Re: Brombeeren und Guiness - Irland 2022

von: Britta

Re: Brombeeren und Guiness - Irland 2022 - 09.10.22 11:00

Tag 12: von Banna-Beach nach zum Purecamping am Loop Head 93 km

Wir schlafen ausgezeichnet, auch wenn nachts der ein oder andere Sandfloh über das Gesicht hüpft.



Der Aufbruch ist heute schon etwas früher – immerhin schaffen wir es diesmal schon um 9 auf die Räder zu steigen. Auf Nebenstraßen geht es nach Nordosten in Richtung Tarbert um von dort die Fähre über den Shannon zu nehmen. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie ist das heute nicht mein Tag. Dabei ist es eigentlich hübsch hier – die Sonne scheint und die kleinen Sträßchen ziehen sich durch grüne Landschaft auf und ab. Aber die Küste bekommen wir nur selten zu Gesicht und der Wind bläst heute ziemlich kräftig von vorn.





Der Fokus liegt heute wirklich nur auf dem Vorankommen und die Strecke bietet wenig Ablenkung – mich treibt vor allem die Aussicht, dass wir nach der Fährüberfahrt in westliche Richtung weiterfahren: mit Rückenwind.



Am Nachmittag erreichen wir die Fähre in Tarbert und nach der kurzen Überfahrt wenden wir uns nach Westen.





Und ja, und mit dem starken Wind nun im Rücken sind die verbleibenden 25 km bis zum Campingplatz wirklich nicht mehr der Rede wert. Wir legen noch einen kurzen Einkaufsstopp in Kilrush ein, bevor wir uns zum Campingplatz pusten lassen.
Der Campingplatz ist ein Glücksgriff und sei jedem ans Herz gelegt, der in der Ecke unterwegs ist.





Ein ausgesprochen netter Platz mit ein paar Hütten und sonst fast ausschließlich für Zelter mit großem Küchen- und Sitzbereich und schöner Zeltwiese. Wir werden herzlich willkommen geheißen und bekommen umfangreiche Reisetipps für den nächsten Tag. Und frische Eier am Morgen gibt’s noch dazu.



Eigentlich hatten wir die kleine Halbinsel „Loop Head“ gar nicht auf dem Plan, aber nach den detaillierten Beschreibungen inklusive Wildzelt-Empfehlung für den nächsten Abend nehmen wir sie für den nächsten Tag auf das Programm.

Tag 13: Rund um Loop Head 62 km

Unsere Abreisezeiten verschieben sich immer weiter nach hinten, es ist halb 11 als wir aufbrechen. Und schon im nächsten Ort in Carrigaholt ist erste Kaffeepause.







Der Tag heute läuft wohl gemeinhin unter „Genussradeln“. Wir bummeln gemütlich die Küstenstraßen entlang und besichtigen alles, was uns gestern Abend nahegelegt wurde.

Ein altes Gemäuer:





Den Leuchtturm:



Die Steilküste mit Felsbrücke:



Und dazwischen natürlich Unmengen Kühe



Und Beeren…





Zum Abend haben wir die kleine Halbinsel einmal umrundet und steuern auf Kilkee zu.







Hier finden wir, der Empfehlung des Campingplatzbesitzers folgend, gleich oberhalb des Ortes an der Steilküste einen schönen Platz fürs Zelt.



Tag 14: Von Kilkee vorbei an den Cliffs of Moher nach Doolin 92 km

Nach dem Bummeltag gestern fällt es fast schwer, sich heute aufzuraffen. Und noch etwas ist anders: nach 2 Wochen Sommerwetter ist es heute das erste Mal richtig trübe. Wir sind das gar nicht mehr gewohnt und ganz irritiert.



Auf Nebenstraßen geht es auf leichtem Auf und Ab weiter entlang der Küste. Mein Track führt direkt auf dieses Hausensemble zu.



Als wir ankommen, schließt sich grad ein großes Tor. Bernd drängelt, dass wir doch trotzdem über das Gelände fahren könnten, schließlich gehe mein Track doch dort her. Ich kneife und so fahren wir in einem Riesenbogen um das Gelände herum. Auf der anderen Seite dann dieses Schild:



Bernd flucht: so gerne wäre er dem Herrn mit seinem Rad über den feinen Golf-Rasen geradelt... teuflisch

Am Nachmittag erreichen wir die Cliffs of Moher, zunächst das südliche Ende von dem aus wir weiter auf Nebenstraßen nach Norden fahren.





Wenig später erreichen wir dann den Haupt-Aussichtspunkt am Parkplatz. Wir beide erkennen den Ort nicht wieder. Wo man früher einfach über die Wiese an die Klippen spaziert ist, gibt es jetzt ein riesiges Besucherzentrum, Souvenir-Läden, eine Ausstellung und asphaltierte Spazierwege entlang der abgesperrten Klippen. erstaunt





Der Eintritt ist allerdings immer noch frei – kosten tut nur der Parkplatz für die Autos.

Als wir nach einem kurzen Besuch das Besucherzentrum verlassen, lernen wir zum ersten Mal in diesem Urlaub den irischen Regen kennen. Das heißt: Schleuse auf und Wasser marsch!
In Sturzbächen strömt das Wasser die Straßen entlang – wir haben es glücklicherweise auch nicht mehr weit und pflügen die letzten Kilometer bergab zum Campingplatz nach Doolin.



Tag 15: Von Doolin nach Kinvara 66 km

Der nächste Tag begrüßt uns wieder mit Sonnenschein. Auch heute wieder ein Spätstart – halb elf ist es, als wir losfahren. Wir tingeln weiter die Küste entlang durch den Burren.
Hier sind nun deutlich mehr Touristen unterwegs als in den Gegenden der letzten Tage.





Der Rummel legt sich aber schnell wieder und weiter nördlich wird es bald wieder ruhiger.



Gelegenheit, mal wieder…





Am Nachmittag erwischt uns nochmal ein kurzer und heftiger Regenguss, danach scheint aber auch bald schon wieder die Sonne.
Das Campingplatz-Angebot ist heute extrem dürftig. Ein Platz in Kinvara ist leider nicht mehr existent, ein anderer etwas abseits der Strecke ist ausgebucht. So schlagen wir letztlich das Zelt auf einer kleinen Landzunge gleich außerhalb des Ortes auf. Beste Lage mit Blick auf Dunguaire Castle.



Tag 16: Von Kinvara nach Galway 41 km

Es wird nicht besser mit dem früh aufbrechen… auch heute ist es halb zehn, bis wir endlich loskommen. Ist aber auch nur ein kurzer Tag heute – Ziel für heute ist Galway.
Es geht durch eine sehr aufgeräumte irische Bilderbuchlandschaft und vorbei an einigen Häusern, die sehr eindrücklich den hier inzwischen häufig anzutreffenden Wohlstand bezeugten.







Wir bummeln ein bisschen durch Galway bevor wir die Küste weiter bis zum etwas außerhalb gelegenen Campingplatz fahren. Es stürmt wieder heftig, aber auch hier wird noch gebadet:



Tag 17: Connemara: Von Galway nach Roundstone 96 km

Die ersten 20 Kilometer aus Galway raus sind etwas ätzend zu fahren. Es gibt viel Verkehr und nicht wirklich viel zu sehen. Erst hinter Spiddle wird es etwas ruhiger. Immerhin, es ist immer noch windig aus der richtigen Richtung und wir kommen flott voran. Die Strecke heute ist eine Kombination aus Nebensträßchen auf kleinen Halbinseln und Moorquerungen. Eine echt gelungene Mischung. Die Landschaft ist super und zeigt ein weiteres Mal ein komplett anderes Irland.



Naja, eine Konstante bleibt:



Auch heute erwischen uns heftige Regengüsse. Aber das Wetter passt zur Landschaft und mit dem Rückenwind macht es richtig Spaß.















Ziel für heute ist ein Campingplatz nahe der Ortschaft Roundstone. Die Saison geht dem Ende zu. Neben einem Motorradfahrer und einem Pärchen mit Bulli sind wir die einzigen Gäste.



Tag 18: von Roundstone nach Leagun 56 km

Heute klappern wir wieder ausgiebig die Küstenstraßen ab und fahren gefühlt jeden Bogen aus. Es ist wenig los und zunächst haben wir die Straßen oft für uns alleine.







Wir treffen auch auf dieses Memorial. Es ist, wie uns eine ältere Dame erklärt, das Alcock & Brown Memorial. Es soll an die Landung der beiden Flugpioniere erinnern, die hier 1919 den ersten non-Stop-Transatlantikflug beendeten. Sie erklärt anschaulich: „…und da haben die dann runtergeschaut und es war alles so schön grün und dann sind sie gelandet – im Sumpf…“



Sie empfiehlt uns auch unbedingt die nächste Landzunge abzuradeln: die Sky-Road. Die böte wunderschöne Ausblicke auf die vorgelagerten Inseln. Die Sky-Road biegt aus der Ortschaft Clifden ab. Der Ort bietet gute Gelegenheit für einen Imbiss, zeigt aber auch ein weiteres Mal, dass Irland in den kleinen Orten ein echtes Verkehrsproblem hat.



Danach geht es auf die empfohlene Aussichtsstraße die wirklich schöne Ausblicke bietet.





Und während wir im südlicheren Teil vor allem Kühe angetroffen haben, sind hier in Connemara tatsächlich in erster Linie große und kleine Pferde zu sehen.


Für den Abend steuern wir den Clifden Eco Beach Camping bei Leagun an. Unterwegs gibt’s an einem Foodtruck auf dem Acker auch Gelegenheit, Hummer zu probieren. Durchaus lecker…



Der Campingplatz ist hübsch in den Dünen gelegen. Wir gehen baden und haben tollen Ausblick auf den Sonnenuntergang.



Leider nur durchs Moskitonetz – denn kaum dass der Wind etwas nachlässt finden wir uns in Wolken von Kribelmücken wieder.



Tag 19: Leagun nach Lettergesh 58 km
Auch am Morgen schwebt die Mückenwolke noch über dem Zelt. Wir verlassen schnell den ansonsten so schönen Platz und machen uns auf nach Omey Island. Diese kleine Insel ist bei Ebbe über den Strand zu erreichen.



Im Prinzip gibt es auf der Insel nur eine Stichstraße. Will man sie umrunden, muss man zu Fuss gehen. Oder eben sein Fahrrad schieben… zwinker





Wir klappern weiter die Küstenstraßen ab. Eine schöne Kulisse – links die See und rechts die Berge des Connemara-Nationalparks.



Kurz vorm Besucherzentrum des Nationalparks kommt nochmal ein ordentlicher Guss runter.



Wir hängen eine Weile im Besucherzentrum ab, bis der Wolkenbruch vorüber ist. Eigentlich hatten wir auch angedacht, von hier eine kleine Wanderung zu machen. Da aber auch hier die Luft voll von Mücken ist, verwerfen wir die Idee recht schnell und steuern stattdessen lieber die nächste Halbinsel an. Über den Connemara-Loop geht es bis zur Spitze der Halbinsel, die – inzwischen wieder bei Sonnenschein – tatsächlich atemberaubende Ausblicke bietet.





Und auch heute gibt es wieder einen Campingplatz mit Logenplatz fürs Zelt – besser geht’s kaum:



Tag 20: Lettergesh - Westport 71km

Es geht in den Endspurt. Westport soll unser Ziel der Küstentour sein – von dort geht es mit dem Zug wieder zurück nach Dublin.
Auch heute bietet Irland nochmal wieder einen komplett neuen Anblick. Wir folgen heute im Wesentlichen dem EV1 und fühlen uns dabei streckenweise fast wie in Norwegen.









In Leenaun am Ende des Killary Fjords gibt es Gelegenheit für eine kurze Pause. Inmitten einer ganzen Rennradlergruppe, die hier mit Begleitfahrzeug auf Tagesausflug ist. Wir folgen noch ein bisschen der Straße nördlich des Fjords, bevor wir mit dem EV1 in die Berge abbiegen.



Es geht über einen letzten kleinen Pass, dann lassen wir die Berge langsam hinter uns und die Straße richtet sich nach Norden Richtung Westport.







Westport hab ich noch ganz gut von meiner Interrail-Tour vor gut 30 Jahren in Erinnerung. Und erkenn den Ort nicht wieder. Auch hier jetzt ein hübscher, sauberer, moderner Ort. Große, schicke Neubauten mit riesigen Gartenanlagen. Kein Zweifel, hier steckt Geld.





Das Zelt findet Platz auf dem Campingplatz des Ortes, der im Park des Westport House, einem alten Gutshaus untergebracht ist. Wir genießen nochmal die deftige irische Küche – naja, kulinarisch ist Irland vielleicht nicht die Nummer eins, aber lecker war’s schon auch.



Tag 21: Westport – Great Western Greenway 58km

Heute steht nichts mehr an. Wir haben einen Puffertag und haben uns entschieden, den nicht in Dublin zu verbringen, sondern lieber noch einen Tag in Westport zu bleiben. Von Westport nordwärts geht der EV1 weiter auf dem „Great Western Greenway“ – einem ausgebauten Radwanderweg über gut 40 km der teilweise über alte Bahntrassen führt. Den wollen wir uns mal anschauen. Er ist 1a beschildert und kaum zu verfehlen. Ansonsten kann man über die verkehrstechnische Umsetzung vor allem auf den ersten Kilometern aus Westport raus durchaus geteilter Ansicht sein.





So weist die Beschilderung eindeutig darauf hin, dass man quasi an jeder Hofeinfahrt anzuhalten hat. Die Entschuldigung, man hätte den Hinweis nicht gesehen, dürft schwer glaubhaft sein.



Auch diese dekorative Abtrennung von der Straße könnte im Falle eines Sturzes echt schmerzhaft werden.



Aber dafür sind diese Poller flexibel und geben nach, falls man dagegen fahren sollte.



Ist man aber einmal durch den nächsten Ort Newport durch, dann wird es wirklich noch eine schöne Strecke.









Und auch wenn das in den letzten Tagen etwas unterging - auch Beeren gab es immer noch reichlich.



Tag 21/22: Westport – Dublin - Berlin 46km

Für die Rückfahrt nach Dublin hatten wir schon am Vortag die Tickets gebucht. Unser Räder reisen diesmal mit uns im gleichen Wagen.



Der Zug ist proppevoll. Denn: heute, am Samstag, gibt Garth Brooks ein Konzert in Dublin und halb Irland ist unterwegs nach Dublin. Ich gebe zu, wir hatten zuvor nie von dem Menschen gehört, lernen aber schnell, dass es sich wohl um einen durchaus bekannten Country und Western Sänger aus den USA handelt. Wir sind gefühlt die einzigen im Waggon, die nicht in Cowboystiefeln und mit Westernhut unterwegs sind.

Als wir in Dublin um kurz vor zwei am Nachmittag den Campingplatz erreichen, werden wir auch dort vom Garth-Brooks-Hype empfangen.



Der Platz ist ausgebucht mit Garth Brooks Fans und extra für die gibt’s heute sogar ein Konzert auf dem Campingplatz. Stolz erzählt man uns beim Check-In, dass es heute bis 3 Uhr Livemusik gibt. Bernd entgleisen die Gesichtszüge: „bis morgen früh um drei????“ „Oh, nein nein nein, nur bis heute Nachmittag“. Das beruhigt uns etwas. In dieser Hinsicht sind wir etwas gebrannte Kinder, weil wir bei den diesjährigen Wochenendausflügen ins Brandenburger Umland wiederholt genau auf den Campingplätzen gelandet sind, auf denen wahlweise genau an dem Abend Hafenfest, Sommertanz oder Live-Konzert war. – bis morgens um drei…
Die Party hier auf dem Platz ist aber durchaus überschaubar und tatsächlich am frühen Nahemittag beendet.



Wir machen uns auf in die Innenstadt, schlendern noch ein bisschen durch die Straßen. Auch Dublin hat nicht mehr viel zu tun mit der Stadt, in der wir vor 30 Jahren mal waren.



Bis auf die Hauptverkehrsachsen ist die Innenstadt Autofrei. Touristen schieben sich durch die Altstadt und im Kneipenviertel platzen die Bars aus allen Nähten.





In einer kleinen Bar schlürfen wir noch ein bisschen Guinness und lauschen dabei zwei mittelprächtigen aber unterhaltsamen Musikern.



Am nächsten Morgen geht’s zum Flughafen und kaum haben wir das Flughafengebäude erreicht, bricht wieder ein typisch irischer, sintflutartiger Regen los. Es gibt leichte Probleme beim Einchecken der Räder, weil der Sperrgepäckscanner nicht viel größer ist als ein Umzugskarton und sich Bernds Rad darin hartnäckig verhakt. Aber nach mehrmaligem Verkleinern des Packmaßes geht’s dann doch irgendwann durch und wir können die Heimreise antreten.



viele Grüße
Britta