Re: Straßburg-Paris

von: StefanS

Re: Straßburg-Paris - 01.11.09 18:04

Hallo Wisohr,

Danke für Deine freundlichen Kommentare. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich antworten konnte, dafür ist es etwas ausführlicher geworden.

In Antwort auf: Wisohr
Inzwischen hat man das Radfahren in Deutschland neu erfunden, zumindest aber weiter entwickelt. Frankreich sehe ich in dieser Hinsicht da, wo Deutschland vor 30 Jahren auch war. Es kann also in Frankreich mit der Radreise-Infrastruktur nur besser werden, denke ich.

Oder schlechter. Eigentlich finde ich die bestehende Radreise-Infrastruktur in Frankreich ganz prima - breite Landstraßen, auf denen man bequem fahren kann, ohne jemals blöd angemacht zu werden. In Deutschland hat man zwar viel in touristische Radwege investiert, und viele davon sind ja auch ganz schön. Aber das hängt auch damit zusammen, dass Autofahrer die Straße als ihre Beute betrachten und sich ca. 97% der Bevölkerung überhaupt nicht mehr vorstellen können, dass man auch abseits von Radwegen unmotorisiert unterwegs sein kann. Ein ähnlicher "Fortschritt" bleibt Frankreich hoffentlich erspart!

Ich bin zwar erst seit zwei Monaten in Frankreich - hauptsächlich in der Île-de-France - und konnte mir daher noch kein abschließendes und repräsentatives Urteil über das ganze Land bilden. Aber mir scheint doch, dass Fahrräder auf der Fahrbahn hier als etwas ganz Normales gelten, und die vorsichtige Art der Kraftfahrer ist mir sehr positiv aufgefallen.

In Antwort auf: Wisohr
Vielleicht kannst du ja mal über das Radfahren in Paris hautnah berichten.

Geht eigentlich ganz prima hier. Erst recht, wenn man sich an ein paar subtile Unterschiede gewöhnt hat, z.B. ist Paris sehr eng bebaut, d.h. die Raumverhältnisse hier sind ganz anders, gefühlt hat man weniger Platz um sich herum, aber das liegt eher am Raumeindruck. Es gibt auch nicht so viele Spurmarkierungen, an großen Kreuzungen sucht man sich einfach einen möglichst geradlinigen Weg in Einklang mit den anderen Verkehrsteilnehmern. Das geht ganz gut, weil hier sowieso viel Stau ist und meistens entsprechend langsam gefahren wird.

Wegen der Staus kommt man oft nur stockend voran. Auf einer meiner Referenzstrecken brauche ich morgens um 6 Uhr nur 30 Minuten, gegen 14 Uhr aber 45 Minuten. Busspuren sind meistens für Radfahrer freigegeben und helfen bisweilen. Für Motorradfahrer ist es Usus, links am Stau vorbeizufahren und sich dann auf der Mittellinie zu positionieren, aber davon habe ich bislang Abstand genommen.

Durch die Abwesenheit von Radwegen hat man hier viel größere Bewegungsfreiheit als in Deutschland und ist genauso flexibel wie alle anderen Verkehrsteilnehmer. Wenn ich links abbiegen will, biege ich eben links ab und werde nicht durch zwei Ampelphasen gegängelt und ausgebremst. Ich hoffe, das bleibt so, aber Paris hat sich ja auch auf die Fahnen geschrieben, "fahrradfreundlicher" zu werden. Bislang gibt es an etlichen Straßen Markierungspfeile für Fahrräder auf der rechten Seite, aber die sind nicht so einschränkend. Hochbord-Radwege sind mir nur selten begegnet. An einigen Straßen (z.B. von Bastille Richtung Stalingrad) sind Wege durch bauliche Trennungen abgeteilt, mit den aus Deutschland bekannten Nachteilen und Folgen. War schon Zeuge eines Beinah-Unfalls mit Rechtsabbieger an dieser Straße. Vorsichtig sind die Franzosen, aber eben nur, wenn sie einen auch sehen.

Nicht so schön ist die schlechte Luft - vielleicht baut Frankreich Autos, die weniger Sprit fressen, aber meinem Gefühl nach sind hier viel mehr Abgase in der Luft. Außerdem ist die Agglomeration städtebaulich eine Katastrophe - nirgendwo hat man größere Grünflächen gelassen, es ist auf 30x30 km eben alles zugebaut, was man irgendwie zubauen konnte, inklusive der Flussufer. Sobald man die Agglomeration hinter sich gelassen hat, wird es sehr schnell sehr ländlich, ein totaler Kontrast.

In Antwort auf: Wisohr
Als ich daran ging, das Roadbook für den Paneuroparadweg im Radreise-Wiki zu erstellen, hatte ich die Vorstellung, man könne ein großes Netz von Radfernwegen in Frankreich auch für ünser Radreise-Wiki übernehmen. Ich habe aber inzwischen den Eindruck, dass lediglich der Loireradweg dazu infrage kommen könnte.

Ja, Radfernwege im deutschen Sinne gibt es hier kaum. Aber es gibt ja Landstraßen. Vielleicht komme ich mal dazu, ein paar Streckenvorschläge à la Radweit zu erstellen.

Wie andere schon gesagt haben, gibt es hier kaum Reiseradler. Die meisten Radfahrer sind entweder "normale" Leute, die zum Einkaufen o.ä. unterwegs sind (auch auf den Dörfern sieht man das viel), oder eben Radsportler. Leute, die mit dem Rad größere Strecken fahren, um sich die Umgebung anzuschauen, findet man fast gar nicht.

In Antwort auf: Wisohr
Vielleicht fällt dir ein großer Rundkurs durch das Zentrum ein, von dem aus man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ansteuern könnte. Das wäre aus meiner Sicht eine schöne Ergänzung der Strecke Straßburg-Paris.

Ein Rundkurs, ich weiß nicht. Die sind ja kreuz und quer verteilt, und so groß sind die Entfernungen innerhalb von Paris ja nicht. Aber Wege aus der Agglomeration heraus in alle Himmelsrichtungen, das stelle ich mir nützlich vor.

In Antwort auf: Wisohr
In deiner neuen Umgebung alles Gute
Wilfried

Vielen Dank! Und alles Gute zurück in die Heimat!

Viele Grüße,
Stefan