Re: Silvester in Wales - Berge sind zum Wandern da

von: Britta

Re: Silvester in Wales - Berge sind zum Wandern da - 26.01.20 17:56

Tag 7: Machynlleth – Ponterwyd - 31 km

Im Hotel gibt es noch mal ein full welsh breakfast, dann machen wir uns auf den Weg. Das Reparaturkonzept für meine Bremse ist, mit einer Spritzenkanüle aus der Reiseapotheke Wasser in die Bremsleitung zu füllen. Wir haben inzwischen nachgelesen, dass das beim Trial absolut üblich ist (also zumindest das mit dem Wasser) – kann ja also so verkehrt nicht sein und Frost ist für die nächsten Tage nicht zu erwarten. Es klappt so leidlich gut, hat aber eine erstaunliche Wirkung – meine Bremse packt wieder richtig gut. Also kann‘s losgehen. Heute endlich sind wir am Startpunkt des bikepacking tracks angekommen. Ab hier geht es jetzt auf die Wanderwege. ...und erst mal wieder steil bergauf.



Oben angekommen ist die Aussicht mal wieder wunderbar.



Wir folgen dem Weg über weite Weiden und Wiesenhänge.



Die sind mal mehr mal weniger gut fahrbar. Die meiste Zeit schieben wir auch hier. Zu dem sehr naturbelassenen Untergrund gesellt sich dann auch hier ein garstiger Seitenwind, der einen immer wieder aus der Bahn wirft.









Natürlich wird trotzdem auch jede Erhebung mitgenommen. Diese Beobachtung haben wir schon auf unseren Wandertouren in Groß Britannien gemacht: dass die Wanderwege offensichtlich immer so geführt werden, dass die maximale Anzahl an Höhenmetern gesammelt werden kann. Für Danny MacAscill mag das eine Spazierfahrt sein – ich kann‘s nicht.



Keine Frage, die Landschaft ist herrlich – aber mehr und mehr müssen wir über unsere eigene Unternehmung lachen. Wer um Himmels willen hat gedacht, es sei eine gute Idee, auf britischen Wanderwegen Rad zu fahren? Die Berge sind hier ganz klar zum Wandern da!





Dennoch – es scheint hier durchaus keine so abwegige Idee zu sein. Wir sehen tatsächlich öfter mal Mountainbike -Abdrücke und zu Beispiel auch dieses gut gemeinte Hinweisschild, das eindeutig zeigt, dass man das hier für befahrbar hält.













Fand ich das anfangs ja noch ganz lustig, fordern die anstrengenden ersten Tage der Reise nun doch ihren Tribut. Es fängt zunehmend an zu nerven und meine Laune sinkt in den Keller. Inzwischen hat es auch angefangen zu regnen was auch nicht unbedingt zur besseren Stimmung beiträgt. Laut fluchend zerre ich mein Rad durch den Matsch und würde es am liebsten gleich an Ort und in den Graben werfen. Bevor ich das dann tatsächlich tue, erreichen wir dann am Nachmittag doch noch einen Fahrweg. Wie schön, wenn die Reifen einfach rollen!



Wir lassen den Track Track sein und folgen der bald auftauchenden Straße. Es dämmert und es ist Zeit, das Zelt aufzubauen. Inzwischen regnet es richtig, es ist dunkel und der Wind hat aufgefrischt. Eine geeignete Stelle zum Zelten will sich nicht finden lassen und so strampeln wir weiter. Laut GPS soll in 6 Kilometern ein Ort mit Campingplatz kommen. Mit dieser Aussicht geht es durch die Dunkelheit – der inzwischen heftige Regen pladdert ins Gesicht und ich bin inzwischen wieder an dem Punkt angelangt – wo ich über uns und die Situation wieder lachen kann. Wir erreichen das Örtchen Ponterwyd – ein Campingplatz ist allerdings nicht zu finden. Die Tankstelle ist aber hell erleuchtet und so steuern wir erst mal diese an. Und ja, frohe Nachricht, es gibt einen Campingplatz – ob der aufhat, weiß aber keiner. Es gebe aber auch ein Hotel im Ort. Wir behalten das als Plan B im Hinterkopf und bekommen den Weg zum Camping beschrieben. Der ist irgendwo 3 km außerhalb an der Straße gelegen. In der stockfinsteren Nacht leicht zu übersehen, da nur mit einem etwa 30cm großen Holzschild an einem Baum ausgeschildert. Ein kleiner Farmcamping. Die Bauern schauen etwas irritiert, als wir tropfnass vor der Tür stehen und sie aus der Stube klingeln. Sie haben wohl nicht mehr mit Gästen gerechnet. Der Platz, den wir zugewiesen bekommen ist aber schön, es gibt eine Dusche und wir sind die einzigen Gäste.

Tag 9: Ponterwyd – Newtown - 50 km

Schon am Abend haben wir überlegt, wie es weitergehen soll. Uns bleiben sowieso nur noch 2 Tage. Die Begeisterung für die Variante Wanderweg hat sich gelegt und eigentlich wollen wir beide jetzt nur noch die Räder rollen lassen. So fällt die Entscheidung, den nächsten Bahnhof anzusteuern und von dort dann am nächsten Tag nach Liverpool zurückzufahren. Dann wären wir zwar einen Tag eher in Liverpool als geplant, aber das sollte doch zu verschmerzen sein.



Die ganze Nacht hatte es weiter geschüttet und die Rahmentaschen hatten so ihren ersten Härtetest. Meine ist mit Pauken und Trompeten durchgefallen – im Innern hätte eine ganze Mäusemannschaft baden können. Bernds Tasche hat etwas besser gehalten – wasserdicht ist allerdings auch was anderes.
Immerhin, heute scheint die Sonne und das Programm heute ist überschaubar – wir lassen uns Zeit. Wir steuern zunächst nochmal die Tankstelle unseres Vertrauens an um eine Kaffee und Kakao-Pause einzulegen.




...eine große Auswahl an Treckerfachmagazinen gibt es hier….

Dann ist es wirklich easy going – man könnte es als Urlaub bezeichnen. Die Sonne scheint, die Straßen sind gut zu fahren und mittags machen wir ausgiebig Pause in Pub und Café.





Den ein oder anderen Hügel gibt‘s zwar immer noch zu queren, aber im Großen und Ganzen ist es heute sehr entspannt.









Kurz vor Newtown können wir das Zelt auf der Zeltwiese eines Bunkhouse aufschlagen – mit angeschlossenem Pub so dass auch hier für das Abendessen gesorgt ist.

Tag 10: Newtown – Liverpool - 4 km

Ausschlafen war heute schwierig, da mit uns eine ganze Gruppe Motorradfahrer im Bunkhouse wohnte, die heute zu einer Geländetour aufbrachen – und morgens alle erst mal ihre Motoren testen mussten. Klang zumindest so. Erst mal wach, bekamen wir dann Besuch von einer ganzen großen Hühnerschar.




...ein weiterer Grund britische Radwege zu lieben….

Wir brechen gegen 10 Uhr auf, rollen die wenigen Kilometer zum Bahnhof und schon eine viertel Stunde später können wir in den Zug steigen. Die Verbindung ist gut. Mit 2 Umstiegen können wir Liverpool in gut 3 Stunden erreichen. Auch wenn wir die Radplätze nicht reservieren konnten läuft alles glatt. Es findet sich zwar immer mal wieder auch ein anderes Fahrrad im Zug ein, aber es bleibt entspannt.



Da wir nun einen Tag früher in Liverpool sind als geplant, haben wir für diese Nacht ein Zimmer in der Innenstadt gebucht. Wir drapieren unser Hab und Gut zum Trocknen und machen uns auf zum Stadtbummel.











Liverpool hat durchaus Charme und es ist schön, sich mit Zeit durch die Stadt treiben zu lassen.

Tag 11/12: Liverpool – Airport 20 km - Berlin

Ein weiterer Tag in Liverpool. Wir können Gepäck und Räder bis zum Nachmittag im Hotel lassen, denn für die nächste Nacht haben wir ja bereits das Zimmer im B&B nahe des Flughafens gebucht. Dort hatten wir ja unser Verpackungsmaterial eingelagert.
So schlendern wir einen weiteren Tag durch die Stadt. Wir besuchen das wirklich interessante Museum of Liverpool, das einen umfangreichen Einblick in die Geschichte der Stadt gibt.









Am Nachmittag dann fahren wir zu unserem B&B in der Vorstadt, holen uns Abendessen beim Chinese Take away und lassen den Urlaub Revue passieren. Es war anstrengend, keine Frage. Aber es war toll - mal wieder hatten wir unglaubliches Glück mit dem Wetter und mal wieder haben uns hier auf der Insel unheimlich wohl gefühlt. Gut, meine Extra-Tracks hat es nicht gebraucht und auch von unserer ursprünglichen Planung ist nicht viel übriggeblieben. träller Aber auch wenn Bernd zwischendurch kurze Phasen von „England-Ermüdung“ zeigte („Boah, ich kann das ganze Grün nicht mehr sehen...“) - wir kommen bestimmt wieder. Direkt nach der Rückkehr hatte ich mir eigentlich geschworen, dass wir diesen Track höchstens als Wanderung machen – mit Rucksack und ohne Fahrrad – dann ist das zweifellos eine tolle Tour. Inzwischen hat Bernd weitere Tracks und Berichte über Bikepacking-Routen in Wales aufgetan. Und eigentlich sehen die Bilder irgendwie wieder ganz schön aus... schmunzel dafür

Britta