Re: Via de la Plata - Von Sevilla nach Santiago C.

von: Hansflo

Re: Via de la Plata - Von Sevilla nach Santiago C. - 14.05.23 16:16

Etappe 8, Sonntag, 23.04.2023, Salamanca – Zamora

Dieser Sonntag war in Gedanken eigentlich als Pausentag mit Rasten, Bummeln und Lavandería angedacht gewesen, aber die letzten Tage sind gut und ohne größere Mühen gelaufen. Wir haben weder technische Probleme noch körperliche Beschwerden und die tägliche kleine Wäsche im Waschbecken für Radtrikot und Socken ist ausreichend.

Uns steht der Sinn nach Weiterfahren. Im Café neben dem Hostal frühstücken wir, die Marmeladenfrage wird hier so charmant gestellt wie noch nie und schon verlassen wir Salamanca über die Plaza Mayor.

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Die Morgentemperatur ist heute einstellig und das Wetter hat auf atlantisch gedreht, anstatt Wind aus Ost und Südost lautet die Prognose heute auf lebhaft bis stürmisch aus West bis Nordwest. Der Wind hat die Prognose auch vernommen und weiß, was er zu tun hat. Er macht uns den ganzen Tag ordentlich zu schaffen, die eine oder andere Böe holt uns fast von den Rädern.

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Die Kastilische Hochebene (Meseta) wird hier intensiv landwirtschaftlich genutzt. Offenbar werden alle Getreideanbauflächen bewässert und in den Wintern gibt es wohl üblicherweise viel Niederschlag. Heute bleibt es für uns zwar trocken, aber kühl; warm wird uns nur durch die Anstrengung gegen den Wind.

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Die ersten 30 km gehen noch halbwegs, in Fuentesaúco (Holunderbrunnen) pausieren wir, anstatt Tostada gibt es heute wieder einmal eine köstliche Spanische Tortilla. Die älteren Damen am Nebentisch, die mit Sonntagmorgen-Drink zum Rauchen ins Freie gekommen sind, wünschen uns fröhlich Buen Camino, als wir auf die Räder steigen.

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Hier in Fuentesaúco dreht unsere Etappe nach Nordwest und für den Rest des Tages bläst uns der Sturm ins Gesicht.

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In der Ebene sind wir froh, zwölf kmh halten zu können, aber meist ist es ohnehin nicht eben. Heute treten wir auch bergab kräftig in die Pedale. Auch heute stellen wir fest, die Kastilische Hochebene liegt zwar hoch, ist aber keineswegs eben.

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Zwölf Kilometer vor unserem Etappenort Zamora wittern wir noch einmal eine kleine Einkehrmöglichkeit. Der Einheimische, den wir nach einer Bar fragen, entpuppt sich als Künstler, der viele Jahre in Deutschland gelebt und „auch in Wien“ ausgestellt hat. Wir unterhalten uns auf Deutsch, das er sehr gut spricht.

Die empfohlene Bar erweist sich allerdings als ziemlich heruntergekommen, ich frage lieber nicht nach Essen und wir kämpfen uns mit gut zehn kmh weiter nach Zamora. In der Stadt spürt man den Wind kaum mehr, es ist sogar richtig warm geworden. Nach einer ausgiebigen Ruhepause im Hotel verbummeln wir den frühen Abend, bis wir ein Essen bekommen.

Bei unserem Spaziergang zum Río Duero

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kommen wir auch wieder einmal bei einer Pilgerherberge vorbei und werfen einen Blick in einen Schlafsaal mit Stockbetten.

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Etappe 9, Montag, 24.04.2023, Zamora – Ferreras de Abajo

Die freundliche Rezeptionistin empfiehlt uns dringend eine der beiden Churro-Bars gleich ums Eck. Ich bin an sich kein großer Freund dieses Fettgebäcks, aber heute wage ich es wieder einmal und bestelle Churros mit heißer Schokolade. Damit erledigt sich die Frühstücksmarmaladenfrage, die Churros sind gut, liegen mir aber noch länger schwer im Magen.

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Wir kommen heute erst gegen halb zehn auf die Räder, der Westwind ist deutlich schwächer als gestern und als Gegenwind erträglich. Es ist noch kühl und wir pedalieren durch eine schöne Landschaft mit Dehesas und Getreidefeldern und stellen auch heute wieder fest: die kastilische Hochebene ist zwar hoch, aber …

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In Richtung Sierra de Culebra gewinnen wir langsam an Höhe,

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nach vielen Auf und Abs erreichen und queren wir den Ricobayo Stausee.

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Der nächste Ort Carbajales de Alba wird für eine Pause (Stichwort zweites Frühstück) angepeilt. Wir fragen ein älteres Ehepaar nach einer Bar, daraus entwickelt sich eine liebenswerte Konversation. Sie haben beide viele Jahre in der Schweiz und in Deutschland gearbeitet und sich dort kennengelernt, er hauptsächlich auf Montagen, auch in Berlin („damals gab es noch die Mauer“).
Seit 20 Jahren sind sie zurück und sprechen außer einigen Standardsätzen kaum mehr Deutsch. Sie genießen ihre Pension und erzählen mit so einer liebenswerten Begeisterung von ihrer Zeit im Norden, von ihrem Kennenlernen, der Hochzeit und der Rückkehr nach Spanien.
An Deutschland (und überhaupt an ihr bisheriges Leben) haben sie nur gute Erinnerungen und zum Abschluss stimmt er für uns mit einem herzlichen Lachen den Refrain eines deutschen Schlagers an.

Sie warnen uns noch vor der bevorstehenden Steigung und dieses Mal ist die Warnung berechtigt.

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Nach einigen Kilometern geht es tatsächlich steil bergauf, auf der Hügelkette drehen sich zahlreiche Windräder.

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Gestärkt durch das zweite Frühstück (passable Croquetas) nehmen wir den Anstieg und genießen die Abfahrt mit 50 kmh.

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Auf der Hügelkuppe haben wir die Richtung etwas gedreht und der Wind kommt nun eher von hinten, einen ordentlichen Schrecken versetzt uns ein Hirsch, der wenige Meter vor uns die Straße quert. In den nächsten Tagen folgen noch mehrere Wildwechsel, aber keiner davon ist derart knapp.


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Die Gegend ist dünn besiedelt, wir kommen durch mehrere kleine Orte, die Alten grüßen fast ausnahmslos freundlich zurück.

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Die Hügelketten sind hier alle schwarz, im letzten Sommer haben Waldbrände gewütet und geben ein apokalyptisches Bild.

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In Tábara pausieren wir noch einmal, dann geht es in die letzte Pedalstunde des Tages, der Wind kommt jetzt wieder exakt von vorne.

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In Ferreras de Abajo haben wir ein Zimmer in einer Posada gebucht, die Gastgeberin zeigt uns das Haus, wie wir uns das Frühstück richten können und empfiehlt uns noch die Bar des Ortes. Wir haben bis dahin ein paar Stunden Zeit und genießen im windgeschützten Patio die Sonne.

Am Abend machen wir uns auf in die Bar, die Bedienung ist heute nicht nur sehr freundlich, sondern auch sehr attraktiv. Kein Wunder, dass sich die Männer an der Bar sammeln und sich weniger für das Fußballspiel der italienischen Seria A interessieren, das auf großem Bildschirm übertragen wird.

Ich bestelle mir ein carne guisada („gedünstetes Fleisch“) und stelle mir darunter ein Eintopfgericht vor. Nun, es ist ein Suppenteller voller (mehr oder weniger fetter) Fleischstücke, dazu gibt es einen kleinen Brotkorb. Es schmeckt nicht schlecht, aber eben nur Fleisch in etwas Brühe und sonst nichts. Wir gehen mit schwerem Magen zurück in unsere Posada.


Etappe 10, Dienstag, 25.04.2023, Ferreras de Abajo – Puebla de Sanabria

Nach dem Self-Service-Frühstück (an Marmeladen gibt es …) starten wir in einen wolkenverhangenen Morgen.

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Es geht kilometerlang leicht bergauf, links und rechts die Reste vom Waldbrand des letzten Jahres. Außer den gelegentlichen schweren Sattelzügen, die das Restholz abtransportieren, gibt es kaum Verkehr.

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Einige verlassen scheinende Dörfer liegen auf dem Weg, in einem gibt es eine Bar für ein zweites Frühstück.

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Auch heute passieren wir einen Stausee, sogar ein Badestrand ist angeschrieben.

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Inzwischen ist die Sonne durch die Wolken gedrungen und die Landschaft wirkt gleich wesentlich freundlicher.

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Auch heute sehen wir wieder regelmäßig Kreuze an den Straßen, viele davon mit einem Hinweis auf den Jakobsweg, den wir immer wieder kreuzen.

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Der Wind ist heute nur ein Lüftchen und es wird ein sehr angenehmer Tag. Die Etappe ist mit 64 km auch eher kurz, wir legen uns dann einmal für eine Stunde in die Sonne. Die Bänke um einen Kastanienbaum vor einer kleinen abgelegenen Kirche ist der ideale Platz dafür. Ein älteres Paar kommt einmal vorbei und wünscht uns Buen Camino.

Puebla de Sanabria begrüßt uns mit mittelalterlichen Gassen und einer Festungsanlage auf der Spitze des Hügels.

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Abends landen wir in einem gutbesuchten Burgerlokal, auch hier gibt es Salate nach unserem Geschmack und ausgezeichnetes Bier.


Etappe 11, Mittwoch, 26.04.2023, Puebla de Sanabria – A Gudiña

Die kommende Strecke hatte ich eigentlich für zwei Tage geplant, die anstehenden Tageslängen und Höhenmeter gepaart mit dem angekündigten kräftigen Westwind lassen uns umplanen: wir machen drei Tage daraus.

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Heute ist der Tag der langen Steigungen. Anstatt des ewigen Auf und Abs der Extremadura und der Kastilischen Meseta erwarten uns heute zwei Passhöhen, die zweite davon bildet die Grenze zwischen Kastalien-Leon und Galizien. Die Straße auf den Padornela-Pass ist gut ausgebaut und wegen der parallel laufend Autobahn fast verkehrsfrei.

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Mit 1.359 m erreichen wir den höchsten Punkt unserer Reise.

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Der Wind ist weniger stark als angekündigt und wir kommen flott voran. Nach dem Passtunnel erweist sich eine Bar als Treffpunkt für mehrere Fußpilger und Radfahrer, die sich hier freundschaftlich austauschen. Etwas abseits bleiben drei junge Spanier mit neuen Montainbikes und leichtem Gepäck.

Danach geht es auf etwas älterer Straße hurtig bergab.

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Die Abfahrt nach Lubián – zum Teil auf der alten Straße – ist traumhaft, wir halten an einer Bar für unser zweites Frühstück, die drei Jungspunde sitzen auch dort und würdigen uns keines Blickes. Lubián ist die letzte Ortschaft in Kastilien-Leon, hier beginnt dann der Anstieg zum Cando-Pass. Wir lassen die drei Burschen losfahren und geben ihnen fünf oder zehn Minuten Vorsprung, sehen sie in der langgezogenen Steigung einige Zeit vor uns, setzen dann zum Überholen an und ziehen mit einem freundlichen Hola an ihnen vorbei – wir mit unseren schwer bepackten Rädern und gut doppelt so alt wie sie.

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Nach Galizien geht es durch einen Tunnel, danach folgt eine lange Abfahrt, die wir an einem Rastplatz unterbrechen.

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Nach einer Viertelstunde rauschen die drei Burschen an uns vorbei, der dritte in der Reihe lässt sich zu einem Winken herab.

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Bis zum Etappenort A Gudiña sind es noch einige Kilometer und sammeln sich noch die Höhenmeter. Der Wind kommt nun beständig von vorne und kostet doch etwas an Kraft.

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Zum Abendessen suchen wir uns eine Bar in der Nähe, der Vorspeisensalat ist leider auftoupiert mit allem möglichen aus der Konservendose, die Hauptgerichte sind Hühnerbrust und Kalbskotelett, naja, und die Hälfte hätte ohnehin gereicht, aber Bier und Wein machen uns letztlich zufrieden und bettbereit.

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Im Hotel treffen wir die beiden Holländerinnen, deren Weg sich in den letzten Tagen bereits mehrere Male mit unserem gekreuzt hat – und in den Folgetagen noch kreuzen wird.