Re: Ist die Schweiz eine Sackgasse?

von: veloträumer

Re: Ist die Schweiz eine Sackgasse? - 12.12.22 18:54

Danke für deine schätzenden Worte.
In Antwort auf: iassu
Es fehlt gefühlt nur noch die Abfahrt vom Jungfraujoch über den Aletschgletscher und vom Kleinen Matterhorn nach Italien runter.

Gewiss sollte das etwas augenzwinkernde Ironie sein, es gibt jedoch darauf auch ein paar nüchternde Antworten. Wie oben schon betont, liegt mir am Extremradeln im Gelände nicht sehr viel und fehlen mir die Fähigkeiten im Vergleich zu anderen Koryphäen. Matterhorn-nahe Beradlungen über den Theodulpass gibt es ja durchaus. Das ist aber eher was für alpenzorro's, biotom's oder lutz'ens usw. Soweit man sich dem Matterhorn auf Asphalt nähern kann, habe ich das übrigens schon von beiden Seiten auf früheren Touren getan. Entsprechend spielt dieser Japanberg auf dieser Tour hier keine Rolle. Man kann ihn auch kaum von anderen Talschlüssen etc. aus sehen, er ist einer der verstecktesten großen Berge der Alpen.

Vom Triumvirat Eiger, Mönch und Jungfrau folgen noch Bildchen, aber nur sicher von unten. Eine Annäherung habe ich da von Norden auch nicht probiert. Anders sieht es schon mit dem Aletgletscher aus. Zu dem bin ich aufgefahren und man kommt mit dem Velo recht nahe ran. Trotzdem blieb der Besuch eine Enttäuschung, denn die kurze Restwanderung zum Gletscherrand musste ich wegen der Witterung abbrechen und es blieb nur ein Telebild eines sehr kleinen Ausschnitts übrig. Auch hätte ich für den Klassikerblick noch einen anderen Standort ansteuern müssen - wohl mit mehr Wanderung oder Bergbahn. Das wurde mir von der Witterung ebenfalls vergällt, wobei ich vielleicht da auch nicht ganz glücklich entschieden habe. Es war allerdings auf dieser Tour oft sehr schwer, eine richtige oder überhaupt eine verantwortliche Entscheidung zu treffen. Das bisschen Aletschgletscher folgt noch mit dem Beginn vom Wallis.

In Antwort auf: iassu
Eine Frage habe ich noch zum Naret, habe ich im Forum schon mal gestellt, mit teilweise weiterführenden Antworten. Eine in einem Delirium insanis fixierte Idee brachte mich auf den Traum, von kurz hinter Airolo rauf zur neuen Cristallina-Hütte zu fahren und dann über den Passo del Naret zum gleichnamigen See abzusteigen, um von dort eine der längsten Abfahrten der Alpen bis an den Lago Maggiore zu genießen.

Nach meinen Recherchen scheint der Abstig von Paß zum Naretsee das größte Problem zu sein, was mit einem Non-Downhill-Rad kaum zu machen ist. Auch wenn mir klar ist, daß ich das in diesem Leben wohl nicht mehr schaffen werde, interessiert mich doch dein Eindruck von der Gegend und ob du einen Blick Richtung Paß geworfen hast.

Mit dieser Frage habe ich fast gerechnet, ich erinnere mich durchaus zumindest sinngemäß daran, auch als ich vor Ort war. Aus Eigeninteressse hätte ich gerne auch noch mehr geschaut, wie weit ich mit meinem Radl komme. Es sind ja nur noch ca. 130 Hm mehr. Meine Situation stellte sich aber wie folgt dar:



Hier musste ich endgültig radeln aufgeben und mein Velo abstellen. Zur Dammkrone kam ich nur zu Fuß. Dort war zwar die Dammstraße geräumt, darüberhinaus lag aber durchgehend Schnee. Das galt insbesondere auch für die noch radelbare Piste am linken Seeufer entlang. Im Blick hast du den recht gering ausgeprägten Sattel des Narèt-Passes. Mir kam auch ein Wanderer entgegen, der wohl vom Pass kam. Das ging zu der Zeit nur mit wasser- bzw- schneefesten Wanderschuhen, keine Chance mit Radschuhen.



Die kurze Strecke zum Pass täuscht aber, die Hürden sind auch dort bereits recht heftig und ohne Schieben kommen auch MTBer nicht durch. Du irrst allerdings drastisch, wenn du die Nordseite für leichter zu erklimmen hälst. Dort gibt es massive Trage- und Schiebepassagen, die ein solches Ansinnen schon sehr nahe an den Unsinn bringen. Gut nachzulesen z.B. hier. Du findest aber noch weit mehr Bericht im Web, die das bestätigen. Wenn überhaupt zum Pass, dann vom Narètsee aus und wieder umkehren.

Meine Gegenfrage ist: Wenn dir so an der Abfahrt liegt, warum versuchst du nicht den kompletten Aufstieg zum Lago del Narèt (ggf. mit Taxiergänzung, Bus dürfte maximal bis zum Lago di Sambuco funktionieren)?

Weiteres: Die Abfahrt habe ich fast in einem Schwung gemacht, nur kurz unterbrochen für den Besuch eines Lokallädeli. Im Haupttal der Maggia ab Bisogno/Cavergna kann man eh nicht mehr von Abfahrt sprechen, die reine Kilometerangabe täuscht eine lange Abfahrt vor, die so gar nicht exisiert. Wenn du den Radweg nimmst, gibts sogar noch Zwischenanstiege. Du dürftest das aber wohl schon kennen. Acuh oben am Sambuco-See musst du etwas kurbeln, um in Schwung zu bleiben.

Mir selbst bleibt von Abfahrten nachhaltig recht wenig im Gedächtnis. Auch diese Abfahrt war eben sehr schnell zu Ende, ganz oben musste ich natürlich nochmal mehrfach einbremsen, wie rauf die Schuhe ausziehen und durch die kleinen Schneefelder schieben. Außerdem war der oberste Teil nebst enger Straße, Kurven und Steilheit auch noch mit vielen Ästen und Lärchenzapfen übersät, weswegen sich dort nur bedingt Abfahrtsfeeling entwickelt hat. Meine deutlichsten Abfahrtserinnerungen sind solche, wo es Schwierigkeiten gab, z.B. bei starken Windböen am Nufenenpass oder Schlagglochstraßen, Straßen mit viel Geröll darauf, wo man ausweichen musste oder auch solche, wo man in schluchtige Talbereiche eintaucht. Die Abfahrt Narèt hat sich bei mir nur wenig eingebrannt, vielleicht weil ich auch so intensiv aufmerksam aufgeradelt bin.

Wenn du Langabfahrten suchst, würde ich ganz oben den Col de Nivolet ansiedeln. Den könntest du letztlich auch mit Velo auf der Gegenseite erwandern, wäre jedenfalls leichter als Narèt zu machen - aber auch dort: warum nicht zuerst auffahren? Eine der berauschendsten Abfahrten bekommts du ferner am Sanetschpass. Der ebenfalls schwere Aufstieg ließe sich umgehen entweder mit Postbus zur Passhöhe oder per Seilbahn (Velomitnahme) von der Nordseite mit nur noch kurzem Restanstieg und runter. Also auch logistisch interessant. Suchst du einen Geschwindiglkeitsrausch, steht der Kühtaisattel ganz weit oben. Das Laufen lassen vom Rad ohne zu bremsen ist auf solch gerader und steiler Strecke aber alles andere als zu empfehlen, will sagen, sehr gefährlich (Gegenverkehr, Kontrollverlust).