Re: Via de la Plata - Von Sevilla nach Santiago C.

von: Hansflo

Re: Via de la Plata - Von Sevilla nach Santiago C. - 14.05.23 20:11

Etappe 14, Samstag, 29.04.2023, Ourense – Lalin

Der Tag beginnt schwülwarm, das Frühstück in der Bar nebenan bietet die bekannte reiche Auswahl an Marmeladen, wir verlassen Ourense über die antike Römerbrücke

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und stehen bald vor einer Brachialsteigung. Wir schieben fast eine Stunde lang und haben dann die ersten 300 Höhenmeter geschafft. Die Steigung Bis zum Abend werden es gut 1.200 werden.

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Meist sind wir heute auf ruhigen Landstraßen unterwegs, die Landschaft ist wunderschön,

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das steile Auf und kostet Kraft und so wechseln wir nach 20 km in der Hoffnung auf etwas mildere Verläufe auf die Nationalstraße N525. In Cea pausieren wir bei einer Auswahl galizischer Wurst und Käse

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und nehmen dann die nächsten Kilometer in Angriff; soll heißen, die nächsten Höhenmeter. Eine lange Abfahrt bringt uns ins Etappenziel Lalín, eine Stadt, die nicht wirklich viel zu bieten hat, aber wegen des jährlichen Schweinefestes im ganzen Land bekannt ist.

Vorerst steht uns der Sinn nach einem Kaltgetränk, dazu bekommen wir eine kleine Beigabe. Uns verkürzen die Kalorien jedenfalls die Wartezeit zum Abendessen

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Unser Hotel liegt etwas außerhalb, die Begrüßung ist sehr freundlich, zum Abendessen gehen wir gleich zur nächsten Tür hinein. Das Restaurant bietet auch ein (relativ günstiges) Abendmenü, meine Vorspeise Caldo Gallego (eine Kohlsuppe mit Bohnen und Erdäpfeln) ist ausgezeichnet, die folgenden Crepes sind undefinierbaren Inhalts und ja, sie machen satt. Was laut Karte und Erklärung drinnen sein hätte sollen, habe ich rasch vergessen.


Etappe 15, Sonntag, 30.04.2023, Lalin – Santiago de Compostela

Heute ist der letzte Tag unserer Radreise, gut 60 km und 1.000 Höhenmeter sollen es noch werden. Wir frühstücken im Hotel und Überraschung: es gibt eine dritte Marmeladensorte Ciruela/Zwetschke, wobei sich der geschmackliche Unterschied zu Fresa und Melocoton in Grenzen hält; es dominiert ohnehin der Zucker.

Bei trübem Wetter geht es los, aber die Einschätzung der freundlichen Rezeptionistin, dass uns heute ein Regenguss ereilen könnte, erweist sich als falsch. Richtig ist dagegen, dass der Tag mit einer kräftigen Steigung beginnt und sich die Höhenmeter auch heute auf gut 1.000 summieren werden.

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Bald zeigt sich die Sonne und bringt uns im ewigen Auf und Ab kräftig ins Schwitzen. Die Landschaft zeigt sich in derart sattem Grün, dass einem fast die Augen schmerzen. Die Kombination aus südlicher Wärme und atlantischer Feuchtigkeit lässt offensichtlich ALLES wachsen.

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Bei einer langen Abfahrt von Höhe 600 auf Höhe 80 (Brücke über den Ulla) wird die Vegetation fast subtropisch, entsprechend fühlt sich der folgende Anstieg an – wir kommen ins Schwitzen.

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Weniger grün und seltsam kahl erscheinen die ausgedehnten Eukalyptuswälder, die hier in großen Mengen kultiviert werden. Dabei entziehen sie dem Boden das Wasser für die restliche Vegetation und werden immer mehr als unerwünschter Neophyt betrachtet. Sie verströmen einen leichten Duft (richtig, nach Eukalyptus) und sind offensichtlich der rasch wachsende Rohstofflieferant für Papier- und Zellulosefabriken.

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Nach einer Pause (Stichwort zweites Frühstück, dieses Mal wieder klassische Tostada) in A Mou steht an einem Straßenschild „Santiago 19 km“.

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Die Höhenmeter stehen nicht drauf, die müssen wir erspüren, aber gegen 13 Uhr ist es soweit, unser Ziel liegt unmittelbar vor uns. Der Anblick hat doch etwas für sich und wir suchen uns den Weg zur Kathedrale bzw. zum Platz davor.

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Um halb zwei ist es dann soweit, wir sind am Ziel und es ist ein emotionaler Moment für uns beide. Ebenso wie für Dutzende Pilger, die in der nächsten Stunde ankommen, und für die der Weg mit Sicherheit ungleich länger und mühsamer war als für uns geübte Reiseradler.

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Wir sitzen lange am Rand des Platzes und sind froh, angekommen zu sein. Noch mehr freuen wir uns aber über die schönen Tage, die hinter uns liegen und über die vielen schönen Begegnungen.

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Ein großes Postamt ist gleich um die Ecke und hat überraschenderweise heute am Sontag geöffnet. Ich frage nach, ja, selbstverständlich auch Radversand heute. Wir bringen also unser Gepäck ins Hotel, radeln zurück zur Post und geben unsere Räder auf. Radkartons und Werkzeug sind vorhanden, ein junger Postangestellter ist nicht nur ausgesprochen freundlich, sondern auch hilfsbereit.

Rasch ist alles erledigt und der Rest vom Tag gehört wieder uns. Am Abend gehen wir in die Pilgermesse. Der Priester spricht ein sehr schönes Spanisch, der Kantor hat die Qualität eines Opernsängers, viele der Anwesenden feiern die Messe aktiv mit.

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Wir stellen uns dann noch in die Schlange zum Grab des Heiligen Jakobus. In einem Café essen wir noch eine Kleinigkeit und stoßen auf unsere Ankunft an.

Es ist Sonntagabend und wir haben noch zwei volle Tage übrig, unser Rückflug geht erst am Mittwochmorgen. Für Montag habe ich eine Touristen-Bustour nach Finisterre mit einigen interessanten Zwischenhalten gebucht. Der große Bus ist fast voll besetzt und die Reiseleiterin macht ihre Sache richtig gut.

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Zur Mittagszeit machen wir Pause im Ort Finisterre, wo wir uns an der Promenade ein Lokal suchen und überraschend gut essen. Wir entscheiden uns wieder für ein Tagesmenü inklusive Wein (oder Wasser). Auch der Wein ist ausgezeichnet und der Kellner lässt die Flasche am Tisch stehen und sagt, was übrig bleibt, sollen wir bitte mitnehmen. Was dann aber nicht der Fall ist, die Flasche bleibt (leer) zurück.

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Am Dienstag machen wir noch einen Ausflug nach La Coruña und erleben dabei eine neue Art von Bahnfahrt. Die Fahrkarten werden personalisiert und vor dem Bahnsteig gibt es eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. Das Schalterpersonal ist sehr freundlich und auch im Regionalzug sind die Sitzplätze zugewiesen. Von La Coruña bleiben vor allem lange Geh-Strecken durch die Stadt, ein schöner Platz, der Hafen und wunderbare Albóndigas (nur aus Schweinefleisch) in Erinnerung.

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Die Abende verbringen wir in Santiago. Im Zentrum und rund um die Kathedrale wimmelt es nur so von Besuchern aus aller Welt und wir haben noch mehrere sehr freundliche und interessante Pilger-Begegnungen. Von US-Amerikanern und Italienern wird uns unabhängig voneinander der Camino Portugues ans Herz gelegt, er wäre der ideale Jakobsweg für Fahrräder. Nun, das werden wir uns dann daheim genauer ansehen, vielen Dank für den heißen Tipp.

Am letzten Abend lassen wir es uns in einem großen galizischen Restaurant, einer Art Markthalle gut gehen. Der Weißwein ist ein von Freunden empfohlener galizischer Alberiño, als Hauptgericht lasse ich mir carilleras de cerdo servieren, das sind Schweinsbackerl (Kiefermuskel), wunderbar weich gedünstet und köstlich gschmackig, als Beilage leider die üblichen Standardpommes.

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Am Mittwoch früh bringt uns ein Taxi zum Flughafen, in Barcelona haben wir einen längeren Aufenthalt, am frühen Abend sind wir wieder zu Hause.

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