Re: Südostfrankreich

von: snowrider

Re: Südostfrankreich - 29.07.10 18:47

von Comps-sur-Artuby nach Grasse, 19.6.2010, 63,5km, 669Hm

Es ist bereits nach 9 Uhr, als ich von Comps losfahre, beinahe die falsche Strasse, die nach Draguignan erwischt, dort wäre ja kein Durchkommen, die Strasse durch den Ort ist fortgespült und noch immer nicht alle Überschwemmungsopfer gefunden.

Schliesslich gehts auf der richtigen Strasse Richtung "Route Napoleon".

Anfangs noch auf der ruhigen D21, dann entlang der D6085 nach Grasse. Mir fiel ein, daß diese Stadt ganz gut zu meiner Reise passt, mit all dem Farben und Wohlgerüchen, die ich bisher schon erlebt habe.

Von der Ferne sehe ich unterwegs schon das Meer, und die sich dahinschlängelnde Strasse an den gegenüberliegenden Hängen hat schon was.

Kurz vor dem Pas de la Faye gehts gut bergab und dann nochmal rauf, hier beginnt es zu regnen.
Wie so oft, auf der anderen Seite wird es noch besser, es fängt es an, zu schütten. Zum Glück komme ich gerade nach St.Vallier-de-Thiey, wo ich in einem Bushäusl Schutz vor Blitz, Donner und schliesslich auch noch Hagel suche. Die Feuerwehr braust vorbei, ich mache mir mal kurz Gedanken, was ich tue, wenns hier so wird, wie in Draguignan.

Zumindest ist die Ortschaft nicht weit weg.
Nach einer guten halben Std. fahre ich trotz immer noch Regen weiter, noch 10km nach Grasse.

Kurz davor hört es auf, zu regnen, die Luft ist dampfig, es riecht nach Süden, sehr!
Die Einfahrt hinab nach Grasse, beeindruckend, die vielen großen Palmen, das Meer in der Ferne, die Oleanderhecken und was da sonst noch so blüht, echt was für alle Sinne.

Mit Hilfe der Tour-Info suche ich mir ein feines Hotel in der Nähe des Casinos.
Es ist noch Zeit, durch die Gassen zu bummeln, hier gefällts mir auf Anhieb super.
Das Parfüm-Museum hat bis 21 Uhr offen, schön zum Abschalten nach dem Radltag.


Ein weiterer Tag in Grasse, 20.6.2010

Es ist Sonntag, und was Besseres kann ich hier machen als "faire la grasse matinée à Grasse", n'est-ce pas?

Ich stehe natürlich trotzdem früh auf, bin schon um 8 Uhr unterwegs und bummle durch die Gassen.

Um 11 Uhr findet dann in der Cathedrale de Notre Dame de Puy eine Messe statt, in der der Opfer von Draguignan gedacht wird, es ist ja nicht weitweg. Beim Vorlesen der Namen steht immer jemand aus den Reihen auf und nimmt die bereitgehaltene rote Kerze und stellet sie auf den Altar. Am Schluß stehen da 27 Kerzen, inklusive der Vermissten. Mir laufen die Tränen runter.
Unbeeindruckt davon schläft ein Clochard hinter einer Bank.

Draussen strahlt wieder die Sonne und ich gehe bereits das dritte Mal durch die verlotterten Gassen, ein Bewohner erzählt, die Stadt würde nach und nach modernisieren, aber die Mieten steigen dadurch, eigentlich lebe es sich in den alten Häusern gut.
Unglaublich für mich, denn überall bröckelt der Putz. Natürlich tolle Motive, aber ob ich hier wohnen könnte?

Bevor sie schliesst, schaue ich mir noch die Parfümfabrik an, umsonst, aber er anschliessende Laden verführt dann wohl jeden zum Kauf.

Zum Schluß noch ein letztes Mal durch die Alstadt, Hendl kaufen am Sonntag um 18Uhr kein Problem hier in Grasse, für wenig Geld, mein Abendessen.


Von Grasse nach Nizza,nach Villefranche und zurück nach Nizza, 21.6.2010, ca. 75km


Wie schön, Bob Dylan spielt am 22.Juni in Nizza! Den hab ich nur einmal live gesehen, an meinem 18. Geburtstag in Nürnberg. Vielleicht bekomme ich ja noch eine Karte.

Also schnurstacks nach Nizza, nicht ohne wehmütigen Blick zurück in die Berge, wo es doch auch schön war und vermutlich auch ruhiger.
Aber , hilft nix, irgendwann ist alles vorbei.

Die Einfahrt nach Nizza gestaltet sich unspektakulär, wenn man mal davon absieht, daß jetzt Menschen an einem vorbeiflanieren, in Flipflops und mit übergeworfenem Badehandtuch. Fahre paralell zum Strand, aber doch ein Stück entfernt, erhasche also gerademal einen Blick aufs Meer.

Ich will ein Ticket!
Um 12 Uhr hab ich es, dank FNAC, so was wie ein Saturn hier. Auf einer Nobelmeile, die ich so schnell wie möglich wieder verlasse.

Heute findet auch noch eine Musikfestival in der ganzen Stadt statt, an jeder Ecke Lautprecher und Tribünen. An den schönsten Plätzen plärrt die vielfältigste Musik aus den Lautsprechern. Besichtigung der Altstadt damit gestrichen.

Auch das Hostel, das hier liegt, dient nur als Lager für mein Gepäck. Es liegt mitten in der Partymeile, wie ungünstig. Ich flüchte per Rad nach Villefranche zum Baden.

Übernachtet wird weit draussen beim Flughafen im Etaphotel nahe am Strand, im 10.Stock, Weitblick übers Meer und doppelte Fenster.
Von hier aus hab ich es morgen Abend zum Bob Dylan-Konzert im Palais Nikaia nicht weit.


Nizza - Monaco - Nizza, 22.6.2010, 60km, 1050Hm

Früh gehts raus aus der Stadt, Richtung Observatorium, die Grand Corniche
nach Monaco.
Jetzt in der früh kann ich mich mit Nizza anfreunden, noch wenig los, auf der Promenade des anglais.

Auf dem Boulevard de l'Observatoire viel Lasterverkehr, Baufahrzeuge, fahren ganz schön nah ran. Heute bin ich mit wenig Gepäck unterwegs, nur eine Tasche als "Puffer".

Immer wieder wunderbare Blicke auf die verschiedenen Buchten unter mir, Villefranche, Ezè. Dann entdecke ich eine gesperrte Strecke, nur für Pferde und - Radfahrer! Schnell umgedreht, am Schlagbaum vorbei und im Zickzack auf feinem Kies hinauf ins Naturschuzgebiet oberhalb von La Turbie, hier ist der Spass für Radfahrer dann vorbei.

Weiter bis zur Abzweigung nach Monaco, wos eine rauschende Abfahrt, wiedermal ins Gewimmel gibt.
Schnelle Runde zum Casino, raus aus der Stadt durch mehrer Baustellen und 2 Tunnel, entlang der Corniche basse, am Meer entlang, zurück nach Nizza.

Baden am Strand vor dem Hotel auf grobem Kies, da wars in Villefranche feiner.

Lustig, wiedermal zu einem Konzert mit dem Rad fahren.
Bob Dylan 2010, ein wenig Ernüchterung, lag an der Halle, ein einziges Gebrummel. Ich kenne nur 5 Lieder, wann hat er denn die anderen geschrieben? Klingt wie eine Jam-session, so, als wäre das Publikum gar nicht da.

Ach, und ohne Iphone zur lückenlosen Dokumentation des Konzerts komme ich mir direkt als Exot vor.