Re: Dolomiten und zurück, 4. Teil

von: DieterFfm

Re: Dolomiten und zurück, 4. Teil - 11.12.11 11:30

So, weiter geht's mit meinem Bericht, hoffe, der viele Text wird nicht zu langatmig schmunzel

11.Etappe: Seeboden (A) - Wörthersee Hinterland

Sonntag 3.7.
Km: 104
Hm: 867
Zeit: 6:18 Std.
Km/h: 16,5
Nacht: 16,20€

Wieder sind's beim Zusammenpacken nur 4°, wieder bin ich froh, mich im Waschraum aufwärmen zu können. Ich werde auch rechtzeitig fertig mit Allem und bin bereits um 5:45 Uhr unterwegs, zumindest habe ich die Chance, dem Ironman-Trubel zu entkommen.

Vom Keutschacher See fahre ich hinunter nach Reifnitz am Wörthersee und dort hat in dieser Herrgottsfrühe an einem Sonntag sogar eine Bäckerei geöffnet. Ich trinke einen, na was? Klar, Cappuccino. Und dazu gibt's zwei dicke, fette Zuckerguss-Teile, bereits nach dem ersten ist mir schlecht. Das Zeug liegt mir schwer im Magen, aber ich hatte einfach zu große Augen und beide zusammen bestellt.

Der Ironman bewirkt, dass bereits jetzt Völkerscharen nach Klagenfurt pilgern, und ich schließe mich ihnen an. Am Südufer des Sees geht's weiter nach Osten, dann knickt die Straße nach Norden ab und weiter zum Strandbad von Klagenfurt, hier ist der Schwimmstart. Von weitem sind Lautsprecherdurchsagen zu hören. Die Menge Mensch wird immer dichter, ein Reiseradler mit Gepäck für mehrere Jahre fällt keinem auf. Hier dreht sich alles um die Athleten, die sich schleunigst fertig machen und zum Start kommen sollen. Es ist 6:45 Uhr und man strömt, modisch in Neopren gekleidet, ins Bad. Ich jedoch mache nur ein paar Fotos und verziehe mich an den Nordrand des Sees. Dort stelle ich das Rad ab, kann bereits jetzt, trotzdem es erst 11° hat, die langen Klamotten ablegen und gleichzeitig dem Schwimmstart beiwohnen.

Klagenfurt ist der östlichste Punkt meiner Tour, ab jetzt geht's tendenziell wieder in Richtung Heimat. Auf dem Radweg, der später zur Marathonstrecke werden wird, fahre ich bis Krumpendorf. Weiter geht's, weg vom See und hinauf Richtung Moosburg, wo wir 1988 Urlaub machten. Ich kann mich leider an die Pension nicht mehr erinnern, nur ungefähr abschätzen, wo das damals war.

Bis Moosburg geht's wieder herunter und dann nur auf kleinen Sträßchen durchs Hinterland des Wörthersees. Die kleinen Dörfer scheinen vom Urlaubertrubel am See nichts mit zu bekommen, selten mal ein Hinweis auf einen Gasthof oder auf private Zimmer, und immer sind diese frei. Über Tigring geht's nach Windischbach, Klein St. Veit und Fasching an die Glan. Trotz Navi und Karte schaffe ich es nicht, die Wege zu fahren, die ich eigentlich wollte. Aber ich habe ja jetzt Zeit und kein Problem mit kleinen Umwegen.

Gegen 9:30 Uhr lande ich in Feldkirchen in einem Café und wieder gibt's Cappuccino, dazu eine Nussschnecke. Die nette Bedienung fragt mich nach meiner Tour, sie kennt alle Ecken im Montafon und in Südtirol, die ich beschreibe und nickt anerkennend. Dann gibt sie mir den Tipp, am südlichen Ufer des Ossiacher Sees weiter zu fahren und erklärt mir den Weg dorthin.

Der Radweg am Ossiacher See verläuft mit der Straße. Und weil es Sonntagvormittag ist, haben sich schon einige Urlauber und ganze Familien aufs Rad geschwungen und bevölkern diesen. Das Wetter ist immer noch etwas frisch, um 10 Uhr sind's nur 15°. Habe ich die langen Klamotten zu früh ausgezogen? Oder bin ich nur zu langsam unterwegs und die Bewegung fehlt?

Hinter dem Ossiacher See biege ich rechts ab Richtung Seespitz und Treffen, dann geht's auf der B98 etwa 250Hm hinauf nach Afritz am See. Neben der Straße ist manchmal ein kleiner Gehstreifen, auf dem ich fahre. Es sind einfach zu viele PKWs unterwegs und manche Fahrer kennen einfach die Breite ihres Wagens nicht. Es fällt allerdings auf, dass es fast nur Deutsche sind, die dieses Problem haben. Ab dem Abzweig der L46, während der größten Steigung, gibt es sogar einen schönen Radweg bis Afritz.

Im Ort hat ein Billa geöffnet und ich kann mir ein Brötchen mit einer warmen Frikadelle besorgen, zusammen mit einem Almdudler. Auf einer Bank neben einem Heiligenbild ein paar hundert Meter weiter kann ich meine Mahlzeit einnehmen. Dann geht's hinunter an den Afritzer See. Ich mache ein Foto vom schön mit Bergen umrahmten See.

Hinter einem flachen Sattel geht's weiter hinunter an den Feldsee. Ich fahre den Radweg am Ostufer des Sees entlang bis Feld am See. Plötzlich bremsen mich zwei Pärchen, so Ende 30 bis Anfang 40, regelrecht aus, sie wollen alles über meine Tour wissen, woher, wie weit, wie lange unterwegs, wo entlang, weshalb so viel Gepäck, wie schwer das Rad, ob allein reisen nicht langweilig wäre, und was noch alles, nur meine Schuhgröße interessiert nicht. Anscheinend hat mindestens Eine(r) von ihnen auch schon mal an Fahrradurlaub gedacht, jedenfalls sind alle baff erstaunt, dass so etwas überhaupt möglich ist. Das ist die reinste Seelenmassage für mich. Nach 10 Minuten wünschen sie mir eine gute Weiterfahrt.

Und die habe ich auch, es geht nämlich etwa 150Hm abwärts. Radenthein und Döbriach lasse ich liegen und dann bin ich auch schon am Millstätter See. Am Nordufer führt an der Straße ein schöner Radweg entlang. Es geht zwar nach Dellach etwas hinauf und es sind auch einige Leute unterwegs, aber der schöne Ausblick auf den See entschädigt. Hinter Dellach geht's wieder flott herunter. Ich suche mir auf der Karte einen Campingplatz in Seeboden, der auch im Navi enthalten ist und gebe ihn als Ziel ein. Es ist zwar erst 14 Uhr, aber morgen geht's wieder über mindestens einen Pass, und davor ist sonst kein Campingplatz mehr erkennbar.

In Seeboden sind sogar drei Campingplätze in archies.com vermerkt. Als der erste davon nicht auffindbar ist, werde ich schon etwas nervös, aber ein Einheimischer beschreibt mir den Weg zu einem anderen Platz. Auf den Weg dorthin sollte noch ein weiterer Campingplatz sein, aber auch dort ist nur ein Schild „Geschlossen" zu sehen. Der dritte Platz jedoch existiert wirklich, er liegt praktisch an der Seepromenade und hat einen eigenen Badestrand. An der Anmeldung kopiert man nur meinen Ausweis, dann darf ich das Zelt irgendwo aufbauen.

Alles kann trocknen, die Zeit vertreibe ich mir mit telefonieren. Ich rufe zu Hause an, man ist überrascht, dass ich mich jetzt schon melde. Dann klingele ich in Bebra an und die dortigen Freunde sind sehr erfreut, von mir und meiner Tour zu hören. Hoffentlich schaffen wir es bald, uns mal wieder zu sehen.

Ich kann sogar ins Strandbad und schwimmen, ich bin der einzige Gast hier, das Wasser ist saumäßig kalt. Wie kann die Brühe nur Anfang Juli so kalt sein, hatten die hier bisher noch keinen Sommer? Ich kann alles etwas geruhsamer angehen lassen als sonst. Nach dem Umziehen gehe ich zurück zum Zelt, hole das Tagebuch und gehe wieder ins Strandbad, um das Tagebuch zu pflegen. Wenn die Sonne durchkommt, wird es sofort brennend heiß, sonst geht eher ein kühler Wind. Ich bin gespannt auf den morgigen Tag, da muss ich wieder über einen Pass, vielleicht schaffe ich sogar deren zwei. Jetzt kann ich auch an der Anmeldung meine Taxe bezahlen. Man war schon an meinem Zelt und wurde etwas nervös, aber Zelten ohne Bezahlung mache ich nur in speziellen Fällen.

Zum Essen gehe ich ins Lokal neben dem Strandbad, ich esse ein Schnitzel, endlich wieder Fleisch, und einen großen Salat und kann auch wieder mal ungestört lesen. Bisher hatte ich ungewöhnlich viele abendliche Gesprächspartner, heute bleibe ich allein. Als ich zur Dämmerung wieder auf den Campingplatz gehe, hat dieser sich gut gefüllt. Aber ein Zelt, evtl. sogar von einem Radler, kann ich nicht erkennen.


12.Etappe: Altenmarkt (A) - Schönfeldsattel und Radstädter Tauern

Montag 4.7.
Km: 110
Hm: 2141
Zeit: 8:19 Std.
Km/h: 13,1
Nacht: 13,50€

Kurz vor 6 Uhr fahre ich los, es ist bei weitem nicht so frisch wie an den beiden letzten Tagen. Auf der Seepromenade vor dem Campingplatz geht ein Mann mit seinem Hund Gassi und er kennt einen Bäcker auf der Hauptstraße, der auch jetzt schon geöffnet hat. Wie immer gibt's einen Cappuccino, dazu eine Nussschnecke, das reicht für die ersten Kilometer.

Heute steht wieder Pass fahren an, ich kann nur nicht einschätzen, ob ich nur in den Lungau fahre, oder auch noch den zweiten Pass ins Ennstal schaffe. Als ersten Pass habe ich mir den Schönfeldsattel ausgewählt, er liegt zwischen dem Katschbergpass, der recht viel Verkehr hat, und östlich davon der Turracher Höhe, die wegen zweier Rampen mit jeweils 23% Steigung für mich unpassierbar ist. Der zweite Pass soll dann der Radstädter Tauernpass werden, mal sehen wie es wird.

Obwohl es erst 10° kühl ist, habe ich bereits die kurzen Klamotten an in Erwartung eines anstrengenden Tags. Zunächst geht es auf der B98 aus Seeboden heraus, es ist bereits jetzt recht voll auf der Straße. Aber nach der Abzweigung zur Autobahn biege ich auf die B99 nach Norden ab und habe die Straße fast für mich. Die B99 verläuft im engen Tal der Lieser leicht aber stetig aufwärts.

Ich habe mich gerade wieder an eine gleichmäßige Trittfrequenz gewöhnt, da ist die B99 plötzlich gesperrt und es gibt eine Umleitung bis Gmünd. Ich kann's kaum fassen, wo soll denn in diesem engen Tal eine Umleitung hinführen? Na klar, erst geht's über eine Brücke auf die andere Flussseite, dann geht eine kleine Straße steil den Berg hinauf. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als die ganze Chose positiv zu sehen, das ist halt Training für den echten Pass. Mit 13% geht's hinauf, ich bin am Schnaufen, bald kann ich auf die Autobahn hinab blicken. Über 100Hm quäle ich mich da rauf, dann erreiche ich endlich eine Querstraße. Das waren jetzt unnötige Höhenmeter, hoffentlich werden die mir am Nachmittag nicht zusätzlich quälend in den Knochen hängen.

Die Straße bleibt zunächst auf dem Höhenniveau, später geht's dann wieder abwärts bis Gmünd. Mir fallen hier viele Hinweise auf Baby-Hotels auf, einmal fahre ich auch direkt an einem vorbei. Die Aufmachung ist richtig kitschig, ein riesiger Klapperstorch überragt die Einfahrt zum Hotel. Anscheinend hat sich die Region um Gmünd auf Babyurlaub spezialisiert.

Weiter geht's auf der B99, langsam gewinne ich wieder Höhenmeter um Höhenmeter, oft stelzt die Autobahn weit über mir durch das Tal und verschandelt die Gegend. In Kremsbrücke mache ich eine kurze Pause. Ich habe bereits einen Level von 950mNN erreicht. Während der letzten Kilometer kam mir ein kalter Wind entgegen, es sah auch aus, als wolle es zuziehen. Also ziehe ich den Pulli über und schlüpfe in die lange Hose. In Ermangelung eines Cafés für ein zweites Frühstück gibt's noch ein Snickers und einen Apfel, dann biege ich rechts ab auf die L19 Richtung Innerkrems und Nationalpark Nockberge.

Direkt am Ortsausgang steht ein Schild, dass in 12km die Straße gesperrt sei. Das könnte mich betreffen, oder auch nicht. Ich fahre trotzdem weiter. Das Seitental ist windgeschützt und bereits nach 2km ziehe ich die langen Sachen wieder aus. Die Sonne kommt doch durch, es wird über 20°, und auch die stetige Steigung lässt mich bald wieder in Schweiß geraten.

Bis Innerkrems habe ich auf 10km nochmals ca. 500Hm erklommen, das sind im Schnitt 5%. Zum Glück war's nie steiler als 10%, so dass ich nicht auch noch schieben musste. In Innerkrems biegt die Nockalmstraße rechts ab, ich muss geradeaus weiter. Und wieder steht ein Schild, dass die Straße gesperrt wäre, diesmal allerdings eindeutig in meiner Richtung. An der Kreuzung steht ein Wagen mit drei Straßenarbeitern, die gerade ein paar Absperrungen aufstellen. Auf meine Frage hin bestätigen sie mir, dass die Straße für Radler und Fußgänger passierbar wäre. Sie staunen nicht schlecht über meinen Packesel und nutzen meine Anfrage für ein kleines Päuschen. Ich muss über meine Tour berichten.

Nach weiteren 2km, es geht vorbei an den typischen Wintersporthotels, sogar ein Parkhaus an einer Liftstation ist vorhanden, kommt dann die wirkliche Straßensperre. Eine Gruppe von ca. 30 Jugendlichen joggt vor mir durch die Sperre, die machen hier wohl Trainingslager oder Aktivurlaub.

Die Straße wäre durch einen Bergsturz unpassierbar, steht auf einem Schild. Eine Familie in Wanderklamotten steht unschlüssig vor der Sperre, weil hier auch ein Wanderweg zur Donnerschlucht beginnt, und auch diese durch den Bergrutsch gesperrt ist. Ich umfahre die Sperre, bereits nach 500m wird mir die Straße zu steil, ich muss absteigen und schieben. Über mehrere Serpentinen drücke ich das Rad den Berg hoch, nach ca. 20 Minuten bin ich an der Passhöhe auf 1775mNN. Hier hat der Bergsturz die linke Hälfte der Straße ins Tal gerissen, die rechte Seite ist für Radler und Fußgänger problemlos nutzbar.

Jetzt ziehe ich den Pulli wieder an und dann geht's abwärts. Durch das wunderschöne Bundschuh-Tal führt die kleine Straße durch eine Alm ähnliche Landschaft, immer an einem kleinen, später größeren Bach entlang, die Rindviecher bleiben von der Straße weg. Misst mein Höhenmesser eigentlich auch auf einer Abfahrt die Gefälle-Prozente richtig? Mir kommt das steiler vor als nur 8%, aber egal, ich genieße die rauschende Abfahrt ohne Kraftanstrengung.

Die Strecke bis Pichlern hat nur einen kleinen Schönheitsfehler, ein kurzer aber heftiger Zwischenanstieg, etwa 100Hm mit 14% Steigung, lässt mich fluchen. Ich mühe mich ab, aber etwa 200m vor der Höhe ist Schluss, ich muss absteigen und den Rest schieben. In den 30 Minuten Abfahrt vom Pass bis ins Tal der Mur verliere ich locker 700Hm, dann ist der Rausch vorbei.

Jetzt muss ich mich entscheiden, entweder nach Tamsweg zum Campingplatz, oder weiter und über die Radstädter Tauern. Ich schaue mir nicht auf dem Tacho die Tageshöhenmeter an, das könnte mich beeinflussen. Es ist erst 11:40 Uhr, da kann ich doch den Tag noch nicht beenden. Na gut, versuche ich halt noch den nächsten Pass, eigentlich bin ich noch recht gut drauf.

Also geht's weiter, wieder kurz rauf zum Schloss Moosham und auf einem Radweg nach Mauterndorf. Ein Supermarkt neben der Straße lädt ein, es gibt sogar eine Bank und einen Tisch neben dem Eingang. Ich kaufe zwei Brötchen mit Leberkäse und einen Apfel, die sollen die verbrauchte Energie wieder zuführen.

Gegen 13 Uhr starte ich dann, wieder auf der B99, die zweite Hälfte des Tages. Die Straße hat zunächst keine größere Steigung, jedoch muss ich gegen einen merklichen Gegenwind ankämpfen. Wenn ein Seitental sich öffnet, wird der Wind besonders heftig. Bis Tweng bleibt es relativ flach, dann führt die Straße stetig rauf. Ich kämpfe gegen 6-8% Steigung und dabei noch Gegenwind. Langsam geht's rauf, vor der ersten Galerie schalte ich mein Licht ein, ich will im Halbdunkel gut sichtbar sein und bei dem Geschleiche wird mein Zzing sowieso nicht geladen. Links, rechts, links, rechts, weiter, weiter, kurz an den Straßenrand, Trinkflasche raus, wieder anfahren und wieder links, rechts. Mann, oh Mann.

An der dritten Galerie wird noch gebaut, die Arbeiter staunen nicht schlecht, als ich an ihnen vorbei krieche. Immer weiter geht's rauf, immer im ersten Gang. So langsam merke ich den ersten Pass in den Knochen, ich bin schon richtig platt. Hinter einer Brücke gibt's eine Stelle, wo ich mein Rad gut anlehnen kann, das lädt einfach zu einer Pause ein. Ein Snickers und ein weiterer Apfel helfen bei der Regeneration. Ich bin jetzt bei knapp 1600mNN, habe nur noch 150Hm zu bewältigen, das schaffe ich auch noch.

Nach der nächsten Kurve erscheinen schon die ersten Häuser von Obertauern, jetzt habe ich es gleich geschafft. Da macht auch noch mein Zzing schlapp, die externen Akkus sind genau so leer wie meine eigenen, aber es gibt ja noch die internen. Kurz vor der Passhöhe sehe ich vor einem Bike-, Ski- und Sonst-was-Shop Leute mit einem Kaffee stehen, da komme ich einfach nicht dran vorbei. Der Chef ist begeistert von meiner Leistung, hat aber vermutlich trotzdem keine Ahnung, wie schwer mein Packesel ist. Hier kommen, wie er sagt, öfter Gepäckradler vorbei. So viele können es aber nicht sein, ich habe heute jedenfalls niemanden bemerkt. Ein Cappuccino und ein Stengeleis und die Aussicht auf die Abfahrt bauen meine Motivation wieder auf.

Nach wenigen hundert Metern geht's dann wieder abwärts. Nur zwei Mal bleibe ich kurz für Fotos stehen, der Rest wird nur genossen. An einer Stelle ist die Gegenfahrbahn sogar zweispurig geführt, da soll es laut Schild 13% runter gehen. Dann bin ich aus dem engen Tal heraus und die Straße führt noch mit sanfterem Gefälle nach Radstadt. Gegen 16:30 Uhr fahre ich südlich an Radstadt vorbei, mein Navi führt mich etwas seltsam zum Campingplatz. Der hat heute aber Ruhetag, also geht's weiter zum nächsten Campingplatz in Altenmarkt.

Dieser Platz erweist sich allerdings als ein Glücksgriff, so eine tolle Ausstattung habe ich noch nie gesehen. Ein großes Haus mit den Versorgungseinrichtungen, einem großen Aufenthaltsraum mit allem was man so braucht, sogar eine PC-Ecke ist vorhanden (da schaue ich mir später mal die Wettervorhersage an), es gibt Sauna und Solarium und einen großen Trockenraum, und das für einen anständigen Preis. Schnell ist das Zelt aufgebaut, alles kann trocknen. Im Aufenthaltsraum schließe ich den Zzing an die Steckdose an, dort bleibt er unbewacht bis zum abendlichen Waschen, und ist dann immer noch da.

Die Chefin empfiehlt zum Abendessen eine Amerikanische Bar. Dort sind die Spareribs leider aus, also gibt's ein Schnitzel, und natürlich diverse alkfreie Weizenbiere. Auf die heutige Etappe kann ich schon stolz sein, noch nie vorher habe ich an einem Tag über 2000Hm geschafft, noch nicht mal ohne Gepäck. Aber für morgen werde ich etwas zurücktreten, meine geplante Strecke hat wieder zwei Pässe, wie mir die Chefin berichtet, also werde ich nicht wie geplant fahren und eher im Tal bleiben.


13.Etappe: Walchsee (A) - Tauern-Radweg und Steinbergrunde

Dienstag 5.7.
Km: 150
Hm: 1238
Zeit: 9:18 Std.
Km/h: 16,0
Nacht: 0,00€

Um 5:45 Uhr bin ich wieder unterwegs. An der Straße wartet ein Arbeiter darauf abgeholt zu werden, und er kennt eine Bäckerei im Ort, die jetzt schon geöffnet ist. Dort wird gerade das angeschlossene Café renoviert, ich darf mich trotzdem an einen Tisch setzen. Ich bekomme einen großen Kaffee (hört, hört) und zwei Stückchen, das reicht für eine Weile.

In 2008 war ich hier in entgegen gesetzter Richtung gefahren, ich weiß also, dass es nach Wagrein neben der B163 einen Radweg gibt, wenn er auch durch die anliegenden kleinen Orte unterbrochen wird. Es geht bis Mayrdörfl leicht aufwärts bis auf etwa 950mNN und dann nach Wagrein doch merklich abwärts. An diese Abfahrt kann ich mich kaum erinnern, obwohl ich damals hier hatte hochfahren müssen. Auch hinter Wagrein geht die Straße stetig abwärts, auch das war mir schon entfallen. Ich kann es gut laufen lassen.

Die steile Abfahrt nach St. Johann im Pongau ist mir allerdings noch in guter Erinnerung geblieben, damals war ich hier herauf ein Verkehrshindernis. Gegenüber sehe ich staunend die schroffen Felsen der Berchtesgadener Alpen und als ich endlich einen Platz zum Fotografieren finde, ohne mein Leben wegen des Verkehrs zu riskieren, bin ich bereits zu tief im Tal und die Felsen haben sich hinter niedrigeren Bergen versteckt. Hinter St. Johann komme ich an die Salzach, bis hierher habe ich locker 350Hm verloren.

Schnell finde ich den Tauern-Radweg, hier war ich schon zwei Mal, diesmal geht's jedoch Salzach aufwärts. 2008 machte ich hier einen kleinen Abstecher zur Liechtenstein-Klamm, den kann ich mir diesmal schenken. In Schwarzach führt eine Alternative des Radwegs hoch zum Speichersee Untersberg. Weil ich jedoch beim Abzweig erst in den Ort fahre, um Nachschub zu kaufen, bleibe ich auf der Normalstrecke. Ich weiß allerdings, dass diese auf der stark frequentierten B311 führt. Die beiden letzten Male konnte ich das Stück abwärts fahren und war immer froh, wieder von der Bundesstraße weg zu kommen, diesmal geht es aber aufwärts. Zum Glück ist recht wenig LKW-Verkehr los und die Strecke von knapp 2km vom Schönbergtunnel bis zu Umfahrung am nächsten Tunnel kommt mir sehr kurz vor, ich muss nur einmal die Straße überqueren, das ist eigentlich das gefährlichste Stück. Danach gibt es immer einen breiten Randstreifen oder einen Radweg, und hinter der Talbrücke nach einem Tunnel geht‘s dann auf der alten Bundesstraße im Tal weiter, während die B311 nach oben verschwindet.

In Lend stürzt sich normalerweise die Gasteiner Ache in einem mächtigen Wasserfall in die Salzach, heute ist es nur ein kleines Rinnsal. Weiter geht's auf der alten Bundesstraße, später auch auf einem schönen Radweg neben der Straße nach Taxenbach. Hier fülle ich an einer Tankstelle Luft in den Reifen nach, es läuft sich danach wieder besser, und im Ort gibt's das zweite Frühstück.

Bis Bruck an der Großglocknerstraße geht's jetzt auf separatem Weg, auch gut rauf und runter. Weil das Salzachtal recht tief eingeschnitten ist, bleibt von den Bergen ringsum nur manchmal ein kurzer Blick übrig. Es ist nach 9 Uhr und schon tauchen diverse Radler auf, der Tauern-Radweg ist in der Radwandergemeinde recht beliebt.

In Bruck hatte ich 2008 übernachtet, der Campingplatz liegt direkt am Radweg. Zum Platz gehört auch ein schönes Hotel und schon damals hatte ich gedacht, hier mal mit meiner Frau Urlaub zu machen. Ich biege nach Norden ab Richtung Zell am See und trotz Navi nehme ich an einer Kreuzung den falschen Abzweig. Wieder auf der richtigen Route fahre ich hinter zwei Familien her, die mit zwei Kinderanhängern unterwegs sind. Die Väter heizen über den Radweg, dass ich kaum hinterher komme. In Zell machen sie dann etwas langsamer und beim Überholen kommen wir kurz ins Gespräch.

Zell am See ist total überfüllt. Mit Mühe finde ich in der Fußgängerzone einen Feinkostladen, wo ich mir ein Brötchen mit Leberkäse erstehe. Auf einer Bank am See, direkt beim Bootsverleih, kann ich dann Mittag machen. Die Leute stehen Schlange, um ein Boot leihen zu können, ein Nippesstand daneben motiviert mich zu einem Foto. Nix wie weg!

Schnell erreiche ich das Nordufer und den Radweg Richtung Saalfelden. Bald ist auch die Wasserscheide zur Saalach überquert und ich kann wieder zu meinem nächsten Wegepunkt in Saalfelden navigieren. Vorher geht's jedoch noch mal kurz und knackig rauf, dann kann ich es in den Ort laufen lassen. Leider verstecken sich die schroffen Felsen des Steinernen Meeres in Wolken, ein Foto rentiert nicht. Gegenüber kann ich manchmal einen kurzen Blick aufs Birnhorn werfen, dem mit 2634m höchsten Gipfel der Leoganger Steinberge, seine südliche Steilwand ist mit 1400m Höhe eine der höchsten der Ostalpen.

Ich bleibe auf der B164 und finde vor Lenzing überraschend einen tollen Radweg, der Richtung Leogang und Hochfilzen führt, also genau meine Richtung. Es ist der Skulpturen-Radweg oder auch Steinbergrunde, der auf ca. 70km das Massiv der Leoganger und Loferer Steinberge umrundet. Ich bin froh, nicht auf der Bundesstraße fahren zu müssen und genieße den Radweg. In Leogang können völlig Verrückte ihr Rad mit der Seilbahn nach oben transportieren lassen, um sich von dort nur der Erdanziehung, den Fliehkräften und den Bremsen am Rad anzuvertrauen. Ich sehe einen Radler wie ein Ritter in Protektoren gehüllt zur Station gehen, er kann kaum laufen, stelzt breitbeinig nur so daher. Andere sind auf dem Parcours unterwegs. War hier nicht auch mein Neffe Philipp schon aktiv? Lauter Verrückte!

Weiter geht's erst langsam, dann auch mal steiler hinauf, immerhin muss bis Hochfilzen eine Höhe von knapp 1000mNN erreicht werden. Es geht durch teils wunderschöne Natur. In Hochfilzen mache ich eine Pause im Café Häferl. Die Chefin fragt nach meiner weiteren Route und meint, der Radweg weiter durchs Pillertal sei viel schöner als die Bundesstraße Richtung St. Johann. Ein kurzer Blick auf die Karte zeigt, dass ich als Tagesziel den Walchsee anpeilen kann, der wäre heute erreichbar und ich kann dadurch den schönen Radweg nutzen.

Als ich dann weiterfahre, zieht es vor mir zu, deshalb beeile ich mich und sause auf der Straße hinunter Richtung Pillersee, dort kann ich mich in St. Ulrich in einem Bushäuschen vor dem einsetzenden Regen unterstellen. Der Regen dauert nur 10 Minuten, dann ist es vorbei, aber Richtung Hochfilzen ist es schwarz. Da hab' ich wohl Glück gehabt, dort hinten schifft es gewaltig. Hinterm Pillersee fahre ich jetzt wieder auf dem Radweg, der auf einem Wanderweg durch ein Naturschutzgebiet führt. Wegen der Schotterauflage ist es ziemlich nass, ab der Teufelsklamm geht's dann auf der Straße weiter bis Waidring.

Dort muss ich zunächst auf der Bundesstraße fahren. Einem Radweg, der später in einen schlechten Feldweg übergeht, weiche ich auf die B178 aus, dann sause ich hinunter ins Tal der Großache, oder auch Tiroler Ache. Hier fuhr ich 2005 auf dem Weg zum Großglockner, allerdings in entgegen gesetzter Richtung. Ich weiß also, dass es einen Radweg entlang des Flusses gibt, der zwar geschottert, aber gut befahrbar ist. Damals war ich ab einer Brücke auf den Weg gestoßen, diesmal fahre ich bis zu dieser Brücke auf dem Radweg und weil er weiterhin als Radweg bezeichnet wird, auch auf diesem weiter. Das erweist sich allerdings als ein Fehler, der Weg ist ein absoluter Reinfall und für mich mit Gepäck nur wegen der Federung befahrbar. Die nächste Möglichkeit, den Fluss zu überqueren und auf der Straße weiter zu fahren, kann ich erst nach ca. 5km nutzen.

Bei Lofer biege ich auf die B172 ab und weil die Polizei eine Geschwindigkeitskontrolle durchführt, fahren die Autos erstaunlich gesittet. Der letzte von drei Campingplätzen am Walchsee liegt am nächsten zum Ort, direkt unterhalb des Zahmen Kaisers, das ist jetzt mein Ziel. Am Platz angekommen ist die Rezeption wieder nicht besetzt. Ein Zettel besagt, ich solle mir einen Platz wählen, morgen ab 8 Uhr könne man die Anmeldeformalitäten tätigen. Ich frage einen Camper auf der Wiese nebenan, ob es Duschmarken gäbe, aber nein, alles sei inklusive. Na gut, aus Schruns habe ich gelernt. Ich baue mein Zelt halt auf, und wenn bis morgen gegen 6 Uhr niemand da war zum Kassieren, kann ich auch nichts dafür. Während ich zu Hause anrufe und dusche kann das Zelt trocknen.

Zum Essen gehe ich in den Ort. Die Preise in den Gasthöfen sind unglaublich, es bleibt nur eine Pizzeria in der Nähe des Campingplatzes, das hatte ich ja lange nicht mehr. Als meine Pizza kommt, donnert es und die Gäste auf der Terrasse strömen nach Drinnen. Weil mein Handtuch und die Radel-Klamotten noch zum Trocknen am Rad aufgehängt sind, sage ich dem Chef kurz Bescheid, lasse Pizza Pizza sein und spurte die 800m zum Platz, rette die Sachen ins Zelt und spurte wieder zurück in die Pizzeria. Und siehe da, nachdem ich wieder Luft bekomme, hat die Pizza eine essbare Temperatur, das sollte ich vielleicht immer so machen. Der Chef ist erstaunt, dass ich schon wieder da bin.

Abends wird's dann etwas hektisch in der Pizzeria, der Regen hat aufgehört und auf der Terrasse sammelt sich die örtliche Kapelle zum Umtrunk.


14.Etappe: Wörthsee - Mangfall-Radweg und Via Julia

Mittwoch 6.7.
Km: 140
Hm: 587
Zeit: 7:46 Std.
Km/h: 18,0
Nacht: 13,00€

Um 6:10 Uhr bin ich fertig mit Packen. Bei der Anmeldung ist niemand anwesend, ich schaue sogar extra nach, also habe ich wieder kostenlos genächtigt.

Nach meiner Tourenplanung wäre ich heute noch mal in die Berge, vorbei am Thiersee nach Bayrischzell und weiter an den Schliersee. Diese Höhenmeter schenke ich mir, irgendwie ist der Höhenrausch vorbei und ich versuche, wie die Mehrzahl der Radreisenden, möglichst die Berge zu vermeiden. Also geht's erst mal Richtung Rosenheim und dann irgendwie südlich um München herum. Der Navi dient jetzt nur noch zur Aufzeichnung der Strecke und evtl. als lokale Orientierungshilfe.

Auf der B172 fahre ich zunächst leicht aufwärts, es hat ja einen Grund, warum der See nicht ausläuft. Der Zahme Kaiser schimmert in der Morgensonne, die sich aber schnell auch wieder hinter einem Dunstschleier versteckt. Dann sause ich hinunter ins Inntal, schnell verliere ich 200Hm. Ich hätte nicht gedacht, dass der See so weit oberhalb des Inns liegt. Um 6:45 Uhr fahre ich über die Innbrücke zwischen Niederndorf und Oberaudorf und bin wieder in Deutschland. In Oberaudorf finde ich schnell eine Bäckerei und problemlos gibt's wieder ein Haferl Kaffee, nicht irgend so eine Plörre. Nichts gegen die Österreicher, tolle Leute und ein herrliches Land, aber ihre Kaffeekultur ist doch etwas gewöhnungsbedürftig. Zum Kaffee esse ich ein Schinkenbrötchen und eine Nussschnecke.

Dann geht's zurück auf den Inntal-Radweg. Auf dem Deich lässt es sich erst ganz gut fahren, dann wird der Untergrund aber ziemlich ungemütlich. Bald habe ich die Alpen hinter mir, ziemlich plötzlich ist die Sicht links und rechts nicht mehr durch Berge versperrt, außer durch Bäume natürlich.

Bei Tiefenbach sucht ein Reiseradler den Weg, die Beschilderung ist verschwunden. Auch ich muss suchen, der Navi scheint den Weg zu kennen, er meint, es müsse geradeaus weitergehen. Leider ist der Weg bald zu Ende, und auf dem Deich ist die Strecke extrem schlecht, mal wieder erweist sich die Federung als ausgesprochen förderlich. Ich nutze deshalb die nächste Möglichkeit, die Flussseite zu wechseln. Hier führt auch der Bodensee-Königsee-Radweg, den ich 2004 gefahren bin, auf der Brücke über den Inn. Auf der anderen Seite des Inns geht's dann weiter bis Rosenheim an die Mündung der Mangfall.

Die Mangfall fließt aus dem Tegernsee zunächst nach Norden Richtung München und biegt bei Feldkirchen nach Osten ab, um in Rosenheim in den Inn zu münden. Am Fluss wurde der Mangfall-Radweg angelegt, den ich jetzt flussaufwärts folge. Auch der Via Julia-Radweg führt auf derselben Route, er wird mich den Rest des Tages begleiten.

Der Radweg durch Rosenheim ist sehr schön angelegt, gut geteert und querende Straßen werden unterfahren. Die schöne Parklandschaft wird allerdings jäh unterbrochen, weil der Radweg gesperrt ist und umgeleitet wird. Massen von umgestürzten Bäumen und abgebrochenen Ästen versperren den normalen Radweg, teilweise wurden Bäume einfach halbiert. Viele Arbeiter sind dabei, hier aufzuräumen, überall höre ich Motorsägen.

Eine Walkerin kommt mir gemütlich entgegen, ich frage sie einfach, was denn hier passiert sei. Vor genau zwei Wochen gab es hier ein schweres Unwetter, ein Downburst oder sogar Tornado hat alles verwüstet. Auf 3km wurde alles umgeworfen, bei ihr z.B. wurde alles vom Balkon geweht, Hagel hatte alles Laub von den Bäumen geholt, Verkaufshäuschen für Erdbeeren wurden umgeweht, mit den Verkäufern drinnen. Es hätte sogar ein Todesopfer gegeben, sagt sie, und man wäre schon seit zwei Wochen hier am Aufräumen, es würde schon wieder halbwegs passabel aussehen. Das war an dem Tag vor meiner Abfahrt, damals konnte ich mich auch noch gerade vor einem Gewitter nach Hause retten. Wir unterhalten uns natürlich auch über meine Tour, ich werde regelrecht ausgequetscht, und über die Situation von Preußen, die nach Bayern einwandern und von den Einheimischen nicht angenommen werden, so wie sie.

Nach gut 10 Minuten Unterhaltung geht's weiter. Im nächsten Ort Kolbermoor bietet sich eine schöne Bäckerei mit Sitzmöglichkeit davor regelrecht zum zweiten Frühstück an. Ich komme mit einem weiteren Frühstücksgast ins Gespräch, und er berichtet sogar von zwei Todesopfern bei dem Unwetter. Ich kann jetzt auch endlich die langen Klamotten ausziehen, es wird allmählich wieder angenehm warm.

Der Radweg führt weiter an der Mangfall aufwärts, leider ist er jetzt nur noch geschottert. Im Fluss hat man so alle 100-200m kleine Stufen von 10-15cm Höhe angelegt, das sieht ganz lustig aus und man erkennt daran auch ohne Höhenmesser, dass es langsam aufwärts geht. Vor Feldkirchen führt der Radweg dann vom Fluss weg und auf Wirtschaftswegen auch mal steil einen Hügel hinauf. Die Mangfall verabschiedet sich dann nach Süden zum Tegernsee und ich bleibe auf der Via Julia.

Zur Mittagszeit finde ich in Großhelfendorf eine wirklich geniale Metzgerei, mit allem ausgestattet, was man sich von einer Metzgerei wünscht. Ich esse ein Brötchen mit Käseschnitzel und weil es warm genug ist, wird die Sitzbank vor dem Laden genutzt. Ein Radler mit Mountainbike setzt sich zu mir und erzählt vom organisierten Fahrradurlaub in China und Südafrika. Am Ortsausgang kann ich dann an einem Erdbeerhäuschen nicht vorbei fahren, ohne ein Pfund Erdbeeren zu kaufen und sofort zu vertilgen. Die Verkäuferin will meine Geschichte nicht glauben, das wäre unmöglich, so weit mit dem Radel zu fahren. Na gut, sie muss es ja wissen.

Die nächsten 3km muss ich noch auf der stark befahrenen Straße aushalten, dann biegt die Via Julia vor Aying in den Wald ab. Es geht durch den Hofoldinger Forst, und weil es wieder recht heiß und es hier schattig ist, habe ich auch nichts gegen einen ziemlich schlechten Untergrund. Über Sauerlach führt die Beschilderung weiter nach Oberhaching entlang der S-Bahnstrecke. In Oberhaching interpretiere ich vermutlich ein Schild falsch, jedenfalls geht's plötzlich in die falsche Richtung. Der Navi war anderer Meinung als ich und als Quittung muss ich jetzt über einen zugewachsenen Trampelpfad wieder zurück zum Radweg, selbst schuld.

In Grünwald geht's dann steil runter und auf einer Brücke über die Isar, unten sind viele Leute beim Baden. Natürlich muss ich auf der anderen Seite wieder rauf, laut Schild sollen es 11% Steigung sein. Wenn in den Alpen nur alle Steigungen mit 11% auch so einfach zu bewältigen gewesen wären. Auf einem tollen Weg geht's dann durch den Forstenrieder Park bis nach Gauting. Ich frage nach einer Eisdiele und finde in der Innenstadt eine sehr gute, bei diesen Temperaturen auch stark besuchte. Das einzige Problem besteht darin, einen Platz zum Anlehnen für mein Rad zu finden, die Straße ist etwas abschüssig.

Ich beschließe, heute bis zum Wörthsee zu fahren. Auf der Karte sollte es dort 4 Campingplätze geben, leider ist keiner davon bei archies.com eingetragen. Ich fahre trotzdem in diese Richtung, einer wird schon in Wirklichkeit existieren. Die Via Julia führt mich zunächst nach Gilching, hier kaufe ich Wasser (wie schön waren doch die Brunnen in den Alpen) und Äpfel. Jetzt biege ich nach Südosten ab, vorbei am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach Weßling. Hier bin ich im Zweifel, wie ich jetzt am besten zum Wörthsee komme. Eine Frau spricht mich an und beschreibt viele Möglichkeiten, sie kennt auch zwei Campingplätze am See, also bin ich nicht umsonst hierher gefahren. Ich nehme eine der beschriebenen Möglichkeiten, zum See zu fahren, es geht sogar durch einen Golfplatz. Der erste Campingplatz auf der Karte in Wörthsee ist nicht zu finden, also fahre ich weiter Richtung Südufer.

Hier liegen sogar zwei Plätze nebeneinander, ich wähle den zweiten, zu einem Gasthaus gehörenden Platz. Ich darf mein Zelt irgendwo auf der Zeltwiese aufbauen, nehme den letzten Fleck mit Sonne. Der See lädt einfach zum Baden ein, und während Plane und Zeltunterseite trocknen, gehe ich Schwimmen. Dann wird das Zelt aufgebaut, ich gehe duschen, unterdessen kann das Oberteil des Zelts trocknen.

Zum Abendessen gibt's ein Riesenschnitzel, ich muss mich anstrengen, es zu schaffen und erhalte dafür einen anerkennenden Blick von der Kellnerin. Ein junger Bursche hat wohl gerade als Bedienung angefangen, er kriegt Griffe gezeigt, wie die Teller abzuräumen sind. Ich bleibe sitzen, bis es dämmert.

- Fortsetzung folgt -