Disentis – Domodossola: ungeteert & ungefedert

von: Biotom

Disentis – Domodossola: ungeteert & ungefedert - 08.07.20 19:42


Ciao a tutti!

Ich starte meine Touren vorzugsweise an Orten, welche ich auf früheren Touren durchquert oder erreicht habe. Da traf es sich gut, dass wir diesen Sommer unsere Familienferien in Disentis verbrachten: hier bin ich auf der letztjährigen Tour vom Hasliberg ins Safiental vorbeigekommen. Corona-bedingt hatte ich nicht gross Lust mich weiter gen Osten vorzuwagen, denn das hätte nur eine längere Zugfahrt mit Maske bedeutet. Da tauchte auf meiner inneren Karte wieder die Querpasstour Nufenen – Gotthard – Lukmanier auf, welche ich letzten Herbst wegen eines Wintereinbruchs hatte umplanen müssen. Ein kurzer Blick auf die Karte verriet mir, dass die nun angestrebte Ost-West-Richtung für meinen Tourstil noch besser geeignet war als West-Ost: eher steil und technisch rauf, und eher einfach und chillig runter. Als ich dann als Alternative zum Nufenen noch den Passo San Giacomo mit den 2000 Höhenabfahrt Abfahrt nach Domodossola entdeckte, war der Fall klar lach

Tag 1: Disentis – Passo dell’Uomo – Lago di Tom – Piora (Karte)

Bei der Abfahrt in Disentis weist mich die Matterhorn-Gotthard-Bahn diskret darauf hin, dass man auch ganz bequem und relativ schnell von der Surselva ins Wallis gelangen könnte:





Die Kapelle Sontga Gada an der alten Passstrasse auf den Lukmanier erinnert mich aber gleich darauf daran, dass sich Menschen schon seit Jahrhunderten unmotorisiert über die Pässe wagen – dann wollen wir doch diese wunderbare Tradition mal fortsetzen schmunzel





Durch die Schlucht der Medelser Rheins ist die Passstrasse quasi alternativlos…





…danach setze ich aber konsequent auf Rough Stuff Cycling:





Ein letzter Blick auf Curaglia…





…und eine letzte Kerze in einer Kapelle…





…bevor ich auf herrlichen Wegen Richtung Lukmanier hochkurble. Es ist recht herausfordernd, mit 10 Sekunden Selbstauslöserzeit solche Selfies zu schiessen: abdrücken, zum Velo rennen, aufsteigen, losfahren – da ist es fast ein bisschen unvermeidlich, dass zwischendurch eine leicht «b’soffene G’schicht» rauskommt grins





Auch beim Baden sind die 10 Sekunden doch eher kurz, da darf man beim Reinhüpfen nicht zimperlich sein grins Hier kam noch erschwerend hinzu, dass ich nackig reinhüpfte: gerade als ich drin war, rollten zwei Velofahrinnen gemütlich über die die in Sichtweite gelegene Passtrasse, da musste ich dann ein bisschen länger als vorgesehen im herrlichen Medelser Rhein verweilen peinlich





Der Wanderweg auf den Lukmanier ist wunderschön…





…und recht informativ:





Blick ins Val Cristallina:





Die Staumauer des Lai da Songta Maria kommt in Sicht:





Alte…





…und neue Bauwerke:





Auf einem tipptoppen Schotterweg geht es dem Westufer des Lai da Songta Maria entlang. Links im Bild erkennt man die Passhöhe des Lukmaniers, rechts den Weg auf den Passo dell’Uomo:





Nach dem Steg über die Aua dalla Val {von dem man aus zum schönen Lai Blau [welcher aber (wie wir auf einer Familienwanderung herausgefunden haben) gar nicht blau, sondern eher grau ist] aufsteigen könnte} kommen ein paar schwierige Kilometer: viel murksiges Geschiebe, aber zum Glück garniert mit tollen Alpenrosenhängen:





Ich bin dann ganz froh, als ich die Hängebrücke über den jungen Medelser Rhein erreiche:





Auch dieses tolle Badeplätzchen nehme ich dankend an – unglaublich wohltuend und erfrsichend, so ein Bad verliebt





Dann folgt der infernale Aufstieg zum Passo dell’Uomo… Keine Ahnung, wie Swisstopo darauf kommt, dieses Bachbett von einem Weg als «Feld-, Wald-, Veloweg 5. Klasse» zu verzeichnen: ich habe glaub keinen Quadratdezimeter gesehen, auf dem nicht mindestens ein mittelgrosser Stein liegt teuflisch Es ist so anstrengend, dass ich beim Selfieschiessen sogar vergesse den Rucksack anzuziehen lach





Das Val Piora auf der anderen Seite des Passes lässt die Qual schnell vergessen: was für Ausblicke! Das Wasser vom Wasserfall ist übrigens orografisch eine komplexe Sache: es handelt sich dabei um Wasser aus dem Val Cadlimo (ergo des Medelser Rheins), welches zwecks Speisung des Ritóm-Stausees über den Passo dell’Uomo geleitet wird. Nun ist es ja so, dass das Val Cadlimo als einziges (?) Tal südlich des Alpenhauptkamms nach Norden entwässert. Das heisst, das Wasserfallwasser geht südlich der Alpen nieder und sollte eigentlich in die Nordsee fliessen, aber wegen des menschlichen Eingriffs fliesst es dann doch ins Mittelmeer. Aber egal wie kompliziert es ist: es sieht einfach toll aus schmunzel Ach ja, ganz links im Bild erkennt man den chilligen Wiesenweg der Abfahrt:





Das Val Piora hat einige weitere Perlen zu bieten: bei der Capanna Cadagno sind es die unglaublich weissen Felsen (und in der Hütte die leckeren Gnocchi und der Kuchen):





Der Lago di Cadagno ist limnologisch höchst interessant: die oberste Schicht ist normales Bergquellwasser, danach folgt eine Schicht mit Schwefelbakterien, und unten befindet sich schliesslich salz- und schwefelhaltigem Wasser aus unterirdischen Quellen. Anscheinend ist dieses Phänomen der «geogenen Meromixis» (he, mit diesem Begriff kann man beim nächsten Smalltalk unglaublich brillieren grins ) für Europa einmalig. Gemäss Wikipedia wird der See intensiv erforscht, was auch die kleine Messstation in der rechten Bildhälfte erklärt:





Absolut beeindruckend finde ich auch die sehr grünen Steilhänge…





…und die unglaublich schöne Blumenwelt, hier mit einer Alpen-Paradieslilie verliebt





Der Ritóm-Stausee und die Gipfel der Leventina…





…und nochmals der Lago di Cadagno, mit Blick auf den (links vom verschatteten Berg; Passhöhe nicht sichtbar) Passo dell’Uomo, den Passo delle Columbe und den Passo del Sole (links und rechts des hellgrauen Gipfels):





Weisser Sandstrand und herrlich erfrischendes Bergwasser: so einen See muss ich einfach besuchen, vor allem wenn er auch noch «Lago di Tom» heisst lach





Bei aller Schönheit habe ich aber ein Problem: wo schlafen? Die Capanna Cadagno ist voll, also habe ich eigentlich im unbewarteten Rifugio Föisc ein Plätzchen reserviert. Von der Motta aus (einem Minigipfel ob dem Lago di Tom) sehe ich aber, dass die Föisc-Hütte recht exponiert liegt und wahrscheinlich unglaubliche Ausblicke bietet – und ich leide an einer Art Weitenschwindel. Und der Aufstieg zur Hütte sieht brutal aus für mit dem Velo… Also schaue ich rasch beim Rifugio Ritóm vorbei; die haben noch ein Zimmer frei, yeah schmunzel Ich sage in der Föisc-Hütte ab und mache mir einen gemütlichen Abend bei der Ritóm-Staumauer, mit Blick auf Schweizerfahne und Föisc-Gipfel:





Ich gehe früh zu Bett, denn am nächsten Tag erwartet mich ein Gemurkse, welches den Passo dell’Uomo wie eine «1. Kl.-Strasse (mind. 6 m breit)» erscheinen lässt grins

Der nächste Teil folgt demnächst in diesem Faden – bis bald schmunzel