verspätung, so hatte der Anschlußzug ebenfalls Verspätung und ich schaffte fahrplanmäßige Umsteigzeiten von 3 Minuten ohne Stress!

Um 20 Uhr konnte ich meine Frau umarmen.


Ich hoffe, der Bericht hat Euch gefallen!
Gerhard
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