Re: La Bombinette

von: Mütze

Re: La Bombinette - 24.01.23 09:26

19. August, Tag 5: Ranchot, Dôle, Tavaux, St Jean de Losne, 52 km

In der Nacht hatte es wieder geregnet. Heutzutage reden ja alle über den Fußabdruck, den die Menschen auf der Welt hinterlassen. Und da war auch meiner, die Zeichnung meines unter dem Zelt trocken gebliebenen Bodens auf der verregneten Wiese.



Ich musste wieder einkaufen und fragte mich nach einem Tante Emma Laden durch, das sind mir insgesamt die liebsten Geschäfte, nicht nur auf Reisen.

Nachdem ich eine schöne Zugbrücke bewundert hatte, fand ich dann in Orchamps ein kleines Geschäft. Draußen war ein älteres Ehepaar dermaßen begeistert von dem Rad und dem Hund, dass sie nicht mehr zu bremsen waren. Einkaufen konnte ich erst nach 1000 Streicheleinheiten und Komplimenten. Dann fuhr ich zum Radweg zurück, machte eine Vesperpause gegenüber einer Baustelle am Kanal um die Staustufe zu reparieren und gondelte gemütlich weiter.

Dôle kam in Sicht, ich durchfuhr es gemächlich mit offenen Sinnen, legte eine neue Pause ein, schaffte es bis Tavaux, wo der Radweg wegen einer als Seweso eingestuften Industrieanlage weiträumig umgeleitet wird (Autos und Einwohner dürfen sich der Anlage aber nähern) und gelangte wieder auf die ursprüngliche Strecke.

Ja, und dann war ich schon in St Jean de Losne, dem Wendepunkt meiner Reise.

Mein einer Zeltnachbar kam mit einer riesigen Kiste auf dem Gepäckträger angefahren. Der entnahm er ein Zelt und Schlafsachen, Kochutensilien, Speisen und ein kleines Radio. Dann kochte er sich etwas und setzte sich zum Essen auf die Kiste. Abends hörte er dann im Zelt eine Fußballübertragung. Lustig.
Der andere Zeltnachbar war ein Pilger, der Weg St Jacques de Compostelle führt durch Dôle und St Jean de Losne. Er war ab Straßburg unterwegs, ein freundlicher Mensch. Aber für mich war es ja auch irgendwie eine Pilgerfahrt, ich war vor X Jahren hier schon einmal gewesen, auf meiner allerersten Radtour.

Damals war ich abends angekommen und hatte gerade noch vor einem nicht endend wollenden Wahnsinnsregen mein Zelt aufgebaut. Zum Abendessen wollte ich mir Nudeln kochen, aber ich hatte kein Wasser da, zum Wasserhahn sprinten kam nicht in Frage. Da stelle ich einfach spontan vom Zelt aus meinen Kochtopf halb unter die Zeltplane, im Nu war er voll.
Aus irgendeinem Grund geht mir diese Episode nicht aus dem Kopf, ich muss immer noch darüber lachen, es hat meine Einstellung zum Radwandern geprägt.

Aus einer Palette baute ich mir dann noch einen kleinen Tisch, schließlich wollte ich hier ja einen Ruhetag verbringen.