Re: Dolomiten und zurück, 3. Teil

von: DieterFfm

Re: Dolomiten und zurück, 3. Teil - 09.12.11 08:14

7.Etappe: Lago di Corlo (I) - An Etsch und Brenta

Mittwoch 29.6.
Km: 163
Hm: 997
Zeit: 9:33 Std.
Km/h: 17,0
Nacht: 13,00€

Heute geht's wie immer um 6 Uhr los, wir haben schon 18°. Das Tor zum Campingplatz ist zu, ich muss über die Wiese und durch den Garten. Ich fahre kurz auf der Straße nach Süden, dann sehe ich ein Schild zum Radweg. Es geht direkt auf dem Deich der Etsch weiter. Schon um diese Uhrzeit sind diverse Rennradler unterwegs, ob die jetzt trainieren oder nur zur Arbeit fahren?

Vor Bozen biege ich ab in Richtung Kaltern. Der Chef vom Campingplatz hatte mir empfohlen, nicht stupide weiter am Deich der Etsch zu fahren, sondern einen kleinen Abstecher zum Kalterer See zu machen, die Strecke wäre viel interessanter, was sich jetzt auch als wahr herausstellt. Schnell finde ich eine alte umgebaute Bahnstrecke und schon geht's durch einen kleinen Tunnel und dann mit mäßiger Steigung etwa 100Hm hinauf nach Eppan an der Weinstraße.

Ich frage mich nach einer Bäckerei durch, und als ich sie gefunden habe, muss mich die Bäckerin allerdings enttäuschen. In Italien gäbe es nur selten in den Bäckereien auch Kaffee, dafür müsste ich in eine Bar. Sie beschreibt mir auch den Weg dorthin, allerdings nicht ohne dass ich ihr von meiner bisherigen Tour erzählen muss. Auch die Bar finde ich schnell. Hierher kommen die Einheimischen, um kurz vor dem Arbeitsweg nochmal einen Cappuccino zu trinken und einen kleinen Plausch zu halten, oder auch etwas zu frühstücken. Und genau das mache ich hier auch, wenn es auch nur Blätterteig-Stückchen zum Futtern gibt. Die bereits anwesenden, meist jungen Damen und Herren beachten mich nach einem ersten kurzen Blick nicht weiter.

Also werde ich ab sofort in Italien morgens eine Bar zum Frühstücken aufsuchen.

Weiter geht's die alte Bahnstrecke entlang, jetzt sind auch viele Jogger hier unterwegs. Dann ist der Radweg plötzlich zu Ende, ich suche kurz und finde einen Wirtschaftsweg, der hier steil ins Tal hinunter führt. Die Hinweisschilder zeigen in für mich unbekannte Orte, ich fahre einfach nach Nase weiter durch die Weinberge. Der erste bekannte Ort auf den Schildern ist Kaltern, dort soll ja der See sein, nur führt mich der Weg wieder steil nach oben. Jetzt bleibe ich auf der Straße, auch weil wieder diese Radrennen-Hinweisschilder auftauchen, die will ich jetzt nicht nochmals sehen.

Es geht, natürlich, wieder herunter, diesmal ans Ufer des Kalterer Sees. Hier führt ein Wanderweg um den See und in Ermangelung einer Alternative fahre ich diesen, auch wenn er kurzfristig nur ein Trampelpfad ist. Ich treffe wieder auf den Weg von vorhin, also waren die letzten Höhenmeter für die Katz. Ich bleibe jetzt auf der Straße, sie führt fast geradeaus durch Apfel- und Weinplantagen und ich kann gut Tempo machen.

Bei Magreid an der Weinstraße fahre ich wieder über die Etsch und bin gegen 9:15 Uhr am Deich wieder auf dem Etsch-Radweg. Sofort ist hier ungewohnt viel los, praktisch von Null auf Hundert in wenigen Sekunden. An der ersten Trinkwasserstelle fülle ich meine Flaschen auf, es ist bereits jetzt in der Sonne richtig heiß. Eine Gruppe Radler hat mich während meiner Pause überholt, und jetzt sehe ich sie wieder am Rand stehen, sie sind hektisch am Diskutieren. Eine Frau ist gestürzt und wird verbunden. Ich biete meine Hilfe an, aber die Versorgung scheint gesichert, alles nicht so schlimm.

Das Tal der Etsch ist hier ca. 1,5km breit und auf beiden Seiten geht's direkt anschließend steil nach oben, meist sogar auf über 2000mNN, der Blick in alle Richtungen ist unglaublich faszinierend. Dann komme ich über die Grenze ins Trentino, und hier ist es vorbei mit der Zweisprachigkeit, hier gilt alleine das Italienische. Man erkennt es sofort an den Hinweisschildern, keine Spur von Deutsch mehr. Mal sehen, wie ich damit zurechtkomme. Der Radweg selbst ist ausgesprochen langweilig, wären da nicht die fantastischen Berge ringsum. Rennradler überholen mich, ich überhole Reiseradler, manche kommen mir auch entgegen, immer einen kurzen Gruß auf den Lippen, so mag ich das.

Ich fahre auf ein junges Pärchen aus dem Allgäu auf, sie mit Packtaschen beladen, er zieht einen zweirädrigen Hänger, und wir kommen sofort ins Gespräch. Sie wollen noch weiter an den Gardasee und nach Venedig und machen zum ersten Mal so eine lange Radtour. Wir fahren gemeinsam weiter. Immer wieder schauen sie sehnsüchtig auf die steilen Felsen, hier könnte man so richtig toll klettern. Normalerweise machen sie im Sommer Kletterurlaub, aber die zugehörige Ausrüstung können sie nicht auch noch auf dem Rad transportieren. Wir fahren fast 1,5 Stunden gemeinsam und erst in Trento trennen sich unsere Wege.

Ich fahre zunächst in die Altstadt von Trento auf der Suche nach einer Bar, um etwas zum Beißen zu bekommen. Irgendwie habe ich kein allzu gutes Händchen dafür, jedenfalls entscheide ich mich bei einer doch recht großen Auswahl von Bars für eine ziemlich heruntergekommene Pinte an der Piazza del Duomo. Zumindest habe ich mein Rad im Blick. Die Bardame kann weder Deutsch noch Englisch und allein durch Zeigen schaffe ich es, zwei Brötchen mit Hähnchenfleisch aufgewärmt zu bekommen, und Cola versteht man überall. Bereits nach einem Brötchen kriege ich kaum noch mehr runter, das zweite zwinge ich mir rein. Und dann treffe ich zum ersten Mal auf die typischen südländischen Stehklosetts, zum Glück muss ich nicht größer.

Auf dem Domplatz spreche ich zwei Radler an, die gerade ihre Karte wälzen. Ich frage, ob sie den Weg ins Brentatal auch eingezeichnet haben. Ich kann mich auf ihrer Karte orientieren, sie sind allerdings mehr an meinem Rad interessiert, scheinen da Ahnung zu haben.

Dann geht der Stress richtig los. Bei 38° geht's durch die Stadt auf teils kleinen Sträßchen steil den Berg hoch, oft muss ich stehen bleiben und schnaufen, obwohl gerade kein Schatten vorhanden ist und die Autos um mich herum sausen. Über eine Stunde quäle ich mich dort hoch, ich bin völlig fertig, auch die Päuschen nutzen da wenig. Etwas außerhalb der Stadt fährt zumindest kein Bus mehr an mir vorbei, aber die kleinen PKWs nehmen nur wenig Rücksicht auf so einen verrückten Radler. Ab und zu kann ich unter einem Busch kurz stehen bleiben, um den Schatten zu nutzen. Bald ist meine Trinkflasche leer, aber dann habe ich es geschafft.

Auch als es schließlich wieder abwärts geht, kann der Fahrtwind die Hitze nicht vertreiben. Die erste Möglichkeit, mich etwas zu erholen, erhalte ich an einer Bar. Die Gäste, die hier gerade Mittag essen und die Bedienung glotzen zwar zunächst, dann wird tunlichst vermieden, in meine Richtung zu schauen. Bin ich etwa peinlich? Ich trinke an der Theke eiskalte Cola und einen Eistee und fülle meine Wasserflaschen im Klo am Waschbecken auf.

Die Pause hat dann doch geholfen, jetzt geht's weiter abwärts zum Lago di Caldonazzo, wo gerade ein neuer, toller Radweg fertiggestellt wird, die Teermaschinen stehen noch vor Ort. Ich fahre westlich am See entlang. Hier gibt es auch einige Campingplätze, aber um 14:30 Uhr möchte ich den Tag noch nicht beenden. Also geht's weiter den Brenta-Radweg, die Pista Ciclopedonale Valsugana, flussabwärts entlang.

Der Radweg ist gut geteert, wird meist am Fluss geführt und bietet wieder unglaubliche Ausblicke auf die Berge links und rechts des Wegs. In Borgo Valsugana mache ich gegen 16 Uhr eine Pause in einer kleinen Bar mit Eisdiele auf dem Marktplatz. Ich suche mir als Tagesziel den Campingplatz am Lago di Corlo heraus, das sind Luftlinie noch 25km, das wird zwar später als sonst, müsste aber zu schaffen sein.

Die VCA auf meinem Navi geht jetzt in die Berge, ich bleibe aber auf dem tollen Brenta-Radweg. Er führt nicht nur gefühlt abwärts, aber leider auch mit Gegenwind. Außerdem sieht es aus, als würde es langsam zuziehen. Das Tal wird immer enger, die Berge immer steiler. Im Süden sehe ich den Monte Ortigara (2105m), wo im Ersten Weltkrieg über 55000 Italienische und Österreichische Soldaten sinnlos geopfert wurden.

Irgendwann sind es zum Campingplatz nur noch 5km Luftlinie. Ich frage ein einheimisches Rentnerpärchen nach dem Weg. Sie verstehen zwar, wohin ich will, können mir aber den Weg nicht erklären. Sie halten zwei entgegenkommende Rennradler an, und die erklären mir dann, dass die geplante Route wegen "fallen stones" gesperrt wäre, ich müsste über den Pass, den ich eigentlich vermeiden wollte.

Na gut, dann auf ein Letztes für heute, über die Brücke auf die Straße zurück nach Primolano, dann über diverse Serpentinen nochmals 150Hm rauf auf einen kleinen Pass. Hier gibt's ein paar Befestigungsanlagen vom Ersten Weltkrieg, als die Front entlang der Piave führte und hier verlustreich gekämpft wurde. Dann geht's runter über Arsié an den Lago di Corlo zum Campingplatz.

In der Rezeption versteht man kein Deutsch, aber Englisch ist kein Problem, auch für mich, hatte ich ja vor zwei Tagen erst ausgiebigen Unterricht gehabt. Ich baue das Zelt auf, gehe duschen, aber das Duschhaus hat keine Türen. Auch gibt es diese Stehklosetts und zum Glück zwei zum Sitzen, außerdem nur eine Rolle Klopapier für alle, d.h. ich muss mir vorher meine Ration Papier abmachen. Alles scheint etwas primitiv, und das für 13€.

Ich esse eine Portion Spaghetti Carbonara im Restaurant am Platz. Am Nachbartisch setzt sich eine aufgedonnerte junge Schönheit (das Mädel sieht wirklich ausgesprochen gut aus) mit einem etwa sechsjährigem Mädchen. Dazu gesellt sich später ein Mann mit einer fünfköpfigen Gruppe Chinesen, und die Beiden versuchen, mit den Chinesen auf Englisch Konversation zu treiben. Irgendwann kann ich's einfach nicht mehr mit anhören und vertiefe mich in mein Buch.

Als es dunkel wird, wetterleuchtet es und es fängt an zu nieseln.

8.Etappe: Lago di Pieve di Cadore (I) - Feltre, Belluno und Piave

Donnerstag 30.6.
Km: 125
Hm: 1244
Zeit: 7:41 Std.
Km/h: 16,2
Nacht: 10,50€

Um 0:30 Uhr hat das Gewitter dann den See erreicht, es schüttet einige Zeit ziemlich heftig. Im Zelt bleibt es trocken, ich hatte vorher kontrolliert, dass die Unterlegplane nicht unter dem Zelt hervorschaut und sich dort das Wasser sammeln kann. Als ich am Morgen wach werde, regnet es immer noch leicht, aber das ist kein Problem. Es ist wieder 18° warm und die Berge ringsum hängen voller Wolken, nichts ist zu erkennen.

Vom See aus geht's mit einer kleinen Steigung zunächst rauf nach Arsié und dann folge ich der Beschilderung des Radwegs "Route Grappa". Im nächsten Ort Fonzaso hat schon kurz vor 7 Uhr eine kleine Bar offen, es gibt natürlich einen Cappuccino und in Ermangelung weiterer Möglichkeiten zwei seltsame Hartkekse. Egal, Hauptsache, ich habe etwas im Magen.

Ich treffe wieder auf die Via Claudia Augusta, die hier auf einer Nebenstraße nach Feltre führt. Bis Feltre sehe ich mindestens drei Bars, die zumindest von außen aussehen, als ob es dort besseres Frühstück gegeben hätte.

Durch Feltre geht es unspektakulär, ich fahre nach dem Track im Navi, nicht den ausgeschilderten Radweg, der führt nämlich über einen kleinen Hügel im Ort mit heftiger Steigung. Leider ist die Straße, die der Track ab dem Bahnhof folgen will, gesperrt und ich muss wieder etwas hoch in den Ort. Hier treffe ich wieder auf die VCA und folge ihr nun auf Feldwegen, bis der Radweg an der SR348 dann endet.

Und jetzt wird's kritisch. Die VCA führt auf der engen und mit vielen LKWs befahrenen Straße hinunter ins Tal der Piave. Ich sause mit meinem Packesel die Straße entlang, bin häufig Verkehrshindernis für LKWs und PKWs. Ich versuche, mich so weit als möglich an den rechten Straßenrand zu drücken, zweimal bleibe ich in einer Einfahrt stehen, um die Schlange hinter mir vorbeifahren zu lassen. Das ist alles andere als spaßig. Leider muss ich auch an der Piave noch fünf weitere Kilometer auf der Straße bleiben, bis hinter Santa Maria endlich eine Abzweigung auf eine Holzbrücke führt. Hier kann ich schließlich auf die andere Flussseite wechseln. Die kleine Holzbrücke ist der südlichste Punkt meiner Radreise.

Jetzt geht's auf der östlichen Seite der Piave wieder nach Norden, allerdings gibt's auch hier keinen Radweg. Die SP1bis (so ist die Straßen-Nummer auf der Karte) ist allerdings breiter und bei weitem nicht so stark frequentiert, wie die Straße auf der anderen Flussseite. Das Tal der Piave ist einfach zu eng, da ist kein Platz für weitere Verkehrswege.

Nach ca. 10km wird das Tal wieder breiter. In Villapiana biege ich kurz nach Westen ab, es geht wieder über die Piave und dann bei Busche auf die SS50. Auf dem gesamten Stück zwischen Feltre und Belluno scheint es keinen Radweg zu geben, ich bleibe also auf der SS50. Die Straße ist glücklicherweise breit genug, um kein Verkehrshindernis zu sein. Zu Hause sehe ich, dass ich mir diesen gefährlichen Abstecher an die Piave hätte schenken können, wenn ich ab Feltre gleich auf der SS50 geblieben wäre. Auch mein Track verläuft auf der Straße, es scheint also wirklich nichts anderes zu geben.

In Santa Giustina mache ich dann mein zweites Frühstück wieder in einer Bar. Ich lehne das Rad an die Wand vor dem Eingang, was natürlich sofort eine gewisse Aufmerksamkeit der Leute hervorruft. Ein Opa will die letzten Deutschkenntnisse anwenden, die er vor fast 70 Jahren erworben hat. Das gibt einige witzige Dialoge. Auch zwei Carabinieri machen eine kurze Pause. Ob das Zufall ist, oder ob die schauen wollen, was das Rad hier soll? Na gut, so wichtig bin ich denn doch nicht.

Nebenan gibt's auch einen Spar und ich kaufe drei riesige Äpfel. Leider habe ich statt Portemonnaie aus Versehen den Fotoapparat eingepackt, da ist leider kein Geld drin. Ich kann dem Laden durch einen Hinterausgang entschlüpfen und das Missgeschick beheben. Die nette Bedienung an der Fleischtheke lässt mich lächelnd wieder durch den Notausgang herein. Der erste Apfel wird sofort verputzt, lecker.

Wieder fängt es an, leicht zu regnen, also ziehe ich mein K-Way an. Bis Belluno muss ich nochmals eine Steigung von 5% rauf. Die Straße ist breit genug, dass auch LKWs keine Probleme mit dem Überholen haben, da sind manchmal PKWs eher überfordert. Leider haben sich die Berge oberhalb des Piave-Tals total in Wolken versteckt, nichts ist zu erkennen.

Gegen 11:30 Uhr erreiche ich Belluno, wieder mache ich eine Pause in der Innenstadt, diesmal in einer Bar und Eisdiele, wieder gibt's einen Cappuccino und ein Croissant. Ich kann die Dinger langsam nicht mehr sehen. In der Bar spricht die Bedienung sogar Deutsch, leider merke ich das erst beim Bezahlen. Vielleicht hätte ich ja auch etwas Vernünftiges zum Essen bestellen können, sie hätte mich dann sicher auch verstanden.

Hinter der Innenstadt sehe ich auch wieder ein Radwegschild, es zeigt genau in meine gewünschte Richtung, nämlich Ponte Nelle Alpi. Der Radweg geht über ganz kurze aber heftige Rampen durch ein Naturschutzgebiet wieder bis an die Piave. Das ist zwar etwas anstrengend, aber wenigstens gibt's hier keine Autos mehr. Es geht über die Piave auf die östliche Talseite, hier verläuft nur eine Nebenstraße und ich kann fast völlig ungestört nach Norden fahren, wenn auch manchmal rauf und runter. Das Tal wird wieder enger, die Berge schälen sich langsam aus den Wolken hervor und die Sicht wird einfach grandios.

Auf der westlichen Talseite liegt Langarone, das am 9.10.1963 von einer Staudamm-Katastrophe fast völlig zerstört und anschließend teilweise wieder neu aufgebaut wurde. Damals starben über 2000 Menschen, als ein Hang in einen Stausee abrutschte und die Flutwelle den Ort überrollte. Wenn ich vorher davon gewusst hätte, wäre ich aufmerksamer und nach Hinweisen des Unglücks suchend hier entlang gefahren.

Ich befinde mich jetzt im Cadore, fast alle Ortschaften haben die Bezeichnung "di Cadore" im Namen. Aus dieser Gegend kommen die meisten Eisdielen-Besitzer in Deutschland, weiß Wikipedia. Später erfahre ich dass der Chef meiner Lieblings-Eisdiele in Bischofsheim auch von hier stammt. Hier gibt es auch eine Speiseeis-Messe.

In Castellavazzo wird wieder die Piaveseite gewechselt. Ich muss etwa 2km auf der neuen, stark frequentierten SS51 einen Hügel hinunter fahren, bis die alte Straße mit dem Radweg im Tal bleibt, während die neue Straße mit dem Großteil des Verkehrs in einem Tunnel verschwindet. Der Radweg verläuft jetzt auf der alten Via Alemagna, während die Autofahrer auf der neuen SS51 wegen der vielen Tunnel kaum einen Blick auf die tollen Berge werfen können.

In Ospital di Cadore fülle ich mal wieder meine Trinkflasche voll. Auf der gegenüberliegenden Talseite wird ein sonst vermutlich toller Wasserfall nur durch ein Rinnsal gespeist. Das Piavetal ist hier sehr eng und auf beiden Seiten geht's fast senkrecht auf locker 2000mNN hinauf, es ist unglaublich schön. Neben der Straße führt die Bahnstrecke von Tunnel zu Tunnel. Einmal glaube ich sogar, eine Bahn zu hören und warte bei einer Lücke zwischen zwei Bahntunnels fast 5 Min mit der Kamera in der Hand, aber es waren wohl nur die Geräusche der LKWs, die aus einem nahen Tunnel der neuen Straße heraus kommen.

Ab Macchietto verschwindet dann die neue Straße über eine hohe Brücke auf die andere Talseite. Im nächsten Ort, Perarolo di Cadore, mache ich noch mal eine Pause und esse zu meinem Cappuccino zwei Stengeleis. Dann geht die Straße mit ca. 8-10% Steigung etwa 200Hm hinauf bis zur neuen Straße, um dann kurz darauf nach Sottocastello abzubiegen. Hier kann ich den ersten Blick auf die tollen schroffen Dolomitenfelsen der Marmarole (2962m) werfen. Einfach unglaublich.

Es geht weiter, noch hinauf auf über 800mNN, bis ich in Pieve di Cadore auf den Bahnradweg treffe, den ich morgen fahren will. Ich fahre Richtung Calalzo, und bereits auf dem kurzen Stück fahre ich durch zwei Tunnel. Bis zum Campingplatz am Ufer des Lago di Pieve di Cadore muss ich ein kurzes Stück auf die Straße, dann geht es steil hinunter bis zum See. Dort werde ich morgen wieder hinauf müssen, so etwas macht wach. Mir kommt ein Pärchen auf einem Tandem ächzend entgegen, wir winken uns kurz zu. Es ist erst 16 Uhr, da hat die Sonne noch genügend Kraft, das Zelt und die Plane schnell zu trocknen, derweil kann ich schon jetzt mein Tagebuch füllen.

Ich hatte mein Zelt zufällig neben den beiden Tandem-Fahrern aufgebaut, Janet und Aaron aus Colorado. Die Beiden kommen auch bald wieder angeradelt, sie mussten im Ort schnell einen neuen Kocher kaufen. Wir unterhalten uns natürlich, die Beiden haben 6 Wochen Zeit für eine Norditalien-Rundtour. Wieder muss ich mein Englisch auskramen, doch diesmal dauert die Sprachstunde bis zum Schlafengehen. Als ich nach dem Duschen zum Essen in die Pizzeria am Campingplatz gehen will, laden mich die Beiden ein, bei ihnen zu bleiben. Ich hole mir nur eine Pizza und 4 Flaschen alkfreies Bier, dann unterhalten wir uns den ganzen Abend über Reiseradeln, die Weltreise, die die Beiden schon mit ihrem Tandem gemacht haben und diverse andere Themen.


9.Etappe: Tassenbach (A) - Die Berge, die phantastischen Berge

Freitag 1.7.
Km: 91
Hm: 1029
Zeit: 6:18 Std.
Km/h: 14,4
Nacht: 12,00€

Beim Zusammenpacken schauen die Zeltnachbarn aus Amerika kurz heraus und verabschieden sich von mir. Sie wollen heute nur bis Cortina fahren, vielleicht holen sie mich ja noch ein.

Heute fahre ich also die Strecke, weswegen ich die ganze Tour überhaupt unternehme, die "Ciclabile delle Dolomiti" als Teil der "Lunga Via delle Dolomiti", der "Lange Weg der Dolomiten". Ich bin gespannt auf den Tag, das kurze Stück der alten Bahntrasse, das ich gestern schon gefahren war, verspricht viel.

Zunächst muss ich zum Anfang des Radwegs am Bahnhof von Calalzo di Cadore noch ca. 150Hm hinauf. Die Bars im Ort haben noch nicht geöffnet, also erst mal ohne Frühstück. Die ersten zwei Tunnels der Strecke kenne ich ja bereits. Bald geht's oberhalb von Tai di Cadore vorbei. Ich kann in den Busbahnhof des Orts einsehen und dort tummeln sich viele Leute, die zur Arbeit fahren, dort sollte um diese Uhrzeit, es ist kurz nach 7 Uhr, doch eine Bar geöffnet haben. Nach kurzer Suche finde ich eine und der Cappuccino und die zwei Croissants sind zwar nur für den hohlen Zahn, aber mehr ist nicht.

Wieder geht's auf den Radweg und dann weiter Richtung Cortina. Der Blick auf die Berge ist einfach unfassbar toll. Ich komme kaum vorwärts, muss ständig stehen bleiben, die Kamera aus der Lenkertasche kramen, Foto machen, weiter. An jeder Ecke, hinter jeder Kurve bieten sich neue unglaubliche Ausblicke. Rechts erscheint plötzlich, ich fahre nach einer Kurve direkt darauf zu, der Monte Antelao. Der mit 3264m zweithöchste Berg der Dolomiten ist zum Greifen nahe. Dann biegt der Radweg wieder in einen Tunnel ein und auf der anderen Talseite erscheint plötzlich der riesige rötliche Felsklotz des Monte Pelmo, mit 3168m auch einer der höchsten Gipfel der Dolomiten. Beide Massive bilden die eindrucksvolle Eingangspforte aus dem Piavetal ins Becken von Cortina d'Ampezzo.

Ich schleiche nur staunend und mit offenem Mund, immer den Blick nach oben zu den unfassbar tollen Bergen gerichtet, langsam den Radweg entlang. Ich kann nicht zählen, wie oft ich stehen bleibe und die Kamera zücke, so etwas habe ich noch nie gesehen. Bis 9 Uhr habe ich erst 15km geschafft.

In Borca di Cadore mache ich in einer Eisdiele eine kurze Pause. Bei Cappuccino und Eis muss ich den Anblick der Berge erst mal verkraften. Die Bedienung kann Deutsch und sieht mir wohl meine Begeisterung an. Zu den tollen Bergen habe ich auch noch phantastisches Wetter, klare Luft und strahlend blauen Himmel. Womit habe ich das verdient?

Weiter geht's auf dem tollen Radweg staunend durch die phantastische Bergwelt. Ständig neue Perspektiven lassen mich einfach nicht vorwärts kommen. Nach einer Kurve hinter dem Hotel Park des Dolomites bei San Vito di Cadore sehe ich zum ersten Mal die Gruppe der Sorapiss (3205m). Ich bleibe mal wieder staunend mit offenem Mund stehen und krame wieder die Kamera aus der Lenkertasche. Ein rüstiger Italienischer Rentner kommt mir entgegen gelaufen und sieht meinen begeisterten Blick und geht schnell aus dem Bild. Ich deute auf die unglaubliche Felswand der Sorapiss und sage nur „phantastico", da erklärt er mir stolz die Namen der Berge ringsum, es sind so viele, dass ich mir die Namen nicht merken kann und das Andere auf Italienisch verstehe ich sowieso nicht, so dass ich versuchen muss, seinen begeisterten Redeschwall sanft zu unterbrechen. Als er sich schließlich verabschiedet, mit einem Händedruck, ist der Italiener noch glücklicher als der Deutsche, weil beide dieselbe Begeisterung für diesen tollen Anblick teilen.

Das Sorapiss-Massiv beherrscht jetzt die rechte Talseite. Weiter geht's genial gut bis kurz vor Cortina, hier hat man den Radweg von der Straße weggeführt und er läuft jetzt nur noch als normaler geschotterter Radweg durch den Wald. Schließlich wird er sogar zu einem Single Trail, also ungeeignet für Gepäck, bevor er bei Pian da Lago wieder hoch an die Straße führt. Da hätte ich auch gleich an der Straße bleiben können.

Links erscheinen jetzt die drei Gipfel des Tofana, mit 3244m der dritthöchste Berg der Dolomiten. Rechts kommt Cortina ins Bild und dahinter die Cristallogruppe mit dem Monte Cristallo (3216m).

Gegen 11 Uhr erreiche ich Cortina d'Ampezzo auf der alten Bahnstrecke und zwar beim alten Bahnhof der Stadt, der etwas oberhalb, aber immer noch im Ort liegt. Auf dem Bahnhofsplatz ist Markt und ich kaufe einen Pfirsich, den ich sofort verspeise, noch etwas hart, und zwei Äpfel. Leider gibt's keinen Metzger und keine Würstchenbude oder Ähnliches. Weil ich auf der Suche nach einer Bar für ein Mittagessen nicht in den Ort hinunter will um dann wieder hoch schieben zu müssen, und außerdem die Hoffnung habe, später noch eine Bar zu finden, fahre ich weiter. Leider ergibt sich keine weitere Möglichkeit, so dass mir heute Mittag nur die zwei Äpfel und der Pfirsich bleiben.

Aus Cortina heraus führt weiterhin die alte Bahnstrecke, hinter dem Ort allerdings nur noch geschottert. Dieser Weg ist im Winter wohl vorwiegend als Loipe genutzt. Es geht stetig aufwärts und der schlechte Untergrund ist zusätzlich anstrengend, nur langsam komme ich vorwärts. Im Wald hört man dann die Lautsprecher einer Reit-veranstaltung am ehemaligen Cortina Airport. Die alte Bahnstrecke verläuft direkt unterhalb des Pomagagnon-Kamms und biegt schließlich nach Osten durch einen Tunnel ab, dann geht's über eine alte Holzbrücke über das tiefe Tal des Rio Felizon. Weiter geht's den Schotterweg hinauf, bald ist die Scheitelhöhe in greifbarer Nähe.

Ein Radler fährt zu mir auf, er macht eine Alpenüberquerung nur mit Rucksack, weil er bei seiner Strecke das Rad auch manchmal tragen muss. Und der Rucksack sieht auch noch ziemlich leer aus, keine Ahnung, wie man damit mehrere Tage unterwegs sein kann. Auf der Passhöhe Cimabanche steht eine Hütte mit Bewirtung, und weil ich heute Mittag praktisch nichts zu essen bekam, muss ich jetzt etwas beißen. So leid es mir tut, aber ich muss den Radler alleine weiterziehen lassen. Ich esse eine Spaghetti Carbonara, zusammen mit einer Cola macht das glatte 12€. Das sind Hüttenpreise.

Ab jetzt geht's wieder abwärts, weiterhin geschottert, steiler als aufwärts und manchmal etwas haarig, wenn der Weg Bachbetten quert. Ohne Federung wäre das richtig unangenehm geworden. Die Schilder sind jetzt auch wieder auf Deutsch, ich bin also in Südtirol.

Hinter dem Dürrensee gibt's einen Parkplatz an der parallelen Straße und auf der rechten Seite öffnet sich ein Tal mit einem Blick auf die Drei Zinnen. Einfach genial. Ich bleibe stehen und mache Fotos, leider ist die Wirkung darauf nicht annähernd wie in Natura. Weiter geht's abwärts, der Weg wird jetzt etwas besser und ich sause, dank Federung ist das möglich, hinunter zum Toblacher See und dann geteert nach Toblach. Hier biege ich nach Osten ab auf den Drau-Radweg. Es geht jetzt nur noch geteert abwärts, das ist ja einfach.

In Innichen gibt's noch ein Eis, ich genieße es, dass ich wieder verstanden werde und auch verstehe, was andere sagen. Ich rausche weiter den Radweg Drau abwärts. Bald bin ich wieder in Österreich. Weiter vorne bei Lienz zieht sich ein Gewitter zusammen, und gerade als die ersten Tropfen fallen, fahre ich an einem Campingplatz vorbei. Das nutze ich sofort, um den Tag hier ausklingen zu lassen. Als ich aufbaue, kommt die Sonne wieder hervor und alles kann trocknen. Ich kann den Akku für den Fotoapparat aufladen, und auch der Zzing mag mal wieder etwas Saft.

Langsam zieht es sich aber wieder zu und es wird ziemlich kalt. Ich gehe in den Forellenhof an der Straße zum Essen. Ich bin der einzige Gast, das scheint eine tote Ecke zu sein. In Frankfurt wird für das Wetter ab Montag nix Dolles angesagt, also bleibe ich noch etwas südlich der Alpen und werde eine kleine Ehrenrunde drehen. Natürlich esse ich im Forellenhof eine Forelle, sehr gut, aber etwas klein.

Leider komme ich kaum zum Lesen, ein Wiener Rentner, ein typischer Herr Kommerzienrat, setzt sich an meinen Tisch und wir unterhalten uns über Weltpolitik, Geschichte der Österreicher und der Slowakei. Eigentlich besteht unsere Diskussion nur aus diversen Monologen meines Gegenübers, aber da bin ich halt duldsam. Er zeigt mir sogar seinen Reisepass mit Visa aus China, der Mongolei, Sri Lanka, Indien, usw. Und das nur während der letzten fünf Jahre. Meinerseits verspüre ich da überhaupt keinen Neid, ich erlebe auf meinen Touren in Mitteleuropa auch mehr als genug.


10.Etappe: Keutschacher See (A) - Zu den Kindheitserinnerungen

Samstag 2.7.
Km: 178
Hm: 628
Zeit: 8:49 Std.
Km/h: 20,1
Nacht: 13,10€

Als ich nach dem Aufstehen auf den Tacho schaue, glaube ich es kaum. Das heißt, ich glaube es schon, weil mir nämlich saumäßig kalt ist. 2° zeigt der Tacho an, kein Wunder, dass ich mir beim Anziehen fast den Arsch abgefroren habe und vor lauter Zittern die Schuhe kaum zubinden konnte. Im Waschraum kann ich mich dann etwas aufwärmen.

Beim Zusammenpacken geht neben mir eine Autotür auf und ein Mann schält sich aus einem alten Ford Fiesta. Das ist ja mein Gesprächspartner von gestern Abend. Er hatte mir von seinem umgebauten Fiesta erzählt, aber dass er genau neben mir steht, hatte ich nicht mitbekommen. Während ich weiter packe, kocht er für uns zwei Kaffee zum Aufwärmen, ich esse noch zwei Snickers, da kann ich mir die Suche nach einer Bäckerei für das erste Frühstück glatt sparen.

Gegen 6:30 Uhr komme ich dann los. Ich sause weiter den Drau-Radweg hinab, wieder geht's mit 40kmh abwärts. Die Sonne scheint mir direkt ins Gesicht, es ist echt schwierig, den Weg zu erkennen, manchmal bin ich fast blind. Die Drau hat hier immer noch ein starkes Gefälle, bis Lienz verliere ich nochmals 250Hm.

Kurz vor Lienz hat im Februar 2010 ein Hangrutsch den Radweg und das Flussbett verschüttet. Der Radweg wird jetzt über eine neue Brücke auf die andere Flussseite geführt. Dann ist von der Bundesstraße ein etwa 2m breiter Streifen für den Radweg abgeteilt worden, und nach dem verschütteten Teil führt eine weitere neue Brücke wieder zurück auf die südliche Flussseite, hier informiert eine große Tafel über die Situation. So etwas wäre in Deutschland nicht möglich gewesen, hier wäre niemals ein Stück einer Bundesstraße für einen Radweg abgetrennt worden.

Gegen 8 Uhr fahre ich durch Lienz, hier kann ich die langen Klamotten endlich wieder ausziehen, es ist bereits 16° warm. Der Radweg ist super, führt immer in der Nähe der Drau entlang und ist gut geteert. Einen Teil der Strecke kenne ich von 2005, als ich über den Großglockner gefahren war. Leider wird es ab der Grenze zu Kärnten wieder schlechter, der Weg ist nur noch geschottert. Trotzdem versuche ich, Tempo zu machen, ich will ja heute noch bis an den Keutschacher See, da habe ich noch massig Kilometer vor mir.

Bis Oberdrauburg nehme ich dann den Alternativweg über die Straße, hier läuft es einfach besser. Im selben Café wie vor 6 Jahren mache ich Pause, damals gab es nur Stückchen, keinen Kaffee. Jetzt ist alles OK. Der Chef erklärt mir die Unterschiede zwischen den vielen verschiedenen Kaffee-Arten, die es in Österreich gibt. Kaffee, Brauner, Melange und was noch alles, das ist mir viel zu kompliziert, dann trinke ich halt auch in Österreich einen Cappuccino.

2005 fuhr ich über den Gailtalsattel und dann den Gailtal-Radweg bis Villach, diesmal bleibe ich an der Drau. Der Radweg bleibt zunächst nur geschottert, immer am Fluss entlang. Dann geht es auf die Südseite der Drau und es wird etwas interessanter, weil auf Nebenstraßen durch diverse kleine Ortschaften, auch mal rauf und runter. Nach einer kleinen Anhöhe bleibe ich kurz stehen, um die Kartenseite zu wechseln, da höre ich vor mir einen Chor ein Wanderlied anstimmen. Eine Gruppe von ca. 30 Radlern macht an einer kleinen Brücke eine Pause, damit alle Mitglieder nach der Steigung aufschließen können, derweil wird ein Liedchen gesungen. Leider fahren sie gerade los, als ich an ihnen vorbei will. Die Letzten bleiben noch stehen und lassen mich vorbei fahren, aber den Rest einzeln überholend muss ich mit ihnen die Anhöhe wieder herunter nach Steinbach.

Kurz darauf treffe ich meinen Radelpartner von gestern Nachmittag wieder, als ich nach einem kurzen Gespräch auf dem Cimabanche-Pass dringend etwas zum Essen benötigte und er weiter fuhr. Norbert aus Wien, eigentlich aus Schleswig-Holstein, aber nach Wien eingeheiratet, hat heute in einer Buschen-Schenke übernachtet und ist noch überwältigt vom mächtigen Essen gestern Abend.

Jetzt bleiben wir zusammen und rauschen gemeinsam den Drau-Radweg entlang. Und weil ich heute noch viele Kilometer vor mir habe, machen wir gemeinsam Tempo, d.h. eigentlich merken wir beim Unterhalten kaum, wie schnell wir fahren. Man beachte den Tagesschnitt, das ist erheblich schneller als zur ersten Etappe vor 10 Tagen. Norbert ist Kiefer- und Gesichtschirurg mit eigener Praxis in Wien und nennt diverse Räder und E-Bikes sein Eigen. Er will mich davon überzeugen, auch mal ein E-Bike zu fahren, das kommt für mich aber überhaupt nicht in Frage, erst wenn ich zu schwach werde, selber zu fahren, könnte das für mich eine Alternative werden. Norbert macht eine Woche Urlaub und bewältigt einen Alpencross auf für Autos ungeeigneten Pässen, auch mit einigen Tragepassagen. Er hat nur einen Rucksack dabei, und der scheint auch nicht besonders voll zu sein, für mich völlig unerklärlich, wie man damit eine ganze Woche auskommen kann.

Wir haben viel zu erzählen, fahren quatschend an diversen anderen Radlern (auch mit Trikes) vorbei und merken kaum, dass wir bereits gegen 12:30 Uhr in Spittal einfahren. Norbert muss spätestens morgen zu Hause sein, er sucht einen Zug nach Wien, also lenken wir erst zum Bahnhof. Er findet aber keinen annehmbaren Zug, und so fahren wir weiter. Zunächst geht's nur in die Innenstadt von Spittal, weil ich halt etwas zum Beißen brauche. Wir finden ein Bistro und ich esse ein Würstel mit Pommes, bäh, Norbert trinkt nur einen Cappuccino, er ist immer noch gefüllt von gestern Abend. Auf dem Weg aus Spittal heraus fahren wir an einem Brathähnchenstand vorbei, das wäre ihr Preis gewesen...

Norbert will noch bis Villach mitfahren, dort gibt's bestimmt bessere Verbindungen nach Wien. Wir sausen also weiter den Drau-Radweg entlang. Norbert erzählt, seine Frau wäre nur mittels E-Bike zum Radeln zu bewegen.

Wieder sind wir überrascht, als schließlich Villach auftaucht, auch hier geht's erst zum Bahnhof. Jetzt findet er allerdings einen Zug nach Wien, bis 17 Uhr hat er noch viel Zeit. Also fahren wir zu einer guten Eisdiele an der Drau, die er bereits kennt. Nach einer riesigen Portion trennen sich dann unsere Wege. Norbert lädt mich ein, wenn ich mal nach Wien käme, könne ich bei ihm übernachten, sie haben dort sogar ein Gästehaus.

Also sause ich jetzt alleine weiter. Zunächst geht's noch an der Drau entlang, gegenüber mündet die Gail in die Drau, hier war ich 2005 schon. Dann geht's steil hinauf nach Selpritsch und über Augsdorf ins Keutschacher Tal. Auf der Straße sind aufmunternde Sprüche gemalt, die ich nur von Marathon und Radrennen kenne. Überrascht sehe ich dann Schilder, dass die Straße und evtl. das ganze Keutschacher Tal morgen ab 7 Uhr wegen des Österreich Ironman gesperrt wird. Mal sehen, ob ich mich da vorher verdünnisieren kann.

In Schiefling mache ich noch einen kurzen Einkaufsstopp, hier erfahre ich, dass die Radler des Triathlon hier an die Drau abbiegen und ich zumindest vom Keutschacher See unbehelligt an den Wörthersee kommen kann. Dann erreiche ich den Campingplatz von Kurt Valentinitsch, wo ich vor 40 Jahren fast jeden Sommer 4 Wochen meiner Kindheit erleben durfte. Das waren richtig tolle Urlaube. Der Chef, damals selbst noch Kind, kann sich noch an die Frankfurt - Hamburg - Holland - Connection erinnern. Ich baue das Zelt neben dem Waschhaus auf, so wie damals. Erinnerungen werden wach. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich 40 Jahre später mal so eben mit dem Rad hier vorbeischauen würde...

Zum Essen gehe ich ins Café Wien. Als ich zur Dämmerung wieder zum Zelt komme, ist es schon ziemlich frisch. Heute Nacht wird's wieder kalt.

- Fortsetzung folgt -