Sizilien mit Sonne, Regen und Hurrikan

von: qrt

Sizilien mit Sonne, Regen und Hurrikan - 10.12.21 10:35

Herzlich willkommen zu unserer neuesten Reise:

Palermo - Naturschutzgebiet Zingaro - Trapani - Marsala - Selinunte - Sciacca - Agrigento - Ragusa - Modica - Pozzallo - Noto - Siracusa - Catania - Bronte - Taormina - Catania
886km

Wenn man bedenkt, dass die Griechen, Phönizier, Römer, Byzantiner, Araber, Normannen, Deutsche, Franzosen, Briten und Spanier alle auf Sizilien waren, war es höchste Zeit für uns, die Insel zu erkunden!
Als wir in Palermo ankamen, hatten wir eine 36-stündige Zug- und Fährkombination hinter uns. Die 21-stündige Fahrt mit der Fähre hat wahrscheinlich unsere CO2 Bilanz nicht wirklich verbessert.



Palermo hat uns nicht enttäuscht. Wenn wir jemals Italienisch lernen wollten, wäre diese Stadt der richtige Ort dafür. Prächtige architektonische Schätze aus den verschiedenen Epochen machen sie zu einem der Orte, die man gesehen haben muss!





Wie die ganze Insel hat auch Palermo eine Geschichte mit wechselnden Herrschern, angefangen mit phönizischen Kolonien im Jahr 900 v. Chr. und griechischen Kolonien ein paar Jahrhunderte später. Dann kämpften Karthago und Rom erbittert um um diese fruchtbare Kornkammer; Vandalen, Byzantiner und Araber folgten, bevor normannische Söldner beschlossen, für sich selbst zu kämpfen und sich in ihrem neu gegründeten Königreich niederzulassen. Nach den Normannen kamen und gingen schwäbische und französische Könige, bevor ein Seitenarm des Hauses Aragon die Macht übernahm und (mehr oder weniger) an der Macht blieb bis Garibaldi es 1860 für das moderne Italien eroberte.
Soweit die Kurzform der Geschichte. Schwer befrachtet zwar, aber alle diese Völker und Herrscher hinterliessen auch eine Fülle von spektakulären Monumenten, nebst ihren kulinarischen Vorlieben und ihrem genetischen Code.



Das Naturreservat Zingaro ist als letzter unberührter Küstenabschnitt Siziliens geschützt und bietet herrliche Wanderungen mit spektakulären Aussichten. Auf dem Weg dorthin erlebten wir unseren ersten heftigen Sturm der die Straßen in Flüsse verwandelte. Am nächsten Morgen war die Sonne zurück und wir hatten einen spektakulären Wandertag im Naturschutzgebiet.



Darinas Faszination für winzige Häuser und verlassene Orte führte uns zu einem ehemaligen Bauerndorf, das in einen Höhleneingang in der Nähe der modernen Stadt Cornino gebaut wurde.



Abenteuer Nummer 1!
Komoot's Idee, dorthin zu gelangen, war eine 2 km lange Abkürzung durch einen Marmorsteinbruch komplett mit Fluss. Ein 10 km langer Umweg wohl schneller gewesen als die Plackerei.



Die vorgeschlagene Route von Cornino Richtung Trapani war ein kürzlich angelegter Fahrradweg entlang der Küste, der definitiv nicht von Radlern gebaut wurde!



In Trapani öffnete der Himmel seine Schleusen, und Darina investierte in ein Paar leuchtend gelbe Socken, um den ansonsten tristen Nachmittag zu erhellen. Die Socken wären das Highlight des Tages gewesen, hätten wir nicht in den Salinen am Rande der Stadt fotogenen Flamingos gesehen.

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Optisch gestärkt, erreichten wir die schöne Stadt Marsala, wo wir ein gemütliches Zimmer und ein und ein wunderbares Steakhaus mit lokalen Spezialitäten fanden. Manche Dinge ändern sich nur selten!





Es war eine wunderschöne Fahrt durch sanfte Hügel, Weinberge, Olivenhaine und Zitrusplantagen zu den Ruinen von Selinunte, einer griechischen Kolonie die 700 v. Chr. 100.000 Einwohnern stark war. Ein rekonstruierter Tempel ist die Hauptattraktion, aber unter den Trümmern gäbe es genug Material, um einige weitere zu bauen.



Von Sciacca aus fuhren wir etwa 20 km auf der viel befahrenen Hauptstraße (SS115), bevor wir auf Vorschlag von Komoot ins Landesinnere abbogen. Die ruhigen (oft unbefestigten) Landstraßen waren zwar eine willkommene Abwechslung, aber sie waren alle mit zahlreichen Fahrradverbotsschildern versehen, die überhaupt keinen Sinn zu machen schienen. Sie hielten auch keine Radler vom befahren derselben ab und Komoot hat hier wieder einen Punkt zurückgewonnen.
Agrigento war eine griechische Kolonie, die 500 v. Chr. gegründet wurde und doppelt so groß war wie Selinunte. Fünf faszinierende Tempel sind im archäologischen Park erhalten, und oben auf dem Hügel gibt es eine lebendige Stadt zu erkunden.



Nun zum traurigsten Teil der Straße. Kurz nach Agrigento verschwindet viel von der Landschaft unter Plastiktunneln. Vor Gela und bis Comiso, kurz vor Ragusa, ist die Straße eine einzige schreckliche Müllhalde. Tatsächlich sind diese 100 km so hässlich, dass wir beide daran dachten unsere Reise woanders etwas in Erwägung zogen, was wir was wir in all den Jahren unseren Urlaub woanders zu verbringen.Das ist uns beiden in all den Jahren wirklich noch nie passiert.



Wir haben versucht es zu erklären, zu verstehen, sogar zu entschuldigen, aber am Ende beschlossen wir einfach weiterzumachen und auf das Beste zu hoffen.
Das hat sich dann auch gelohnt. Der Südosten ist wirklich empfehlenswert.
Ragusa, Modica, Noto und die umliegenden Städte wurden 1693 von einem starken Erdbeben zerstört. Glücklicherweise investierten die Spanier, die damals an der Macht waren, ihr Geld in ein fantastisches Wiederaufbauprojekt und hinterließen wunderbare barocke Schmuckstücke, in denen das Leben pulsiert. Diese Städte haben auch ihren Müll in Ordnung gebracht, mit farblich gekennzeichneten Recycling-Behältern überall.





Abenteuer Nummer zwei war nicht weit entfernt. Als wir Noto in Richtung Siracusa verließen, warnten uns die Einheimischen vor dem "tempo bruto" (brutales Wetter), das für den Rest der Woche vorhergesagt war. Die Schulen waren geschlossen worden und die Ostküste bereitete sich auf das Schlimmste vor. Unterwegs trafen wir auf zahlreiche Überschwemmungen, aber erst als wir in Siracusa ankamen und Videos von der Verwüstung Catanias auftauchten, wurde uns der Ernst der Lage bewusst. Autos schwammen auf der Hauptstraße und die Plätze der Stadt hatten sich in Seen verwandelt.



Der Sturm Gloria wurde nun neu eingestuft, und vor der Küste braute sich der Medicane Apollo (Mittelmeer-Hurrikan) zusammen.

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Nicht essenzielle Geschäfte, Museen und Parks waren bis auf Weiteres geschlossen; Züge, Busse und Fähren verkehrten nicht mehr. Kurt war damit beschäftigt fahrbare Routen ins Landesinnere zu finden, aber eine Straße nach der anderen wurde gesperrt und es war klar, dass es keinen Weg aus Siracusa heraus gab. Die schöne Wohnung im Erdgeschoss, die wir gemietet hatten war ein Grund zur Sorge, aber zum Glück erwartete uns mehr heulender Wind als strömender Regen. Wir saßen fünf Tage lang fest.



Wenn man irgendwo in Sizilien festsitzt, ist Siracusa kaum zu übertreffen. Die mächtigste aller griechischen Kolonien mit einer halben Million Einwohnern im Jahr 300 v. Chr., ist heute eine angenehme Stadt mit einem großartigen Naturhafen und einer mittelalterlichen Altstadt in der die antiken Mauern und Säulen zum Teil in neueren Tempeln integriert sind
Auf der Straße nach Catania gab es auch eine Woche später noch einige überschwemmte Abschnitte.
Catania, das nach dem berühmten Erdbeben vor etwa 300 Jahren mit schwarzem Basalt aus dem nahe gelegenen Ätna wieder aufgebaut wurde sieht an grauen, bedeckten Tagen sehr trist aus. Das Amphitheater, Kirchen und die Burg sind die Hauptattraktionen, aber was Kurt nie vergessen wird, ist das riesige T-Bone-Steak, das er in einem der örtlichen Restaurants verschlang.
Wir hatten gerade noch genug Zeit, um den Ätna zu umrunden und einen Blick auf Taormina zu werfen. Auf dem Aufstieg von Catania hinauf, schien es, als ob die Hälfte der Autos in der Stadt die gleiche Abkürzung durch die engen Straßen wählten. Also beschlossen wir, die für sie bestimmte Hauptstraße zu nehmen. Das gab uns einen Seitenstreifen und weniger Müll. Ja, südlich des Ätnas ist es wieder unglaublich. Wenigstens begräbt der Vulkan den Müll alle tausend Jahre oder so.



Zum Ausgleich: Der Tag hinunter nach Taormina war der schönste auf der ganzen Reise. Der Ätna zeigte sich in seiner ganzen Pracht, Weinberge, Zitrusplantagen, mittelalterliche Städte und Schlösser wechselten sich ab, das ganze umrahmt von schönen Bergen, was will man mehr?





Ja klar, etwas Küste und ein Juwel von einer Stadt. Gabs alles auch.
Taormina hat alles was ein Reisender gerne sieht, Aussicht auf Berge und Strände, schöne Häuser und Paläste, reichlich Kultur und abends lebendige Gässchen und Plätze zum schlendern und hinsitzen.





Die Fahrt auf ruhigen Straßen zurück nach Catania war angenehm.



Catania im Sonnenschein ist eine völlig andere Stadt. Der schwarze Stein sieht elegant und poliert aus, und die Gebäude wirken stattlich statt trist. Da die Fischer wieder aufs Meer konnten, war auch der lokale Fischmarkt wieder sehenswert, und danach hatten wir sogar noch Zeit für eine Führung durch das Teatro Bellini (nicht griechisch!)



Was ist es also, das Sizilien im Laufe der Jahrhunderte so viele Zivilisationen angezogen hat? Nun, seine strategische Lage, das milde Klima, der fruchtbare Boden und die Wasserquellen waren sicherlich Motive neben der Macht selbst.
Die architektonischen Juwelen, die diese Reiche hinterließen, sind zweifellos ein Teil der Anziehungskraft, der die Touristen kommen lässt. Hinzu kommen sehr freundliche Menschen, hervorragendes Essen und guten Wein, schöne Landschaften und (in der Regel) mildes Wetter in der Nebensaison. Sizilien hat ein Erfolgsrezept, wenn nur das Müllproblem gelöst würde...

Zu dieser Reise gibts auch ein Video und ein etwas ausführlicher (englischer) Bericht auf unserer Website

Ich könnte noch viel mehr erzählen, aber ich muss jetzt wirklich in die Küche gehen. Ich werde versuchen, typisch sizilianische Busiate-Pasta zum Abendessen zu machen, und das wird den Rest meines Nachmittags in Anspruch nehmen.



Ich hoffe, euch hat der Bericht und das Video gefallen. Lasst es uns auf jeden Fall wissen.
Ci vediamo