Re: Donau, Karpaten und Mehr

von: Puink

Re: Donau, Karpaten und Mehr - 19.10.11 10:35


Tag 26 – Erkundungstour im Donaudelta
Der Morgen brachte mir vertraute Töne. So saß ich beim Frühstücksbuffet und eine Gruppe älterer Herschaften betrat den Frühstückssaal. Und hatte ich richtig gehört – so kam mir ein „Guten Morgen „ entgegen. Zunächst etwas ungläubig. Mein Plan war heute nach Sulina zu fahren und abends dann zurück – schließlich hatte ich bereits zwei Nächte gebucht. Das war leider nicht möglich, da in der Nebensaison die Tragflügelboote, zeitgleich in Tulcea und Sulina starten und ein Besuch von Sulina für ein paar Stunden nicht möglich ist. Daher habe ich mich für eine Bootsfahrt, organisiert vom Hotel, eingeschrieben. Die deutschsprachige Reisegruppe sollte ich aber nicht wiedertreffen. Dafür machte ich auf dem kleinen Motorboot ein deutsch sprechendes Ehepaar kennen, die für Kurzweile sorgten. Die ersten Stunden im Donaudelta fuhren wir auf dem Sulinaarm der Donau. Er wird für den Schiffsverkehr genutzt, ist weitestgehend begradigt und an den Seiten befestigt und somit nicht überaus interessant. Und auch wenn es die vergangenen Tage immer noch ca 30 Grad waren, friert man auf dem Wasser schnell. Als besonders empfand ich einen großen Pelikanschwarm der sich neben unserem Boot im Kunstflug übte. Auf der Hälfte zu Sulina bogen wir in kleinere Kanäle und Wasserstraßen ein. Eine Plastikflasche machte die Runde – der Inhalt: Tulca (rumänischer Schnapps)

Kurz nach 12 Uhr legten wir an einem wackligen Steg an und wurden in eine keine Häuseransammlung geführt. In einem wartete eine gedeckte Tafel. Zunächst Fischsuppe, dann die in der Suppe gekochten Fischstücken und fritierter Fisch, Wein und dazu wieder Tulca.






Tag 27 – Tulcea nach Constanza
136,1 km / 864 hm
Das Gefühl die Heimreise anzutreten ist sonderbar. Es sollten aber noch zwei wichtige Stationen (Bukarest und Karpaten) kommen. Beim herausfahren aus Tulcea habe ich mich erstmal verfahren. Nachdem der rechte Weg gefunden war lief es. Der Wind kam von Nordosten und gab mir zusätzlich Schwung. Ich fuhr wieder durch kleine Ortschaften. Das Gebiet ist regelrecht mit Windkraftanlagen übersät, die zwischen und auf den Feldern, die sich schlichtem braun kleideten, standen. Mir kamen viele Radfahrer entgegen. Einige wenige mutet an, als würden sie nach China fahren wollen, so viel Gepäck hatten sie rund um ihr Rad angebracht. Anschließend verließ ich mich zu sehr auf die Straßenschilder. Sie führten mich auf die Bundesstraße – ich war im Glauben das wäre der korrekte Weg. Als ich dann für ein Landschaftsfoto stoppte, hielt wenige Meter vor mir ein Auto an der Seite. Oh mitten auf der Bundesstraße zu halten – schon komisch. Aber zu meiner Verwunderung stieg das Paar von der Bootstour gestern aus. Man sieht sich eben immer zweimal. Sie erklärten mir, der Weg für die Radfahrer ist ein Straße circa fünf Kilometer weiter östlich. Sie erklärten mir auch noch wie ich dort hin käme und verabschiedeten sich. Der für die Radfahrer vorgesehene Weg war zwar von der Beschaffenheit etwas schlecht, dafür war das Verkehrsaufkommen fast bei null. Die Bauprojekte seitens der EU mit finanziert zeugen zumindest oberflächlich zuweilen von wenig Planung.

Der Bereich vor Constanza ist so wie vor jeder größeren Stadt durch (verlassene) Industrie und viel Verkehr geprägt. Die Petrom unterhält hier auch eine Raffinerie oder so etwas in der Art. Zumindest haben die Nase und die Augen etwas gebrannt, als ich vorbeifuhr.

Die direkten Vororte von Constanza warteten bereits mit vielen Pensionen auf. Anschließend gelangte ich auf einen 5km Boulevard, gesäumt von Hotels. Hier schien es tatsächlich ausschließlich Hotels und ein paar Restaurants und einige Läden zu geben. Wir schrieben Mitte September und die Hauptsaison war wohl schon vorbei, denn in manchen Hotelkomplexen war der Parkplatz mit lediglich zwei Autos belegt und am Abend war in den Hotels oftmals, wenn überhaupt, maximal sechs Zimmer mit Licht erhellt. Nach Constanze bin ich an diesem Abend nicht mehr gekommen. Am Strand des Schwarzen Meeres kurz das Wasser gefühlt.


Tag 28 – Constanza nach Calarasi
149,7 km / 1241 hm
Das monotone Rauschen des Meeres hat mich in den Schlaf gewogen. Am Morgen sah ich Constanza. Wieder eine enge Bebauung von mehr oder minder graubraunen Wohnblöcken. Irgendwie habe ich mich durch die Stadt geschlängelt. Das Ziel lag im Osten. Einige Zeit fuhr ich anschließend auf der Bundesstraße3 – mit viel Verkehr und je zwei Spuren nicht so dolle. Sie verzweigte sich nach einer Stunde und der Großteil des Verkehrs fuhr in Richtung Bukarest. Ab hier fuhr ich über eine Landstraße die fast jedes Tal und jeden Berg mitnahm. Am Straßenrand waren teils einzelne Personen, teils auch ganze Familien zu beobachten, wie sie mit langen Stöcken auf die Bäume einschlugen, um ihnen ihre Früchte abzutrotzen. Ich glaube es waren Walnüsse die da geerntet wurden. Ich fuhr nach IonCovin, was ich bereits vor gut einer Woche passiert hatte – damals in entgegengesetzter Richtung. Die Landschaft hier wechselte schnell, so waren binnen 30 Minuten, erst Maisfelder am Straßenrand, dann eine hügelige Weidelandschaft, Wald und zum Schluss ein Biotop mit Schilf und Seerosen. Ich kehrte in einem Hotel kurz vor der Stadtgrenze von Calarasi ein, was ich auf der Hinfahrt morgens gesehen hatte.
Daran angeschlossen war ein Restaurant. Und so füllte ich meine Energiespeicher mit Pizza, Schnitzeln und jeder Menge Kartoffeln, etwas Eis und Milch und Bier. Zusammen für 52,1 Lei rund 13 Euro ein sehr preiswertes Essen.
Die Nacht hielt dann noch eine Überraschung für mich bereit. Gegen 3 Uhr fing es an zu Piepsen. Ein Feueralarm! So ein mist. Nach einer Minute hörte es auf, fing dann aber nochmal für 30 Sekunden an. Was sollte das denn? Ich bin zur Rezeption gegangen – dort wusste man aber von nichts – scheinbar war nur in meinem Zimmer das Signal aktiv. Ein Fehlalarm. Es war dann bis auf ein Mal auch den Rest der Nacht still.

Tag 29 – Calarasi nach Bukarest
150,6 km / 437 hm

Auf dieser Etappe ist mir das Bild der brennenden Tonnen in Erinnerung geblieben. Wie schon oft gesehen, verbrennen die Leute alles was sie nicht mehr brauchen. Nur bisher waren qualmende Haufen das prägende Bild. Heute waren es Fässer oder Tonnen in den sie das Brandmaterial einwarfen. Der Rest der Strecke ist ausnahmslos durch Landwirtschaft geprägt. Felder bis hinter den Horizont. Was ich nicht verstanden habe, warum auf den Feldern, scheinbar zufällig Bäume stehen – schließlich kann man um den Baum nicht gescheit ernten und der Ertrag des Baumes dürfte auch nicht der Grund sein. Ab 40 km vor Bukarest hat man dann sogar einen Seitenstreifen von 30 cm, auf dem man recht gut fahren kann.
Jeden der nach Bukarest mit dem Fahrrad will, gebe ich den Ratschlag: Fahrt nicht auf der Umgehungsstraße. Da die meine Jugendherberge im Bukarester Süden lag, wollte ich die Stadt von Süden „betreten“. Auf der Umgehungsstraße von Osten kommend, war mein Plan ein Viertel zu fahren. Da Bukarest für den Schwerlastverkehr gesperrt ist, fahren alle Lkw auf dieser Ringstraße. Sie ist sehr stark befahren, sehr schmal und hat viele Schlaglöcher und Spurrillen. Zudem stank ich nach diesen 20 km dermaßen nach Abgasen – nicht schön.

3 Tage Bukarest

In Bukarest genoss ich, dieses Wuseln und quirlige Leben – ein krasser Gegensatz zu den teils verschlafen wirkenden Dörfern. Da ich in meinen bisherigen Besuchen in der Hauptstadt Rumäniens bereits den Palast, die Altstadt und viele Parks besucht hatte, wollte ich etwas anderes.
Das Fussballspiel zwischen Rapid Bukarest und Cluj war dann also mein Abendprogramm.

Das Spiel war von vielen Fouls bestimmt, ganze sechs Mal musste ein Spieler vom Platz getragen werden. Sie konnten aber alle nach kurzer Behandlung weiterspielen. Die Jugendherberge war klasse – zum einen kostete sie nur 8Euro/Nacht, zum anderen war von ihr das Zentrum in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen. In der JHB schnell Kontakt zu anderen Reisenden gefunden, bei denen die Geschichten warum sie in Bukarest Station machen, mindestens genauso toll sind wie die meine. Ich gab mein Fahrrad in Reparatur. Die letzten Tage war beim Schalten vermehrt die Kette nicht in die vorhergesehenen Ritzel gefallen, sondern teils mit den Pedalen eine halbe Drehung durchgetreten. Also musste eine neue Kette her. Ich befürchtete eine kleine 8 im Hinterrad zu haben – das konnte ich nicht selbst korrigieren. Wie sich rausstellen sollte, war es nur der Mantel der ich verzogen hatte. Allerdings war die Bremse nicht richtig eingestellt. Beim Abholen schleift sie, man will seine Kraft schließlich nicht in die Bremse stecken. Nach der Nachbesserung schien es – alles ok. Nach 30 km – Bukarest schon nicht mehr in Sicht – fingt die Bremse zu quietschen. Erst nur wenn ich nicht trat, dann kontinuierlich.